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01-Frühausgabe Leipziger Tageblatt und Handelszeitung : 24.12.1913
- Titel
- 01-Frühausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1913-12-24
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Urheberrechtsschutz 1.0
- Nutzungshinweis
- Freier Zugang - Rechte vorbehalten 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id84535308X-19131224012
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id84535308X-1913122401
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-84535308X-1913122401
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Handelszeitung
- Jahr1913
- Monat1913-12
- Tag1913-12-24
- Monat1913-12
- Jahr1913
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Seite 2. He. 652. fflorgethHusgabe. leipziger Tageblatt. ©runbbefifee« unb be« IRenwntebebarfÄ, auf bie unißtige ftrage ber £>eranjiel)ung bet Laribwirt- Idjaft unb bes Tättclftanbes ju ben JRüftungs- liefenxnjjen, auf etwaige IBorjugäftHlungen au ben {RüfhrngSIieferungen b*fonberö beteiligter ,}trmen. Bereits 33erid>t erftattet ift feitenö bet '.viilitärberuxiltung über bie ©ntnnctlung ber Wrunbfäfee für Lieferungen unb Leitungen tm Bereiche be« Artillerie» unb SBaffenwefenS, bie gefdyirfrtlicbe Gntioirflung ber ®rutrbfäfee unb .Uletljobcn für Verdingung bon Lieferungen unb Leitungen int ftefhingetbau, über bie önnib- iäfee für Beschaffungen auf bent Gkbietc be« {Wilitäröcrteßröivefens, ferner für bie Lieferung oon AerpflenuHMinitteln für 2Rann unb fßferb unb über btc Bcfeßaffiing ber BcflcibuirgSauö- rüftungiJftücfe. Seitens ber iUiarinebcmxiltung würben bie iPictßoben für fRüffiingSlieferungeit für ba« Werft- unb SBaffenwefen, ben Sißifi?- unb 9Rafrf)inenb(iu fotuie ba3 Verpflegung.?- und Bcncioungswcfen in Vorträgen tlargelegt. Unnötiger flnff^ub der Verhandlungen gegen daa „Journal d’fUface". Vor ber Straffanimcr bes LGitbqcricßts Strafe» hur« folltc am Dienstag vormittaq auf Antrag bes Kriegsminiiters bie Ö f f i a i a 111 a ge gegen bas „Journal b’A l f a c e ■ 2 o r r a i n c“ bjw. gegen bie verautwortlidien MeDalteure Lucien IUI i u f unb Eugen Jung wegen Beleidigung ber Offiziere unb ber Kommanbobeßötbcn bes preufeijeßen feeres oerßanbelt werben. Das 'Blatt batte in feiner Mummet 201 vom 25. Juni in einem Artifcl, ber bas Dementi bes Generaltonu manbos über bie Micßtocrwcnbiing ber Elfafe=Lotß= ringer in Vertraucnsitcllungcn bes faceres Iritifierte, u. a. gefdjricben: „{Man wirb norzteßen, bie elfafedotßrtngifcßen Soldaten im Kriegsfälle in bie vorberfte '-Reiße au {teilen, wie man es feinerzeit mit ben polen machte. So werben bie Elfafe = Lothringer vorwärtsgeßen muffen, unb auf biefe Art wirb man fit los.“ Wegen biefes Safecs war ber Antrag auf Eintet» tung ber ©ffUialtlage wegen Beleidigung erfolgt. Jn ber Verhandlung gab {Rebatteur IMint bie Er» flärung ab, bafe er bie gefamteStraftammer wegen Veforgnis ber Befangen ß eit a b l c ß n e, ba bie {Richter {Referve=Lau.brocf)roffiaicre feien unb ber preufeifeßen (jeeresvcrwaltung unterftänben. Sämtliche {Richter gaben einzeln bie Ertlärung ab, bafe fie ließ nicht befangen fühlten. Der Vor» Üfeenbe briiefte fein Erftaunen aus, bafe feitens bes Mebafteurs *Wint bie Jaberncr Affäre in bie Straf» tammerfitjung bineingetragen