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Leipziger Tageblatt und Handelszeitung : 01.06.1909
- Erscheinungsdatum
- 1909-06-01
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id84535308X-190906012
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id84535308X-19090601
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-84535308X-19090601
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
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Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Handelszeitung
- Jahr1909
- Monat1909-06
- Tag1909-06-01
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und U»iu>hmeft«llni. sowt« Posttmtrr» «d vrirftri-«». el»»»ln« Rumser kostet 10 «edaktt»» «d Meschäfttftelt! JohamtU-aste 8. Dernwrech-r: 14SSL l4«i. I4SV4. MiPMerTagMlL Haudelszeitung Ämlsölatt -es Rates ««- -es Nolizeiamtes -er Lia-t Leipzig. Nr. 15V. Dienstag 1. Juni 1909. »«zeige»-Preis iteklei» »E MlHotd^So^ N»^i«« 7S^ -«chrrl»«. veW«»e» <» ->»tch«»r«L4l)^ -«Wt.-Nlale «erl«! Larl Duocker, Hrrzogl. v«,r. H,st»ch. handl«»^ Atzowstraste ist. (Lelephon VI, «r. 4M3). HtUlvt-Nliale Qrrld««: E«ftraie 4,1 (relevboa 4WII SÄLN^r'MNLL «M-dtttim«, »«t I» ua» «ullaildr«. IV3. Jahrgang. Das wichtigste. * Die strebe Fernfahrt des „Z. H.", die Sannadend, »acht» kosten 1v Uhr, von Arichrich-Hafe« aas angetreten wurde, als Endziel Berlin haben sollte »nd ans de« «ege darthin auch Leipzig de- rührte, endete — nachdem Graf Zeppelin in Bitterfeld die Um- kehr beschloß — am Mantag marge» bei der Landung dei Gäp. pinge» s«ürtte«berg) mit eine« Unfall. DaS Luftschiff wnrde ziemlich erheblich beschädigt, dach dürfte nach einer Interims-Reparatur die Weiterfuhrt nach Friedrichshafen am Dienstagdarmittag möglich sein. ' Der Bund der technisch-industriellen Beamten kielt in den Pfingsttagen inBerlin seinen dritten Bundestag ab, auf dem hauptsächlich die Frage der Koalitionsfrciheit er- vrtert wurde. sS. Letzte Dep.) * Durch einen Tornado wurden in verschiedenen Teilen des Staates Oklahoma 22 Personen getötet und 50 verletzt -- In der Stadt Zephyrin Texas wurden durch einen Zyklon über dreißig Personen getötet. Eine Feuersbrunst roitendetc da? Zerstörungswerk. * DiesechzehnteBerlinerJntcr nationale Steeple- Ekase, die am zweiten Feiertag in KarlSborst bestritten wurde, ge wann Herrn K. v. Tepper-Laskis' F.-W. „Vitellius" unter Leut- nant Raven. — Den Schwabenpreis in Stuttgart-Weil 126 000 .Es gewann „Tausendschön" aus dem Kgl. Prio.-Gestüt Weil. — Im Preis von Schlesien s25 000 ^Es, der am zweiten Feiertag in Breslau zur Entscheidung kam, siegte Kgl. Haupt-Gestüts Grabitz br. H. „Steinhamme r" unter Bullock. sS. .Sport.) n 0 Uhr SV Min. aufaegebene- Telegramm: " s-rbert. «nffer- Zeppelin. Deppelin. Zeppelin, der Held, entgeht auch der Tragik de? Heldentums nicht. Die Anteilnahme eines ganzen Volkes, die ihn beglücken mub, lastet mich duf ibm. Jede keiner Handlungen wird kommentier». Und würde Fe ' «n der nüchternsten technischen Forderung diktiert, so wird nach tieferen od^r höheren Gründen gesucht. Pex Graf päxe wahrscheinlich froh, sein Lintichiff in aller Stille.und iösrborgenhei-t orproben-zu können — das '-'<ölk, das ihn liebt, leidet es nicht. Unter peinlichster Vermeidung einer Zielangabe steigt er nächtlich, wenige Stunden por dem Festtag, auf zn einer Fernfahrt — und die