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01-Frühausgabe Leipziger Tageblatt und Handelszeitung : 11.08.1920
- Titel
- 01-Frühausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1920-08-11
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Urheberrechtsschutz 1.0
- Nutzungshinweis
- Freier Zugang - Rechte vorbehalten 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id84535308X-19200811019
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id84535308X-1920081101
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-84535308X-1920081101
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Handelszeitung
- Jahr1920
- Monat1920-08
- Tag1920-08-11
- Monat1920-08
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Morgen - Ausgabe sarLrlpzl, »nd Vvroll« zwtlmal «S,IIch In« Haut gebracht. Sonntag« al»M»rg«nautgab« moaatl. Äk. U).—, viertel Ldrl. At. SO.—: für Lbhvler mouotl. M. »SV Morgen-Avügade «lletu M. 7.50 m»natlich, Ädend-Bnlgabe allein M L— monailtch. Vurch anler» aulwürllgen Filialen ine van» ge- bracht «»»atlich M. U>.-. viertellüdrllch M. 30.-: dvr» di, Dost innerhalb Deotlchlanbt D,Iamt-4lu«gab« monatlich M. 7.50, »irrtellühr- llch M. 22 50 taaülchliehlich Poftd,lteiIgebSdr>. 4t»1land»v«rland: monatlich M. Ul.— und Drachlachen-Porto. ^inzelnammern' Morgen- 4>«üg»d» SV Pi.. Ad-nd-Lutgab, «0 Ui- Sonntagt-Autgad« 40 Ps Hauptschriftletter: Dr. Erich Everth, Leipzig. Nr. S7V Handels-IeUung ^nrlsblatt des Rates und -es poll-eiarntes -er Stadt Leipzig Mittwoch, den 11. August 114. Jahrgang ». Umasd. dk elnlpalt. -^SdagkbAkdb^vekSS. 4l»nparetU«j«il, M. I.7S, »an auewürtl ? l. 2.2>: Anzeigen van dehürden im amilicheo Teil di, Nonparrillezeil« Ul. SLO. ».»»<«. Bk. 5.— ; bletn« Anzeigen di« Bonpareiliezeil« M l.40. »on aalivürtl Mb USO. Velchastüanreiqen mit Pladoorichrtlien im Preil« krdüdt. Dlah »nb Datenoorlchrllt odne Verdlndllchbeit Beilagenpreil, itr bi, Delomtanslag« da« Laulend Mb. >2.— netto, sür Teiloaslag« tat Tanlend Mb 15.— netto, sür Pollaaslag« Zollgebühr eztra. Feratprech-klnlchlniiBr.l4>>S2. I4L-U and »4'0,4. — i'olt>che.bbont»<200 Schrislleltang nnd Veschüsttslel« Sohannitgail« Br. II. Derlag: Dr. Reinhold L Co.. Leipzig. 1S2V Russischer Dorstoß aus Thorn Ablehnung der Entschsidunzsschtacht durch die Polen Fortsetzung des russischen Vormarsches auf Warschau. Der Eisenbahnverkehr nach Westpreußen unterbrochen. Berlin, 10. August. (Draht bericht unterer Berliner Sch r i f t l e i t u n g.) Nach Meldungen vom rnssijch-polmschen Kriegs schauplah ist der Nordflügel der polnischen Armee, der die Aufgabe hatte, Marschau im Norden zu decken, „n'er dem Drucke der 4. rnsstschen Armee in Auflösung. Don dem 1. und 2. kaukasischen Artilleriekorpä begleitet, Kaden hier die russischen Divisionen die vordere Linie überschritten. Eie haben hinter sich 3 weitere Infanteriedivisionen. Die Stoßrichtung »st gegen Thorn nngeieht. Dagegen ist die frühtre deutsche Grenze im Südzivfel des Eoidauer Kreises noch nicht von russischen Patrouillen überschritten. Die Entscheidungsschlacht zwischen Ostrolcnka und dem Bug scheint -von den Voten nicht angenommen zn sein. Die geringen Kämpfe, die bei Oslrolenka jlattgcsunden habe», haben auch zu iencm polnischen Rückzug bei Woszhow geführt. Die pol nischen Truppen werden hier von Osten aus flankiert. Auch über Stzolow sind die Rasse» vorwärts gedrungen und habe» den Bug