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01-Frühausgabe Leipziger Tageblatt und Handelszeitung : 06.01.1921
- Titel
- 01-Frühausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1921-01-06
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Urheberrechtsschutz 1.0
- Nutzungshinweis
- Freier Zugang - Rechte vorbehalten 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id84535308X-19210106010
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id84535308X-1921010601
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-84535308X-1921010601
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
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Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Handelszeitung
- Jahr1921
- Monat1921-01
- Tag1921-01-06
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Morgen »Ausgabe c«t,a, «»v—i« zwrimal «gn» ,»i VkIttgNp^ktS» -SS«,»bracht. Ssssls«« «l»Morg«na»,,ad» »,»atl. Äi.U>—. »krtal «hrl. 1ti.S0— flr Abdsisr »osali. M. »ÜO. Mor«»-A»»-«d« «llsim M. 7Ai »ssotiich, Ab«sd-4lot^td« allein M L— »analllch. Darch ssssr» oalwllrligen giitalsn tn» L«n» «e- drachl »aaatlich M. 10^, »trrirllLdrUch ÄI. SO.—; darch di« Post tnnerdald iveailchland«. frei In« Ha»« aeliefert, Gelamt-Bilg-d« moaatlich M. 0.—. »ierlelllbrlich M. 27.—. Alltiandjveisvnd: »anatlich M. lt»— and Drachlachen-Parto, Linzelnammrrn' Morsen. A»4-ab« SV Pf, Adend-Autgad» 20 Pf. Saaalazt-Lntgab« 40 Pf. Hcmdels-I elLung Var rripgp« r-tgEtt enNUN« dic m»M<sen A?k>innfrn,<f>„nar, des Rates »nd des Polttriamtc» der Stadt L-.tp ig, l-r» UmtSgertchf» Letbst». i»w>e »erlchtedener ««der« »evSrde» 118. Jahrgang Anzeigenpreis: LAUL M. 2L0; Anzeigen »o, Beddrdan I« a»tliche» Teil di, ^ionparelUezell, M. 3.SL a.aa«w. M. S.—: klein, Anzeigen »le RonparelUezeil« ÄI 1^0, von ausnxirt« Mb. i.SO, «SelchLfisanzeigen mit Piastvorlchrttten im Preis« «rh-dt. Platz und Datenvorschrist ohne Verbindlich«,«!!. Äeilagenpreis« sllr di« Dcsamtauslog« Mk. ir.— netto, sür Teiioutia«« Mb tt>.— netto rro Mille, Postuusiage Postgedükr ezlra. iernsprech-Anschinli Ar. 14^02. I t >^j. — Postsch«chkonio72ik>. Schriftleiinng an» Seschäsilstell,: Leipzig. Zoha»ai4gasl« Br. it. Vertag Dr. Belnha«» » Ls ? Leip;!» Rr. 8 N.-L1 Donnerstag, den «. Januar Die freie Abstimmung in Oberschlesien gefährdet Ern« deutsch« Protestnote. — Der Enkente-Entscheld eine Durch- brechung des Friedensoertrags. — Die deutsche Regierung zur mündlichen Auseinandersetzung bereit. tDrahtberichH Berlin, 5. Ammar. Dte deutsche F ri e den sd e le gati o n hat der Bot schafterkonferenz m Paris heute folgende Note übermittelt, die gleichzeitig der französischen, englrfchan und italienischen Negierung übergeben worden ist. Die deutsche Regderng beehrt sich, im Anschluß an ihre an die Botschafterkonferenr gerichtete vorläufige Note vom 31. De zember 1920 nachstehendes aaszusühren: Die deutsche Regierung weih sich mit den alliierten Regierungen eins in dem verlangen, gemäß dem Friedensvertrag di« freie, aeheime und unbeeinflußte Abstimmung in Ober sch lesien gewährleistet zu sehen. Wenn ste vor dar endgültigen Stellungnahme zu den Bor schläge« der Note vom 30. 