warben fei Der Staatsanwalt beantragte Vertagung. Das Gericßt vertünbete nad) luraet Beratung, bafe bie Verhandlung um 6 Ul)r abenbs ftatt» finde. Hebung des Berufe der ßücffcrreofforcn. SBäßrenb fuß bie fReirf^regicruna früher gegenüber ben tßhinfeßen ber Bücßerrctnforcn auf Einführung einer SloiiacffionSpflicßt ablehnend verhielt, erntagt fie neuerbing?, ob eS nießt boeß angejeigt fei, |ie beut § 35 ber ©ctuerbcorbnung au unterftellen. Die Büeßerrebiforen fclbft haben bie« bereits feit faßten bent 9feid)3tag in Petitionen ald ttrünfcßenSivert crHärt. • Die weidjSvegierung hatte fiel) bcößalh veranlagt ge- feßen, über eine biefer Petitionen, bie von bent Verbände beiitfrfjer Bütfjcrrebiioren entging, mehrere .fjanbelöramniexn in größeren Orten ju hören. Die erftatteten ©utaeßten ftiinmen auf- fallenbernreife Durchaus nießt überein. SBaßrenb ein Teil ber .fjanbetöbertretungen bie Ginfüß- rung einer ShinjcffionÄpflirißt nid)t für erforber» lich hält, befürworten anbere ba« Erpreßen be3 Verbände« in bringenbfter SBeife. Von bent loh te reit wirb barauf ßingewiefen, bafe unter ben Büdßerreniforen in fteigenbem 'Utaßc unlautere Gientente ßeröortreten, bie ben Hinf de« gan zen Stande« fcßiver feßöbigen. 9Jhw bringt ihnen iuiolgcbefjcn in ben faufmännifeben Greifen ein ftarfeö 9Jiifjtrauen entgegen. Der Unrftanb, bafe jeher, ber in einer faupnäiurifcben VrandjeSWife- erfolg gehabt h**t, h^ite Vüdjerreüifor werben fann, hat $u einer Ueberfüllung bes Berufe« geführt, bie eä Dielen unmögiidj macht, ihren auö- rönrmlidren Lebensunterhalt barin ju finben. <$old)C Elemente finb bann nur ju leicht ge neigt, ihre ?lrbcit3fraft für unlautere ßwedJe jur Verfügung ju ftellcn. Die {Regierung Der* |d)licfet fid) beshalb nicht mehr ben großen Be brüten, bie einem uneiiigefchräiitten ßugang ju biefent Beruf entgegenftehen. G» Wirb bem- gemäfi gegenwärtig erwogen, für VücherrcDi- joren bie gleiche 2on*effion^pfliefet, wie bie §35 ber ©eweroeorbnung für eine {Reiße anberer ©e- roerbc Dorfießt, ßerbeijufüßren. Jrljt. t>. Wangenljcltn, der „Pfodweifcr*. Die nationallihcrale Aeicßstagsfrattion hat, wie mitgeteilt, einen für bie innere Äolonifa» 11 o n bebcutiamen Antrag eingebracht, ber auf ®e» wäßrung eines Vorfaufsrecßts an ben Staat haw. anbere öffentlich-rechtliche Verbänbe bei ffirunbftfidsoetäufeerungen abüelt. Die „Deutfcße Tagesjeitung“ begrüßt ben Antrag „mit Jreuben“. Aber fee meint, bie Jlationallibe» ralen hätten mit biefem Antrag eine q e i ft i g e Anleihe beim {führet bes Vunbes ber Lanbwirte, ftreißerrn o. Sßangenßeim, gemacht. Diefem fomme in SPirtlichtcit bas Verbitnft au, benn erft noch auf ber Diesjährigen Tagung bes Deutfcßen Lanbroirtfcßaftsrates habe er ben Vorfcßlag ber Schaffung eines Vortaufsrecßtes für ben Staat au 3roecten Der inneren ftolonifation gemacht. Dam ießreibt bie „Jlatl. Äorr.“: „Das ift wohl richtig, teineswegs aber ift bamit bewiejeu, bafe ber Jrßt. o. Jßangenßcim nun auch bet Erfinbcr bet Jbee ift. Die Verbienjte bes $>errn o. Sßangenßeim in allen Ehren, erber es tann boeß auch ber „Dcutjcßen Tages» aeitung“ nießt cerborgen geblieben fein, bafe oie <jrage eines ftaatfießen Vorfaufsrecßtes feit 3 a ß» r e n f eß o n auch oon oiclcn anberen Alönnern ber SSiffenfcßaft unb Praxis erörtert worben ift. Schon 1907, bei ber Einbringung ber Enteignungsoorlage, fpielte bas ftaatliche Vor tau fsreeßt eine Ao He. 3n feiner Einfüßrungsrebe am 26. Aooembcr 1907 naßm öfürft Bülow ausbrüefließ barauf Vejug. 