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Der sächsische Erzähler : 01.09.1883
- Erscheinungsdatum
- 1883-09-01
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id1735960349-188309015
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id1735960349-18830901
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-1735960349-18830901
- Sammlungen
- Saxonica
- Zeitungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungDer sächsische Erzähler
- Jahr1883
- Monat1883-09
- Tag1883-09-01
- Monat1883-09
- Jahr1883
- Titel
- Der sächsische Erzähler : 01.09.1883
- Autor
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^V 84. «mmahrub, dm 1. «eptember. 1882. Aelletrißische Aeitage zum sächsischen Erzähler. Zur gemeinnützigen Unterhaltung für alle Stände. Anter -en Sterne». Roman von Paul Böttcher. (Fortsetzung.) Hermann zog sie sanft in seine Arme, ein Kuß und ein Händedruck mußten ihr die Versicherung geben, daß er diesen Worten Glauben geschenkt. Der Mond war eben auf einige Zeit hinter Wolken entschwunden. Versteckte sich der liebe Nacht wandler vor der Lüge, die eben von schöne« Frauen lippen gekommen? Ein plötzliches Rauschen hinter dem nahen Ge sträuch schreckte die Liebenden auf. „Was war das?" fragte Helene, sich ängstlich an den Gatten haltend. „Es wird ein Eichhörnchen gewesen sein, da» der hellscheiuende Mond im Schlafe stört," sagte Hermann beruhigend. „Doch laß uns jetzt zurück kehren, liebe» Sind, die Gäste könnten uns ver missen.' Die Musik machte gerade eine längere Pause und die Gäste hatten sich gruppenweise an den langen Tafeln niedergelassen. Gleich bei der ersten Tafel, an welcher sich auch das soeben wieder eingetretene Brautpaar nieder gelassen, schien sich eine besonders rege Unterhaltung entwickelt zu haben und das Gespräch handelte hauptsächlich von einem jungen Mann, der nach mehrjähriger Abwesenheit erst gestern wieder in die Heimath zurückgekehrt sei. Alfred Faber — von ihm nämlich war die Rede — sei in der langen Zeit, ohne daß Jemand eine Ahnung gehabt, in der Residenz gewesen, um sich in der Musik auSbildea >zu lassen. Sein Vater habe ih» zwar Anfangs für ein Handwerk bestimmt, wollte jedoch den Neigungen seine» Sohnes, der von frühester Jugend ein bedeutende» Talent für Musik entwickelte, kein weiteres Hinderniß bereiten und hat so mit eigener Aufopferung die nicht unbedeutenden Kosten für dessen Ausbildung getragen. Der junge Faber habe bereit» einige epochemachende Compositioneu in tie Oeffentlichkeit gebracht, welche die günstigste Auf nahme gefunden hätten. Bisher sei er mit seinen Erzeugnissen pseudonym hervorgetreten, habe jedoch, nachdem er so bedeutende Erfolge erzielt, seinen wahren Namen preisgegeben. Der glänzende Ruf, den somit der junge Faber errungen, muß auch dem alten Vater eine hohe Freude bereitet haben, der in den Fortschritte» seine» Sohne» einen Ersatz für den kürzlich gehabten Verlust seines Vermögens erblicken kau«. .Sch sprach ihn gestern Abend,' sagte Einer von der Tischgesellschaft. „Er hatte versprochen, heute hierher zu kommen. Schade, daß er nicht hier ist, er müßte uns sogleich einige seiner neuesten Compo- fitionen zum Besten geben." Die Tischgeooffen ahnten nicht, welche Foltern sie der jungen Braut bereiteten. In allen Schat- tirungen des Farbeaspiel», bald weiß, bald roth, färbte sich ihr schönes Antlitz, ihr Herz schlug hör bar laut und gern wäre sie ihrem Sessel entronnen, wenn sie dieses hätte ohne Aufsehen zu erregen, bewerk stelligen können. Wie oft schon war sie heute an diesen Mann errinvert worden, den sie so gern ver gessen hätte. Aber die Göttin der Vergeltung schien sich an ihre Fersen heften zu wollen, sie mußte, ohne es zu wollen, an die Worte denken, die sie einst unaufgefordert an seiner Brust gehaucht: „Alfred, ich liebe dich!" Sie mußte de« Schwure« gedenken, den sie so oft in dem herrlichen Liede „Unter den Sternen" wiederholt hatte, sie mußte der beseligenden Augenblicke denken, in welchrn sie, die Augen geschloffen, da» Haupt an Alfred'« Brust bergend, seinem Zitherspiel lauschte. So oft in die Saiten der Zither die Empfindungen seiner Seele sich ergossen und er in schmelzenden Tönen ihr seine Liebe gestand, so oft hatte sie gesagt: „Alfred, auf ewig Dein!" Wo war nun diese ewige Liebe ge blieben? Oder: liebte sie ihn auch jetzt noch? Hatte ihre Eitelkeit den Sieg über die Liebe davoogetragen? Vermochte die Selbstsucht so zu herrschen, daß sie sogar zu einer Unwahrheit gegen den Gatten verleiten kann — ? Eia hörbare» Ah! durchflog plötzlich die Rund« der HochzeitSgäste. Helene halte, in Gedanken ver sunken, nicht bemerkt, daß soeben wieder ei« Gast eingetreten war. Sie sah e« nicht, wie die übrigen Anwesenden sich erhoben, um den neu Sagrkommeuea zu begrüßen und ihm wie einem alten Bekannten die Hand zu schütteln. Erst als der Gatte sie darauf aufmerksam machte, daß es Pflicht sei, den eben eingetretenen Gast zu begrüßen, suchte sie sich zu sammeln und erschrocken — erbleichend — sah sie in da» Antlitz Alfred'»! Also doch —! Was Helene oea ganzen Tag gefürchtet und wovor ihr gebangt — und wa» sie in so später Stunde nicht mehr für möglich gehalten — e» war dennoch geschehen. Jetzt galt e» die ganze Willenskraft zusammenzuraffen; sie durfte so wenig vor ihrem Gatten wie vor Alfred zeigen, daß der Gedanke an Letzteren sie soeben noch beschäftigte. Da» neu vermählte Paar trat dem angrkomme- nea Gast begrüßend entgegen. Alfred verneigte sich würdevoll und verknüpfte mit der Gratulatfta dir EutscheMgmlg für sei« späte« Erscheinen.
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