'Zlovember v. I. eine mündliche Aus sprache anregle, so geschah dies in der Absicht, in Ilebcreinstimmung mit allen Beteiligten den sichersten Weg zu jenem gemeinsamen Ende zu finden. Di« Botlch a ft e r k on fe r e nz teilt vrtt, daß sie nunmehr die Absicht habe, Art. 88 schlechthin zur Anwendung zu bringen, und, um bei der Abstimmung die Ordnung auftechtzuerhalten, beschlossen habe, die Abstimmung der nicht im Abftimmun^gebdet ansässigen Stimmberechtigten später als die Abstimmung -er einheimischen Stimmberechtigten stattfinden zu lassen. Die deutsche Re gierung sieht sich gezwungen, gegen diese Entscheidung Einspruch zu erheben, da hierdurch ihrer Auffassung nach keines dieser beiden Ziele erreicht wird. Wie in der deutschen Note vom 10. November v. 3. eingehend aus geführt wird, liegt dem Friedensvertrage das Prinzip der Einheitlichkeit deS Wahlakts sowohl dem Orte als auch der Zeit nach zugrunde, ein Prinzip, das auch bei den Abstimmungen in Schleswig, Ost- und We st preußen von den alliierten Re gierungen befolgt und ausdrücklich anerkannt worden ist. Dieser Grundsatz, von dem nur im Einvernehmen mit allen Be teiligten abgewichen werden darf, wird durch eine zeitlich getrennte Abstimmung durchbrochen. Ebensowenig ab« wird auf diesem Wege der Zweck erreicht, die Abstimmung frei, geheim und unbeeinflußt zu machen; denn bei einer zeitlich getrennten Abstimmung werden selbst die sorgfältigsten Vorkehrungen, wie z. B. die Versieglung der Wahlurnen für die Zwischenzeit, nicht verhindern können, ärß Teilergebnisse der ersten Abstimmung vorzeitig bekannt werden und dadurch die zweite Abstimmung beeinflussen. Ueberdies kann bei den gegenwärtig in Obcrschlesien herrschenden Zuständen eine vollkommene Sicherung sämtlicher Wahlurne« kaum gewährleistet werden. Unter solchen Umstünden würde dos Ge heimnis der Wahl preisgegeben und einer unterschiedlichen Bewertung der Stimmen, die im Widerspruch mit dem Friedcnsvertrage steht. Tür und Tor geöffnet werden. Dazu droht eine weitere Gefahr. Die alliierten Regierungen er »kennen es mit Recht als ihre besondere Verpflichtung an. Ruhe und Ordnung bei der Abstimmung aufrechtzuerhalten. Dazu gehört «aber vor allem, daß Abstimmungsberechtigte nicht durch Einschüch terung in der Abstimmung behindert werden. Diesem Gefühl derr Verantwortung ist wohl mich der Vorschlag einer Abstimmung der ?tlchkeingesejsenen im besetzten Gebiete entsprungen. Wenn jetzt statt dieser örtlichen Trennung eine zeitliche beschlossen wird, so wird damit d»e Gefahr von Unruhen und einer Terrorisierung d^r Wahlberechtigten keineswegs vermindert, sondern vielmehr c «steigert. Nach Vollziehung der ersten und in Erwartung der z »eiten Abstimmung wird sich die Bevölkerung in hochgradiger Er- iregung befinden. Diejenigen, die bereits adgestimmt Haden, werden »alles daransehen, das erhoffte Ergebnis nicht durch zureisende Ober schlesier beeinträchtigen zu lassen. Die letzteren werden daher ganz be sonders Linschüchlerungsversuchen ausgesetzt sein. Die Be- » sorgnis vor Gewaltakten ist um so begründet«, als es bis jetzt nicht ge lungen ist, dem terroristischen Verbrechertum, das in Oberschlesien neuerdings immer kühner und rücksichtslos« sein Haupt erhebt, wirksam zu steuern. Di« deutsche Regierung betrachtet die Ge währleistung einer wirklich freien, unbeeinflußten und geheimen Ab stimmung in Oberschlesien als eine Lebensfrag« für das deutsche Volk und glaubt Anspruch daraus zu haben, daß diese Frage in diesem Sinne zweifelsfrei gelöst wird. Sie mußte daher zwar nach reiflicher Ucderlegung aus den angeführten wichtigen Gründen den von den alliierten Regierungen eiugeschlagenen Weg für ungangbar erachten, erklärt sich ab« gleichzeitig noch mals nachdrücknch bereit, andere ihr« Ansicht nach zweckmäßigere