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02-Abendausgabe Leipziger Tageblatt und Handelszeitung : 30.06.1913
- Titel
- 02-Abendausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1913-06-30
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Urheberrechtsschutz 1.0
- Nutzungshinweis
- Freier Zugang - Rechte vorbehalten 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id84535308X-19130630025
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id84535308X-1913063002
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-84535308X-1913063002
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Handelszeitung
- Jahr1913
- Monat1913-06
- Tag1913-06-30
- Monat1913-06
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flbenb-Ausgabe • für leipjl» und Derorft 6urd> unfrrt Crüatt und V t JUflöpCßlJ K . eptöitturt 2 mal täalld) Ina flau« gebra<t)t: «0 Pf. mouatli«, 1.70 mr. eltrt«liübrli<h. ®»l unftm Jlllalan und Rnnapme- fttUtn abgtbott: 75 Pf. monatlid), IM nie. »icctelfabrll*. Pur* btt paft: inntrpalb BeutWanb» und Aer Aeutfdjea «alantui aitrtcljäbrlld) 3.60 mt„ manatlid) 1.46 HU., ausWitgUA PonbtfttUgclO. Paa Ctipjlgcr Cagcblatt erfdjttnt 2mal tAglld), «onn» u.$*i trtaga nut ItnaL RtAattton und etfdtüftefttUc: Jobannlagan'« «r. (. Strnfpre<^»Rnf<pluß Rt. 14601, 14603 und 14604. Ur. 326. Amtsblatt bee Rates unb bespolijeiamte» bet Stabt ieipjio 107. Jahrgang /Injtlgcnpteife: ItigÄ^ÄÄSÄ »an auowdrto 30 Pf., RtFlamtn l.M fflf. Onftratt aan OtborOcn Im •mtUcßtn <til Alt pttltgtil« 50 Pf. «tfdidftoanjeigtn mit PlaßoorfÄrift im Prtift trpAAL Rabatt nad» <orif. OtllagtgtbUbr: •tfamtauflaat • SU. pro CauftnA wrft Poftgtbübr. «cilbrilagt bAptr. Rnjtigtn.flnnabmt: ^obannltgalTtS. bet fAmtllAtn JlUalen unA allen Rnnoncen.CxpeAitlonen Aee 3n« und HualanAeo. Perllner Redaktion: 3n den Jtlten 0. Jernfprtd)>flnfd)luß: Rmt nioabit Rr. 407. fflontag, öert 30. Juni. 1913. Das Wichtigfk. • Sie Jßeßrnorlage würbe im Heidjs» tage am fDlontag in dritter fiefung endgültig angenommen. (5. Bef. Art. n. ßeßte Sep.) * §eute findet in Bel grab bie entfdjel» bcnbe S i ß u n g ber S t u p f cß t i n a ftatt. (Siche bef. Art.) ♦ Ski einem SSerfucfisflug in ßiitticf) jt ü r 51 e bas 3 lug zeug in bie 3ufcßauermcnge. 3®ei B er fönen finb tot, fieben fdjrcer perlest. (6. Sp. u. Spiel.) Die UJebrvorlage end gültig angenommen! Ser heutige Blontag ift ber lag bet ent» fcßeibenben Slbftimmungen im ^Reichstage. 23e= reits mittags 12 Uh* traten bie SBolfsoertreter im Sßallotbau am Königsplaße zu Berlin zu» fammen unb erlebigten zunäcßft bie SBeßrDor» läge. Sie brei in zweiter fiefung ge|ttid)enen Kavallerieregimenter würben auf Eintrag ber Hationalliberalen unb Konjetvatioen nun bei ber Schlußabftimmung bod) noch bewilligt unb hierauf gelangte bie ganze Sßeßrvorlage jur Annahme. Gleichzeitig würbe bas fog. „Hob gefetj jum 'JRilitärftrafgejeti“ in allen brei fiefungen angenommen, wonach in 3utunft auch bei JRilitärvergeßen bie 3ubilligung milbern» ber Umftänbe ftattßaft fein foll. Srahtlicf) liegt folgenbe Tlelbung oor: Berlin, 30. 