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01-Frühausgabe Leipziger Tageblatt und Handelszeitung : 27.02.1918
- Titel
- 01-Frühausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1918-02-27
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Urheberrechtsschutz 1.0
- Nutzungshinweis
- Freier Zugang - Rechte vorbehalten 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id84535308X-19180227011
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id84535308X-1918022701
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-84535308X-1918022701
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Handelszeitung
- Jahr1918
- Monat1918-02
- Tag1918-02-27
- Monat1918-02
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Moeaen-Aus-abe ver«g»prri»: ü! W» «. a« s»I Ndd.l«» ——Mch Bl. 1A: >»ch —«»«rtla«» t>« Hon« ,«dr«ch» »oaeMch Bl. »» I«d-U» Di.,«: d»r« »I« V'ft l»n«, «ck M. 2L-., -I.kl.I,-»klick M- 4-7»- «or^k-B»«,»»» «.! N»«»d-«»»s<U>, Bl. 0.g0. S»»»la^ Ba«««»« Bl. S/ck »»—Mch ka,«Ichlt«t»ch V»in»«st«ll^dl»r). Haapffchttsttetter: Dr. Sttch Svetth, Nr io« Hmrdels-Ierkurg KürUsblcUt des 8nt« und des pollselamdes der Stadt tetpri- 112. Jahrgang Anzeigenpreis: D'M «NH,,»»» ». Be»«r»,» i» «»N. r„, ti. »eisnelzeii. « VI. » «»«» Ui vk^»1«N— BnZ»«^, »t, g»i»»,lz«il» Ai i,«D«n» -Ü Üt» G»lck<ft»«»tä«»» «n Vi«tz»»r><vr>t'en I» Prell» «rdtdt. W«l>«»»ni Vel»mia»<i»g« Bl. 7<— »a< T,ni»n» nn«ichi. Psftg»»«»r. l« Vs. — Sonn- nn» gev>»r« li Pi. Snnnlp-ch-Bnschintz B» «««i. KI» nn» 146^4. - Posi'ckes,»,»!» vchetsNiU»», «ck Seick-si»*«»« Z»»»»»it<l<>ii« iir. S>, Verlag: Dr. Reinhold L Lo. Lelvrt^ 1M8 Mittwoch, dem L7. Februar Das Alttmatum au Rußland Der Wortlaut des Ultimatums Berlin, 26. Februar. In der heutigen Reichstagssttzung gab Unterskaatssekretär von dem Bussche-Haddenhausen folgende Erklärung ad: Von verschiedenen Seilen ist der Wunsch geäußert worden, das All im al um kenuenzulernea, bas von den rassischen De legierten angenommen worden ist. Ich erlaube mir, dieses Ulti matum bekanntzugeben. Es laulel: Deutschland ist bereit, unter folgenden Bedingungen mit Ruh laad die Verhandlungen wieder aufMnehmen und Frieden zu schließen: 1. Das Deutsche Reist) und Rußland erklären die Beendi gung des Kriegszustandes. Beide Rationen sind ent schlossen, fortan in Frieden und Freundschaft zusammenzuleben. 2. Die Geblet«, die westlich der den russischen Ver tretern in Brest-Litowsk mitgeleillen Linie liegen und zum Russi schen Reich gehört haben, werden der territorialen Hoheit Rußlands nicht mehr unterstehen. Die Linie ist in Gegend Dönaburgs bis zur Ostgrenze Aar lands zu verlegen. AoS der ehemaligen Zugehörigkeit dieser Gebiete zum Russischen Reiche werden ihnen keinerlei Verpflich tungen gegenüber Rußland erwachsen. Rußland verzichtet auf jede Einmischung in die inneren Verhältnisse der Gebiete. Deutsch land und Oesterreich-Ungarn beabsichtigen, daS künftige Schicksal der Gebiete im Einverständnis mit deren Be völkerung zu bestimmen. Deutschland ist bereit, sobald -er ast gemeine Friede geschloffen und die russische Demobilisation voll kommen durchgeführl ist, das östlich der obengenannten Linie ge legene Gebietzuräumen, soweit sich nicht «S Art. 3 etwas anderes ergibt. 3. Livland und Estlaad werden von de» russischen Trup pen und der Roten Garde unverzüglich geräumt u-ud von deutscher Polizeimacht beseht, bis die LandeS- einrichtungen die Sicherheit gewährleiste« mck die staatliche Ord nung wiederhergestellt ist. Alle aus politischen Gründen ver hafteten Landesbewohner sind sofort freizulaffen. 4. Rußland schließt sofort Frieden mit der ukrainischen Volksrepublik. Die Ukraine und Finn land werden ohne jeden Verzog von den russischen Truppen und der Roten Garde geräumt. 