Vor schläge zur Sicherung der Abstimmung zu machen und mit den Beteilig ten zu erörtern. Da der bisherige schriftliche Weg zu einem alle Telle befriedigenden Ergebnis nicht geführt hat, so erlaubt ste sich, erneut eine mündliche Besprechung d« so überaus wichtigen Frage anzu- regen, damit eine Äsung gefunden wird, die di« Abstimmung wirklich zu dem von dem Friedensvertrag gewollten und von allen Beteiligten an- zuLkkennenden Volksentscheid gestaltet. Gez. Hantel. Eine Protestnote an Belgien Die Ausweisung deutscher StaatsangehSrlger aus Eupen and Malmedy. 1 tDrahtbertchk.) Berlin, S Januar. Wie W. T. B. erfährt, hat die AeichSregierung bei der belgischen Regierung Einspruch erhoben argen eine Ver- ordnung des belgischen Oberbommissars für die Kreise Eupen »nd Malme dy, nach d«r di« Personen, di« sich nach dem 1. August 191 in de» beiden Kreisen niedergelassen haben, binnen eines Monats er kläre» müssen, ob sie die belgische Staatsangehörigkeit erwerben wollen, und im Falle der Unterlassung einer der artigen Erklärung und der Ablehnung ihres Antrages die Kreise binnen ett»« Monats za verlassen haben. An der Protestnote führt D« Reichsregieruna unter ausdrücklich« Wahrung thres in d« Frag, E»p«n-Malmesv eingenommenen grundsätzlichen Standpunktes aus, nach da» Völkerrecht seien Ausweisungen von Ausländern nur aus beson deren Gründen tm Einzelfalle zulässig; aber kein Staat dürfe Angehörtg« eines anderen Staate- nur wegen ihrer Amltsangehörigkett auSweise». Ferner wird hervorgehoben, daß d« Vertrag von Versailles an keiner Stelle den Aufenthalt von Reichsangehörigen in Eupen und Malmed- verbiete. Die ReichSregierung schlägt vor, -en nach tzai» U A» ssuft 1S1-4 Persoae» ddä gleiche Frist zum Verlassen deS Gebietes zu ge währen, wie den Optanten, d. h- ein Jahr. Eine derartig länger« Frist sei nicht nur aus Billigkeitsoründen gerechtfertigt, son dern auch, weil Personen, die durch ihr bloßes Schweigen die Reichs- angehörigkeit behalten oder sogar gegen ihren Willen di« belgische Staatsangehörigkeit nicht erwerben können, eine ebenso lange Frist haben müssen, wie Personen, di« sich ausdrücklich gegen den Erwerb der belgischen Staatsangehörigkeit ausspreche!«» Die Verschiebung der Brüsseler Konferenz (Drahtbericht »nserer Berliner Schriftleitung.) Berlin, ö. Januar. Die Pressenachrichk, daß von deutscher S«ite ein Antrag auf Vertagung der Brüsseler Konferenz gestellt worden sei, beruht auf Tatsach «. Es handelt sich um Vereinbarungen zwischen dem Staatssekretär Bergmann und Delacroix, noch denen di« Konferenz am 17. d. M. wieder beginnen soll. Ilebrigens finden daneben Kommissionsbesprechungen statt, wie ja die Brüsseler Kon ferenz hauptsächlich aus solchen Kommissionsbeisprechungen besteht, so daß es gor nicht so aufgefaßt werden kann, als ob ein« Unterbrechung de» Konferenz stattgefunden hätte. Die Dauerkrise des Kabinetts Leygues « fEigener Drahtbericht.) Paris, 5. Januar. Am nächsten Somntag finden dl« Erneuerungswahlen sür eiu Drittel des Senats statt. Ms Plattform dient hauptsächlich die Frag« der Wiederaufnahme der diplomatischen Be ziehungen zum Vatikan, und wahrscheinlich wird das Ergebnis der Wahl gegen diese Vertretung beim Vatikan ousfallen. Der Senat, d« alle drei Jahre za einem Drittel erneuert wird, wir- von drei Män nern gewählt, die ihrerseits von den Gemetnderäten und den General- räten der Departements ernannt werden. Diese Wahlmänner sind ziemlich fortschrittlich gesinnt: sie halten