3uni. Ser SR c i dj s t a g bat bei ber S dj l u fj a b ft i m m n n 9 über bie SB e ß r» 01» läge «.e.i Antrag Baßctmann auf Sßiebcrßer« ft e 1l« n g bet Megierungsuorlage (fett)* KaoaHerie» regimenter) gegen Glfäßer, Bolen, Jortfcßrittler unb cozialbcmotraten angenommen unb fobann bie gaiqc ItSchrvurlage cnb. iiltig angenommen. ferner würbe ber Gntwurf betr. Henberung besSRilitärftrafgejetjbudjes, wonach mi 1« bernbe Umftänbe eingefüßrt werben, in allen Sin nemOener Prophet Wagners. Bon Sr. K u r t B i n t h u s. SBir erlebten oor einigen SBodjen ben Ijunbertften Geburtstag Hidjarb lüagncrs. Hacßbcm nunmehr ber Glanz ber Softe, bie ju bieier 3eit gefeiert würben, erlofdjen ift, überlegt man wieber Iritiicßer bas Berßältnis unjerer 3eit tu 'Jßagners kunft. Unb man erinnert fid), baß gerabe ißaqreutb. üßagners erfüllte Sehniudit, in biefem 3al)r gefdjloffen bleibt, bem bie höcbfte, leuchtenöfte Seiet im $aufe bes SReifters feibft ben Seutfdjen auf ben SBunfch feiner 'Jiadjtomnien oer.agt ift. ÄHan bentt an bas nicht belanglofe Such bes geiftreichen Sichters Gmil üubweg ,,'USagnet ober bie Gntjauberten", bas fid) khari unb hott gegen Sßagner ben tütenichen unb Sßagner ben Ulufiter wenbet. JJian hort, bag ber 21'agnerrauid} ber Sranjjfen fdinell oer= flog, unb baß in lauten Seiten bie jungen Stanjofen ihren Glaube Sebufft) gegen 'Ißagner ausfpielen. ÜJlan weiß, baß Diele unferer Süngeren mandies gegen Sßagner einroenben unb fefjon fehieft man fich an, Slrnolb Schönberg auf bas tßoftament SBagners 3U ftellcn. Gs foll hier nichts für ober gegen SBagner ge= fprochen werben, aber ich möd)te bas Gebächtnis an einen oergejienen, unglüdlnhen, fehl begabten üRann erwirten, ber, ohne bafi er es wußte, ju einem 35er» tünbiger ber Sßagnerjchen ftunft würbe. Siefer 'Uiann hielt oor mehr als 65 Sahicn im lieip.tiger Gcroanbhauje eine gewaltige IRebe, weldje, wie» wohl fie bis jur Ueberfcöwenglichleit oon ber Sehn» fud)t nach einer großen Oper, nad) einem Sapreutl) erfüllt ift, nur wenigen unjerer 3eitgenoffen betannt fein wirb. Sen Stimmen, bie nach Sßagners lobe gegen ben tüleifter fprechen, fei hier bet 9iur eines begeisterten Ulannes entgegengefeßt, ber für Wagners Äunft tämpfte, beoor ihm lelbft bieje neue HRufit er* tlungcn war. Gin bünnes, gelbes &eit geriet mir in bie $änbe, bas ben Xitel trägt: „Sie Oper ber Gegen» wart, ilortrag jurerftenlontünftler» 33 e r f a m m l u n g in Veipjig im Saale bes Gewpnbhaufes am 14. 31 u g u ft 1847, gehalten non SBolfg. 3lob. Griepenter 1.