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01-Frühausgabe Leipziger Tageblatt und Handelszeitung : 11.07.1912
- Titel
- 01-Frühausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1912-07-11
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Urheberrechtsschutz 1.0
- Nutzungshinweis
- Freier Zugang - Rechte vorbehalten 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id84535308X-19120711019
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id84535308X-1912071101
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-84535308X-1912071101
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
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- Wahlperiode
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Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Handelszeitung
- Jahr1912
- Monat1912-07
- Tag1912-07-11
- Monat1912-07
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Unsere gestrige Abendausgabe umfahr 10 Leiten, die vorliegende Morgennummer 11 Seiten, zusammen Ä4 Seiten. Vas Wichtigste. * Die Dockarbe iter in Le Havre hcclttn die Arbeit wieder ausgenommen. * Als Nachfolger Mahmud Schefket Paschas wird General Nazi m Pascha genannt. * Aus der Gegend von Sefru haben Auf ständische von neuem einen Handstreich gegen die Stadt versucht. Die Garnison machte einen Ausfall, um der Stadt Luft zu schaffen. * Theateranzeigen siehe Seite 12. Lluglpenüe uns SentimentaMSt Ein Mahuwort zur Fiugtechnik. Von Exzellenz Graf Posadowsly. Eine Hemmung der Bestrebungen der deutschen Natlonatfiugspende, deren glän zende Ergebnisse im Auslände schon gro ßen Eindruck gemacht haben, ist jüngst von wissenschaftlicher deutscher Seite versucht worden, indem an viel gelesener Stelle daraus hingewiesen wurde, daß die Flugzeuge einerseits nur Sport wert und zum andern nur mili tärische Bedeutung haben könnten. Ihre militärische Verwendung, bei der man das Herabwecsen von Geschossen auf Heeres- körper vorsehe, könne aber nur dazu die nen, jede Kriegsführung noch barbarischer zu machen. Es erscheint wohl geboten, diese Einwände, die öfters wiederkehren werden, einmal einer prinzipiellen Klä rung zu unterziehen, was Exzellenz G r af Posadowsly, der Präsident des Neichskomitees für die Nationalflug- fpende, in dein nachfolgenden Artikel in seiner sachlich-ernsten Weise unternimmt. DieRedaktion. Von einer technischen Seite hat man kürzlich davor gewarnt, zu große Hoffnungen auf den praktischen Wert der Flugmaschinen zu setzen. Man hat die Flugtechnik vorzugstoeise als einen Sport bezeichnet und ihr verhältnismäßig ge ringe allgemeine Bedeutung zugesprochen. Schließlich wurde die Frage gestellt, ob nun ge rade N a t i o n a l flugspenden notwendig seien. tscheidend für Würden alle um für einen solchen vorzugsweise dem Sport dienenden Gegenstand Gelder zn häufen. Für Kundschafterdienste bezüglich der Stellung des Feindes könnten die Flugmaschinen unter Um ständen zwar von großem Nutzen sein, es sei aber Sache der Heeresleitungen, dieselben weiter ausznbilden. Gegen diese Ausführungen muß im Interesse der weiteren technischen Entwicklung des Flugwesens entschiedener Wider spruch erhoben werden. Auch das Fahrrad war zuerst lediglich ein Gegenstand des Sportes und hat durch den Sport hindurch seine gegen wärtige ungeheure soziale Bedeutung im Vertehrsleben errungen. Die vom Staate un terstützten Pferderennen dienen