Kammer und Regierung für reaktionär und sind zum grölen Teil gegen jede konfessionelle Politik. Die Sematsroahlen werden daher sehr wahrscheinlich ckren Ruck nach links ergeben. Darum ergibt sich jetzt auss neue aus einer anderen Richtung herdieKabinettssrage. In Parlamentskreisen und in ten Aemtern herrscht nur eine Meinung. Am 10. Januar, ain Tage nach den Senat-Wahlen, wlvd Ministerpräsident Leygues -em Prä- stdemten der Republik Mtllerand die Gesamtdemlssion des Kabinetts unterbreiten: dagegen sind die Ansichten darüb« geteilt, waS noch dieser Demission geschehen wird. Wird Ministerpräsident Leygues mit d« Neubildung des Kabinetts beauftragt werdem, an bei welchen politischen Parteien fände « Unterstützung? Oder wird Mill«and einen anderen Ministerpräsidenten ernennen? Als Nach folger für Leygues kommen der gegenwärtige Kammerpräsident Pernek, ferner Vivianl, Frossard und der frühere Präsident der Wiedsrgutmachungskommission und ehemattge Oberkommisiar tm Elsaß in Betracht. Man spricht von Locheur, der bekanntlich dem Kabinett Clemenceou angehörte, sowie von L« Trocqnenr, -er gegenwärtig das Verkehrsministerinm innehat. Briand und Bar tholl kommen beide nicht in Betracht, da die Kamm« nicht in der Stimmung zu sein scheint, mtt ihnen zusammenzuarbeiken, wie sie über- Haupt mißtrauisch gegen alle alten Führer ist. Die Kammer ist seh: jung un- hat Erwanzipattonsgelüste. Darum scheidet auch PoincarS ans der Reih« der ministerfähigen Kandidaten aus, nicht nur, weil er gegenwärtig in London nicht gerade gern gesehen wird. Zwei Parlamente sür Irland London, 8. Aamrar. Wie die .TlmeS' melden, besteht bei d« englischen Regie rung die Absicht, das irische Homerulegeseh nach Möglichkeit unverzüglich »n Kraft zu sehen. Der erste konstruktive Schritt unter diesem Gesetz wird der sein, zwei irisch« Parla- mente mrfzustellen, das eine für die 6 Illskr-Grasscbafken, das andere für den übrigen Teil Irlands. Di« Wahlen für daS Nordparlament werden sofort ausgeschrieben werden, sowie die Gesehesmaschin« in Dang gesetzt werden kann. Die Regierung hofft, daß dieses Parlament schon in drei Monaten zustande kommen kann. Kandidaten für das Nordparlonrsnk weiden jetzt schon ausgestellt Falls die Alster-Unionisten sich die Mehrheit verschaffen, steht bereits fest, daß Sir James Graig der erste nordirisch« Premierminister werden wird. Sir Edward Eurzon hat endgültig verzichtet, in dem neuen Kabinett von Alster einen Ministerposten anzunehmen, da er der Meinung »st, -ah sein Werk damit beendet ist, Homeruk« in ein« für seinen Nachfolger armebmbaren Form erzwungen zu haben. Die englische Regierung ist der Ansicht, daß in sechs Monaten beide Parlamente fitt Nord- und Stkdirlanb Ihre Arbeiten begiimen können. Englische Leilresormen in Indien London, 5. Januar. Am Dienstag sind i« Indien die Reformen von Montagu Ehndns eingeführt worden. Diese Reformen sind im Herbst 1919 vom englischen Parlament beschloßen worden. Danach erhält Indien eine indische Regierung sowie eine Anzahl Unterregierungen in den Provinzen. Die Reform bringt zahlreiche Veränderungen namentlich in den Provinzen. So ist die Zahl -er Wähler stark vermehrt, «nd etwa di« Hälfte der Armier in d«n Provinzen ist in die Hände der eingeborenen Beamten gelegt worden, die nunmehr der oom Borke «rwcShiten Verwaltung direkt verantwortlich sind. Die Reform hat also bis zu einem gewißen Grade eine eigene indksch« Ver- waltung geschaffen. Die andere Hälfte der Aentter wird