“ Ser 'Jiann, ber berufen würbe, biefe IRebe oor einem auserwählten tßublitum an ber Stätte iu halten, bie für L'eipjig bas ift, was 33apreuth für bie SBelt bedeutet, war ein Harter ehrgeiziger, unruhiger SRenid). Gin 3abrjehnt lang würbe er unter bie erften Geifter feines Itaterlanbes gerechnet. Gr war 'ßro= feffor für beutfehe Sprache unb Literatur in '-Braun» fdjweig, trieb Stubien auf allen Gebieten ber Äunft uno dichtete fraftoolle,jerriffene Sramen, wie „'.Robes pierre", „Sie Gironbiften" „üuf St. Jelena", bie man in ben fünfziger Sahten für bebeutenber hielt als bie 3Berte Grabbes unb £>ebbels. 33on Stabt zu Stabt zog er unb las mit mächtiger Stimme bieie Sramen oor, aber fein Schaffen unb fein Beben zer* btad) unb würbe zersplittert, fo baß er im Glenb 1868 zu 9raun|d)weig ftarb Gs war wenige SRonatc oor bem Slusbruch ber Heootution, als Griepenterl feine IRebe über bie Oper hielt. Sie Sbeen bes 3 Befangen angenommen, nachdem ber Keich•» fanzier ertlärt hatte, er werbe beim Sunbesrat bafüt eintreten. Ula$ will Rumänien? .fjeute, 9Rontag, foll in Sei grab bie (Snt* fcheibuttß über ^rieg ober ^rieben fallen. s D?i- nifterhrafibent 'P a f i t f <±> tvtrb fich heute in ber <Stupfd)tina über ben <3tanb ber biplomatifcfjcn 53erhanblungen unb bie Sinnahnte beä Schiebt- gerid)t§ auofpredjen. 2Bie eä heißt fei er noch am «Sonnabenb entfdjloffen gewefen, für eine friebliche Bojung einjutreten, nun aber habe baS vluftreten '.Rumäniens eine große Söanblung beroirft. 2Bie fdjon acmelbet, hat ber rumänifche Gefanbte in (Sofia, ^rinj Gi b i f a, ber bulgari- fefjen ^Regierung amtlich erflärt, baß fich Ru mänien im §alle eines bulgarifd)*ferbijchen Srie» aeä bie Freiheit be§ ipanbelnS oorbetjalte. ®a§ bebeutet nach ber ganjen Sachlage nichts an- bere§ als eine an Bulgarien gerichtete ftriegä- broljung, unb eS ift ganj felbftüerftänblicl), baß «Serbien barin bie ipanb beä helfenden Auren fiefjt unb nun mit neuen günftigen s l)iöglichteiten für ben Kriegsfall rechnet. ^Rumänien märe ein fach verloren, wenn eS fich mit Serbien unb Bul garien gleichseitig fchlagen müßte. Dtußlanb alfo, ba3 fich anfehieft, baö (Scljicböricßteriimt über ben bulgarifch-ferbifcfien Streit $u übernehmen, nimmt Partei gegen Bulgarien, um e3 mit £>ilfe '.Rumänien^ jur äußerften jRachaiebigteit ju jwin- gen. JBenn man will: eine KriegSbrohung ju tfriebcnssjmccfen! Europa lönnte fich rußig mit biefer ctiva$ nterfmürbigen Maßregel abfinbeit, wenn bie '.Holle, bie Siumänien bei biefem neuen Spiel übernimmt, wirtlich nur für biejen einen näcßften 3 lw ccf, bie (Sinfchüchterung Bulgariens, beftimmt wäre. Saö Slufjallenbe an bei* Sache ift aber, baß jwifdjen tRußlanb unb ^Rumänien Berfjanblungen üorl)crgegangen finb, bie auf einen 'ilnfcßluß be3 rumänifefien Staate^ an '.Ruß land unb grantreich binauslaufen. SBcnn bem Jo ift, wäre ba<3 für Ccfterreid; unb mittelbar für ben Srcibunb eine biplomatifche fRieberlage unb für fRußlaitb