überschritten. Weiter im Süden entwickelt sich der Vormarsch gegen die gleichfalls sehr geschwächten polnischen Truppen günstig. Mil dem Einmarsch der dotschswisiischen Kavallerie in den polnischen Korri dor ist jede Strirde zu rechnen, da es taktisch unmöglich ist, die Nord flanke offenzulassen. Aqs Danzig wird gemeldet, daß von polnischer Seile eine voll ständige Sperrung des Korridors mit dem Augenblick des Falles von Warschau einlreten soll. Berlin, 10. August. (Drabtberichk.) Der Eisenbahnver kehr von und nach West preutzen über Danzig ist wieder unterbrochen, Personen- und Postnerkrhr nach Ostpreußen wird wieder auf dem Seewege über Swiuemündc nach Pitlau geleitet. Mlarva und Crechansrv von den Sorvjet- truppen besetzt Königsberg, 10. August. (Drahtberichl.) Don der polnischen Front wird gemeldet: In der vergangenen Nacht habe» die Russen nuu auch Mlawa und Liechanow besetzt, nachdem sie das e gcntl che Gebiet des polnischen Korridors bereits gestern nachmittag «betreten hatten. Damit ist eine der Bahnlinien von Danzig nach Warschau lahmgclegt worden. Westlich von Soldau stehen die pol nischen Truppen im Rückzugsgefecht gegen d e russische Kavallerie. Die russische Nordarmee ist in den letzten Tagen erheblich verstärkt worden Sie verfügt über bOOOO Mann ansantene und 30 000 Mann Reiterei. Die Polen dagegen scheinen ihre Truppen aus dem Korridor zurlick- zuziehen, da sie wohl eine Verteidigung dieses Gebietes nicht mehr sür möglich ansehen. Das Hauptquartier der vierten russischen Armee, dos sich in Grodno befand, dürfte schon in den nächsten Tagen nach Lomsha oder Bialyfiok verlegt werden. Berlin, 10. August. (Drahtdericht.) Die .Times' meldet aus Mae- schau: Nordwestlich von Warschau wird bei Modlin das polnische Hauptheer konzentriert. Das schwere Artillerieseuer in diesem Abschnitt ist ständig in Warschau zu hören. Nach einer weiteren polnischen Mel düng ist die neue polnische HauptstellunA Makow — Pultusk durch die zeitweise Aufgabe von Pullujk gefährdet. Englische Schisse ans dem Wege nach Osten? Hamburg, 10. August. (Drahtbenscht.) Dem .Hamburger Fremden blatt' wird aus Kopenhagen gemeldet: Heute früh ist ein englisches Geschwader hier angekommen und hat an der äußeren Reede von Kopen hagen angelegt. Dos Geschwader besteht aus 2 Kreuzern und 4 Torpedo- jägern. Die Schiffe werden wahrscheinlich in den allernächsten Tagen nach der Ostsee weiterfahren. Die Fahrt steht, wie man hier onmmmk, im Zusammenhang mit der geplanten Intervention für Polen. Amerika läßt Polen im Slick Paris, 10. August. (Drahtberichk.) Nach einem Telegramm des .Echo de Paris' aus Washington wurde als Ergebnis von Be ratungen bei Wilson eine Erklärung veröffentlicht in der es heißt: , .Bester als jedes andere Volk können die Amerikaner die Lage verstehe», in der die Rusten sick heute besinden. Wie wir Ameri kaner zur Zeit des Unabhängigkeitskrieges, so kämpft Rußland heute für seine Derleidigung. Die russische Armee ist bolschewistisch, weil Lenin regelrecht an der Spitze der Regierung von Moskau steht. Aber in Wirklichkeit ist es keine bolschewistische, sondern eine russische Armee, Ihr Generalstabs- ckef ist General Brussilow, einer der berühmtesten Offiziere deS alten Regimes. An seiner Seite steht eine Reihe anderer Generale, die Proben ihrer Begabung zur Zeit des Zarismus ablcgtcn. Die Russen baden keinen territorialen Ehrgeiz, und man kann