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Naunhofer Nachrichten : 28.09.1904
- Erscheinungsdatum
- 1904-09-28
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id1787848183-190409287
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id1787848183-19040928
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-1787848183-19040928
- Sammlungen
- Saxonica
- LDP: Zeitungen
- Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungNaunhofer Nachrichten
- Jahr1904
- Monat1904-09
- Tag1904-09-28
- Monat1904-09
- Jahr1904
- Titel
- Naunhofer Nachrichten : 28.09.1904
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Naunhofer Nachrichten Die Naunhofer Nachrichten erscheine., jeden Dienstag, Donnerstag und Sonnabend Nachmittag S Uhr mit dem Datum deS nachfolgenden Tage». Schluß der Anzeigenannahme: Vormittags 11 Uhr am Tage deS Erscheinen» 15. Jahrgang. Mittwoch, den 88. September 1904. Nr. 117. Mir Inserent«, der Amtshauptmann« schäft Grimma 10 Pfg. die fünfge spaltene Zeile, an erster Stelle und für Auswärtige 12 Pfg. Bei Wiederholungen Rabatt. vet«s»pr-i» r ) Frei ins HauS durch Austräger < Mk. 1.20 vierteljährlich. ! Frei ins HauS durch die Post Mk. 1.30 vierteljährlich. Verlag rmd Drsck: Güuz L G«le, Nauuhof. Redaktion: Robert Gü«z, Nauuhof. Orts blatt für Albrechtshain, An nelshain, Belgershain, Beucha, Borsdorf, Eicha, Erdmannshatn, Fuchshain, GroWeinberz, Kleinsteinberg, Klinga, Köhra, Lindhardt, Pomtzen, Dtaudnitz, Threna und Umgegend Mit zwei VeiblLttr«: Illustriertes Eouutagsblott und Landwirtschaftliche Beilage. Lrtzten «le,1 Lage, Ueber Schreckeustage aus Genua berichtet der „Berl. L.-Anz.-: Genua hat einige Tage unter der Schreckensherrschaft des Pöbels verbracht, der die große See- und Handelsstadt völlig zum Tummelplatz seiner Gewalttätigkeiten erkoren hatte. Als am Freitag der Generalstreik proklamiert war, wurde der Straßenbahn verkehr auf allen Linien aufgehoben. Nur wenige Wagen zirkulierten, fielen aber bald in die Gewalt der die Straßen durchziehenden Haufen, welche die Passagiere oft durch Drohungen mit Knotenstöcken zwangen, die Wagen zu verlassen. Ein Wagen, der Häft linge zum Gericht brachte, wurde gezwungen, zum Gefängnis zurückzukehren. Ueberall, wo Fahnen zu Ehren der Geburt des Erbprinzen wehten, verlangten die Streikenden deren Ntederholung oder wenigstens die Htffung auf Halbmast, zum Zeichen der öffentlichen Trauer über die Ereignisse von Buggeru, Castellazu und Nestri Ponente. In der Tat kamen auch an vielen Stellen Bürger diesem Befehl der Menge nach. Sogar im könig lichen Palast in der Via Balbi gelang es, die Trikolore zu entfernen, die aber bald darauf von Soldaten wieder gehißt wurde. Da auch die GaSarbeiter und Elektriker aus ständig waren, blieb die Stadt nachts völlig ohne Beleuchtung. Die Geschäfte, die offen blieben, wurden mit Gewalt geschlossen, wobei dec Pöbel Glastüren und Fenster zertrümmerte. Dasselbe Schicksal hatten alle Bogenlicht lampen und Laternen der Stadt. In der ganzen Nacht hörte man den Gesang der Revolution. Während man die Fenster der Universität schonte, gingen die Scheiben des königlichen Palastes in Trümmer. Die Patrouillen, welche die Stadt durch zogen, verhinderten nur mühsam größere Massenansammlungen. Auf dem Ferrariplatz gab es auf beiden Seiten Verwundete durch Steinwürfe und Revolver. Am Sonnabend machte sich die Straßenjugend daran, die Fenster der Börse etnzuwerfen. Um 2 Uhr zog man in Hellen Haufen zur Volks versammlung. Nachdem der Deputierte Chiesa den Wunsch ausgesprochen hatte, daß niemals wieder Bürgerblut durch Soldaten vergossen werden möge, hielten andere Deputierte Reden, die nicht wiedergegeben werden können. Die Volksversammlung faßte den Beschluß, einen