unb feine Berbünbcten ein er- ftaunlichcr unb übcrrafchcnber Erfolg. Seither feßien bie rumänifefje 'fJolitit auf oute anbere Baljn cingcftellt zu fein, unb eö ift im ülugcn- btict loentgftenö feßwer ju raten, auf welche iüieife fid) bie rumänifdje ^Regierung für bie weit- greifenben ißläne fRußlanbS gewinnen ließ. 5Rur I baS ift wohl fichcr, daß man fid) in Bularcft I nidjt auö reiner ©utmütigleit ju einer ber ruffifdjen fßolitit erwünfdjtcn öefälligteit her beiließ. ©inftwcilen läßt bie rumänifme Dicgie« rung jebe Becinfluffung burd) JRußlanb beftrei- ten, aber bamit ift jur 'Jluftlärung ihres) ntert» würbigen BerhaltcnS nidjtS getan. Serbien »or ber ®ntfdbeibuttß. Belgrad, 30. ^niit. Ser St lud ber fHes gierungdpartei macht, wie oerlautet, ber Bolitit beb 9lachgcbenb, bie ^afitfeb cingefdilagen bat, ft arte Opposition. Bnberfcitb wirb wiebetum in Negieruiigbtrcifen ein wirtlicher 3»ie= fpalt innerhalb ber Wegiernngöpartei geleugnet, und man hofft, baß morgen bie Borfcßlägc beb Vtiiiifterpräfibenten gutgebeißen werben. Sie ganze Cppofition wenbet jidj nur gegen ein vor= bepaltlofeb ScbiebOgericbt. Sie heutige Stupfch 3 tina*Sißung wirb noraubfichtliih fepr ftnrmifch. 3n biplomatifdjen Streifen bcrlautet. baß Rußland auf bie bulgarifdje Wegierutig einen ftartenSrucf aubübt, bad Schiebbgericht auf breiterer Grundlage unb für alle Pcrbünbeten Balfanftaatcn endlich anjunebmen. ter b e u t f ch e G e»an btc Freiherr bon Griefinger ftattete Bafitfcb einen langen Befucp ab, bem man eine hohe politifchc Bedeutung beimißt lieber bie gefpanntc (Erwartung in Sofia erfährt bie „Boß. 3tg.“: Sie politifcße fiage erfdjeint durch bie brohenbe Haltung ^Rumäniens gänzlich untlar. 'JRan erwartet mit höchftcr Spannung bie Grtlärungen B a f i t f ch 5, oon benen es abhängt, ob eine friebliche ober eine triegerifdje fiöfung erfolgt. 3!Benn bie Serben bas Schiedsgericht an» nehmen, würbe S a n e w noch im Saufe biefer SBodje nach Betersburg reifen. Sie Oeffentlidjteit beurteilt bie Sage größtenteils f t e p t i f d) unb meint, baß Serbien — feibft wenn b-*r Sdyiebsfpruch zuftanbe» fommt — bie jeßt befeßten Gebiete fdj wer ließ gutwillig räumen wirb. (gegen bie rnffifdie &et>ormunbung« 2ßicn, 30. Juni- Das offiziöfe „Sremben» blatt" feßreibt: „Surdj zwei wichtige Kundgebungen würbe in ber leßten 3®it bie fjaltung ber 'JRonardjie gegenüber ber neue ft en B h a f e in ber Orientlrife präjubijicrt. 