3J?an faß aber bamals oon ber weiteren Verfolgung ab, u. a. auch besßalb. weil bie Accßtslage — db lanbes» ober rcicßsgefeßlidic {Regelung — nicht getlärt war. Der (bebaute ift aber feitßer immer wieber aufgenommen unb neu erörtert worben, fo im notigen Jahre m einer Aeiße non Auffäßen bes öerrenhausmitglie» bes o. BatocfiBlebau unb bes nationallibe« ralen Juftijrats A? a g n e r im Arcßin für innere Jtolonifation. Der Eebanfe bat fogar auch feßon praftifeße SerwirfUcßung erfahren, nämlitß im barjerifeßen (Vniteraertrümmerungsgefefe oom 13. Auguft 1910. Unter biefen Umftänben wirb es nicht güt anqeßen, fierrn u. 2Banaenßeim als aflet» nieten patentierten jnßaber ber Jbee auftreten au laßen. SRag aber ber Urheber fein, wer er will, bie fjauptfaeße bleibt immer bie Tat. „Jn ber Volitit genügt es nicfit, einen (bebauten au haben, fonbern Täter bes Abortes muß man fein“, fo lafen wir am Sonnabenb in ber „Äreuaaeitung", in anberem 3ufammenßang atnar, aber ber Safe gilt fießer auch ßietr Der Täter bes ^Portes ift in unferem {Volle bie nationalliberale Aeicf>staqs f rattion, bie mit bem Ihr tu Gebote fteßenben URittel bes Antrags ben ®t« bauten ans ber tßeoretifcßen Erörterung ßerausßebt unb «ber praftifeßen Anwenbttna entgegerrfüßrt. Die nationalliberale Aeichstaasfraftion bewegt fecß ba» mit auf einer Bahn, bie fee f eß o n im Vorfahr betreten hat, als fee beantragte, ben ©emeinben, bem Staate urfb bem {Reich bei allen 3wangsnerfteige« rungen oon ©runbftütfen ein furabefriftetes Vor« faufsreeßt au gewähren. £>atte biefer Antrag au» näcßft auch einen anberen juriftifeßen Ausgangspunft (auf ben feier nicht weiter einpegangen xu werben braueßt), fo liegt er boeß in ber Linie ber {Vörbetung ber inneren ÄöloniTation unb würbe bamit oon na» tionalliberaler Seite auch begfiinbet. Leibet würbe ber Antrag abpelefent, aueß bie Äonferoatioen ftimm» ten Dagegen. Um fo mehr freuen wir uns, bafe Reh Da« Bünblerblatt anläßlich bes neuen nationanibe« ralen Antrages fo begeiftert für ein ftaatlicbes Vor» faufsreeßt ertlärt. Es wirb uns aber nad) bem ®e« jagten nießt übernehmen, wenn wir ben Brtiherrn p. SB a n g e n h e i m als „V f a b w e l f e r“ ber Äa» tionalliberalcn ebenfo höflich wie beftimmt ab» Icßnen,“ Die ausgebildeten HlIHtärßleger bei den mähten <£nde 1913» Aus einer oon De: Duma oerfafeten Eingabe an bas ruffijeße Äriegsminiiterium ge^t ßeroor, bafe jur» aeit etwa 100 ausgebilbete {Militärflieger in Mufelanb Dorßanbcn finb. Da bas ruffijeße IDtilitärflugwcfen fecß organijatorifcß immer mehr entwidelt, wirb man mit einer größeren 3aßl oon 2RiIitärfliegern, bie fecß relatio ftäaei oermeßrt, reeßnen tonnen. Die gleiche 3aßl oon {Militärfliegern bürftc Jtalien nad) ben Angaben bes Äiiegsnimifteriums beanfprueßen. {Mau ßat bie Abficßt, bis Enbe bes Jahres 1913 im ganjen 200 Jelbpiloten ausaubilben, wie benn überhaupt bas laufenbe Jaßr organijatorijeß für bas italienijcßc {Militärflugwejen oon be onberer Vebeutung ift. 3u ben bereits formierten ober in ber 'Bildung begriffe* nen 12 Jlicgcrgejcßwabern, bie auf 'Jlom, Jcrraia, Euneo, Treoijo, Vobua, Turin, St. SMauriaio