zugeben, daß sie die Souveränität Polens nicht angreisen wollen. Die amerikanische Politik wünscht lebhaft die Unversehrtheit des russischen Gebiets aufrecktzuerhailen, bis das russische Dolk seine inneren Angeleegnheiten geregelt hat. Aus diele Weise hofft die amerikanische Regierung, die Wiederherstellung des Friedens und der Ordnung in Rußland zu beschleunigen.' Nach dieser Meldung des .Echo de Paris' haben also die Ber einigten Staaten gegen Polen Stellung genommen. Lloyd Georges Nntertzausrsde über Hythe London, 10. August. (Eigener Drahtbericht.) Lloyd George hielt heute mittag un Unterhause seine ang kündigte Rede über die polnisch-russische Frage. Auf der Tribüne des Unlerhauscs be fanden sich Kamenew und Krassin. Lloyd George führte aus, er wolle die Schritte mitteten, welche die Regierung z» tun gedenke, wenn gewisse Ereignisse in der polnisch-russischen Angelegenheit einlreten soll ten. Die Sowsetregierun g sei bei der Führung der Unterhand lungen berechtigt, dem Rechnung zu tragen, daß Polen den An griff auf Rußland begonnen habe, und eben o sei dem Rechnung M tragen, daß dieser Angriff trotz der Warnung der Alliiert-'» an Polen unlernommen wvrde. Die Sowsetrcgierung sei ferner berechtigt, solche Sicherheiten zu fordern, die eine Wiederholung derartiger Fälle ausschaltcn. Aber Rußland habe in keinem Falle das Recht, Re pressalien aaszuüben odn: Polen mit dem Ziele z« bestrafen, dem Be stehen eines unabhängigen Polens ei» Ende zu bereiten. Der einzige Zweck des Eingreif:»s der Alli erten in dieser Frage sei, so führte der Premierm »ister aus, einen Frieden auf der Grundlage der Unabhängigkeit des ethnographische» Polens herbei zuführen. Die Alliierten halten der Sowjelregierung vorgeschlagen, am Montag am Mitternacht den Eintritt dos Waffenstillstandes an- zukündigen. Dieser Dorschlog sei nicht angenommen worden. Auf der Konferenz von Hylhe seien sich die Alliierten dahin eimg ge worden, daß sie Polen raten, über einen Waffenstillstand zu unterhandeln und Frieden zu schließen, solange die Unabhäng gkcit d«s ethno graphischen Polens anerkannt werde. Dieser Ratschlag sei auch der Sowjet-Regierung mitoeteilt worden. Ferner sei man sich darüber einig geworden, daß, falls Polen die Dorschläge der Alliierten annimmt, die Alliierten diesem Pole» zur Seite stehen würde», wenn die Sowjet regierung weitere Dersuch« unternehme, die der Unabhängigkeit Polens »nd seiner ethnographisch«» Grenze» ein Lude bereiten würden. 2n diesem Falle würde sich ein schwieriger Zustand ergeben. Die Alli ierten könnten in der Frage über das Bestehen Polens nicht länger müßig zusehen. Es würde eine Gefahr für die Aufrechterhaltung des Friedens in Europa sein, wei.n «in aggressives Rußland bestände, das an Deutschland grenzt. ES würde aber keine Aktion unternommen werden, anßer einer solchen, die den Kampf für das Bestehen der Un abhängigkeit Polens bezweckt. Lloyd George erließ dann «inen Appell an die englisch« Arbeiterpartei, die behaupte, sich organisiert zu haben, am di« Schwachen zu schützen. Es sei natürlich, wenn Potent feine Frei heit verteidige, und dazu Ratschläge und Führung eines Bolkes, das vier Jahr« Erfahnmgeu im großen Kriege gesammelt und seine Geschick lichkeit für diese Aufgabe erwiesen habe, annehme. Es würden keine alliierte« Trappen nach Polen gesandt werden, und es wäre dies auch nicht notwendig, wenn di« polnischen Hilfsquellen richtig organisiert and verwendet würden. 