'JRiniftcrpräfibent lifZa legte im ungarifchen 'Hbgeorbnetcnhaufc unb 9Rini|terpräfibcnt Graf S t ü r g t h im öfterretchi» feßen öerrenhaufe bie Gejid)tspuntte ber aus» wärtigen Bolitit ber ÜJJonardjie bar. Heber» einftimmenb tarn in beiden 'Heben bas SR e cf) t ber Baltanftaaten ,ium Slusbrud, ihre Singe« legen () eiten aus eigener 9R a ch 10 011» tommenheit zu ordnen. Scibe fpradjen bie Hoffnung aus, baß Serbien unb Bulgarien fid) auf ben friedlichen 'Jßeg bet Gntwirrung bes Streites begeben werben. Unfcrc Genugtuung darüber wirb noch dadurch gefteigert, baß bie oon beiden Säubern bisher zugunjtcn ber Surcbiührung einer friedlichen Bolitit unternommenen Schritte aus ihrer eigenen Gntfdjließung ßerporgingen. Somit ift z u fl Ieit h Jagt, baß wir in einet wie immer gearteten Beein» träditigung bet Gntfchließungsfreiheit ber Baltan» ftaatcii eine unzuläffige 3 n t e r o e n t i 0 n erblidcn müßten. Sie Baltanjtaaten haben alfo oolltommen freie £anb. Sie 'JRonardjie geftattet nicht nur, fie o c r l a n g t biefe unbehinderten freien Gntfd)cibungen. Sic wirb aber bas Grgebnis aus bem Gefidjtspunttc überprüfen, ob cs unfcrc SRedjte unb 3 n terefien präjubiziert, unb einen ent» fprechenben Ginfluß ausüben. Sic SRonardjie wirb fiifj hierbei oon ber traditionellen Sympathie für die Balfanftaaten aus bem 2Bunfd)c nach freunbfehaftlid) gefieberten Beziehungen z u ihnen leiten laßen.“ Sas Blatt befpridjt fobann bie Stelle in ber SRebe bes Grafen Stürgth. in ber ausgeführt wirb, wie ein wirtfames Bcrhältnis ber Ba 11 a n ft aa t c n zur 'JRonardjie zu erreichen fei, unb ertlärt: „Sie Borausfcßung befteht barin, baß bie Balfanftaaten zur Ginfidjt gelangen, baß fie ihren 3Rt«reffen am bejtcn bienen, wenn fie tünftig fid) ben eigenen Slufgaben ihres nationalen Sehens wibmen. öietburdj würben fie bic Gc= fahren paralpfieren, welche burd) bas Berjdjwinbcn ber Xürtei aus Guropa hcroorgerufen werben tonnten. Gs läßt fich ni«ht überleben, ob biefe Ge» faßten tatfädjlirf) eintreten würben, wenn bic Baltanftaaten fid) zum 'Jßcrfzeug ber auf eine Berfdjicbung bes europäifdjen Gleidjge» widjts abzielcnben Bedrohungen gebrauchen ließen. 3luf alle Jälle würbe cs gut fein, wenn man auf bem Baltan bic freunbfdjaftlirfje 'JRafjnung ber beiden JJRinifterpräfibcn ten nicht überhör t Kampf zwifdjen ben Berbünbcten. Sofia, 30. Suni. (3lgence bulqare) Sas Jjaupt» quartier erhielt geftern abenb bie Btclbung, baß jungen Seutfdjlanbs hatten fich weit im Bolte aus» gebreitet. Ueberall wollte man fid) unmittelbar anfchließen an bie prattifdjen Sragcn bes Sages, an bas gegenwärtige Sehen, — unb bieie Jorberung ftellte man aud) für bie Kunft auf. So entftanb in allen fünften ein Streben nad) SBirtlidjteit, bas einen gewißen Realismus erwedte, ber uns allerdings heute recht idjönfärberifcf) unb ibpllifch erfdjeint. — Slber noch ein anderer Gebaute gewann immer größeren Ginfluß: bie 3bee ber Gntwidelung. Siefe Sbee war zunädjft in mehr fpetulatioer gorm oon Siegel aus» gegangen unb oon ihm unb feinen Schülern in phan» taftifeben Bhilofophemen ausgeführt worben. Gs oer» ging nod) ein 3ab*3ebnt bis Sarmin ben Gntwict» lungsgebanten auf naturwiffenf^ajtlicher Grundlage barftellte. Unb biefe beiben Sbeen: SBirtlidjteitsftreben unb Gniwictlungsgebante, bic