ujw. öcrteilt finb, |ollen 6 2f4tungsge‘cßwaber in örenj» feftungen unb 3 Icidjte Eejcßroaber für bie ÄapaUerte treten, woau eine gane Anjaljl neuer Jliegeroffijiere geßört. Die letjten autßcntifcßen Angaben über bie iranaöfefeßen {Militärflieger berechnen beten 3oßl auf ca. 300, unb man tann anneßmen, bafe etwa 30 bis 40 neu ßinjugetreten finb, fo bafe ^ur^cit etwa 330 bis 340 franao'iijcßc {Militärflieger oorfeanben finb. Es Jollen fieß angeblich im Jaßre 1913 nießt weniger als über 1800 Drjijiere jur Ausbilbung tm Jliegen ge* melbet ßaben, wobei bemertt fein mag, bafe bei uns bie 3oßl nießt minder ßoeß unb ber Andrang geradeju enorm ift. ÄJenn aueß über bie 3'Jßl bet ausgebilde» ten beut eßen {Militärflieger offiaiell nießts belannt» gegeben wirb, fo tann boeß, wie wir aus perläfeließer Quelle ßören, mit Sicherheit angenommen werben, bafe wir ben Jranaojen nidjt allau oiel naeßgeben in bieier Jedenfalls hefigen wir beatigließ ter Ausbildung im {Militärflugweien einen Voriprung nor England, ber jonft ßinfiißtlicß ber ®efamtjaßl ber Piloten nießt befteßt. SRacß ben letjten Angaben Eßurcßills wirb England xu Anfang bes Jahres 1914 nur über 100 ausgebilbete militänjeße Jlugjeugfiiß» ret befefeen, wäßrenb ber englifcße Aerotlub im Jrüg» faßr biefes Jahres ca. 42Ö Piloten aufwies. Die ßefamtaaßl unferer Piloten läßt jicß Dagegen nur auf ca. 380 beaiffern. Alle übrigen Staaten treten gegen» über Den genannten gana wcjentlicß autüd. Deller» reicßdlngarn, Das qualitatio reeßt ßoeß jteßt, weift ca. 50 ausgebilbete {Militärflieger auf. Die Union etwa 60, bie übrigen Staaten unter 20. D«wt?cß«s Ueicß. * Der erfte Spionagcprojtfe im neuen Jaßre finbet Jreitag, ben 16. 3 a n u a r 1914 itait. Angetlaat ift ber rujfifcße Staatsanaeßörige Hauimann ® u ftao SRicßter, geboren 1881 ju Äutßern im ®ouoerne» ment Jturlanb, bes Verrates militärifcßer ®eßeim» niffe. Seine Vcrteibigung ift bem {Rechtsanwalt am Meicßsgericßt Dr. Sdjrömbgens übertragen worben. * * 3**t Sörberung bet Anträge Schiffer. Die An» träge, bie ber Abg. Schiffer mit Unterftüfeung ber nationalHberalen {Reicfestagsfraltion in ben kfeien {Ropcmbertagen eingebraeßt ßat, haben weithin leb haftes Jntereffe geroedt, unb es ift aud) anauneßmen, bafe bei ißrer Vefprecßung im {Reichstage fie lebhafte Debatten auslöfen werben. Jnbes, feßeint uns, als ob bamit ber Sad>e felbft Doch nur wenig genüfet würbe, wofern es biefen Anträgen nießt befeer geßt, wie anderen Anträgen aueß: Daß fee nämlicß ber Me» gierung als fehäfeensroertes {Material überliefert werben, um nießt wneber aufautaueßen. Deshalb wäre au erwägen, ob fieß nießt, insbejonbere in bejug auf ben ^weiten Antrag, ber oon bet Verbefferung einjelner Teile unb Veftiinmungen bes Keicßsrecßts ßanbclt, ein anberer 2Beg bes Vorgehens wählen ließe. SBir für unfet Teil wenigftens möchten emp fehlen, Daß ber Kanzler eine xommiffion beriefe (etwa nad> Art bet Äommiffion für bie preufjifeße Vermaltungsreform, nut mit einet anberen {Marjd> Das «Öeßeimnis des rußelsfen, alten ßerrn. Von Alois Ulreicß. SBcnn man feeb bureß bie Säulenhalle bes Peters-' piafecs in Vorn gegen bie Lungara wenbet unb ben Straßcnjug in ber '.Richtung naeß Iraftcpcre ßinab» feßreitet, gelangt man a u e ’ ne r f<h^f anfteigenben ©affe, bie au bem SUofter S. Dnofrio füßrt. Diejen 2Bvg naßin eines .