2« der Annahme, daß die Konferenz in Minsk ergebnislos verlaufen wurde, sollten für ieden Fall Maßnahmen getroffen werde», um den wirtschaftlichen Druck auf Rußland auszaiwen, damit dieses gezwungen werde, den Ring um Polen zu lockern. Dl« Alliierten würden in diesem Falle eine Aktion zur See unter nehmen. Es seien genügend Vorräte vorhanden, um in diesem Fall« »och Polen gesandt zu werden. Schließlich betont« Lloyd George, daß kein« Red« davon sei, daß di« Alliierten in ein reaktionäres Komplott verwickelt seien zu dem Zweck, eine demokratische Regierung l» Ruß land herzustelle« Wenn sie die revolutionär« Realer» »g blockierten, so gescheh« das nicht wegen ihres revol itionären Charakters, foökar» deshalb, weil dies« Regierung nicht mit den Alliierten zusammen arbeiten wolle, uni einen Frieden zu sichern. -Wenn Rußland den Frieden mit uns nötig Hai,' schloß Lloyd George, „kann es diesen Frieden erhalten, denn die Londoner Konferenz ist ja gerade vorgeschlagea worden in der Absicht', einen solchen Frieden i-orbeizuführcn." Die Beschlüsse von Hythe Durchführung einrr strengen Blockade. — Errichtung einer Defensivfronk. Paris, 10. August.' (Drahtdericht.) Der Berichterstatter der Agence HavaS meldet, die beiden Ministerpräsidenten hätten die Zwangsmaßnahmen gegen Eowjetr riß land gebilligt, jedoch würden diese nicht zur Anwendung gelangen, bevor nicht den Bolschewisten eine letzte Gelegenheit gegeben worden sei, ihre angebliche Mäßigung zu beweisen. Am Mittwoch findet in Minsk die erste Zu sammenkunft der russischen und polnischen Unterhändler statt. Wenn die Bolschewisten den Polen Bedingungen crnbvlen, die die territoriale In tegrität und die politische Unabhängige«! avtastetcn, dann werde davon notweikdigerweise di« Haltung der Alliierten beeinflußt werden. Als Maßnahme soll nach dem Berichterstatter die effektive Blockade Rußlands, namentlich im Baltischen Meere, in Aussicht genommen sein. Amerika und die Rußland benachbarten neutralen Staaten, wie Schwe den, Norwegen nnd Dänemark, würden aufgefordert werden, keine Pro dukte irgend welcher Art, Nahrungsmittel öder Munition nach Rußland zu senden. Nötigenfalls würden die Alliierten auch Deutschland zur Mitarbeit aussordern, um Rußland auch von der Land seite zu isolieren. Andere Maßnahmen sollten darin bestehen, mit Hilfe dcr von dem ehemaligen russischen Reich« getrennten Staaten Lettland, Litauen, Kaukasien und Aserbeidschan eine Defensivfront gegen Rußland aufarüchten. Das Heer des Generals Wränget, das von der französischen Regierung unterstützt werd«, solle von England Kriegs material erhalten. Ferner solle Polen Material und moralische Unterstützung von den alliierten Regierungen erhalten, damit es seine Unabhängigkeit ausrechterhatten könne. Selbst wenn der Korridor durchschnitten würde, werde Kriegsmaterial über die Tschechv-Elowakei befördert werden. Eine Entsendung f r a a z ö s i sch - e n g l i s ch e r Truppen nach Polen sei nicht beabsichtigt. Wenn die Sowjets im Widerspruch beharrten, würden Kamenew and Krassin ausgefordert werden, London innerhalb acht Tagen zn verlassen. Die Konferenz ver handele im Augenblick auch darüber, ob man die Regeluna des polnisck- russischen Streites dem Völkerbund« zuweisen solle, hab-» aber fest gestellt, daß diesem noch die notwendigen Aktionsmittel fehlen, so daß es vielleicht zu