tatfädjlid) bie wichtigften treibenden illomente im Sehen bes neunzehnten 3ohr» hunderts würben, finb oon Griepenterl in biefer Ge» wanbhausrebe wohl zum erften Blale auf bas Gebiet ber 'JHufit angewenbet worben. Seine Hebe ift ganz unb gar im Stil feiner 3eit gehalten unb ftellt eine 3lnficl)t bar, welche oiellcidjt bie aufgetlärteften 'JRanner feiner 3ett fich über bie SRufit gebildet hatten. Griepenterl meint, feine 3eit fei eine gewaltige Gpocße, ber „bas eine große 3«ichen an ber Stirne teht, überall im Ganzen zu leben", unb bas Shema einer Hebe lautet: „3n welch’ einem Berhältnis teben bie Sontunft unb ihre Schöpfungen zu ben fo tart ausgeprägten Umrißen ber gegenwärtigen geid)id)tlid)en Stellung?“ — 3mmer wieber macht ber Hebicer feinen 3ut)örern tlar, bas Sojungswort ber 3ett fei „SBirtlichteit, Sebenbiateit, gegen« wärtiges Safein“; „tein Huf ift ber 3eit gemäßer, als ber nad) ißirtlidjteit“. Sßenn alfo alles ßd, zu biefem 3iel zufammen» fchließt, fo liegt bie Srage nahe, ob fid) denn „bie 'JRufit gegen alle Gntwidlung fo abqefperrt habe, baß fie nicht bas Hecht hätte, oor biefe Sdjranten gefordert unb gewürdigt zu werben?“ Unb Griepen« terl meint, oon ber Beantwortung biefer ftrage hänge bic „weltgefd)id)tlid)e 'JBürbe ber SRufit“ ab. Sie 3Rufit habe nur eine Ggiftenzberechtigung, wenn fie fid) wie bie anderen Künftc im 3ufammenhang mit ber 3^it entwicflc unb alfo bem Ijödjften Begriff bieier Gpocße — bem Streben nach wirt» lichleit biene. Unb Griepenterl Jagt: Ser Stieb ber Gntwidlung „ift in ber Wlufit tein anderer, als ber nach SBirtlichteit, bie Sebniucht bes Unbeftimmten nad) bem Beftimmten“. HBährcnb bie anderen Künfte Sahrtaufenbe ju ihrer Gntfaltuna bedurft hätten, haben für bie 'JRu|it wenige 3aßrhunbecte hinge* reicht, um ße ben anderen Äünften gleicßzuftellen. Gin Hüdblid auf bie Gntwidlung ber SRufit müße alfo zeigen, baß ße fid) immer ftärter zum SBtrtiidjen, Zum Seben hin entfaltet habe. Griepenterl legt nun bar, wie fid) werft bie 'JRufit aus ber Boefie in ber «form ber Kircßenmußt losge* löft habe; ber erfte Schritt zum Sßirtlidjen fei bet Jortfcßritt ber JRußt zur öper gewefen. Sas treibende 9Roment in ber Gntwidlung ber Oper war bic 3 b e e gewefen. fiier zeigt fich am beutlidjften ber Ginfluß Regele auf Griepenterl. 3e größer unb reiner bie 3bce ift, um fo ßößer fteße bas Kunftwert; bie 3bee ber Gefdjicßte fei größer als Brioatfdjidfale, unb baßer läßt fid) ber Hebner oerleiten. bie ßiftorifeßen Opern feiner 3eit über Bcetßooens JJibelio“ zu ftellen. Hacßbem man zunädßt bie Stoffe für bie Oper aus 3auberw?lt unb Hitterzeiten genommen, habe Glud ben 'Braoourgefang ber 3taliencr abgelöft burd) eine 9Rufit, welche „bie oon ber Boefie ge» gebenen Borftellungen mit ben mufitalifcßen Stirn» mungen in wirtlich organifdje Beziehungen fefjte“. Glud ging auf bas Griechentum zurüd, bies aber war zu weit oon ber Sßirtlidjteit noch entfernt. Surd) Grbtrt) wurde in Srantreicß bie Heoolution opernfäßig gemacht, er eröffnete ber großen Oper bie Baßn. Spontini jeßte biejen Mkg fort, ba er oon Gluds Griechentum zum Hömcrtum unb bis zu bem romantifd)«d)riftlid)en Stoff bes tferbinanb Gortez weiterginq — ein „5ortfdjntt in bas Heid) ber freien H3irt ließt eit wie feiner oorßer“. 