84 Wolfgang Marschner Die Gleichschaltung des sächsischen Landesverbandes der CDU um 1950 Der sowjetischen Deutschlandpolitik nach 1945 lagen mehrere Alternativpläne zugrunde. Da die Sowjetunion zum Zwecke der Wiedergutmachung möglichst viel Reparationen erhal ten wollte, trat sie zunächst fiir weitere Zusammenarbeit mit den Westalliierten ein. Des halb wurde anfangs auch weitgehend auf die Angleichung der gesellschaftlichen Verhältnisse in der Ostzone an jene in der UdSSR verzichtet. Im Gegenteil, man führte in der eigenen Zone als erste der Besatzungsmächte durch Zulassung von Parteien das traditionelle deut sche Parteiensystem zumindest ansatzweise wieder ein. Erst parallel zur Verschärfung der Ost-West-Spannung trieb die Sowjetische Militäradministration Deutschlands (SMAD) Hand in Hand mit deutschen Kommunisten die antifaschistisch-demokratische Umwälzung voran. Eines der Kernprobleme war dabei die Gleichschaltung von CDU und LDP, der sich beide Parteien jahrelang widersetzten. Die in sich disparate SMAD-Politik gegenüber den zwei bürgerlichen Parteien, diese einerseits zu dulden und andererseits zu hemmen, dürfte darin begründet gewesen sein, eine mögliche Opposition nicht-kommunistischer Kräfte gleichsam auszuloten, um sie desto wirksamer lähmen zu können. Eine derartige Auffassung wurde durch die schon im Juli 1945 vorgenommene Bildung des zentralen Blocks der antifaschi stisch-demokratischen Parteien gestützt. Im Block, der in allen Ländern, Provinzen, Krei sen, Städten und Dörfern nachvollzogen wurde, mußten sämtliche Beschlüsse einstimmig gefaßt werden. Deshalb waren die bürgerlichen Parteien außerstande, der Bevölkerung offen eigene Vorstellungen zur Entscheidung anzubieten. Die Teilnahme am Block war jedoch die von der SMAD gestellte Bedingung fiir Zulassung und Fortbestehen von CDU und LDP. Diese suchten die ihnen aufgrund ihrer Blockmitgliedschaff gegebenen geringen Frei räume auszuschöpfen. Nachdem schon der fiir die SED enttäuschende Waltlausgang vom Herbst 1946 Anlaß war, die Verankerung der bürgerlichen Parteien im Block zu festigen, um damit deren politisches Gewicht in den parlamentarischen Vertretungen zu mindern, spitzte sich 1947 das Verhältnis von CDU und LDP zur Einheitspartei zu. Besonders die allgemeine Rechtsunsicherheit, die fortwährenden Enteignungen riefen zunehmende Opposi tion hervor. So verwandte sich der LDP-Abgeordnete und Mitglied des geschäffsführenden Vorstandes seiner Partei, Dr. Hans Müller-Bernhardt, im September 1947 im sächsischen Landtag fiir die Rückgabe unrechtmäßig enteigneter Betriebe an die vormaligen Eigentümer.