im )l6n Helno Seit/er Zeichnungen von Max Zschoch V D |er Mordfall im berliner Mercedes-Palast, bei dem der Artist Charles Urban eine unrühm liche Rolle spielte, hat verschiedene Meinungen über die Kriminalität im Zirkus laut werden lassen. Es muß daher vor allem gesagt sein, daß man im Irrtum wäre, wenn man den Artisten einen höheren Prozent satz von Kriminalität in die Schuhe schieben wollte. Nichts trügt so sehr wie der Schein, der von den beiden Vergnügungsstätten Zirkus und Variete aus geht. Was uns auf der Bühne als kokette Frauen und kraftstrotzende Männer erscheinen, das sind in dem Augenblick, in dem sie die Bühne lächelnd ver lassen, sorgsame Mütter und aufopferungsvolle Väter. Die flotte, leichtlebige Atmosphäre von Variete und Zirkus verwandelt sich in den Garderoben in Schweiß und Müdigkeit. Es mag ja hin und wieder Vorkommen, daß zwischen engagierten Neger- oder Indianertruppen Raufereien entstehen, in den wenigsten Fällen ist es jedoch dabei zu ernsthaften Zwischenfällen gekommen. Viel zu der Ansicht, daß unter den Artisten eine hohe Kriminalität zu finden ist, tragen auch die Zirkusromane und -filme bei, die, um die Spannung in dem Werk zu erhöben, in den meisten Fällen mit kriminellen Themen verflochten sind. Was die Vergehen und Verbrechen in der Manege so interessant macht, ist die „romantische“ Umgebung. Die ungewöhnliche Art der Ausübung des Deliktes, die jedoch durch das ganze Milieu bedingt ist, muß als maßgebend bezeichnet werden, daß derartige Fälle in der Presse eine so große Verbreitung finden. Eifer suchtsattentate im allgemeinen zum Beispiel kommen ja sehr häufig vor, ihre Publizierung bleibt aber auf die lokale Presse beschränkt. Doch ein Eifersuchts attentat, das ein Artist womöglich in der Manege verübt, ist eine willkommene Sensation für die Presse des ganzen Kontinents. Durch diese ausgiebige Bericht erstattung entsteht nun allgemein die Ansicht, daß kriminelle Delikte im Zirkus häufig sind. Ein typisches Beispiel dafür ist der nachstehende Bericht, der dem „Pester Lloyd entnommen ist. In diesem Fall wurde die Tat von einem Clown während der \ orstellung begangen. Seit Leoncavallo mit seinem „Bajazzo“ die Figur eines eifersüchtigen Clowns , auf die Bühne brachte, herrscht eine besondere Vorliebe lür dieses Thema, sowohl unter den Schriftstellern als auch unter den Filmautoren. Ob diese Tat, von der unter dem Titel ,,Tragödie im Zirkus 66 im Pester Lloyd 1667