> rbftnacßmittags ber Vilbßauer Benno llßalbßerr, ber aus ben patitanifeßen ©alerten lam, wo er feit einigen Ta^en befonberen Stubicn oblag. Er ßattc jefet bie Abjicßt, einen Spaziergang übet bie „paffeggicita“ ju machen, um fecß naeß ber Arbeit im Anolid ber Stabt ein wenig abxtijpannen. Als er bet Dem ftillen Rircßlein S. Dnofrio bie SIBeg» ßöße erreidjte, reizte es ißn, in ben Vorßof bes lilofters zu treten, oon bem aus man einen Teil bes Stabtbilbcs zu überblirfen oermag. SBalbßert feßritt übet bie Steinplatten bes Votßofes. Ate er ließ ber nieberen Plauer ber Umföumung näßerte, gewahrte er plötjlid) bie ©ejtalt eines fleinen, un» idjeinharen {Mannes, bet fecß eben umwanbte, um naeß bem Äommcnbcn zu feßen. Bei bem Anblid biefer oerrunzelten ©efteßtszüge, bes weißen, wirren Jtncbclbartes blieb bet junge 'Btlbßauet überrajcht fteßen. Er wat bem oertrod- neten, fpitjen Vogelgefidjt bes Alten feßon im Leben begegnet. Er tanntc biefes Konglomerat oon {Run zeln, {falten, weiten Kleibern unb wirten Bart» ßaaren oon irgenbwofeer .... „^eßeße ... Da wären wir ja wichet bei» Jammen!“ lacßte ber Alte mit feiu^nr Dünnen, treifeßenben Stimnwben, wäßrenb er eine feiner magern Jjänbe winfenb zum ©ruße erhob. „Mut immer nähet ßeran, junger ftreunb, bamit wir uns einmal ausjprecßen tönnenr JBalbßetr ftareb fo fefer tm Banne biefes 'ZBieberfcßcns mit bem oerfallenen ©eflcßte, bafe et lein SBort ber Erwiderung fand. „Sonderbar, bafe wir uns immer wieberfeßen . . “ fing bet Alte an. „Allerdings . . brachte ber junge SOlann muß» fam als Antwort ßeroor. „Sollten bie geßeimnis« vollen übtrirbifeßen SRäcßte, benen bie Leitung bet IMenfcßenfcßidfale anoertraut ift, fecß ben Spaß er» lauben, uufere Lebenswege rmmet wieber ineinander ju oerfcßlingen?“ jjaft feßeint es fo!“ Das Heine SRänndjen fußr jefet mit feinen : cßmalen, fleijcßlofen (fingern bureß bie wirren f>aare feines Knebelbartes unb hielt bie alten müben Augen einige Augenblide rußig auf einen punft bes Bebens geheftet. 3Rit einet plöfelicßen Bewegung roanbte er fecß bann wieder an ben jungen Vilbhauer: ,^fcß erinnere mieß ganj genau, wie wir uns bas erftemal fetfjen. Es war oor fünf Jahren im Louore. Sie ftijjierten irgenbeinen Jupiter. Jcß war an Jßre Arbeit ßerangetrerten, prüfte fie unb faßte bann Jßte Verfon ins Auge. SEßir begegneten uns wäßrenb meines Parifer Aufenthalts faft tag» ließ an einem beftimmten Punfte bes Souleoarbs. Dort etwa, wo bie Strafeenbänle an ber Ede ber IRue be la paij unb bem Dpernplafee fteßen. Jcß faß feets auf einet biefer Bä nie. JBenn Sie oorbei» tarnen, faßen Sie mich jedesmal fo eigentümlich feind lich an- Ad> — icß l^bte es fo feßr, dort au fefeen! Es ift einet ber amüfanteften Puntte ber Erbe. Jcß liebe bie große Unruße, bie waßnfennige Eile, bie heitere Sinnlofigfeit bes ewigen Stoßens unb Drängens, bes haftens unb Lärmens . . Eigenartig feßwärmetifeß Hang bie Stimme bes fleinen Patrons bei biefen SBorten, bie mit ber oertümmerten Unfcfjeinbarfeit bes Alten in einem fcltfamcn Kontraft ftanben. „Später faßen wir uns in einem ber großen Ber liner {frembcncaf^s,“ bemertte äßalbßerr naeß einer paufe. „Unb bann in {München." „Auch an einen Sonnenuntergang in Vern er innere icß mieß,“ naßm wieder