einem für die Zukunft des Völkerbundes unangenehmen Mißerfolge kommen könne. Line neue Gntentenote für Moskau London, 10. August. (Eig«n«r Drahtberichk.) Die Kon ferenz von Hytbe hat befchtossen, «ine neue Note nach Moskau übermitteln zu lassen, d^en Text am Montag der Delegation Kam«new milgeteilt wuich«. Ja der Note o«rt«mgt die Konferenz zunächst di« sofortige Verlängerung inexteosoder Waffenstillstands- and Friebensverhand- lungen mit Pot«». Die Sowjetreglerung müsse sich bemühen, binnen 24 Stunden zu einer Verständigung mit Pole» über eine sofortige Ein - st«llunader Feindseligkeiten zu gelangen. Schließlich ver- langt di« Rote, daß eia vollständiger Bericht über die Verhandlungen der am Montag in Minsk beginnenden Konferenz veröffentlicht wirb. Di« Mission Kamenew-Krassi« wird am Sonntag nm 12 Ilhr abends London verlassen müssen, falls di« Sowjetregi wung bis dahin nicht di« notwendigen Sicherheiten be'resfend di» Unabhängigkeit and die terri toriale Integrität Polens gegeben hab^n wird. (Siehe auch Sette 2.) Bei der Noten Armee (Bon unserem o st p r e u h i s chAn Berichterstatter.) Beim Negimenlsstab des in Kolno liegenden roie.r Schü,zenccgiul.-nts sitzt man heim kriegsgemäßen Aoendessen, als deutscher Besuch g.'meldet wird. Vach dem kräftigen Handschlag ist es das erste, daß wir zum Abendbrot eingeladen werden. Dann wird gefragt. Erste Frage: ob wir Spartakiden seien. Wir ver neinen es, werden darum aber nicht weniger freundlich behandelt. Das war auch später so. Wir Haren niemals aus unserer politisch gegensätzlichen Haltung ein Hehl gemacht, sind aber trotzdem überall gut ausgenommen worden, und zwar einfach aus dem Grunde, weil wir Deutsche waren, weil überall, vom Divisions- kommandanlen bis zum Kompanrekutscher die Auffassung vor herrschte, daß Deutschland und Rußland aufeinander angewiesen seien und in Frieden und Freundschaft miteinander leben müßten. Was die Spartakiden anlangt, die von Deutschland ge kommen sein sollen, um mit Sowjelrußland Verbindung aus zunehmen. so wurde zwar bei allen Truppenteilen davon gesprochen, wahrscheinlich ist aber doch, daß der Wunsch der Vater dieses Gedankens war. Auf unsere Frage wo sie gewesen mären und wer sie gesehen hätte, konnten wir nirgends eine bestimmte Antwort bekommen, so daß anzunehmen ist, daß es sich hier um jene Art von Gerüchten handelte, die während des Krieges auä' in der deutschen. Armee Opfer forderten und die der So'datenwrtz mit einem derben, aber treffenden Ausdruck bezc chne'e. Immer hin ist es nicht ausgeschlossen, daß hier N".d da Fanatiker iwer die Grenze gegangen sind, um für den Bolschewismus zn Kämpfen. Vach vollendetem Mahle brachte man uns vom Regimeuts- stab zum Brigadestab, der ebenfalls in Kolno lag und der sich im Hause des Starosten eingerichtet Hatto. Der Brigadekcnnmandeur ist selbst anwesend, und bei der Begrüßung lernen wir als Dol metscherin auch das erste weibliche Wesen in der Voten Armee kennen, eine sympathische junge Frau, d>e keck die Soidatcmn tke trägt, ein klein wenig kokett sogar den Sturmriemen unters Kinn gesteckt hak. Sie ist als Schreibinaschinistin im Stabsbure.ru beschäftigt und sie ist außerdem noch, wie mir ein wenig später erfahren — die Gattin des Brigadekommandeurs: sie ist, um das besonders zu bemerken, sogar legitim und mit allen Rechten und Formalitäten verheiratet mit dein früheren Offizier des Zaren Lindkus, der