3n bieier romantijd)» ßijtoriid)en Gntwidlung müße bic Oper jeßt ihren ßöcßften Buntt erreichen; nicht Uorßing, nicht'lieber, nidjt bic 'JBalbromantit, fonbern btc große ßiftorifcß» wirtliche Oper fei bas 3*el. uno biefem 3id fei oorläufig '.Uicijerheer in ben „fjugenotten" am nädjften getommen. Sofort proteitiert aber Griepenterl bagegen, baß er fid) „zum Suhucnträger bes £>errn 'JHcijerbecr aufgeworfen hätte“. Gr will nur gezeigt haben, baß bic JRufit wie jebe 'Jlcußerung ber 3ett einen Bei« trag zum ißirtlicßreitsitrcben barftellc. Sicherlich lebt in biefer Hebe allzu ftart ber feße» matijicrcnbe Seift £>egels; fidjcrlitß finb oielc feßiefe unb für uns gerabeiu lächerliche Urteile in ißt ent» halten, aber ein tiefer Grnft, ein mächtiges 'Jlßncn wirb tu biefen erregten ‘JBorten laut. Sins weiß Griepenterl gewiß: bie Oper entwidclt fid). Sie ent» widelt fieß zu einer wirtlicßreitsnaßen, ibeeerfüllten Äunjt. Klar ließt er ben oorläufigen Grfüller biefer ßoßen Kunft oor fid); er weiß, 'JReqerbeer ift es nod) nießt, aber wer über JReijerbcers Kunft „hinaus will, unb es wirb barüber hinaus gefeßritten werben, benn ber Som, ben ber Gcift baut, fcßließt fid) in teiner Spihe ab — wer barüber will, muß auf bem Grunbe geftanben haben, auf bem 'JRerjerocer fteßt; ber Boben aber ift fdjwer erft zu gewinnen . . .“ 'JBagner ftanb zunädjit auf biefem Grunbe, unb et ließ benn aud), was Griepenterl ausbrüdlid) fordert, Ghiiftentum in feine Kunft einftrömen. 'JBagner oertnüpftc eine rcaliftifcßc Bcrwenbung ber Söne mit ber 3bee, er führte bie Gnt» widl’tng zu Gnbe, bie Griepenterl als einer bet erften barftellte. Unb lieft man aufmertfam biefe oerfdjollcne Hebe bes oerjcßollenen Hiannes, fo er fennt man mit Staunen: biefe begeifferten SBortc geben, ohne baß es ber Hebner aßnte, eine Gnt» widlungsgefcßidjte bes mufitalifdjen GrfüHers. ben et halb unbewußt unb bod) feßon tlar gefehen bc« geiftert prophezeit. Kunft unö Willenftßaft. * Gegen bie Unterbriidung oon Hauptmanns fteftfpitL 3u 0cm in unjerer Sonntaasnummcr oct» öffentlidjten Broteft gegen bic Unterbriidung oon Gerßatt Hauptmanns jaßrßunbcrtfeitfpiel erhalten wir noch einige zuftimmenbe 'Ueußctungcn, bic wir mit befonbcrct Genugtuung wicbergebcn. 3Bit oct» zeießnen bic Hamen ber Ginjcnber in ber Heißen» folge bes Gingangs: Gxß. Hofrat Brof. Sr. 3- Bartfd), Brof. Slrtßur Hitifcß, Bildhauer Brof. 3oßanncs Hartmann, Sanbtagsabgc» orbneter Hecßtsanwalt Sr. 3 ö p I) c l, reformierter Baftor Hubolf 3Rüßlßaufen, Sr. Hobcrt Gotwcgß, Sdjriftjtcller. 