vorderhand noch von der alten Verwaltung versehen. Englands Beziehungen zu Griechenland Poris, S. Januar. Nach eiie« Meldung aus London verbreitet Reut« folgende Nachricht: Die britische Regierung beabsichtigt nicht, die offi ziellen Beziehung en zu Griechenland zu ändern. Sie werden von dem Verholten -es griechischen Volkes abhängen. Wenn di« Ratifikation des Vertrages von SbvrvS durch Großbritannllen noch nicht stattgefunden hat, so rührt dies daher, daß die britische Regierung von anderen Fvagen stark tn Anspruch genommen war Nach den neuesten Lretgntßen wird man aber warten, bis die Lage tn Griechen- lan- und im nahan Osten klarer geworden ist Die britisch« Regierung ist und »ar niemals an den Verhandlungen zwischen -er Konstantinope ler Regierung und Mi^tosv Khemal-PaschaS intevclsiert. Sie weiß nichts über dies« Verhandlungen. NsichssinanzrwL und Hilfe 3m Voranschlag des Reiches sür 1920 21 stehen aus der Ein nahme- und aus der Ausgabeseite 38 Milliarden Mark. Ob es bei den ordentlichen Ausgaben mit dieser Riejcnsulnme sein Be wenden haben wird, steht dahin; sicher dagegen ist es, daß die Einnahmen nicht entsernt an die eingesetzten 38 Milliarden heranreichcn werden. Nach den Mitteilungen, die vor kurzem im «Aelchsanzeiger' gemacht wurden, wird sich bei den direkten Steuern und den VerkehrSsteuern gegenüber dem Einnahmesoll voraussichtlich ein Ausfall von 11—12 Milliarden ergeben. Eben so bleiben die Zolleinnahmen hinter dem Voranschlag zurück. Nur die Verbrauchssteuern (Kohlensteuer, Tabaksteuer, Weinsteuer usw.) entwickeln sich günstig, da sie als Wertsteuern im Gleich schritt mit der Preissteigerung bei gleichbleibcndem Verbrauche einen wachsenden Ertrag abmerfsn müßen. 3m ganzen rechnet man für das laufende Etatjahr mit einem Fehlbetrag von min destens 10 Milliarden Mark. Er wird durch neugedruckkes Papiergeld gedeckt. Neben -em ordentlichen Etat steh! der außerordentliche, in dem vor allem die Ausgaben aus der Erfüllung des Friedens vertrages unlergebracht sind. Die Höhe der Ausgaben steht hier überhaupt nicht fest und läßt sich kaum schätzen, solange unjerc Verpflichtungen nicht endgültig normiert sind. Den Hauptposten bildet di« Bezahlung der 2 Millionen Tonnen Kohle, die wir nach dem Abkommen von Spa monatlich ohne Gegenleistung an Frankreich, Belgien und Italien liefern müßen. Sie kosten dem Reiche annähernd 3 Milliarden Mark im Monat. Dazu kommen die Besatzungskosten, die Entschädigungen der Schiffahrtsgesell schaften, dec Unternehmungen in den abgetretenen Gebieten, der Auslanddeulschcn usw. Da laufende Einnahmen nicht vorhanden sind, müssen sie geschaffen werden. Und das Hilfsmittel ist auch hi« wieder die Notenpresse. So mußte die Menge des umlaufenden Papiergeldes mit unerbittlicher Notwendigkeit wachsen. Anfang 1919 betrug der Umlauf an Banknoten und Darlehnäkasscnschcinen reichlich 33 Milliarden Mark, ein Jahr später waren cs bereits 49kt Mil liarde, und bis Anfang Dezember d. 3. war die Summe aus nicht weniger als 76)s Milliarde gestiegen. Am Jahresschlüße werden es annähernd 80 Milliarden sein, und da die Ausgaben in un verminderter Stärke fortlaufen, müssen wir damit rechnen, daß am Schlüße des Etatjahres, also am 1. April 1921, die 100 Mil liarden erfüllt sein werden. Wenn die mitgeteilten Schätzungs zahlen sich als zutreffend erweisen sollten, werden wir also das Bild bekommen, daß im Etatjahr 1920/21 von allen ordentlichen und außerordentlichen Ausgaben, nnr 28 Milliarden