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01-Frühausgabe Leipziger Tageblatt und Handelszeitung : 06.09.1920
- Titel
- 01-Frühausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1920-09-06
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Urheberrechtsschutz 1.0
- Nutzungshinweis
- Freier Zugang - Rechte vorbehalten 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id84535308X-19200906010
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id84535308X-1920090601
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-84535308X-1920090601
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Handelszeitung
- Jahr1920
- Monat1920-09
- Tag1920-09-06
- Monat1920-09
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Es gelang dem Pfarrer doch, zu dem Be dauernswerten de» Weg zu finden, aber als er in seine Wohnung zurückkchrke, wurde auf ihn geschossen. Auf die Kunde von -em Tode deS Direktors ging ein wüster Tumult los, man solle ja nicht wage», den Hund auf dem Kirchhof zu be graben. Bor allem die Weiber rasten. Um eS nicht zu einer Schändung des Toten klommen zu lasten, liest man den Sarg nachts aus dem Ort schaffen und in einem auf freiem Felde haltenden Wagen rach Breslau bringen, wo die Beisetzung siatisindet. Oppeln, 5. September. (Eigener D r a h t b e r i ch t.) Der Dammert-Dienst erfährt von maßgebender Stelle: Bon einer Bildung von Bürgerwehren ist im Gegensatz zu anderslautenden Meldungen nirgends etwas zu bemerken. In Lublinitz sind bereits polnische Teile der oberschlesischen Polizei eingekroffen, die sogleich eingeklcidet wurden, aber noch keine Waffen erhalten haben. 3m Kreise Pleß sind zwei Kompanien italienischer Truppen eingctroffen, denen heute zwei weitere Kompanien Nachfolgen werden. Dieselben sollen in den Städten Lazisk, Tichau und Pleß stationiert werden. Die Zu - stände in dem Landkreise Pleß sind nach wie vor ver zweifelt. Der Terror der Polen hält unvermindert an. Mit einem neuen polnischen Aufstande muß noch im Laufe kürzester Zeit gerechnet werden. Besonders bedrohlich erscheint die Gefahr eines neuen Aufstandes lm Hybniker Revier. Dort war von großpolnischer Seite vor dem des oderschlesischen Aufruhrs den Führern der Deutschen mit- ge.'eilt worden, daß eine Aufstandsbswegung bevorstünde. Allem An schein nach ist Korfanty seht gegen das von ihm planmäßig groß- gezogene polnische Banditentum selbst machtlos. Man glaubt nicht, daß sein gestriger Ausruf zur Wofsenabgabe Erfolg haben wird, weil das entfesselte Verbrechertum großpolnischer Banden in den Landkreisen ihm keinen Gehorsam mehr leistet. , Die Sühneangelegenheit Die Einigung noch nicht amtlich bestätigt. — -Die schwer« Pflicht der Reichswehr. Berlin, 3. September. (Doahlberichli) Von zuständier Seite wird mikgeteilt, daß bei der deutschen Regierung die Bestätigung der Pariser Meldungen über die Annahme der Sühneforderunaen noch nicht auf diplomatischem Wege eingctroffen ist. Nach Eintreffen dieser Benach richtigung, die man spätestens am Montag erwartet, wird, wie man an- nehmen kann, -er Besuch des Reichsministers des Auswärtigen bei dem französischen Botschafter alsbald erfolgen. BeUlin, 5. September. (Drahtbericht.) Aus Anlaß der französischen Forderung, daß bei der Wiedereröffnung des französischen Konsulats in BreSla» eine militärische Ehrenbezeigung stattzufinden habe, wird ein« halbamtliche Erklärung an Reichswehr und Bevölkerung gerichtet, in der es heißt: Die Regierung vertraue auf -en Gehorsam und das Pflichtbewußtsein