5. Rußland wird alles in seinen Aräfien stehende tun, um alsbald die ordnungsmäßige Rückgabe der ofianatoli- fchen Provinzen an di« Türkei ficherznstell«, und er kennt die Abschaffung der türkischen Kapitula tionen an. 6-^ Die völlige Demobilisierung des rnsfischen Heeres ist einschließlich der von der jetzigen Regierung «evgebtt- deten Heereskeile unverzüglich durchzuführen. Sd. Die rassischen Kriegsschiffe im Schwa««« Meere, in der Ostsee und im Eismeer sind «ntweder in russische Häfen zu überführen und dort bis zmn allgemeinen FriedenSschluh zu belasten, oder sofort zu desarmieren. Kriegsschiffe der Entente im russischen Machtbereich sind wie russische Kriegsschiffe zu behandeln. 6c. Die HandelSschiffahrk lm Schwarzen Meere und in der Ostsee wird wieder ausgenommen, wie eS im Waffenstill- standSoerlroge vorgesehen war. Das Minenräumen dafür hat sofort zu beginnen. Das Sperrgebiet im Eismeer bleibt bis zum allgemeinen FriedenSschluh bestehen. 7. Der deutsch-russische Handelsvertrag von 1904 tritt, wie in Artikel 7, 2» des Friedens mit der Ukraine wie- der in Kraft» anker Wegfall der in Artikel 2 Ziffer 3 Absatz 3 des Handelsvertrages vorgesehenen besonderen Vergünstigungen für astatische Länder Ferner wird der ganze erste Teil des Schluß protokolls wiederhergestellt. Dazu kommen: Sicherung der AuSfuhrfreihett und Ausfuhr, zollfreiheit für Erze, alsbaldige Verhandlung über Abschluß eines aeueu Handelsvertrages, Sicherung der Meistbegünstigung bis mindestens Ende 1925, anch für den Fall der Kündigung des Pro visoriums, endlich Bestimmungen entsprechend Artikel 7 Ziffer 3, Ziffer 4», Absatz 1 und Ziffer 5 des Friedens mit der Ukraine. 8. Me rechtspolltischen Angelegenheiten wer den geregelt auf Grundlage der Beschlüsse erster Lesung der deutsch-russischen Aech.'Skommission, soweit Beschlüsse noch nicht gefaßt sind, also insbesondere Ersatz von Zlvilschäden auf Grundlage der deutschen Vorschläge, Ersatz der Aufwendun gen für Kriegsgefangen «auf Grund des russischen Vor schlages. Rußland wird deutsch« Kommissionen zum Schutze deutscher Kriegsgefangener Zivilpersonen und Rückwanderer zu lasten und «rach Kräften unterstützen. 9. Rußland verpflichtet sich, jeglich« amtliche oder amtlich unterstützte Agitation oder Propaganda gega« die vier verbündeten Regierungen und ihreStaakS- »ndAeere-elurichtunge« auch iu de» von de» Z«»tral»ächt«n besetzten Gebiete» eiuzustelle«. 10. Vorstehende Bedingungen sind in 48 Stunde« an zunehmen. Russische Bevollmächtigte haben sich unverzüglich noch Brest-Litowsk zu begeben und dort binnen drei Tagen den Frieden zu unterzeichnen, der innerhalb -er nächsten zwei Wochen ratifiziert werden muß. (Lebhafter Beifall bei de« bürgerlichen Parteien, Zischen bei den Unabhängigen Sozialdemokraten.) Die russisch« Delegation, zu der auch Herr Trotzki und Herr Joffe gehören sollen, ist bereits vo« DelerSburg abgereisi. Sl« hotten aber einen unfreiwilligen Aufenthalt nördlich von Pskow (PleSkau) dadurch erlitten, daß dort eine Brücke gesprengt worden war. Sie werden ober im Laufe dieser Rächt in Brest «intreffen. In Brest ist die deutsche und österreichische Delega tion bereits versammelt. Die Türken und Bulgaren weich«« im Laufe des heutigen Tage« dort erwartet. (Siehe Seite 10 und 11.) Der Abendbericht vtd. Berlin, 2bt Februar. (Amtlich.) Die Operationen im Osten nehmen den beabsichtigten Verlauf. Von den anderen Kriegsschauplätzen nichts Neues. * . v^td. Berlin, 26. Februar. (Drahkbericht.) Kaum vermag man auf der Karte dem ungestümen Vorwärtsdrängen des deutschen Heeres zu folgen. Orte, die noch vor einigen Tagen in weiker Ferne' zu liegen schienen, sind heute von den Spitzen und morgen vom Gros der mar- ichierendcn Kolonnen durchschritten. CS ist ein atemraubendes Tempo, daS die Kolonnen der Befreier etngeschlagen haben und das ihnen täg lich neue