SBalbßcrr bas SBort „{Ricßt fo rafcß . . .", mahnte ber oerßutjelte Heine ©efelle. „Dajwifchen liegt eine Begegnung in SBien." „Es mag fo fein." „Jn bemfelben Jaßre traf icß fee in etnem fcßmut» Zigen Heinen Tßemjegäßcßen, wo Sie naeß Londoner Stimmungen fahndeten." „Das lefetcmal war es in (fiefole, wo wir uns faßen." „Gana ricßttg, in (Jiefole . . . Unb jefet hier . . . Jmmer wieber faßen wir uns, oßne uns ju fptedjen, offne uns ju grüßen, unb boeß ftets miteinander be« fcßäftigt, ftets aneinander bentenb . . . Dber wollen Sie leugnen, bafe Sie fecß mit mir in ©ebanfen befaßt ßaben, bafe Sie fecß bei ber Arbeit plößltcß meiner erinnerten?“ „Allerdings — icß oermag es nießt ju leugnen . . .“ erwiderte SBalMjen, ber fid) nun neben bem alten {Manne auf bet niederen SRauerbaluftrabe nieder« gelaffen ßatte. „Jcß fragte tnieß oft: SBoju treibt ließ biefer alte SRann, bem bas {Reifen oon Lanb a« Lanb, oon Stabt ju Stabt, oon &otel zu $otel boeß fein Vergnügen meßt fein tann, fo ruhelos bureß bie SBelt? Et muß oermögenb fein, fonft würbe er biefe Meifcu nicht unternehmen tönnen. Aber gerade ber Befefc, bet ein Hilles, forglofes Alter ermöglicht, marfjt mir biefe JRaftlofigfeit ju einem {Rätfel . . .“ Der Kopf bts alten {Mannes wat bei ben Sßorten be« jungen Künstlers, bie In eine unausgefproeßene Jrage aucdlangen, etwas gegen bie Prüft gefunfen. Die bürten £>änbe faßten ben Knauf bes Stodes fefter. Sie bildeten jetjt eine Art Prüde, auf bie ber Alte fein Kinn (täfele. „Sagen Sie es nur offen heraus — Sie müßten mein Geheimnis erfaßten! Es intereffiert Sie ju wißen, was mir ba drinnen fifet, was mich treibt unb jagt, ßefet unb peitfeßi, was mieß jur Maftlofigteit drängt unb mich nießt {Ruße finben läßt. Sic werben ganj fi^et enttäufeßt fein, wenn Sie es erfaßten. Sie oermuten fießet, eine romantifihe ©cicßicßte, mit Liebe unb anberen gefüßloollcn Jngrebienzien be reitet, ju ßören, Sie erwarten ein ganj befonberes Erlebnis au oerneßmeu . . Der junge {Mann judte mit ber Acbfel, ba ber Alte feßwieg. „IBie gefagt, Sie werben enttäufeßt fein,“ begann bet oertrorfnetc Heine Patron naeß einer SBeile, „benn icß tann Jßnen nut oon einer gana befonberen Art Tobesfurdjt berießten, bie mieß feit Jaßren quält Jcß oermag bie Einjamleit, bie Stille nießt ju er tragen. Jd) braudje eine gewiffe pajjioe Unruße, eine fortwährende Pcwegung um mieg. Die Unruße ber anberen. Dicje allein ijt imftanbe, bie troftlofe Angft unb oeräcßtlidje Surcßt meines 3 nnetn betäuben. ILBenn icß Taufende oon {Menfcßen in unnüfecr t>eftig- teit unb finnlofer Anjtrcngung an mir oorübertom» men (eße, wenn icß bie fleinen Tragödien unb Luft» fpielc beobachten tann, bie fieß auf ben Trottoirs ber großen Stabten fo mannigfach abfpielen, wenn jicß bamit bie taufenbfältigen Sorgen bet {Reife oet» binben, bann oergefee icß, bafe mir ber Tob entgegen» fommt 34) ließe ! fl bann mitten unter ben Leben den; bie äßcUcn bes Tafelns breeßen fieß an mir unb icß fabe bas ©efüßl, bafe icß noeß bas {Rab bes Lebens mitfeßwingen helfe . . »Das tonnten Sie aber boeß alles tm Kaßmen einer Stabt, bei einer beßaglicßen Lcbensfüßrung —“ „Als ob icß bas nießt feßon oerfueßt hätte! Das ift cs aber gerade, bafe icß nießt lange in einem $>aufe, in einer Stabt fein fann, benn ein wahn» wtfeiget