demonstrativen „friedlichen" Umzug durch die Stadt zu veranstalten. Voran gingen die sozialistischen Deputierten, hielten sich brüder lich an der Hand und sangen aus voller Kehle das Arbeiterlied. Aber die Nachfolgen den verloren sich bald in den Nebenstraßen, um dem Proletariat durch vandaltsche Zer störungen neue Arbeitsgelegenheit zu schaffen. Die Tagesordnung «ar wie am Freitag: „Zu die Geschäfte, herunter mit den Fahnen!" Die Läden schloffen beim Herannahen der wüsten Haufen schleunigst, denen es auch heute gelang, die Fahnen auf der Hauptpost, dem Sitz der italienischen Schiffahrtsgesell schaft, der Etsenbahntnspektion, dem Technischen Institut und der Universität zu entfernen. Ein anderer Haufen lief inzwischen von Hotel zu. Hotel, von Restaurant zu Restaurant und verlangte von den Wirten die unverzügliche Freigabe der Köche und Kellner, und wieder andere errichteten auf der Piazza di Negro, am Stadttor nach Samplerdarena eine Barrl Versteigerung. Mittwoch, de« 28. September LSV4, mittags 1 Uhr sollen in Naunhof, Zusammenkunft im „Ratskeller" daselbst 1 Vertikow ««d 1 Spiegel gegen sofortige Barzahlung an den Meistbietenden versteigert werden. Naunhof, am 22. September 1904. Der Bollstreckungsbeamte. Schröter. kade aus umgeworfenen Wagen und Steinen, und eine andere in San Gottardo, um den Karren und Wagen von außerhalb den Ein gang in die Stadt zu versperren. Drei Nonnen, welche dem Haufen begegneten, rissen einige freche Burschen den Schleier vom Gesicht, die Telegraphenboten mußten ihr Amt in bürgerlicher Kleidung versehen, waren aber auch so Gewalttätigkeiten aus gesetzt. Im Schlachthaus wird verboten zu schlachten, in den Bäckereien zu backen. Um die Leute nicht Hungers sterben zu lassen, hat die Stadt einen Brotverkauf unter den Säulenhallen der Akademie eingerichtet, und man sieht Leute aller Stände dort einkaufen, tägliche Speisekarte bleibt für Junggesellen und Familien kein Problem mehr, da es immer dasselbe gibt. Der Preis des Brotes steigt auf 1.60 L. das Kilo. Um Mittag traf ein Kurier der Mai länder Arbeitskammer und des Vorstandes des EisenbahnerverbaudeS aus Mailand ein, der den Eisenbahnern den Streikbefehl über brachte, den aber nur die Eisenbahnarbetter befolgten, nicht das Fahrpersonal. Auf den Stationen blieben nur die Bahnhofsvorsteher und Beamten im Dienst. Im Hafen streikte alles. Die Maschinisten löschen auf den Dampfern die Feller. Da» Auswanderer schiff „Pettgerie" nach La Plata kann nicht abreisen, weil 80 Auswanderer ihr Gepäck nicht erhalten können. Die Sonnabend-Nacht bietet dasselbe traurige Bild, wie die voran- gegangene. Skandalierende Haufen durch ziehen die Stadt. Der Sonntag verlief verhältnismäßig ruhig. An diesem Tage wurde folgendes Manifest des KorpSkomman- danten Generals del Mayno angehestet, der aus seinem Urlaub nach Genua berufen war: „Die Regierung beauftragt mich, die Leitung der öffentlichen Ordnung in dec Provinz Genua zu übernehmen. Ich wende mich daher an alle ordnungsliebenden Bürger daß sie nicht durch ein« unkluge Neugier die kleine Schar derer vermehren, die gewalttätig ihren Willen durchsetzen wollen. Diese Minderheit mißbraucht daS heilige Recht der Freiheit, raubt dieses den Gutgesinnten und tyrannisiert sie. Das muß ein Ende haben. Ich werde daher, wenn auch zu meinem Bedauern, zu den strengsten Mitteln greifen, um den Zweck zu erreichen, den mir Liebe zum Vaterland« auferlegt!" In de« Manifest steht kein Wort von kleinem Belagerungszustand, in Wirklichkeit aber werden alle Maßregeln hierfür getroffen. Das wirkt, der Tag verläuft im großen und ganzen ruhig, die Verhaftung eine» sozia listischen Gemetnderates macht Eindruck. Alle, deren Mitwirkung an dem Ausstande er zwungen war, kehren