Segenswünsche der Bewohner einlrägt. In Estland wüten indessen die Roten Garden weiter, ohne sich von der Regierung im mindesten beeinflussen zu lasten. Um so schneller vollzieht sich det deutsche Vormarsch, der durch plötzlich einsehende schlechte Witterung, Schnee, Westwind und starke Temperalurschwankungen nicht ausgehalten werden kann. Zahlreiche tiefgcgliederte, nebeneinander nord- und ostwärts vor marschierende Kolonnen, die sich strahlenförmig auSbreiten und starke fliegende Abteilungen mit Artillerie und Maschinengewehren vovauS- schicken, stehen größtenteils bereits in der allgemeinen Linie PleSkau- Dorpol-Reval. DaS schnelle DorwärlSdringen der Vorhuten hat nirgends zum Abreißen der Verbindungen geführt. Alle Kolonnen stehen in sich und mit den Nachbartruppen trotz der gewaltgen und täg lich anwachsenden Entfernungen unausgesetzt in Verbindung. Be sonder- bewährt hat sich die Beförderung geschloffener größerer Trvppenkörper auf sogenannten Panjeschlitten. KVometrtv-slt ziehen solche Schlitten-Kolonnen durch dle^vLtder und durch Livlands freundlich« Hügek Hier, in den vom Kriege überhaupt nicht berührten Gebieten, muß man die Verwüstungen des Krieges, sinnlos und zwecklos auSgeführt, wiederflnden! Vielleicht wären manche einzelne Gewalt- taten noch zu begreifen, wenn sie sich nur gegen Angehörige des feind lichen Staates richteten. Aber -er Lette und Este, sie werden in gleicher De se heimgesucht wie der Deutsche, der leiden muß, ohne Rücksicht darauf, ob er Reichsdeutscher war oder als russischer Staatsangehöriger >m russischen Heere Kriegsdienst geleistet hatte, einfach weil er einen deutschen Namen trägt. Nun, da die Tove von Dorpat und Reval sich den Befreiern öffnen and mit dem Verschwinden der Roten Garde die Rückkehr der Ordnung in diesen allen ehrwürdigen Städten angedahnt ist, wird wieder Jubel in aller Herzen sein. Die russische Delegatton für Vreft-Litowst Petersburg, 28. Februar. (P. T.-A.) Auf Anordnung des Rates der Volksbeauftragten ist eine Abordnung nach Brest- Litowsk abgesandt worden, um den von der deutschen Regierung vorgeschlagenen und in der Sitzung vom 25. Februar 4 Uhr mor gens vom auSführenden Aauptausschuß in Petersburg angenom mene« Frieden zu unterzeichne«. Mitglieder der FriedenSdele- gation sind: Trotzki, Volksbeauftragter für auswärtige Ange legenheiten, Tschekscherin, Sokolikow, Petrow sk und Alexejew, Mitglieder der Partei der sozialreoolutionären Linken, ferner DelegakionSsekretär Karachan,Iofse und mili tärische Sachverständige. Wekerle geht «ach Bukarest Wie«, 26. Fchruar. (Drohkberichl unseres Mit arbeiters.) Die Meldung, daß sich Mi«islerprSM>eiU Wekerl« als Vertreter Ungarns za de« Fttedensverhandlöngen mit Rumänien begibt, wirb mir von zuständiger Stelle bestätigt. Die Audienzen, di« Wekerle und Graf Tisza beim Kaiser hatten, stehe« mit diesem Beschluß der ungarische« Negierung in Zusammenhang. Begründet wird der Ent- schloß dadurch, daß Ungar» als Grenztand von Rumänien seine vitalen Ialereffea vertreten muffe. Insbesondere fordert di« öffenkllche Meinung Ungarns einmütig eine strategische Froatfichernng gegen Ramänien. Die Gerücht«, daß in dieser Frage Differenzen zwischen Ezerain and der ungarischen Regierung bestünden, find vngottschersettS bereits entschieden dementiert worden. si- Wien, 25. Februar. sDrahtberichk.) Budgekarrsschuß des Abgeord netenhauses. Bei der Verhandlung des Budgetprovisoriums erklärte der Abgeordnete Renner: Die deutschen Sozialdemokraten stimmen aus nahmsweise f ü r daS Bndgekprovlsoriom, nicht zugunsten der Regierung, sondern im Interest« der Erhaltung d«S Parlaments sowie weil sic den Frieden nicht durch den Lholmer Zwischenfall stören lasten wollen. Der Deutsche Pacher vertrat die Forderung nach einer selb ständigen Provinz Deutsch-Böhmens