scheinbar auch nur den: Sport, aber sie haben eine Hohe Bedeutung für die Entwicklung der Pferdezucht, für die Ver edelung der Nasse und dienen damit wichtigen Interessen nicht nur der Landwirtschaft, sondern auch des Verkehrslebens und vor allem der Landesverteidigung. Der Ban und die Verwendung der Flugmaschinen im freien Wettbewerbe hat schon außerordentlich viel nicht nur zur Verbesserung der Maschinen selbst, son dern auch zur Ausbildung der Flieger und zur Sammlung von Erfahrungen über die atmosphä rischen Einflüsse auf den Gang der Flugmaschi nen beigctragen. Ohne die Veranstaltung von Wettflügen und die Gründung von Prämien für solche Wettflnge hätte sich weder die deutsche Flugzeugindustrie im bisherigen Umfange ent wickelt, noch wäre die Flugtechnik auf ihre jetzige Höhe gelangt. Von diesem Fortschritt gibt eine Erklärung des Obersten Hirschauer, des Direk tors des französischen Flugwesens, einen inter essanten Beweis; er erklärte, daß in der ersten Hälfte des Jahres 1912 die Zahl der Unfälle ungefähr die gleiche war wie in der zweiten Hälfte des Jahres 1911, obgleich die dop pelte Anzahl der Flieger sich dem Flugwesen gewidmet habe und die durchflogene Entfernung zweimal so groß war, nämlich 406250 englische Meilen. Die militärische Bedeutung des Flugwesens ist unbestritten anerkannt; eine ein zige von einer Flugmaschine aus durchgeführte erfolgreiche Rekognoszierung kann entscheidend für den Ausgang einer Schlacht sein. Würden alle Nationen solche Opfer für die Entwicklung des Flugwesens bringen, wenn sie die Flugtechnik vorzugsweise nur für einen Sport hiel ten und nicht von ihrer weiteren Entwicklungs fähigkeit und ihrer Bedeutung überzeugt wären? Hat doch Frankreich im laufenden Etat zwanzig Millionen und vierzehntauscnd Frank für das Flugwesen ausgesetzt und sind auch dort erheb liche private Mittel für den gleichen Zweck auf gewendet. Es wäre vollkommen verfehlt, die technische Entwicklung des Flugwesens uns die Ausübung der Flugtechnik lediglich der Fürsorge des Staates überlassen zu wollen. Gerade in freien Wettbewerb der Fabriken und oer privaten Flieger liegt der Keim der ferneren Entwicklung dieser gan ze n T e ch n i k. DaS Moment finanziellen Inter esses muß hinzntreten, um eine solct-e neue Tech nik von den verschiedensten Angriffspunkten ans weiter ansznbildcn und Fabriken und Ingenieure für dieses Ziel zu interessieren. Der Pessimis mus, wie ec gegen diese neue Erfindung in senti mentaler Weise geltend gemacht ist, erscheint wenig angebracht, die Förderung einer Technik zu bechinsligen, von der selbst zngestanden ist, daß sie für Knudschafterdienste bezüglich der Stellung des Feindes unter Umständen von gro ßem Nnyen sein könne. Haben doch namhafte Gelehrte vor der erstell Erprobung der Flugmaschine mit gro ßer Entschiedcnl-eit erklärt, daß die Kunst des Fliegens ein hoffnungsloses Problem sei, und trotzdem ist es gelungen, diese Ma schinen, die schwerer als die Luft sind, sreischwc- bend im Weltenraume zu bewegen, Tausende von Metern mit denselben über die Erdoberfläche ein- porznsteigen und so gewaltige Strecken wie von Paris nach Madrid, von Paris nach Nom, von Berlin nach Wien in unglaublich kurzer Zeit znrückzulegen, und alle diese Erfolge sind in wenigen Jahren erreicht nachdem man von technischer Seite die Kunst des Fliegens für ein unlösbares Problem erklärt hatte. Die Flug maschinen