Pfingstsensation ist fertig. Damit würden einem weniger Großen sofort neue Pflichten, der Dankbarkeit, der Rc- prö'entation, erwachsen, die aber jeden Augenblick kollidieren können mit >cn technischen Forderungen bei einem so schwierig zu behandelnden' Apparat Auch der Graf hat sicher die natürlichen Gefühle empfunden, die ihm die Erwartung der Reichshauptstadt aufzwang. Aber da die sicheren Umstände, die späte Stunde, der ungeheure Menschenzusammen- Ouß, der widrige Wind, ihm Bedenken machen mußten, hatte er den großen Mut des Verzichtes. Obwohl er wußte, daß sein Kaiser ibm den Empfang bereitet hätte. So müssen wir unS, nach allem, was wir von Zeppelin wissen, die einfachen Beweggründe seiner Umkehr bei Bitter feld denken. Gewiß wirkt dieses Aufgeben des Berliner Zieles in Ver bindung mit der darauffolgenden langen Nachtfahrt zunächst verblüffend. Aber es wäre beleidigend, nach anderen als zwingenden technischen Gvünden zu suchen. Ein Mann wie Zeppelin läßt sich nicht durch per- '.oMchc Motive zu einer Politik der Verärgerung hinreißen. Und wenn ibm-. Berliner amtliche Stellen Schwierigkeiten gemacht Haden sollten, -o hotte er sicher noch um so lieber durch eine Landung in Berlin die Vorzüge seines Systems vor Augen geführt. Der Unfall bei der Göppinger Landung ist so recht ein Beispiel für die Tücke der Zufälligkeiten. Mit dem System Zeppelin hat der Birn baum^ der die Spitze demolierte, nichts zu tun. Die erste« Et«««««. Meber Nürnberg biß Hof.) * Vtnttnnrt^SO Mai, 10 Ubrnorm. sTel.s ,.ZevvelinH* fuhr 8 Uhr 30 Min. SberNürnberg.9 Uhr 10 Ain. über Gräfenberg. — Zeppelin II" bat »« 10 Uhr 15 Mi nute» Laprentb passiert. Die große Fernfahrt. Wie wir bereits in unserer Sonntagsausgabe gemeldet haben, ist der „Zeppelin II am 29- Mai, abends 9 Uhr 40 Min. zu einer großen Fernfahrt die bis Berlin gehen sollte, in Friedrichshafen aufaestiegen. Das Luftschiff passierte anfangs Friedrichshafen landeinwärts in der Richtung auf Ravensburg, Graf Zeppelin befand sich selbst an Bord. Am Horizont zeigten sich Gewitterwolken, die indessen nicht zur Ent- ladung kamen. Tie große Fernfahrt Friedrichshafen-Berlin ist diesmal nun leider noch nicht gänzlich geglückt. Das Luftschiff kam — nachdem es am Pfingstsonntag nachmittags gegen 5 Uhr auch unser Leipzig, wie wir weiter unten berichten werden, passiert batte — infolge ungünstiger Windrichtung. und wegen zu geringen Ballastvorrates nur bis Bitterfeld, wo eS am erwähnten Tage gegen 7 Uhr abends an- langte. Ueber den anfänglichen Verlauf der Fahrt wird zunächst berichtet: relegraanae von Ze««elt« * Stuttgart, 30. Mai, 8 Uhr 20 Min. vorm. sTel.s Erkundigungen in Friedrichshafen haben nichts Bestimmtes über da- Ziel der Fernfahrt deS „Zeppelin H'' ergeben. DaS Zielt scheint vom Wetter abzuhängen, die Fahrt scheint möglichst weit nordwärts zu geben. . Hie Luftschifsbaugesellschast erhielt folgendes, 6 Ubr 45 Minuten vvm Grafen Zeppelin auS dem Ballon geworfene- Telegramm: ' Südlich »«» Trenchtlingeu. Herrlicher Margen. Alle- Wahl. Nacht-starker Gegenwind »nd Rege». Zeppelin. * Friedrich-Hafen, 30. Mai. lTeU Die Lustschiffbaugesellschaft erhielt ein vom Grafen Zeppelin auS dem Ballon au-geworfene- und in NAnberg vom Fremden- verkebr-d De fasse» im * Vknne», 30. Mai. sTel.1 Wie der „Vogtländ. Anz." aus Plauen meldet, befand sich „Zeppelin H" 11 Uhr 30 Min. vormittags