82 Matthias Zahn* Die Rekonstruktion der Renaissancesgraffiti im Großen Schloßhof Von der einstigen Pracht der Schloßfassaden zeugen heute nur noch bildliche Dokumente. Seit mehr als fünf Jahren wird daran gearbeitet, durch die Rekonstruktion der Sgraffitideko- ration einen ungefähren Eindruck von dem Reichtum der Bilderwelt und der Architektur der Renaissance im Großen Schloßhof wiederzugewinnen. Von dieser Entwicklung soll hier berichtet werden. Zur Geschichte der Fassadengestaltung Im Zuge des Schloßumbaus in den Jahren 1548 bis 1556 verzierte man sämtliche Fassaden an den Außenseiten und im Hof, das heißt alle geputzten Flächen mit Ausnahme der Altan rückwand, in der Sgraffitotechnik. Damit wurde eine Vereinheitlichung des aus Baukörpern verschiedener Zeiten zusammengesetzten Gesamtkomplexes erzielt. Die künstlerischen Ent würfe für die Dekoration fertigten die in Dresden weilenden italienischen Künstler Gabriel und Benedikt Tola an, während die Ausführung sicherlich bei einer großen Anzahl überwie gend ortsansässiger Maler lag. 11 Das ikonographische Programm der Bilder an den Fassaden sowie der Plastiken an den Wendelsteinen und am Altan bezog sich unmittelbar auf die Anliegen des Kurfürsten Moritz von Sachsen. Hierfür waren wahrscheinlich seine Berater, unter anderem Georg von Kommerstadt, Georgius Agricola und Philipp Melanchthon, ver antwortlich. 2 ’ Das Erscheinungsbild des Schlosses wurde vollkommen durch die Dekoration in der Sgraffito technik geprägt. Hinsichtlich der Technik und der Gliederung geht die Dresdener Fassaden gestaltung auf ein Dekorationsprinzip zurück, welches man am Anfang des 16. Jahrhunderts in Rom entwickelte. 3 ’ Von den Fensteröffnungen ausgehend, teilte man die Flächen in Friese und Bildfelder auf. Bis auf die Fenstergewände blieben die Fassaden ohne jede plastische Gliederung. Die für die Renaissancearchitektur so wichtige horizontale Gliederung wurde allein durch die illusionistischen Architekturteile gebildet. Die Bildfelder zwischen den Fen- * Der Artikel entstand in Zusammenarbeit mit P. Gabriel, M. Wolf und S. Winderlich (freie Maler und Restauratoren am Dresdner Schloß).