Gebaute oon boßrenbet fjeftigfeit unb fiebernder Unabläffigteit oerfolgt mieß, ber Gebanle, bafe icß einjt in bem 3immer, in welchem id) woßne, fterben muß, bafe mieß biefe Tapeten, biefe Vorhänge unb {Möbel tot (eßen werben, bafe man meinen Sarg bureß biefes ftßtnale Vorzimmer tragen wirb . . . Unb icß feße mieß bann in meinem 3* mm er tot auf bet Paßre liegen, unb fo oft icß bureß bas Vor zimmer geße, mefle icß in ©ebanfen ben {Raum aus, ob bie Toten träger ben Sarg aueß woßl buteßbringen werben, ob nießt bet {Raum ju fletn, ju eng, ju befeßränft ift. ÜBenn icß über bie Treppe geße, frage icß mieß, ob man bei meinem Pegräbnis aueß an bet SBenbung mit bem Sarge herum fommen Rlhimadj. 24. Dezember 1913. route unb mit meßt Pewegungsfretßeit), bie biefe fragen, bie ja zumeift fprueßreif finb, mit fcßneller EntfchlofTenßeit in bie $janb nähme. 3« bie Korn» miffeon wären außer einigen Abgeordneten natürlich aueß SMänner ber Praxis ju wäßlen unb ba mflfete es boeß mit bem SBunber jugeßen, wenn man nießt halb xu {Rcjultaten fäme. 3ebenfalls möchten wir biefe Anregung hiermit aur Dtsfuffion geftellt ßaben. * 3um Kampf ber Aerjte unb Kranfenfafjen Unter bem Vorfife bes Staatsfefretärs Dr. Del brüd unb in Anmefenßeit bes öanbelsminifters S x> b o w fowie ber übrigen Vertreter ber {Regierung würben am Dienstag oormittag in Verlin bie Einigungs» oerßanblunqen im Kranfenfaffenfonflift fortgefefet Es trat fofort bie gemeinfame Konferenz (ämtlicßer Gruppen jufammen. Aufeer ben Vertretern ber {Regierung nahm feitens ber Aerzte u. a. Sanitätsrat Dr. {Mugban, Sanitätsrat Dr. SRunter unb Sanitätsrat Dr. Dippe» Leipzig teil. Die Konferenz gefealtete fid), wenn auch allgemein Meigung zum Jrcebensfcßlufe beftanb unb in einigen Puntten feßon eine Einigung erzielt würbe, feßr feßwierig. Die feßwierigfee (frage betr. bie {Regelung in ben Stäbten mit arbeits willigen Aerzten fteßt zur Stunde noeß aus. An biefer (fraß« fraßt bie ganze Jriebensaftion ju fdjeitern. * 3»r {Rcidjstagserjaferoahl in Köln-Lanb. Die vereinigten liberalen 'Parteien bes {Reidistagswaßl- freijes KöIn=Lanb haben befchloffen. als Kandidaten für bie Mcirf)5tagseriaßwaßl Den Eifenbaßnfchloffer Sjugo Scarupe. aufauftcllen. Die Soxialbemotratie ßat an Stelle bes erfranften Verlegers ©ilsbad) ben {Rebaltcur ber „IRßeiniicßcn 3citung“ Sollmann für bie Kandidatur auserfeßett. * Einheitliche {Regelung ber iBertzuwacßsfteuer in Thüringen. Das Koburg=©otßaiid)e Staatsmini« fterium ßat, wie bas „Gothaer Igbl.“ berichtet, bem bortigen {Magistrat ertlärt. es plane Verhandlungen mit ben Thüringischen {Regierungen jroeds einheitlicher {Regelung Der Sßertaumacßs» (teuer. Ein entfpreeßenber Entwurf ift in Vorbe reitung. * Ein Kruppfcßcr Peamter unter Spionagcoer» baeßt oerßaftcL Aus Eifen wirb gemeldet: Der in ber oergangenen 2Bocße angeblich wegen Spio nage in Dtebenßofen Verhaftete ift ein Krunpfcßer Peamter, namens Voqelbed aus Effen. Er fall auf bem Kruppfcßen Sd)iefeplafe einem Dfiiüer bet rumänifeßen Armee einen Gefcßüfetonitruttionsplan oerfauft ßaben. Die Veräufeerung bes Planes würbe entbedt. ©ßflerreidf’ilngarn. * 3ur Erhaltung be« gefährdeten Deutfcßtum«^ Aus Salzburg melbet uns ein eigener Draßtbericßt: SBie bie „Salzburger Eßronif“ erfährt, ift von bem nieberöfterreichifefjen Vanbes- ausfdjufe ben oier rein beutfeßen Kron» ländern IRieberöfeerreid), Dberöfterreid), Salzburg unb Vorarlberg ber Antrag zugegangen auf ge meinsamen Ausbau ber nationalen Scßufeqeiefegebung für Erhaltung bes geiäßr- beten Deuf'ißtums in Defeerreirf). 