über Münchberg, 12 Uhr 10 Min. nachmittags über Hof. Nachdem das Luftschiff über Hof etwa 10 Minuten lang sichtbar war, schlng es die Richtung gegen P i ck und Zöbcrn ein und gelangte, wie man uns weiter telegraphiert, 12 Uhr 30 Minuten mittags am ersten Psingstfeiertaq auf den Höhen von Plauen ans in Sicht. Ueber die Ankunft in Plauen «selbst, die etwa eine Stunde später erfolgte, berichtet uns folgende Depesche: „A. II." über Plauen. * Plauen, 30. Mai, 1 Uhr 20 Min. nachm. sTel.s Wie der „Vogtländische Anzeiger" meldet, schwebte der „Zeppe- l i n II." mn diese Zeit etwa 2Oo Meter über dem Gebäude des „An zeigers". Man bemerkte in der vorderen Gondel 6 und in der Hinteren etwa 1 Insassen. Die Propeller hörte man deutlich arbeiten. Das Schiff flog schnell, sicher «nd stolz dahin in der Richtung Reichenbach- Zwickau. Ter Bevölkerung bemächtigte sich ein ungeheurer Jubel. Zwickau—Gera. * Zwickau, 30. Mai. lTel.s Der „Zeppelin II" hat um 2 Uhr 8 Min. die Stadt passiert. — „Zeppelin II" passierte nm 3 Uhr 20 Min. Gera in der Rich- tum g Zeitz. Pegau, dann Richtung Leipzig. Peaau, 30. Mai. sTel.s Heute nachmittag gegen ^5 Uhr flog „2. II" über unsere Stadt, von der Bevölkerung mit stürmischem Jubel begrüßt. Nach einigen kleinen Mannvern über der Stadt bog er über dem Marktplatz nach Norden in der Richtung auf Zwenkau—Leipzig ab. lieber die Ankunft in Leipzig teilen wir folgendes mit: Zeppelin über Leipzig. Als der Möwen des ersten Pfingsttages über Leipzig graute, war die bevorstehende Fahrt Zeppelins über Leipzig im Publikum noch so gut wie unbekannt. Zwar weilte der Neffe des großen Erfinders, der Ingenieur Graf Zeppelin seit Sonnabend in Leipzig ser wohnte im Hotel kaisirhofs, nm alle Vorbereitungen für eine eventuelle Landung in Leipzig zu treffen, auch war an die Militärbehörde um Hilfeleistung im Falle einer Landung gebeten worden — aber die große Menge wußte noch jo gut wie nichts davon, was der Nachmittag des Pfingstsonntages 1909 bringen würde. Da wußten nach 8 Ubr einige Spaziergänger zu erzöbleu au* d"n Meßvlay VeM. auf den Lindenauer Wiesen sei die General,rar Leihzins und zahlreich? Offiziere versammelt, da Graf Zeppelin mit dem Lufkkrenzer nach Leivzig komme. Auch seien IW Mann Infanterie znm Halten des Luftschiffes und sonstigen Hilfe- leistnniien kommandiert.' Wie ein Lauffeuer ging nun die Kunde durch die Stadt, besonders als die Zeitungen durch Anschläge gegen Mittag bekan-ntgaben, daß Zeppelins Luftschiff nm 2 llhr etwa in Leipzig zu erwarten sei. Nun begann eine Völkerwanderung nach dem Meßplatz. Inzwischen war auch gegen 10 Uhr vormittags bei Herrn Bür germeister Roth — nnler Oberbürgermeister Dr. Dittrich war verreist — die Mitteilung eingegangcn, daß Graf Zeppelin auf dem Meßplatz gelandet sei. Unverzüglich fuhr Herr Bürgermeister Roth hinaus nach den Lindenauer Wiesen, wo er vom Platzmajor, Herrn Major Schröder, die Mitteilung erhielt, einem soeben eingetroffenen Telegramm zufolge sei die Ankunft Zeppelins erst gegen 2 Uhr zu er- warten. Der Herr Bürgermeister batte darauf telephonisch sogleich alle erreichbaren Herren der beiden städtischen Kollegien in Kenntnis gesetzt und Organisationen getroffen, um alle nötigen Vorsichtsmaßregeln bei einer eventuellen Landung des Luftschiffes bereitznhaben. So wurde die Zentrale der S a n i tä t s w a ch c n sNikolaikirchhof 