durch Steuern, der ganze Rest von 45—50 Milliarden durch neugedruckkes Papiergeld gedeckt worden sind. Wohin diese Entwicklung führt, steht allen Wissenden mit unheimlicher Klarheit vor Augen. Da die dauernde Geldoer- mehrung nicht mit einer entsprechenden Steigerung der Güter- er.,eugung Hand in Hand geht und in dem erforderlichen Umfang gar nicht gehen kann, muß sich im Verhältnis zur Geldausgabe unausgesetzt die Nachfrage vermehren. Wachsende Nachfrage aber bedenke! steigende Preise. Und so kommt die Verschiebung der Preise nach oben überhaupt nicht zum Stillstand und unter gräbt damit alle Berechnung und geordnete Wirtschaftsführung in Staat und Gemeinde, Unternehmung und Haushalt. AuS diesem ewigen Krisenzustand der Volkswirtschaft gibt es nur einen Ausweg: Der Staat muß die Arbeit der Nolrnpresse über den Verkehrsbedarf hinaus einstellen und seine Ausgaben wieder ausschließlich aus dem Ertrage von Steuern und Anleihen decken, da er nur so die Verfügung über wirtschaftlich vorhandene Kauf kraft erhält. Dann erst hört die von der Gcldseite kommende Aufblähung der Preise auf und ihre Bildung wird — allerdings auf höherem Gesamtniveau — wieder das Ergebnis des Wechsei- spiels von Angebot und Nachfrage auf dem Markte. Die Gesundung unserer Wirtschaft hängt also durchaus ab von der Gesundung der Reichsslnanzen. Das kann keinem Zwei fel unterliegen. Indessen, können wir denn überhaupt noch die ungeheuerlich« Finanzwirkschaft des Reiches durch Steuern und Anleihen allein wied«r elnrenken? Die breiten Maßen sind allerdings seit der Einführung des Steuerabzuges an der Grenze ihrer Leistungsfähigkeit angelangt, aber es laufen - Hnndert- llwsend«, vielleicht Millionen in Deutschland herum, . :e im Ver gleich zu ihren Einnahmen lächerlich geringe Stenern zahlen und das Reich um Milliarden und aber Milliarden betrügen. Jeder Echieberprozeß -eckt große Einkommen und Vermögen auf, die der Steuerbehörde unbekannt sind. Der Handel schwimmt in Geld, und über welche Mittel die Landwirtschaft heute verfügt, ist anscheinend nnr dem Fiskus unbekannt. Wenn die Ein- schähungskonnnissioncn und Finanzämter rücksichtslos durch streifen, lassen sich Riesensummen für das Reich gewinnen, durch die das Loch im ordentlichen Etat sicherlich zu einem erheblichen Teil gefüllt werden kann. Sodann aber muß unter allen Umständen und so schnell wie möglich die unverantwortliche Defizitwirtschast von Eisenbahn und Post aufkören. Eie ist der Ruin der Reichsfinanzwirtschaft. Was ist das für ein Zustand, daß die Güter und Personen halb umsonst befördert werden und das Reich 20 Milliarden zuiegt. die den Eteuerertrag auffreßen und die Nokenpreße in unauf hörlicher Bewegung halten! Nur resolute Tarifvolitik. besonders im Gütertarif, kann bi« Ordnung schaffen und das Gleichgewicht von Einnahme und Ausaabe in den wichtigsten Verkcbrsanstaften des Reiches wiederherstellen. Gewiß ist jede neue Belastung für das WirtschoftSleben schwer, aber die indirekte Belastung durch fortschreitende Inflation ist unendlich viel verhängnisvoller, als es die unerläßliche Erhöhung der Tarife jemals sein kann. Rücksichtslose Steuereinsckätzung »nd Beseitigung der Defizit wirtschaft im staatlichen Verkehrswesen vermögen freilich allein die notwendige Hilfe nickt zu bringen. Sie würden wob! zur Ba lancierung des ordentlichen Etats genügen und könnten sogar einen A<herschuß zur Ahhüvdlmg schwebender Schulden er-
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