sind seit den ersten Konstruktionen schon wesentlich verbessert, und man kann zur Technik und dem Erfindungsgeiste das Vertrauen haben, daß noch ivcitere Verbesserungen zur Sicherheit und Stctigkejit ihres Ganges gefun den tverden. Schon heute gehen die Maschinen gegen erhebliche Windstärken an. Daß zeitiocise infolge atmosphärischer Vorgänge auch diese Ma schinen nicht benutzbar sein werden, ist klar, aber unter diesem Einfluß der Elemente hat auch die Schiffahrt jahrtausendelang gelitten und leidet sie zum Teil noch heute. Inwieweit die Flug maschinen im Kriege auch als Angriffswaffe zu dienen haben werden, bleibt der Beurteilung der militärischen Stellen überlassen. Obgleich nicht recht -n erkennen ist, welcher Unterschied vom Humanitären Standpunkt aus darin be steht ob Wurfgeschosse in der vertikalen oder der horizontalen Richtung geschleudert wer den, ob ein Torpedo violn unten oder eine Bombe von oben wirkt, so wäre gewiß eine in ternationale Vereinbarung in die ser Beziehung sehr erwünscht, da es im Interesse der Menschlichkeit liegt, die End zwecke des Krieges mit möglichster Schonung von Menschenleben und Eigentum zu erreichen. Es mag hierbei übrigens an den Amerikaner Ro bert Fulton erinnert werden, der z. Z. des Konsulates Bonapartes der französischen Negie rung den Bau eines Unterseebootes und die Her stellung von Torpeoos und Seeminen anbot zur Zerstörung der englischen Flotte und über raschende Versuche mit einem solchen Boote an stellte. Die französische Negierung verhielt sich aber ablehnend, angeblich „»veil der erste Konsul eine solche Art und Weise, unter dem Wasser Krieg zn führen, für barbarisch hielt." Seitdem haben sich die Ansichten über die Anwendung von Unterseebooten und über die Verwendung von Torpedos wesentlich geändert und bilden heutzutage diese Kriegsmaschinen einen wichtigen Teil des Angriffs und der Verteidigung sämt licher Flotten. Die Flugmaschinen sind eine so wunderbare Erfindung der Technik und haben sich in wenigen Jahren in einer solchen Weise vervollkommnet wie wenig Maschinen in gleichknrzer Frist. Sie stellen so weite Mög lichkeiten für ihre Benutzung in Aussicht, daß das gesamte Volk h o s f n u n g s f r e n d i g diese neue Eriindnng mit wohlwollendem Inter esse begleiten sollte. Den Mehltau ängstlicher Warn n n g e n auf eine so vielversprechend« Er findung herabträufeln zu lassen, scheint wenig angebracht, wenn man von derselben Er- sindnng wichtige militärische Dienste im Interesse der Landesverteidigung erhofft. Die Gründe, welche gegen die Flugtechnik geltend gemacht wer den, könnte inan mit ganz demselben Nechte gegen die Flngschiffe einivenden; auch sie sind bis zu einem gcioissen Grade voll atmosphärischen Ein flüssen abhängig. Die nationale Flugspende soll aber gerade dazu dienen, die Flnytechnik wider standsfähiger gegen diese Einflüße zn machen; ihre Mittel tverden dazu dienen müssen, ver besserte Maschinen und neue Erfindungen zu prämiieren, Flieger maschinentechnisch und flug technisch gründlich ansznbilden, Preise für er folgreiche Flüge zn gewähren, geeignete Stütz- nnd Landnngspunkte etappenmäßig zu schaffen, und schließlich auch die Zukunft der Flugtechniker zu sichern. So nur kann die Flugtechnik eine Ent wicklung erfahren, welche für die Bedürfnisse der Landesverteidigung eine sichere Grundlage bie tet; ob sie auch für andere Zwecke mit wirt