der Truppe, die auf Grund ihres Eides verpflichtet sei, die Befehle der Regierung auszuführen. Es sei Pflicht der Be völkerung, der Truppe nach besten Kräften die Erfüllung einer Aufgabe zu erleichtern, die sie mit Selbstverleugnung auf sich nehmen wolle. Zusammenstotz zwischen Pomerellen «nd Kongretzpolen in Graudenz Danzig, 3. September. (Drahtbericht.) Wie der „Danziger Zeitung" aas Graudenz berichtet wird, worden gestern morgen gegen 7 Ahr der Bahnhof und sämtliche öffentliche Gebäude der Stadt Vrau- denz von pomcrellischen Truppen besetzt und die Kongrcßpolen gewalt sam entfernt. Gegen 10 Uhr wurde die schwache Besatzung von einer kongreßpolnischen Schwadron Lbcrrumpcll und entwaffnet. Etwa S00 bis 400 Mann pomerellische Truppen wurden von den Kongreßpolen ver haftet. Wie gerüchtweise verlautet, werden aus Posen 8000 Mann Truppen erwartet, um Graudenz und sämtlich« ehemals preußische Ge bietsteile von den Kongretzpolen zu säubern. Berlin, 3. September. (D r a h t d e r i ch k.) Zu der Meldung über Zusammenstöße pomereMscher und kongreßpolnischer Truppen in Grau denz bemerkt di« Dost. Ztg.: Di« in Pc-ien maßgebende national-emo- kratisch« Richtung wirst der Regierung Pilsudskis vor, daß sie eine Verschärfung der Beziehungen zum Deutschen Reich zu vermeiden wünsche. Die Autonomiedestrebungen der Posener Polen bedeuten also unter keinen Umständen ein« Erleichterung des schweren Druckes, den diA Deutschen tn den abgetretenen Gebieten zu erleiden haben. Sichel und Hammer Der rote Krieg in Italien. Aeber Lugano-Basel, 4. September. In Italien gehen unheimliche Dinge vor sich, und man rveiß nicht, soll man sie als politische Umwälzung oder als wirtschaftliche Auflösung ansprechen. Mit einem unbestimmten Gerücht fing es an: Die Industriellen hätten eine Sperre der Fabriken be schlossen. Tatsächlich war einer der größten Mailänder Metall betriebe eingestellt worden. Die Arbeiter der anderen Fabriken glaubten, einer allgemeinen Sperre zuvorkommen zu müssen, und besetzten ihre Arbeitsstätten militärisch, und zwar geschah das in allen italienischen Städten, die Industrie be sitzen. Wie ein lodernder Brand entzündete sich die Bewegung auch in Turin, in Spezia (Fiatwerke), in Savona (Eisenwerke), in Bergamo, Brescia, Venedig, Livorno, Novarra, Piacenza, Rom, Neapel. Ueberall wehen auf den Werkstätten rote Fahnen mit gekreuzter Sichel und Hammer. Ueberall bewaffnete Posten. Kommandos und Ablösung wie vier Jahre lang im Felde. Es wimmelt von roten Kommissaren. Diese erklären die Fabrik herren ihres Eigentums für verlustig, bilden Räte und nehmen Direktoren und Ingenieure als Geiseln gefangen. Das Ganze macht einen revolutionären und bolschewistischen Eindruck, und es erscheint unfaßlich, wie der Arbeitsminister Labriola dazu kommen konnte, diese gewalttätige Umwälzung als wirtschaftliche und un politische Erscheinung zu behandeln und fürs erste die Neutralität der Regierung zu erklären. Ja, er ver sicherte einer Abordnung des katholischen Arbeltervcrbandes, die die Umwandlung der Fabriken in Betriebe der Arbeitergenossen schaften befürwortete, dies sei auch sein Programm. Was aber zurzeit in den Betrieben geschieht, ist nicht friedliche Sozialisie rung, sondern ungesetzliche Enteignung, und mit Recht fordert das Verbandskomiiee der Industriellen von der Regierung den Schuh des Eigentums. Doch die Regierung versagt. Sie hilft sich mit der Ausrede, die Arbeiter würden wohl das Unsinnige ihres Treibens bald selber einsehen und sich mit den