2) sei tens des Rates der Stadt ersucht, für den notwendigen Sani- tätssicherbeitSdienst Vorkehrungen zu treffen. Ab 1 Uhr nachmittags wnrde deshalb ans den« Meßplatze eine fliegende Sanitätswache er richtet. Zwei Acrzte ldie Herren Vorsteher der I. und der IV. Sani- tätswaches stellten sich dieser Wache an Ort und Stelle zur Verfügung. Die Wache wurde mit 6 Sanitätsgehilfen besetzt und mit 2 Kranken- rahrbahren für eventuelle Transporte nach der fliegenden Sanitäts wache und mit dem Antomobilkrankenwagcn der Rettungsgesellschast für Ferntransporte ausgerüstet. Außer einigen Ohnmächten sind ernst- lichc Fälle nicht zur Behandlung gekommen. Auch von der städtischen Feuerwehr war ein Gerätewagen mit Schlauchleitungen nach dem Meßplatz beordert, ferner ein städtischer Krankenwagen usw. Auf de» Meß«latz batte sich inzwischen bis 2 Uhr eine Menschenmenge angesammelt, die von berufener Seite auf eine Kopfzahl von 80—100 000 ge schätzt wird. Der Mcßplatz selbst, der Leutzscher Weg bis zum „Schützenhof" und alle Dammwege über die Lindenauer Wiesen, sowie die Frankfurter Ehaussee waren besetzt von einer Kopf an Kopf sich drängenden bcgcisterungsfreudigen Menge. Der mittelste Teil der Lindenauer Wiesen war durch die Schutzmannschaft und zu deren Verstärkung durch das zur eventuellen Hilfeleistung bereit gehaltene Truppenkommando von 100 Mann abqeperrt. In diesem abaesperrtcn Raume hatte sich inzwischen eine größere Gesellschaft ein gefunden. Wir sahen den kommandierenden General des XIX. Armee korps Exzellenz von Kirchbach, General der Infanterie Exzellenz d'Elsä, die Generäle Gadegast und Müller, die Sviyen der Zivilbehörden, ferner Bürgermeister Roth, Polizei direktor Dr. Wagler, zahlreiche Ratsmitglieder und Stadt verordnete, eine große Anzahl Offiziere aller Waffengattungen mit ihren Damen usw. Dazwischen bewegte sich in blauem Bordanzug, die Mütze des auf dem spitzbartumrahmten Gesicht die schlanke Figur des Ingenieur- Grafen Zeppelin, des Neffen, der mit zwei Ü^I'-Automobilen dem Luftkreuzer Vorausfähri, liebenswürdigst auf alle die tausend an ihn gerichteten Fragen soweit möglich Antwort gebend. Ist et«e La«d»«g beabstchtigt. Das ist die Kardinalfrage, die durch aller Muüd geht und immer wiederkehrt. Der junge Graf gibt unS dahin Auskunft — auch der Generalstabschef Oberstleutnant Leuthold konnte nur dasselbe sagen — daß eine Landnng bei Leipzig Hanse an- nicht beabsichtigt sei, aber für den Fall der Not erfolgen könne. Der Luftkreuzer hatte nämlich in Süddeutfchland in der Nacht mehrere Gewitter, starken Regen und ständigen Gegenwind zu bekämpfen, und daher einen sehr großen Benzinverbrauch gehabt, also war eine Landung in Leipzig immerhin möglich. Heiß, glühend brütet die Sonne über den Lindenaver Mesen, über dem harten Boden de- MeßylatzeS, über der ungeheuren Menschen menge. a/»3 Uhr ist- inzwischen geworden — von Zeppelin ist nicht- zu sehen. Aber die große gemeinsame Begeisterung für den kühnen Lufteroberer und sein sieghaftes Schiff verbannen jede Ungeduld. Hunger und Dnrst — er wird hier von jedem einzelne» mühelos und ohne Mnrren ertragen — denn Zevpelin kommt. Um 3 Uhr jagt ein brauner Eilbote schweißgebadet über den ab- gesperrten Platz — eine Depesche für den „Reffen", wie der Ingenieur Graf Zeppelin ganz populär genannt wird. Aus Werdau wird das Luftschiff gesichtet. Also