jetzt Brigadekommandeur in der Roten Armee und Mitglied der Kommunistischen Partei, also offiziell«.? Bol schewik ist. Auch bei der Brigade wurden wir zu Tisch geladen Wir hakten die Annahme dieser zweiten Einladung sowohl hinsichtlich der Ankerhaltung als auch des Essens nicht zu bereuen. Es gab zuerst eine Nudelsuppe mit recht viel Fleisch, danach mächtige Rouladen und schließlich Tee mit kondensierter Milch. Diese Speisenfolge soll zur Kennzeichnung eines Sowietsoupers wieder gegeben sein, das die Rote «gut und reichlich" verdient. Bei Tisch nahmen wir den Ehrenplatz ein, lernten die übrigen Mit glieder des Brigadestabes, alles meist frühere zari stische Offiziere, kennen, und endlich machten wir auch die Bekanntschaft des Kommissars bei der Brigade. Der Kommissar ist bekanntlich bei den Verbünden der Roten Armee der eigentliche Vertreter der Sowjetgemait, er ist sozu sagen die politische Seel» des Truppenteils und muß selbstver ständlich immer Kommunist sein. Der Kommissar steyt sowohl im Range als auch im Gehalt dem betreffenden Führer gleich, tat sächlich steht er aber über diesem, da er den Kommandeur sofort arretieren lassen kann, wenn er glaubt, daß dieser gegenrevolu tionäre Absichten hat. In solci>em Falle kann der Kommissar auch einen neuen Kommandeur ernennen. Sämtliche Befehle Les Kommandeurs müssen durch den Kommissar gegengezeichnet wor den. Ergeben sich Meinungsverschiedenheiten, so verweigert der Kommissar die Unterschrift. Entstehen aus dem Befehl üble Fol gen, so wird der Kommandeur zur Verantwortung gezogen und besonders schwer bestraft, da er durch die Weigerung des Kom missars als besonders gewarnt gilt. Ausdrücklich muß noch darauf aufmerksam gemacht werden, daß die Gegenzeichnung guck für die rein taktischen und strategischen Befehle gilt. Wie man mir mitteilte, sollen sich Schwierigkeiten nur in geringer Anzahl ergeben, da die meisten Kommissare auch frühere Offiziere sind. Im allgemeinen soll das Zusammenarbeiten gut sein: solange noch nicht alle Offiziere Kommunisten sind, glaubt man aus die Ein richtung des Kommissars nickt verzichten zu können. In Kolno war der Brigadekommissar ein früherer Modell tischler, -er bereits bei der ersten russischen Revolution aklio nut gewirkt und, wie er mit Stolz hervorhob, in Petersburg und Moskau auf den Barrikaden gestanden hat. Cs war ein Mann, der zweifellos über große selbsterworbene Kenntnisse verfügte, der aber schließlich doch nur von dem fanatischen Glauben an die allein seligmachende Kraft des Bolsclxroismus beseelt war, so daß er daneben nichts sah. Nichts war ihm die Realpolitik, alles war ihm die Weltrevolution. Die Unterhaltung drehte sich zum größten Teil um Deutschland, und da zeigte sich die Tatsache daß die Bolschewisten von unseren Verhältnissen, milde gesprochen, ebensoviel falsche Vorstellungen haben, wie das wohl auch umgekehrt der Fall ist. Als wir den Zuhörern manche Illusionen nehmen muhten, machten sie nachdenkliche Gesichter, und schließlich gab der Kommissar selbst zu, daß eine Diktatur -es Proletariats aus lang« Zeit hinaus nur in Ruß land möglich sei. Während -es Gesprächs klingelten nebenan dauernd dl« Fernsprecher: Meldereiter brachten neue Nachrichten von der Front Man fühlte wieder einmal die H^-osphäre des Krieges. Von einem Waffenstillstand mit den 'VLlen wollte man nichts
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