Fabrikherren wieder ver tragen. Aber bis dahin haben eben die politischen Wühler, die Kommunisten und Sowjekagenten, ihr Werk getan, und alles kann Zusammenstürzen. Das, was herangereift ist, ist das Produkt einer Sachlage, die schon während der Regierung Nikki «ingetreken war, der alles geschehen lieh, nur um jeden Zusammenstoß mit der sozialistischen Gruppe des Parlaments zu vermeiden, nur um sich die Duldung bei den Hauptanhä'ngern des Leninismus in Italien zu erringen. Nitti meinte, daß die Nervosität, die moralischen Schwankungen, von denen der soziale Körper ergriffen ist, die natürliche Folge des äußerst anorn alen Zustandes seien, tn dem Italien sich vier Jahre lang befu" en hat, und er schloß daraus, daß mit der Zeit das Werk der Wiederherstellung und des Friedens sich von selbst ergeben würde. Seine Politik bestand darin, die Kräfte der Natur wirken zu lassen, im Vertrauen darauf, daß die Auswüchse automatisch wieder zuriickgehen würden. Währenddessen organi sierten sich die verschiedenen Klassen nach Parteiinteressen, schufen sich eigene Autorität, fetzten eigene Zentralorganifationen iin, stellten ein Netz von Einflüssen und Kontrollen auf gewerkschaft lichem, verwaltungstechnischem, finanziellem, industriellem und landwirtschaftlichem Gebiet her, und um diese Bewegungen und innerhalb dieser Bewegung gibt es ein chaotisches Gären von Ungeduld, Rebellion und Einzel- und Massenwahnsinn. Der bekannte Politiker Dalmo Carne vali hat kürzlich in einem Artikel, der auch durch die deutsche Presse ging, die Ansicht vertreten, es handle sich bei den immer wiederkehrenden Unruhen in Italien nicht um Revolution, sondern um Desorganisation. Das war solange richtig, als die planmäßige Bearbeitung der italienischen Arbeiterschaft durch die Lenin- männer noch nicht eingesetzt hatte. Das ist aber seht geschehen. Die Arbeiter sind bolschewistisch geschult. Sie werden tagtäglich in allen Zweigen des Sowjetsyskems unterrichtet. Ihre Räte beschließen rein revolutionär. Die Vertreter der radi kalen Räte sind dieser Tage in Bologna zusammengekommen und haben die Einführung des russischen Sowjetpro gramms in Italien verkündet. Gewiß ist die ganze Um wälzung bis jetzt unblutig verlaufen. Aber ist sie deshalb keine Revolution und keine Gefahr für das ohnehin schwer genug leidende Land? Die Organisation der Arbeiter ist so stark ge worden, daß der neueste Beschluß der Industriellen, die Aus sperrung für ganz Italien, mit Hohngelächter beantwortet wird. Die Arbeiter arbeiten und besitzen die Fabriken. Sie werden sie in kurzer Frist zugrunde wirtschaften. Bisher hörte man tn allen Nöten den Stoßseufzer: Giolilti wird schon helfen! Aber auch Diolittt scheint machtlos geworden zu sein. Besitzergreifung aller Werke der Eisenindustrie in Italien Militärisch« Organisation der Arbeiter. — Der Landarbeiterver- band erklärt sich solidarisch. Lugano, 3. September. (Drahlbericht.) Soll gestern find nun mehr mit geringen Ausnahmen all« Eisen- und Stahlwerke, Schiffswerf ten, Lokomotiven- «nd Waggonfabriken, Aatomobilsadriken, mechani schen Werkstätten jeder Art in ganz Italien von den Arbeite^ besetzt - and werden von diesen betrieben . In einzelnen Werken in Mailand find die Arbeiter militärisch organisiert und bewaffnet. Die Werkstätten find mit Drahtverhauen und Maschinengewehren ver- sehe«. Die anarchistischen Elemente drängen aufAuSdehnvngder Besitzergreifungen auf alle Industrien sowie auf den Grund und Boden, die Bergwerk« und Häuser. Der stark