schaftlichem Erfolge verwendet werden kann, dar über z. Z. ein Urteil abzugeben, tväre voreilig und gewagt; die moderne Technik hat uns über raschende Erfindungen gebracht, welche man noch vor einem Jahrzehnt nicht ernstlich hoffen durfte. Meüensgerüchte. In den Kreisen der Berliner Hochfinanz erhält sich das Gerücht, die Türkei sei in allerletzter Zeit durch die Vermittlung einer befreundeten Großmacht in Verbindung mit Italien getreten, um eine Beendi gung des afrikanischen Krieges zu erzielen. Man sagt, die türkische Regierung, deren Lage augen blicklich keineswegs beneidenswert genannt werden könne, sei nicht abgeneigt, einen Frieden zu schließen, durch den Tripolitanien unter italienische Herrschaft gelangen würde, vorausgesetzt, daß Italien seinen Anspruch auf Benghasi fallen ließe — das ja tatsächlich noch nicht durch die italienischen Waffen unterjocht worden ist. Man fügt hinzu, daß eine Kontrolle dieses Gerüchts nicht zu erlangen sei. Auf der türkischen Botschaft in Berlin bestätige man Schulferien. c/ Um diese Jahreszeit, wenn die Natur draußen tausendstimmig lockt, wenn alles zur schönsten Blüte sich entfaltet, beginnt aus unseren Städten heraus eine wohce Völkerwanderung: die Ferien setzen ein, eine „Rückkehr zur Natur" findet statt. In wenigen Tagen erscheinen Stadt und Land in ihrer Bevölke rung wie vertauscht. Wo Ruhe und Friesen, der gleichmäßige, eintönige Takt der Alltatzsarbeit herrsch ten, dort tummeln sich jetzt Scharen froher, freiheit suchender Menschenkinder, und die Stätten emsigen Schaffens stehen leer und verwaist. Man hat unsere Zett nicht mit Unrecht die „Zeit des Kindes" ge- nannt; denn schließlich ist es in weitaus oen meisten Lebensfragen und -lagen das Kind, das den Aus schlag gibt. So ist es auch bei den Ferien. Wenn die Schulferien beginnen, dann nimmt auch die Er holungszelt des Erwachsenen ihren Anfang, sei es, weil er als Familienvater oder »mutter sich nach sei nen Kindern richten muß, sei es, weil in ihm noch der alte, aus der Jugend hinübergerettete Drang nach Freiheit gerade zu dreser Zeit sich regt, er deshalb die alltägliche Arbeitslast abschüttelt und sich an den Busen der Natur flüchtet. Wer aber La glaubt, daß von rrltersher sich unsere Kleinen und Großen der Ferien, di« einmal von einem Hygieniker „Das Großreinemachen des Ge hirns" genannt worden sind, erfreuen können, der ist arg auf oem „Holzwege". Sie find vielmehr «ine moderne Schöpfung, und zwar «in« segens reich« moderne Schöpfung. Zwar hat es schon immer Unterbrechungen des Schulunterrichts gegeben, wie wir von den alten Griechen, von den Römern her wissen. Aber hier handelte es sich doch immerhin nur um wenige Tage, um die Tage, an denen wegen got- tesdienftttcher Feste der Schulbetrieb ausfiel. Und so entsprangen auch die Schulferien des Mittelalters, von denen uns Scheffel im „Ekkehard" «ine prächtige Schilderung gibt, aus nichts anoerm als aus religiös, kirchlichen Gründen. Di« Kirchenfeste waren — Gott- seidank für den armen Scholaren! — im Mittelälter überaus zahlreich. Doch die fröhliche Stimmung, die sich feiner an diesen Kirchenfesten, die ihm die will kommene Freiheit brachten, bemächtigt haben mag. wurde ihm nicht selten vergällt durch den Kirchen dienst, den speziell die Lateinschüler zu leisten hatten. Uno auch am Vorabende, dem sogenannten Feier abende des Festes, war er nicht immer frei; denn das war