herab, die Arme umfassen mit der gleichen Zärtlichkeit, als ob sie ein atmendes Wesen hielten. Nur selten werden die Geschwister im Alter einander angenähert, aber auch dann dominiert die Schwester als die Reifere und Betreuende. Nie tritt das Umgekehrte ein. Alle diese Motive lassen sich auf ein gemeinsames seelisches Grundmotiv zurück führen : Es ist die Situation der Behütung, die kein anderer unter den Künstlern unserer Zeit in ihrer Zartheit so tief erfaßt und in so vielen feinen Nuancen variiert hat. Daneben sind die anderen Motive, die er in Figurenbildern behandelt, nicht von der gleichen seelischen Bedeutung und nicht gleich ergiebig. Er zeigt etwa die zeichnenden Kinder oder zwei musizierende Mädchen oder den lesenden Knaben. Er zeigt eine Frau, schon der Jugend entwachsen, wie sie einem un sichtbaren Partner zuhört; eine andere, in reiferen Jahren, beim Frisieren. Er zeigt die sitzende Alte, die, verschlossen in sich, nur ihren Stab zum Begleiter hat, und die andere, die sich einem Kommenden entgegenbeugt. Und dann die Bildnisse der jungen Mädchen und das der eigenen Mutter. Der Mann spielt in seiner Kunst fast gar keine Rolle. Vielleicht hängt das damit zusammen, daß er, der frühe den Vater verloren hat, in einer betont weiblichen Atmosphäre sich entwickeln mußte und auch weiterhin sich heimisch gefühlt hat. Vor den Gefahren, die eine solche Gewöhnung mit sich bringen kann, hat ebenso die Klugheit der Mutter, von deren Strenge er zu erzählen weiß, wie sein Wille zu illusionslosem Beobachten und ein nachdenkliches, wenn auch nicht direkt grüblerisches Naturell ihn bewahrt. Sein Empfinden ist zart, nicht weichlich. Wichtiger für die Einschätzung ist ein anderes durchgehendes Merkmal seiner Kunst: Sie hat nicht nur etwas Geräuschloses, Verhaltenes, sie verzichtet auch auf alle Grade des Dramatischen. Das Erzählen, die Anekdote, hat in ihr keinen Platz. Jedes Wetteifern mit dem Literarischen ist daraus verbannt. Der soge nannte „prägnante Moment“ (d. h. der beziehungsreiche Augenblick), auf den die Lessingsche Ästhetik so großen Wert legte, bleibt völlig unberücksichtigt. Der Knabe liest, die beiden Mädchen machen mit ihrer Laute und Flöte Musik, der Maler führt, ein Linkshänder, mit der erhobenen Hand sein Werkzeug über die Bildtafel - es ist eine einfache Beschäftigung, ein völlig harmloser Vorgang, wir denken kein Vorher und kein Nachher hinzu, wir sollen es nicht und wir können es nicht. Ja, es ist weniger ein Vorgang als vielmehr eine Erscheinungsform der