wieder an ihre Arbeit zurück. Am Montag ist die Ruhe völlig wiederhergestellt. Die in die Kasernen ab- rückenden Truppen werden überall mit dem Rufe: „Lvivva I'assroito!" (Es lebe da» Heer!) begrüßt. Bom Bremer Parteitag. Die sozialdemokratische „Leipz. VolkSztg." schrieb über den Prinzessinnenentführer Abg. Dr. Südekum mit beißender Ironie: „Bürger Albert Südekum, Volksvertreter und Ritter hoher Prinzessinnen, scheint sich auf Grund seiner neuesten Heldentaten bereit» als an gehender Oberhofmarschall des Zukunftsstaates zu fühlen. Auf dem Parteitag geberdete er sich als kundiger Zeremonienmeister der Partei sitten und des .guten Ton»". Er meckerte etwa» über — äh, äh — „psychologische Rätsel", deren wir — äh, äh — noch mehrere in der Partei haben. Pikant, was? Beinahe Serenissimus! „Psychologische Rätsel" sind ja nur in plebejischen Regionen zn finden, wo die Wonnen des Lackstiefels und Kra wattensports aufhören und man sich nicht immer strebend bemüht, sich von einer Märchenfee erlösen zu lassen, um nachher selbst als moderner Dornröschenprinz politisch zu debütieren; wo man auch mit kargem Pfunde nicht zu wuchern versteht und wo dem Weltmann alle» rätselhaft, unheimlich, unpsychologisch berührt. Erst in den höheren und höchsten Sphären der Menschheit fängt da» psychologische Verständnis des Bürgers Südekum zu funktionieren an. Kein Wunder, daß ihm auch Schippel immer un heimlicher wird. Der Mann ist offenbar „gebildet", ein moderner Mensch und kein „Prolet". Aber äußerlich sieht man ihm das garnicht an. Er sieht aus wie ein Modejournal von vor 40 Jahren, kleidet sich wie ein Landpfarrer in Geh rock und Papierkragen. Ein psychologische» Rätsel!" Mit diesem Angriff der „Leipziger Volkszeitung" gegen Dr. Südekum beschäftigte sich der Bremer sozialdemokratische Parteitag mit scharfen Worten de» Tadelns, ferner mrt der Kommunalpolitik Nach längerer Erörter ung gelangte ein Antrag Lindemann fast einstimmig zur Annahme. Ferner befaßte sich der sozialdemokratische Parteitag mit der Maifeier. Von den Ge werkschaften wurde noch mehr als bisher gegen die Arbettsruhe am 1. Mai Protest erhoben. Schließlich wurde aber doch die alte Resolution über die Maifeier angenommen, welche die Arbeitsruhe, die ohne Schädigung der Arbeiterintereffen möglich ist, als die würdigste Form der Maifeier empfiehlt. Im weiteren Verlauf dec Verhandlungen wurde noch einmal auf die Schippelfrage zurück« gegriffen, wobei es zu einem heftigen Zusammenstoß zwischen dem Ankläger Schippels, dem Abgeordneten Ledebour, und dem Redak teur des sozialdemokratischen „Vorwärts", Eisner, kam. Letzterer ist gleichfalls revision istisch angehaucht und hatte seinen Bericht zu Gunsten Schippels geschminkt. — Schippel ist abgereist. Seine Affäre ist ausgegangen wie das Hornberger Schießen. Er wird seine Chemnitzer Wähler befragen, die ja zu ihm stehen und dann ruhig sein Mandat behalten. Die dazu nötige dicke Haut hat er. Er meinte gesprächsweise, im nächsten Jahre komme halt ein anderer dran, und das werde so fort gehen, bi» Bebel und Kautsky an die Reihe kommen und selber empfinden, wie die Strangulterungsversuche auf da» Nervensystem wirken. Dann, aber nicht früher werde Ruhe sein. Bon der Prinzessin von Koburg. Gräfin Lonyay, welche bekanntlich am 23. September ihrer Schwester, der Prinzessin Luise, einen zweistündigen Besuch abgestattet hat, interessiert sich sehr für die Schritte, welche die Prinzessin unternimmt, um sich eine neue Existenz zu schaffen. Sie erklärt, man habe auch sie glauben gemacht, daß ihre Schwester irrsinnig sei. Graf und Gräfin Lonyay reisten am Abend de» 23. September nach Wien ab. Der Abschied der Gräfin von der Prinzessin Luise war ein sehr er greifender. Auch der Gastwirt