3n ber dritten Januarwoche finbet eine gemeinfame Konferenz ber > <>eute ÜDHttwod) (2Sei^nn^tS= ^ciligabenb) fdjliefien toir unfere ®e- fdjäftyxäunte um Vs 6 nachmittags, yiadjbcm werben SBerlobungS» bjw. 5a« milien>9lnjcigen für bie Söeihnarf)t§* nummer im $ofe, rechtes <Seiteugebäube f 1 kreppe, Bünmer 1 unb 4, angenommen. leipziger Tageblatt. werbe. Jm Hausflur feße icß bie Trauergäfee fteßen unb oor dem Tore ben Leicßenwagen. Es treibt mieß auf ben Jricbßof, wenn icß lange in einer Stabt bin, unb atemlos eile icß mit bem Gebauten bureß bic {Reißen ber Gräber, bafe ßier vielleicht fdjon bet piafe beftimmt ift, wo man mid) eingraben wirb . . . Von biefer Stunde an quält miß eine unheimliche {Macßt mit heftiger ©raufamteit. Düftere Vilder verfolgen mieß am Tage unb eine peinlidje Surcht überfällt mid) bes Abenbs. 3«h »ermag nicht in einem Jjaufe, nießt in einem 3’mmer ju woßnen, wo ber Tob fd)on förmltcß auf mieß lauert, wo et mir an bie Keßlc breift, um mich eines Tages mit einen unbarm» ßerjigen Knocßenßänben an erbroffeln ... Um biefer iiamcnlofen Angft, biefen peinigenden Pilbern ju entgeßen, füßte idj biefes unftete Leben, biefes ewige txerumvagabunbieren. Da weife icß nie, wo mieß ber Tob ereilt 3cß tann forglos in bem 3im« met woßnen, bas man mit gerade anweift, oßne mir Jagen ?iu müfjen, bafe es einen Tag geben wirb, wo icß biefes 3i>nntet nießt werbe lebenb oerlaffen tönnen. 34> mache mir im Vorraum teine Gebauten, ob man mit meinem Sarge einftens bureßtommen werbe, benn wer weife, wo ber Portaum ift, bureß ben man mieß tragen wirb. Unb aueß auf ber Treppe empfinde icß teinen Kummer, wie bie Totengräber bie SBenbung nehmen werben, weife bet Kudud, wo bie Treppe |tedt, über bie einjt meine lefete gaßrt geßen wirb . . . Vielleicht fterbe icß im SBalbe ober im Eifenbaßncoupe ober auf einer Mettungsfeation . . Jd) weife es nüßt, darum macßt es mit leine Sorge." Der Alte hatte M erhoben, fein weißet, feßütterer Knebelbart ftanb wilb gefträubt weg. „Mut immer in einer Stabt mag icß irießt lange leben, nießt in ein unb bemfelben &au«, benn icß feße immer bie Leidjenträger neben mir laufen. Das {Reifen erßält mit bie Unbetümmertßeit, darum treffen Sie mieß immer unterwegs. Auf SBtebe»« (eßen!“ {Mit rafdjen Seßritten feßlürfte ber Srtembe über bie Steinfliefen unb wandte ließ bann bem feßiefeu SBege ju, ber zur Stabt ßinaofüßrt. Ergriffen faß ber junge {Mann bem Mußelofeu naxß ... Soweit er aueß auf feinen Kunftreifen in ben nächften 3<*ßten ßerum tarn unb fooiel er aueß naeß bem wunberließen Alten Umfcßau ßielt —et begegnete ißm niemals wieber. SBo hatte ißn ber Tob ereilt? SBar es ißm geglüdt, bet JBiffenfcßaft oom Orte be« lefeten Endes oöllig zu entfließen, ober ßatte ißn bas Sd)idfal bod) in einem £>aufe niebergejroungen, beffen Ji’nmer er nießt meßt lebenb oerlaffen ßatte, bureß beffen Vorraum man feinen Sarg getragen unb auf beffen Stiege bie Leicßenträger Sorge ge» ßabt, wie fie ben Sarg woßl um bie Ede beläme« . X
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