organisierte Landarbrllerverband erkläte seine Solidarität mU den Metallarbeitern. Die roten Kommissare in Mailand wallen energisch ikreS Amtes, kontrollieren den Woclftaufzng und sehen im Innern der Fabrik nach dem Rechten. Sowie e» dunkel wird, rufen sich di« Wachen von Zeit za Zeit an, und die Antwort erfolgt wie einst an der Front. Die Prokla- maUonen deS AKUonS-AuSschusseS atmen ebenfalls kriegerischen Geist. Sie reden von einer HeranSfordrrnng durch die Industriellen und verkün- den den Kampf bis zum Aeußerfien. Die sozialistisch« Ortsgruppe faßt« den Beschluß, sofort zur Besetzung sämtlicher Mailänder Fabriken za schreiten, wena die öffentlich« Gewalt zugunsten der Arbeitgeber ein- schreiten sollte. Paris, 5. Seplemder. lDiahtbcr:cht.i Wie der „TemvS" meldet, haben die bolschcuüst»ichei> Schiffer in Genua sich aller im Hafen liegen den Handeloschifsr demächUat ond beschlossen, alle Kriegsschiffe, die den Versuch machen sollten, in den Hafen «iuzufahrrn, zu beschießen. Das aSgemeine Arbeitsgericht : Von ; - Rekchsgerichtsrat Dr. Bendler. Das allgemeine Arbeitsgericht wirb greifbare Wirklichkeit. Wie bestimmt verlautet, soll dem Reichstage schon nächstens ein Gesetzentwurf zugehen. Mit ihm wird sich auch die Tagung des Verbandes der Gewerbe- und Kaufmannsgerichte in Bamberg am 27. September befassen- In der Tat ist die Errichtung von Arbeitsgerichten eine soziale Notwendigkeit. Als Vorbild dienen hier die in die allgemeine Gerichksorganisation nur als Sonder gerichte örtlich eingesprenglen Gewerbe- und Kaufmannsgerichtc der Gemeinden. Nicht bloß hat die Sprnchtätigkeit dieser mit fachkundigen Arbeitgebern und -nehmern als Beisitzer besetzten Gerichte das gewerbliche und kaufmännische Arbeitsrecht geradezu schöpferisch entwickelt und ausgebildet, sondern vor allem hat sich auch das auf eine schnelle, billige und zugleich fachkundige Er ledigung der Aechtsstreitigkeiten eingerichtete Verfahren vorzüg lich bewährt. Mas durch diese Gerichte in ihrem jetzigen engeren Rahmen erreicht worden ist, soll nunmehr auf breiter Fläche durch die von den L,. deszentralbehörlva örft'ch lückenlos ui errichten den Arbeitsgerichte im wesentlichen für die Arbeitsstrcltigkeiten aller Hand- und Kopfarbeiter durchgeführt werden. Das ist der Grundgedanke des Gesetzentwurfs, der wohl allgemeiner Zustim mung sicher sein darf. Den Arbeitsgerichten würde danach im wesentlichen das ganze Gebiet der bürgerlichen Arbeiksstreikigkeiten unterstellt' werden, namentlich auch die Streitigkeiten der Hausangestellten, der Landarbeiter, der Seeschiffsmannschaft, der Anwalksange- stelllen, kurz aller, die in Abhängigkeit von einem Arbeitgeber, Unternehmer durch ihre Arbeit jedweder Art auf den Erwerb ihres Lebensunterhalts angewiesen sind. Aber auch die sachliche Zuständigkeit der Arbeitsgerichte wird weiter auszudehnen sein, als die bisherige der Gewerbe- und Kaufmannsgerichte, die auf die unmittelbar aus dem Arbeits- und AngestelltenverhältniS entstehenden Streitigkeiten beschränkt ist, so z. B. auf gewisse Streitigkeiten wegen Überlassung von Arbeikerwohnungen usw. Desgleichen dürften den Arbeitsgerichten die Einzelstreitig keiten, die jetzt nach dem Betriebsrätegesetze, dem Schwerbc- schädigtengesetze, dem Neichsverfassungsgesetz und der vorläufigen Landarbeiksordnung vor die Schlichtungsausschüsse gehören, über wiesen werden können. Aber auch die bewährten Grundlagen, auf denen die Gewerbe- und Kaufmannsgerichte errichtet sind, werden einer witteren Aus gestaltung