wird man sich bei der aanz geringen Ge schwindigkeit von 35 Kilometer, mit der wegen des direkten Gegen windes gekreuzt wird, noch eine gute Stunde gedulden müssen. Schars spähen einige Unteroffiziere der Winkerflaaaenabteilung nach den ver abredeten Signalpunkten auf dem Eckhaus West- und Frankfurter Straße und dem Tbvmaskirchtnrm. Noch ist nichts zu sehen. Gr kommt! Da endlich — 4 Ubr 30 Min. zeigt die Uhr — winkt der Posten auf dem Hausdach an der Weststraße. Er kommt! ballt es von allen Seiten. Und wirklich. Im Südwesten, über Plaawitz, erscheint ein arauer Streifen. Nebelhaft noch und fast einem Wölkchen gleichend. Allmäh lich werden aber die Konturen schärfer. Kein Zweifel mehr: es ist der sehnsüchtig seit Stunden erwartete „Zeppelin II". Schon nach wenige» Minuten ist die charakteristische Form deutlich sichtbar: bell von der Sonne beschienen, kreuzt er auf den Meßplatz zu. bald mit der vollen Breitseite sichtbar, bald nur den aoldialeuchtenden Kopf uns zeigend. Und die nun rasch aufeinanderfolgenden Phasen lassen sich eigentlich gar nicht schildern, man muß sie mit erlebt haben, um sie in ihrer ganzen Größe und Erhabenheit richtig zu fühlen. Jetzt steigt der Luft- kreuzer herunter, wohl auf 150 Meter. Deutlich sieht auch der Laie, wie wundervoll die Riesenmasse dem Steuer gehorcht und auch die kleinsten Wendungen willig vollführt. — Nun ist das Luftschiff über dem Palmengarten anaekommcn. Brausend schallt das Hurra der Menae empor, die ;'>ftitärkapeUe des 106. Regiments mit Kgl. Musikdirektor Matthey in- toniert den Pariser Einznasmarsch und gebt im erhabensten Moment zu „Deutschland, Deutschland über alles" über. Droben von der vor deren Gondel winkt unablässig der kühne Grpf mit der weißen Müde Grüße hinab. Auch im Analogischen Garten wurde der „Z. II." von dem zahlreich erschienenen Publikum durch Zu- rufe, Hüte- und TüHerschwenken enthusiastisch begrüßt, während die konzertierende 107er Kapelle dem Grafen Zeppelin einen Tusch ent- gmendrachte und die Nationalhymne: „Deutschland, Deutschland über alles" anstimmte. Auf den Lindenauer Wiesen gibt nun der Ingenieur Graf Zeppelin . mit der schwarz-wciß-roten Flagge ein Signal — vom Ballon wird es beantwortet: Wir landen nicht »nd fahren weiter! Es surren und schnurren laut und deutlich hörbar die vier mächtigen Propeller, noch einen Augenblick lauscht die tausendkövsige Menge in ehrfürchtiger Bewunderung — dann braust orkanartig das Hurrarufen über das Blachfeld, gleichzeitig au allen Punkten, und dann wieder Menschenketten entlang rollend, und mi'cht sich mit dem Brummen des Luftschiffs. Die weiße Mütze deS sieghaften Grasen grüßt. Und ein Brief wird aus der Gondel geworfen. Ein Augenblick ist es von natio naler Bedeutung, als der „Zeppelin H." über den Meßplatz majestätisch dahinzieht. Im Winde bewegr sich leise die gelbliche Lulle des Alu- mrniumgerippes, dessen Konturen scharf sich abzeichnen. Und mit bloßen Augen sieht man die Personen in den Gondeln, die Treppen, di« von den Gondeln in den Verbindungsgang führen. Eine Schwenkung — und über Alt-Leipzig hin, zwischen Rathaus- türm und Thomaskirche, nimmt Zeppelin seinen Weg, über den Augustus- platz, um dann nach Norden umzulenken, in der Richtung nach Berlin zu. Unvergeßlich wird dieser Pfingsttag 1909 allen dmen sein, die vom Meßplatz, von Leipzigs Türmen, Dächern und