und erklärte, was die Deutschen für Deutsch-Böhmen wollen, billigen sie den Tschechen für ihr Gebiet zu. Nachdem noch eine Anzahl Roüner gesprochen hatte, wurde die Sitzung ohne Beschlußfassung über das Budgetprovisorium geschloffen. In Ler morgigen Plenarsitzung beginnt die Meile Lesung des Budget- Provisoriums. Wahlniederlage der fpanifchen Republikaner Sens, 26. Februar. (Eig. Drahtberich I.) Zu den Wahlen i» Spanien »e del di« Ageace Haras, daß Garcia Priel», der jetzig« MinisterprSfident, voransffchlllch über die stärkste Grappe in der Ka»mer verfügr« werd«. Di« Romanonesiste« würden sicher »ehr al« 45 Sitze erlange«, di« Datist « « vielleicht etwas »ehr als 86. M« französisch« Nachrichtenagentur gibt bereits die Niederlage der Republik««,«» zu. Leroux ist M Barcelona nnlerlegen mrd wird der neuen Kammer nichk angehören. Madrid, 26. Februar. (HavaS.) Di« bisher dekaanlea Wahl ergebnisse sind folgende: Demokraten SS, Parteigänger Datvs SS, An hänger Romanone« IS, RegionaNsten 12, Mattsten 11, Anhänger La Liervas 6, Repadlikaner 7, Sozialisten 4, Nationalisten 6, Anhänger Alba« 5, unabhängige Liberal« 4, Unabhängige 5, Iaimisteu 4. Refor misten 2. Payer und die Konservativen L. L. ES gilt, die vorgestrige Rede des neuen Vizekanzlers, des ehemaligen Führers der Fortschrittlichen Volkspartei, wegen der bedauerlichen Auftritte, die sich daran schlossen, besonnen, aber auch entschieden zu beurteilen- Wir haben uns zu fragen: Ist der Versuch, den man mit der Berufung einiger der hervor ragendsten Vertreter der Volksvertretung in die Regierung ge macht, verfehlt, oder ist auch nur an einer Stelle, bei der Auswahl einer Persönlichkeit ein Mißgriff unterlaufen? Daß der Ver such im ganzen mißlungen sei, wird nach dem Auftreten des Vize präsidenten des preuMchen Staatsministeriums, Dr. Friedberg, niemand behaupten. Wenn die Wahl des Herrn von Payer nach seinem gestrigen ersten Eingreifen auch von anderen als von den Konservativen als Enttäuschung empfunden würde, so müßte das offen gesagt werden, damit nicht das Prinzip, nach dem die neue Regierung zustande gekommen ist, ungerechte Angriffe erführe. Diese würden ja nicht ausbleiben, da doch den Konservativen, die sich gestern getroffen fühlten und durch ihr Verhalten sich mit den Heißspornen des Bundes der Landwirte unzertrennlich zu er klären schienen, bekanntermaßen «die ganze Richtung nicht paßt". Prüfen wir also, wie die Sache verlaufen ist. Der Vizekanzler rahmte seine Rede mit dem Gedanken ein, daß die Zusammenfassung aller Kräfte jetzt lm Reiche das höchste Gebot sei. Aus dieser Forderung und ouä dem Bedürfnis, nach außen hin Einheit zu zeigen, leitete er auch -le Notwendigkeit ab, zwischen Regierung und Volksvertretung eine möglichst enge Fühlung herzustellen, wie es durch Berufung von Parlamentariern in die Reichsleitung geschehen ist- Er fühlt sich selbst als Werk zeug dieser Aufgabe. In diesem Sinne sprach er auch über daS preußische Wahlrecht. Kurz, Payer hielt eine sehr geschloffene Rede, in der sich das Negative, das er zu sagen hatte, als not wendige Folge aus dem Positiven ergab. Jenes Negative hieß, in zwei Worten ausgedrückt: Streik und Buick der Landwirte. Di« Jubiläumsfeier des Bundes der Landwirte ist ja noch in aller Erinnerung, bet der sich die Herren Dr. Wildgrnbe und v. Olden- burg-Ianuschau in erstaunlichen Brandreden gegen die innere Neu ordnung überboten. Der Vizekanzler hat den Streikenden-und auch den Leitern der So zialdemokrakie nichts erspart: er hak s«- gar länger bel ihren Sünden verweilt, als nachher bei den Lei stungen des Herrn von Oldenburg und Genossen. Die Sozial demokratie hat seine Rede nur an einer Stelle durch ein Lachen unterbrochen, sich sonst aber ruhig die Wahrheit sagen lassen. Als Herr von Payer sestskellte, -aß man sowohl