bedürfen. Dies gilt vor allem für die Wahl der Bei sitzer. Die Verhältniswahl ist gesetzlich vvrzuschreiben- Den Frauen wird das aktive und passive Wahlrecht zuzusprechen sein. Zur Teilnahme an den Wahlen möge schon die Vollendung des 20. Lebensjahres berechtigen. Und unreine der jeweiligen Streitig keit angepaßte paritätische Besetzung -es Gerichts zu sichern, werden bei jedem Arbeitsgerichte besondere Abteilungen (Kam mern) zu bilden sein, so z. B. für gewerbliche, für kaufmännische Streitigkeiten, aber auch, wo ein Bedürfnis dafür vorliegk, für andere Gruppen von Streitigkeiten, wie z. B. der ländlichen Arbeiter und namentlich der Bergarbeiter: diese Berggewcrbe- «Kammern" würden an die Stelle der jetzigen Berggewerbegerichke treten. Es ist klar, daß das Gesetz bei der Vielgestaltigkeit der Verhältnisse in dieser Hinsicht nur die notwendigsten Normen festlegen kann und die Regelung im einzelnen (z. B. den Erlaß der Wahlvorschristen) den Zentralbchöröen überlassen muß. Was sodann das eigentliche Prozeßverfahren vor dem Arbeitsgerichte betrifft, so kann es im wesentlichen nach den durch das Gewerbegerichtsgesetz noch vereinfachten Vorschriften über das amtsgerichkliche Verfahren eingerichtet werden. Ob es aber angängig und zü rechtfertigen ist, die Rechtsanwälte von der Vertretung der Parteien für alle Streitigkeiten aus dem gesamten bürgerlichen Arbeilärechte schlechthin auszuschließen, wie dies jetzt vor den Gewerbe, und Kaufmannsgerichten geboten ist, ist ein Punkt von äußerster Zweifelhaftigkeit, bei dessen Regelung die sozialen Bedenken gegen eine Verteuerung und Verzögerung der Prozesse sowie gegen eine Erschwerung des persönlichen Ver handelns mit den Parteien nicht außer acht bleiben dürfen. An die Vorsitzenden der Arbeitsgerichte wird die olle Gebiete des ArLeitsrechks umfassende Rechtsprechung die größten Anforde rungen stellen. Dazu bedürfen sie unbedingt die volle gerichts verfassungsmäßige Befähigung zum Richteramte. Diese allein genügt aoer nicht. Hinzukommen muß auch eine eindringliche soziale Ausbildung auf allen das Arbeilsrecyt berührenden Ge bieten (Gewerbeaufsicht, Fabrikwescn, Arbeiterfürsorge usw), die schon auf der Universität in geeigneter Weise einzusetzen hak. Unter der Leitung solcher Vorsitzenden werden auch die Arbeits gerichte dasselbe Vertrauen finden, auf dem die VolkSkiimttckkctt der Gewerbe- und Kaufmannsgerichts beruht. Daß bei der Bedeutung der Arbeilsstreitigketten auch der Rechtszug an die höheren Gerichte besser auszugestallen ist, ist wohl unzweifelhaft. Vor allem werden auch vor dem Berufungs gericht Arbeitgeber und Arbeitnehmer als Beisitzer zuzuziehen sein. Auch spricht vieles dafür, zur Herbeiführung einer e.nhsil- lichen Rechtsprechung im gewissen Umfange noch eine dritte In stanz (durch Revision beim Reichsgericht) zuznlassen. Urbrlg bleibt die umstrittene Frage, ob die Arbeitsqerichtc nach Art der Gewerbe- und Kausmannsgerichke als selbständige Sondergericlfte errichtet oder den Amksaericbken in Gewalt einer besonderen Abteilung angegliedert werden sollen. Würden die Gewerbe- vnd Kaufmannsgerichte aus ihrer bisherigen kommu nalen Grundlage als gemeindliche Sondergerickte bestehen blei ben können, so würde das Bestreben, sie als «Las Palladium arbeitsrechtlrcher Sicherung' auch in der erweiterten Ausgestal tung als Arbeitsgerichte zu erhalten, allenfalls begreiflich sein. Da aber die Arbeitsgerichte, in denen die Gewerbe- und Kauf-
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