Weitzer, der in den letzten Tagen in Pari» weilte, reiste am 23. September nach Wien zurück. Er ist mit einer Mission der Prinzessin Luise au den Advokat Stimmer betraut. Wie ver lautet, wird Prinzessin Luise beim Kaiser Franz Josef eine Audienz nachsuchen, um diesem über die Angelegenheit zu berichten. Nochmals das Berufsgeheimnis des Arztes. Von gut unterrichteter medizinischer und juristischer Seite wird der „Ehemn. Allg. Ztg." geschrieben: In einer Zuschrift au» ärztlichen Kreisen an den „Hann. Cour." ausgesprochene Bedenken gegen die weitgehenden Mitteilungen, die Sanitätsrat Dr. Pierson über den Krank« Heilszustand bezw. das Liebesleben seiner Patientin gemacht hat, finden ihre Unter stützung in sächsischen medizinischen Kreisen, wo man mit dem Gebaren Piersons durchaus nicht einverstanden tst. Man spricht allgemein seine Verwunderung über eine derartige laxe Auffassung de» Amtsgeheimnisses aus und bezeichnet Pierson» Verhalten zum mindesten als taktlos. Darnach ist e» nicht ausge schlossen, daß sich der zuständige Ehrenrat sx oklloio mit der Angelegenheit befassen wird. Außerdem steht aber nach der ärztlichen Standesordnung einem jeden Kollegen Pier sons oder auch jedem Nichtarzte (also jedem aus dem Publikum) da» Recht zu, sich in einer Beschwerdeschrift an den Ehrenrat zu wenden. — Ob man auch strafrechtlich gegen Pierson vorgehen wird, ist fraglich. Ein ge schätzter Fachmann äußert darüber: Ueber das Amtsgeheimnis deS Arzte» sagt § 300 R.-Str.-G.-B., „daß der Arzt, der unbefugt Privatgeheimniffe offenbart, die ihm kraft seines Amte» anvertrant sind, mit Geldstrafe bi» zu 1500 Mark oder mit Gefängnis bi» zu drei Monaten bestraft wird." Unter „Privatgeheimnissen" sind solche Tatsachen aus dem Privatleben gemeint, die noch nicht allgemein offenkundig find, und deren Be kanntgabe eventuell geeignet ist, da» Ansehen, die Ehre und die soziale Stellung der be treffenden Person zu mindern oder zu schädigen. Selbst in dem Falle, wo solche Tatsachen aus dem Privatleben bereits im Umlauf sind, ist der Arzt nicht befugt, ihre Richtigkeit zu bestätigen, zu verneinen oder sie zu wiederholen. Unter „unbefugte" Offenbarung versteht der Gesetzgeber eine Bekanntgabe, zu der die Befugnis nicht vom Patienten selbst oder dessen gesetzlichem Ver treter erteilt ist. Jedenfalls wird der Begriff der „Befugnis" vom Richter — auch in Fällen, wo der Arzt aus edlen Motiven handelt — sehr scharf aufgefaßt. Selbst wenn der betreffende Arzt den Wahrheits beweis für das von ihm Gesagte «ntreten wollte, würde er damit gar keinen Erfolg haben. Denn damit könnte er sich nur von dem Vorwurf der schuldhaften Absicht einer Schädigung befreien. Die Schuld, da» Amts geheimnis gebrochen zu haben, bliebe in jedem Falle bestehen. Da die gerichtliche Verfolgung der Angelegenheit aber nur auf Antrag, der von dem gesetzlichen Vertreter oder dem Ehe mann« der Betroffenen auSgehen muß, ein treten könnte, wird dieselbe wohl unterbleiben. Luise von Koburg ist entmündigt und ihr Vormund (das Oberhofmarschallamt in Wien) wird wohl kaum einen Strafantrag stellen. Die Belagerung von Port Arthur scheint nach den übereinstimmenden neuesten Meldungen doch größere Fortschritte gemacht zu haben, als man bisher annehmen mußte. Telegramme aus verschiedenen Quellen schil dern die Lage Port Arthur» als verzweifelt. London. Die Blätter veröffentlichen ein Telegramm aus Tschifu, da» erklärt, daß die Lage in Port Arthur verzweifelt ist. Die Verteidiger seien auf wenige tausend Mann zusammengeschmolzen, von denen viele noch krank sind. Die russischen Truppen hätten Wunder der Tapferkeit verrichtet, seien aber außer Stande gewesen, di« allmähliche An-
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