Straßen au- dem genickten Luftbezwinger, unserem Grafen Zeppelin, zujnbeln konnten. * * . In welche Aufregung die gesamte in Leipzig anwesende Bevölkerung durch die Nachricht von Zeppelins Kommen versetzt wurde, illustriert am packendsten folgendes uns mitgeteilte Geschichtchen, das den Vorzug hat, wahr zu sein: In einer Familie will man die Taufe des ersten Sproß- lings und Stammhalters festlich begehen. Eine größere Anzahl Gäste, aus Leipzig selbst und von auswärts, ist geladen und auch zu köstlichem Taufschmaufs gegen 1 Uhr in der Wohnung fast vollzählich versammelt. Die glückstrahlende Ntutter hat ein« renommierte Kochfrau engagiert Auch ein Lohndiener ist in maionsin xloriaiQ ckiai Isstalis gewonnen. Eine leckere Speisenfolge harrt ihrer natürlichen Bestimmung, und schon nimmt man Platz um die festlich geschmückte Tafel. Da stürmt herein ein Nachzügler mit der Bombennachricht: „Zeppelin ist soeben auf dem Meßplatz gelandet." Spricht's, macht kehrt und verläßt eilenden Schrittes das gastliche Haus. Der Lohndiener, der soeben zwei Teller Krebssuppe bringt, hört die Botschaft, setzt die Teller auf den Anrichtetisch und ist — verduftet. Und ehe ein« Minute verronnen, bergen die Räume des Taufhauses nur noch eine weinende Mutter, einen schreienden Säugling und eine schimpfende Kochfrau. — Der Brief, den Graf Zeppelin über dem Meßplatz« in Leipzig ausderGondal warf, enthielt ein an die Zeppelin- Gesellschaft gerichtetes, offenbar vom Grasen selbst mit zitteriger Blei stiftschrift geschriebenes Telegramm mit folgendem Wortlaut: „Leipzig, 5 Uhr »nachmittags. Alles in bester Ordnung. Zeppelin", ferner zwei Kartenbriese, von denen der eine an des Grafen Gattin, der andere an den Freiherrn von Gemmingen in Leipzig seinen Neffen des GrafenI adressiert war. Ei« Mitglied des Leipziger Luftflotterrvereins sorgt so- fort für schleunigste Weiterbeförderung der Schriftstücke zur Hauptpost. "Das Drucksachenkuvert, das die Briefe enthielt, war durch eine Papier- schlänge ausfällig gemacht und durch eine Tüte mit Sch^otkugeln beschwert. Neber die Fahrt des „2. II" von Leipzig ab, die zunächst in der Richtung nach Halle ging, wird dann weiter gemeldet: Halle—Weimar. * Halle, 30. Mai. sTelegramm.s Das Luftschiff „Zeppelin H" passierte um 7 Uhr 10 Minuten Bitterfeld, war um 7 Uhr 30 Minuten in Halle, kreuzte etwa 10 Minuten über Halle und nahm alsdann Richtung Tratschen- thal — Eisleben. * Weimar, 30. Mai. sTelegramm.s „Zeppelin H" hat beute abend um 9 Uhr unter dem Jubel der Bevölkerung Weimar passiert. Von Bitterfeld aus trat dann Zeppelin die Rückfahrt am zweiten Pfingsttag in aller Frühe an, worüber wie folgt berichtet wird: Bi» Bitterfeld - Di- Rückfahrt. * Friedrichshafen, 31. Mai. sTelegramm.s Die Luftschifsbau-ZePpelingeseHschast erhielt von Zeppelin ein nm 7 Uhr 20 Minuten in Bitterfeld aufgegebenes Dallontelegramm: Habe foebe« Rückkehr hefchloste«. Alle hester Ord««ug. Ueber die näheren Umstände erfahren wir aus Bitterfeld hierzu folgendes: Da die Windrichtung der Fahrt des Luftschiffes mlgnnll»» und nur noch geringer Ballastdarrat vorhanden war, beschloß Graf Zeppelin, bei Bitterfeld umzukehren, »« mit de« nach darrätigen Ballast »nd Benzin Friedrichshafen zn erreiche». Das Luftschiff schlug auf dem Rückwege die Richt»»- »ach Kassel ein.
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