ja die beste Zeit, um die Kircheugesäng« noch einmal durchzuproben. Auch wurden dem armen Scholaren durch die so überaus strengen religiösen Anschauungen der damaligen Zeit, di« von Freude unv Frohsinn an kirchlichen Festtagen nichts wissen wollten, in seinen Vergnügun gen große Fesseln angelegt. Aber nicht selten kam «s vor, daß diese Feiertage gelegentlich wirklich zu kleinen Ferien auswuchsen, so z. B- in dem Falle, daß mit den Festen der Schluß des Schuljahres zusammenfiel, wie dies etwa bei den Osterprüfungen geschah. So entwickelten sich die Ferien mehr und mehr, und als dann späterhin wirtschaftliche und wohl auch zum Teil schon pädagogische Gründ« zu den kirch lichen hinzukamen, da konnten die Schüler bald sich ein«r richtigen Ferienzeit erfreuen. Bei Jahrmärkten, Kirchweihfesten und zur Zeit der Ernte im Sommer und im Herbst wurde der Unterricht ausgesetzt. Aber bald traten hier Mißständ« zutage; denn infolge der verschiedenen Zwecke der Schulferien und infolge der Freiheit, die auf dem Gebiete des Schulwesens herrschten, zeigten die Ferien im 16. und 17. Jahr hundert bald die größte Mannigfaltigkeit. Da außerdem die wirtschaftliche Lage der Lehrer eine gedrückte war, und sie sich durch Nebenarbeiten ihren Lebensunterhalt mitverdienen mußten, ließen sie nur zu gern an einigen Tagen, ja bisweilen sogar für längere Zeit den Unterricht ausfallen. In all diesen Ferien lag Unzweckmäßigkeit, und es konnte nicht ausbleiben, daß in Erkenntnis dieser Planlosigkeit sich in neuer Zeit der Gedanke an richtige, nach pädagogischen und hygienischen Gründen geregelte Ferien allmählich Bahn brach. Da die große Hitze des Sommers einen geord- neten und ersprießlichen Unterricht stark hemmt, so kam bald die Sitte der „Hundstagsferten" auf. Erst freilich fiel nur der Nachmittagsunterricht während der heißen Zeit bisweilen au»; dann aber geschah die» zur „Hundstagszett" regelmäßig. Dies« Nach mittagshundsferien find die Vorläufer unserer „großen Ferien", die in den verschiedensten Teilen unseres Vaterlandes zwar zu verschiedenen Zeiten, doch im Grunde genommen gerade dann ihren An- fang nehmen, wenn die Hitze am drückendsten und unerträglichsten ist. Aber daß ein ganzes System über das Jahr wohl verteilter Ruhepausen zum Vorteile der Schüler wie der Lehrer in den Unter richt «ingeführt wurde, das ist in der Hauptsache ein Verdienst des Staates, der sich besonders s«it dem 18. Jahrhundert des Schulwesens nachdrücklicher an- zunehmen begann. Je nach den Unterrichtsanstalten sind die Ferien heutzutage verschieden lang, und die Studenten können sich sogar während nahezu dreier Monate von den Anstrengungen des Studiums er holen. Während aber der deutsche Student während dieser Zeit wohl meist — besonders in den jüngeren Semestern — auf der faulen Haut liegt, benutzt sein amerikanischer Kommilitone, wie bekannt sein dürste, diese Zeit nicht selten dazu, das nötige Geld zur Fortsetzung seines Studiums zu verdienen. Ader das ist doch schließlich nicht der Sinn der Ferien! Sie sollen eine Erholungszeit sein. Und darum frohe Ferien! Llieyenkrieg. Bei uns liest man meistens mit einem ironischen Lächeln di« Nachrichten oon dem Fliegenkriege, der seit einigen Jahren in den Bereinigten Staaten mit größter Heftigkeit entbrannt ist, iedoch bricht sich dei uns schon allmählich die Ansicht Bahn, daß die Ame rikaner (und neuerdings auch die