auf der äußersten Linken wie auf der äußersten Rechten dem politischen Gegner den guten Glauben abzusprechen pflege, da empörte sich nur die Rechte und fand diese «Gleichstellung" unerhört. Dabei lag eine Gleichstellung doch höchstens in einem Punkte vor, wie denn der Redner durchaus nicht der nationalen Gesin nung und Ehre der Konservativen zu nahe treten, sondern lediglich die Unbesonnenheiten und Ausschweifungen ihrer Heißsporne kennzeichnen wollte, und zwar ausdrücklich im Hinblick auf jene Versammlung des Bundes der Landwirte, in der unter anderem Herr von Oldenburg erklärt hatte, aus den nächsten Reichskanzler werde man schießen, und wenn man nicht auf ihn schieße, werde er nichts taugen, die Hauptsache sei nur, daß er selber schießen lasse . . . Insofern betraf der hiernach doch wohl berechtigte Vor wurf des Vizekanzlers, daß die Feinde Pfeile gegen uns auch aus dem Köcher der äußersten Rechten nehmen könnten, durchaus nicht die ganze Rechte, sondern eben «die äußerste Rechte". So wenig, wie sich die alte Sozialdemokratie gesoffen zu fühlen braucht, wenn von der äußersten Linken die Rede ist, so wenig geht es -le konservative Partei als solche an, wenn jemand gegen die äußerste Rechte cmftrltt. In der konservativen Partei und auch in ihrer Reichstagsfraktion sind nicht wenige Männer, die das Treiben der äußersten Rechten durchaus mißbilligen. Wenn trotzdem gestern ein großer Teil der Fraktion, sogar mit ihrem Führer an -er Spitze, für dte Ultras einstehen wollte, so ist daS ihre Sach«; nötig hakten sie es nicht. Die Konservativen kennen Herrn von Oldenburg, sie haben früher sein Auftreten im Reichs tage nicht selten mit Beklemmungen erlebt, er selber hak darüber später sehr offenherzig geplaudert; aber wie sie ihn damals nicht verleugneten, so zeigte sich auch jetzt wieder ihr Korpsgeist, an sich eine zweifellos rühmenswerte Eigenschaft, die bedenklich nur dann wird, wen» hinter der Gemeinbürgschast für einen kleineren Kreis höhere Gemeinschaftsgesinnungen zorücktreten. So brachte sich di« konservative Fraktion vorgestern aus ganz überflüssigem Eigensinn in eine Lage, die einigermaßen verblüffend war: man ries von dieser Sette dem Minister, als er zum Schluffe den Ruf nach Einigkeit und Zusammenhalt, der in jener Land- bundversammlong zu wenig beherzigt worden war, noch einmal aufnahm, zu: e r sei eS, der die Einigkeit gestört habe — und die Herren steigerten ihre Entrüstung bis zu Pfuirufen, die der Prä sident als der Würde deS Hauses nicht entsprechend sich verbat. Eie traten gegen den zweithöchsten Beamten des Reiches, einen Rat geber des Kaisers, auf, weil er unsagbare Wühlereien so kenn zeichnete, wie eS ihnen gebührte. Dem erfahrenen Parlamentarier Payer darf man ein solches Ungeschick, daß er sich bei seinem ersten Auftreten in den Augen breiterer Kreise ins Unrecht gesetzt hätte, wirklich nicht zutrauen. Dank der ganzen Anlage einer Rede hatte er denn auch daS HauS mit alleiniger Ausnahme der Rechten für sich, so daß jeder feindliche Zwischenruf nledergez schk wurde. Herr von Payer hat nicht als Parteimann gesprochen, wie man ihm vorwersen möchte, d. h. nicht als Vertreter seiner Partei, allerdings aber als Mitglied -er Mehrbeit, auS der nicht nur er hervorgegangen ist, sondern ans die auch die Regierung sich stützt, und deren Zusammenarbeiten mit der Regierung seine Ernennung besiegeln sollte — soll er da nicht daS Recht haben, gehässige Aus fälle gegen diese Mehrheit zurückzuweisen? Konservative riefen ihm höhnisch zu: .Der große StaatSmannl" Nun, jenem Ideal deS schießenden Staatsmannes, daS Herr von Oldenburg mit donkenS- werler Deutlichkeit enthüllt hat, entsprach die Rede deS Herrn von Payer freilich nicht. Immerhin Hot er gezeigt, daß er Mut
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