67 erklangen, jeweils an den Karfreitagen, 1887 die Johannes-Passion und 1890, 1892, 1894, 1896 sowie 1898 die Matthäus-Passion. 1895 führte Wermann erstmals die H-Moll-Messe auf und wiederholte diese 1897. Am Karfreitag des Jahres 1900 brachte er eine Passion von Heinrich Schütz zur Aufführung, und zwar in der Bearbeitung von Carl Riedel. 221 1889 und 1891 setzte er sich für das Oratorium »Christus« von Friedrich Kiel ein, und 1899 stand die »Totenfeier« von Herzogenberg nebst dem 2. und 3. Teil des »Messias« von Händel auf dem Programm. 231 Nach dem Kreuzkirchenbrande von 1897 wurden die Gottesdienste der Kreuzgemeinde in die Frauen-, Annen- und Reformierte Kirche sowie in das Evangelische Vereinshaus ver legt. Im Herbst 1897 konnte die Interimskirche in der Lindengasse, die 2000 Personen Platz bot, als provisorisches Gotteshaus für die Kreuzgemeinde genutzt werden. Die Ves pern fanden nach dem Brande sonnabends um 2 Uhr nachmittags in der Sophienkirche statt. 241 In einem längeren Schreiben vom 2. Mai 1900 zog Wermann eine Bilanz seines 25jähri- gen Wirkens als Kreuzkantor. Er hebt darin hervor, daß er besonders darauf stolz sei, dem Dresdner Publikum mit dem Kreuzchor so viele Novitäten zu Gehör gebracht zu haben. 2 ’’ 1 Das Postskriptum dieses Schreibens stimmt uns allerdings nachdenklich. Es heißt da: »Noch erlaube ich mir mein Befremden einmal darüber auszudrücken, daß die Dresdner Presse meine Bestrebungen so selten unterstützt, ja ich kann fast sagen, nie unterstützt. Wie hält dagegen die Leipziger Presse auf den Thomanerchor, der in keinem Stücke bes ser, vielfach nicht einmal so gut ist, wie der Kreuzchor.« 261 1886 spielte Wermann mit dem Gedanken, das Kreuzkantorat niederzulegen. Ihm war die gutbesoldete Stelle des Leiters einer größeren Musikschule angetragen worden. Zum Glück nahm Wermann von dem Unterfangen Abstand. Ein längeres Schriftstück vom 2. Juni 1886, das an einen unbekannten Journalisten gerichtet ist, enthält eine Fülle von Einzelheiten aus dem Lebenslauf von Wermann, die dieser offenbar in die Presse lancie ren wollte, um seinen künstlerischen Standort in Dresden zu befestigen. 271 Als besonderes Verdienst rechnet sich Wermann an, die Kreuzchorvespern, namentlich in der kalten Jah reszeit, so attraktiv gestaltet zu haben, daß durchschnittlich 3 000 bis 4 000 Besucher in diese Veranstaltungen strömten. 261 Dadurch und zum anderen durch die hervorragende musikalische Qualität der Karfreitagsaufführungen sei es ihm gelungen, die Kreuzkirche zu einem Zentrum evangelischer Kirchenmusikpflege in Sachsen erhoben zu haben. Wer mann verweist in diesem Zusammenhang auf die Rezensionen eines Musikkritikers, der die Dresdner Aufführungen als »viel besser« einschätzte, als »wir sie öfters in Leipzig und anderwärts hörten«. 291 Wermann veranlaßte im Jahre 1876 den Druck der Vesperprogramme. Dadurch flössen der Kreuzgemeinde zusätzliche Einnahmen zu. Wermann war ein sehr vielseitiger und hochgebildeter Musiker, dem man ein großes päd agogisches Geschick nachrühmte. Er verfaßte eine theoretische Schrift »Ueber Tonbildung,