Engländer) ganz recht daran tun, wenn sie in joder Fliege eine Ver breiterin gefährlicher Krankheiten sehen und daher die Stubenfliege tüten, wo sie nur können. Man sollt« auch bei uns den Fliegen in dieser Weise den Krieg erklären. Zn den Bereinigten Staaten gilt der Fliegenkrieg geradezu als patriotische Tat. und in solchen Dingen tun di« Amerikaner selten etwas halb. Vorbildlich für den Fliegentrieg kann die Stadt Weir tm Staat« Kansas genannt werden. Dort haben im Jahr« 1911 die Einwohner in gemeinschaftlichem Vorgehen Millionen von Fliegen getötet. Ein Be amter des Gesundheitsamtes von Kansas hat di« Lei tung des Fliegenkrieges in di« Hand genommen, und sich dann der Hilfe der Boy» Scouts versichert. Dank dem tatkräftigen Vorgehen der Boys Scouts ist Weir jetzt in bezug auf di« Fliegen di« sauberste Stadt der Welt. Die Boys Scouts teilten die ganze Stadt in verschieden« Distrikte; dann gingen sie mit Gift, mit Fallen und mit Fliegenklappen an die Arbeit, nach dem sie vorher mit Hilfe der Pr«ss« die Einwohner schaft aus den Fliegenkrceg vorbecettet hatten. Die Polizei unterstützte pe dabei wirksam, und auch Pri vatleute halfen lhnen; unter anderem liefert« ihnen die Kaufmannschaft kostenfrei alle Gerätsä-asten, die sie nur brauchten. Fast ebenso gründlich und erfolg reich war der Fliegenkrieg, den Washington im vori gen Sommer gekämpft har. Dort war es eine Zeitung, „Evening Star", der mit Hilfe der Gefundheitsbohörden und der Jugend die Fliegen fast völlig ausrottete. Di« Zeitung aroei. tete zunächst den Plan eines vlerzehntägigen Fliegen krieges aus; wer oon sen Kindern nach die,er Zeit die meisten Fliegen gelötet hatte, erhielt den ersten Preis — 2ö Dollars — und die nächstbesten Fliegen krieger erhielten ebenfalls Preise bis zu einem Dollar abwärts. Behälter zur Aufnahm« der Aliegenleichen und andere Gerätschaften lieferten wieder die Kauf leute, und nun begann der Krieg: ein Schlachten wars, nicht eine Schlacht zu nennen — so wacker kämpften die Kinder. Der erste Preis fiel an einen dreizehnjährigen Jungen, der innerhalb der vierzehn Tag« 343 800 Fliegen zur Strecke gebracht hatte. Di« nächstbeste Strecke betrug 130 000 Fliegen weniger! Allerdings ist hier hinzuzufügen, daß der Sieger sein mörderisches Werk nicht allein durchgeführt hatte; vielmehr halt« er unter seiner Führerschaft oierund, zwanzig gleichaltrige Jungen vereinigt, die er dann entsprechend entlohnte, als er den Preis in Händen hatte. Dieser Fliogenkrieg in Washington war für da» Gesundheitsamt besonders deswegen wertvoll, weil aus der Statistik zu ersehen war, wo die meisten Fliegen erlegt worden waren, und welche Gegenden daher am meisten sanierungsbedürftig waren. In diesem Jahre hat übrigens der „Washington Star" von neuem einen Wettbewerb ausgeschrieben. In anderen Städten, so z. B. in Boston, haben die Frauen den Kampf gegen die Fliegen in die Hand genom- men. Sie weisen in ihrer Propaganda für den Krieg in erster Linie auf den Zusammenhang der Fliegen- plage mit der Säuglingssterblichkeit hin. Auch sie arbeiten natürlich mit der Presse und den Gesund heitsämtern zusammen. In Baltimore war der Fliegenkrieg rm vorigen Jahre besonders erfolgreich, denn im Juli und August find nicht weniger als acht Millionen Fliegen vernichtet worden. Man beachte anch Vie Inserate in der Abend-Ansgabe. "MD
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