2lud) Herr Brof. 'JRaj Sörfter teilt uns mit, baß er fid) bem Brotcft an» fdjließt, oljnc jebodj ju ber Stage bet äitßetiidjcn 'JBcrtung bes Stüdes Stellung nehmen zu wollen. * Gine Saßißunbert» Husftellung großen Stiles bereitet bie Stabt G t f u r t vor. 'Jlacß ben nom 'Diuicumsbirettor Sr. Kebslob foeben betanntge» gebenen Gtunbzügen bürftc — wie uns unfer Gr» furter 'JRitarbeitcr feßreibt — biefe 'llusitcllung zu ben bebeutfamften Unternehmungen zur Grinnerung an bie Bcfreiungstriegc gehören, bic näd)ft ber Bres« lauer in Grfcßetnung treten Unter allen Stäbten Thüringens ift Grfurt biejenige. Die am weiften oon ben Greianißen ber napoleoni;d)cn Herrfdjaft unb von ber Grßebung Seutfdjlanbs berührt worben ift. Hier bat 'Jlapoleon 181)8 mit bem (Jürftentongreß Seutfcßlanb bie glanzoollfte Jleußerung feinet 'JRadjt gegeben unb in oerzweiflungsoollet Grinnerung baran hat et nad) ber Schlacht von Leipzig bie Trümmer feines Heeres in Grfurt gefammelt. 8ünf« mal hat ber Kaifet hier geweilt. 'JRonatelang würben bie granzojen oon ben Breußen in Grfurt belagert, bis letztere ben Ginzug erzwangen. Set (Erinnerung an jene große 3«it |o!l bie 'Jlusftellung in allen ihren Teilen gelten. Sen Grinnerungen, Bilbnißen unb Tarftellungcn aus bet napoleoni» feßen Hcrtidjatt unb ber 3,eit bes <3 ü r ft e n» tongreffes werben bic 3eugniße bet Grßebung gegenüberfteßen, unb zwifdjen biejen Gruppen werben Gegenftänbe erfeßeinen, bie gan^ allgemein ein Bilb bet 3cit geben. Bahnen, 'JBaffcn unb Uniformen, Gßtcnzcidjen unb Hicbaillen, bazu Bilber ber Heer« führet unb ber Schlachten werben an bie Jlrmee unb ihre Taten erinnern. 'JRöbel unb allerlei funftgewerbliche Stüde follen bie Ginrichtungen unb Kunftformen bes Gnipirc»Stiles oeranfehau» liehen. Gine befonbetc Gruppe oon Bilbnißen unb 'Jlnbcnfen foll an bie für Grfurt wichtigen Berfön« lichteiten ber 3eit, Bürget unb Kriegsteilnehmer umfaßen. Berühmte Bcrjönliddciten, bie m befonbeter Beziehung zu Grfutt ftehen. wie Kleift oon Hollen» botf, bet Belagerer ber Stabt, Selbmatfcßall oon 'JRüffling (ber ipätcre Gounetiicut bes eroberten Baris), Generäle wie 3icthen, Bird». Btinj Huguft oon Breußen, 3agow ober Sobfehiiß ufw.. follen eben» falls eine Gruppe bilben. Sas Bilb foll abgerunbet werben, indem oon ben alten Slnfidjten unb Blänen bet Stabt eine befonbere Abteilung gebildet wirb, bie in elfter ßinic ben Anfang bes 19. 3at)rßunberts betrifft. Sas ganze groß angelegte Unternehmen liegt in ben Händen bes Bcretns für Gefdjicßte unb Altertum stunde - ber zugleich bamit bie (3c»cr feines 50jäßtigen Beließen» begebt — fowic bet S i r e 11 i 0 n bes 'JJlufeums. Sie Anstellung wirb Anfang Dttober eröffnet werben.
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