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Großenhainer Unterhaltungs- & Anzeigeblatt : 09.11.1886
- Erscheinungsdatum
- 1886-11-09
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id38343789X-188611097
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id38343789X-18861109
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-38343789X-18861109
- Sammlungen
- Saxonica
- Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungGroßenhainer Unterhaltungs- & Anzeigeblatt
- Jahr1886
- Monat1886-11
- Tag1886-11-09
- Monat1886-11
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Erscheinen: Dien-tag, Donnerstag. Sonnabend. Vierteljährliches Abonnement: am Schalter l M., durch den Boten ins Haus 1 M. 25 Pf., durch die Post 1 M. 25 Pf., durch die Post frei in- Haus 1 M. 50 Pf. o GroßenhaiM Inserate für die am Abend vorher auszugebende Nummer werden bis früh 9 Uhr angenommen und Gebühren für solche von auswärts, wenn bie der Einsender nicht anders bestimmt, durch Post- Nachnahme erhoben. s WMUMMnMM. AmEatt ^ür äie ^önig^m unä ^iääti^en Selwl^en zu Oro^en^ain. Druck und Verlag von Herrmann Starke in Großenhain. Für die Redaction verantwortlich: Herrmann Richard Starke. Nr. 132. Dienstag, den 9. November 1889. 71. Jahrgang. politische WeltsöM. Immer näher rückt die Zeit, wo die deutsche Volks vertretung wieder in Berlin zu Berathungen zusammentritt, denen man diesmal mit besonderer Spannung entgegensieht. Der Haushaltsetat des Reichs, welcher den Reichstag in der ersten Zeit der Session zumeist beschäftigen wird, liegt dem deutschen Bundesrath bereits ziemlich vollständig vor, doch fehlen dabei noch immer der Militäretat und der Etat des Auswärtigen Amtes. Da die Etatsberathung im Bundes- rathe sehr glatt verläuft, kann der deutsche Reichstag bei seiner Eröffnung, die am 23. oder am 24. d. M. erfolgen soll, ohne Zögern an seine erste Aufgabe herantreten. In den letzten Tagen beschäftigte sich der deutsche Bundesrath außer mit den Etats der Marine, der Zölle und Verbrauchs steuern, des allgemeinen Pensionsfonds, der Verwaltung der Eisenbahnen, des Post- und Telegraphenwesens u. s. w. mit dem Gesetzentwurf über die Unfallversicherung für Seeleute und mit einer Vorlage über die Ausprägung der Zwanzig- Pfennig-Nickelmünzen. Zwischen den Vertretern der deutschen Regierungen zeigt sich bei diesen Verhandlungen die größte Einmülhigkeit, dagegen sieht man bei der jetzigen Partei zerklüftung im deutschen Reichstage heftigen Debatten entgegen. Durch den von dem Führer der konservativen Fraction von Rauchhaupt energisch bekämpften, aber vom Centrum gut- gehelßenen kirchenpolilischen Antrag des Freiherrn von Hammerstein ist selbst die Einigkeit innerhalb der conservativen Partei in Frage gestellt worden. Die Hoffnung der Regierungs kreise, die Centrumspartei durch verbesserte Beziehungen zwischen der preußischen Regierung und dem Vatican zum Verzicht auf das Bündniß mit der Opposition zu veranlassen, ist dadurch fast ganz geschwunden, daß die Ultramontanen als erste Friedensbedingung die unmögliche Wiederzulassung der Jesuiten beanspruchen. Als Antwort hierauf brachte die „Köln. Ztg." in den letzten Tagen einen anscheinend auf amt liche Quellen gestützten Artikel, in welchem der Eintritt mehrerer Mitglieder der höchsten preußischen Adelsfamilien in den Jesuitenorden sehr abfällig besprochen und anknüpfend an die kürzlich gemachte Mittheilung, daß zwei Mitglieder der Familie von Schorlemer diesem Beispiele gefolgt sind, noch auf andere derartige Fälle tadelnd hingewiesen wurde. In dem erwähnten offiziösen Artikel wurde auf die Absicht hin gewiesen, künftighin Zöglingen der Jesuiten ebensogut wie den Mitgliedern dieses Ordens die Reichsangehörigkeit ab zusprechen. Um so schärfer stellen sich die Ultramontanen Allem entgegen, was zur Aussöhnung zwischen Kirche und Staat in Preußen dienen kann, trotzdem diese durch die Versöhnlichkeit des Papstes Leo XIII. und die Bereitwilligkeit Preußens zu einer nochmaligen Revision der Maigefitze völlig gesichert erscheint. So schied der Director des bischöflichen Knaben seminars in Fulda, Freiherr von Schorlemer, aus seiner bis herigen Stellung, weil er, nach Mittheilungen ultramontaner Blätter, „die weitgehenderen Zugeständnisse, welche neuerdings dem Einfluß und der Aufsicht der staatlichen Behörden in Bezug auf die genannte Anstalt eingeräumt sind, mit seiner priesterlichen Ueberzeugung nicht vereinbaren konnte". Wird aber das Centrum auch ferner durch den Einfluß der Jesuiten zu einer oppositionellen Haltung im deutschen Reichstage ver anlaßt und dadurch in dem letzteren die Bildung einer regierungsfreundlichen Mehrheit verhindert, dann ist sehr geringe Aussicht vorhanden, die gerade bei der jetzigen un gewissen Weltlage doppelt wichtigen Fragen der längeren Fest stellung der Friedensstärke des deutschen Heeres und der Vermehrung der deutschen Marine rasch und befriedigend zu lösen. Für die auswärtige Politik des deutschen Reiches ist es besonders werthvoll, daß der mit demselben verbündete österreichisch-ungarische Kaiserstaat fest genug ge fügt ist, um im Kriegsfälle eine starke Macht auszurüsten. Bereits bei der Besprechung des deutsch-österreichischen Bündnisses im deutschen Reichstage drückte Fürst Bismarck die Ueberzeugung aus, daß die Völker der österreichisch ungarischen Monarchie auf den Ruf ihres Kaisers hin einen glühenden Patriotismus und eine große Opferwilligkeit be- thätigen würden, wenn der Zwang der Umstände von dem Kaiserstaate eine Entfaltung seiner ganzen militärischen Kraft verlangen sollte. Das deutsch-österreichische Bündniß wird aber erst recht geschätzt und gefürchtet werden, wenn die seit Donnerstag in Pest versammelten Delegationen Oesterreichs und Ungarns nicht nur den Willen bekunden, an diesem Bündniß unverbrüchlich festzuhalten, sondern demselben auch durch Gewährung der Mittel für rasche Beschaffung der neuen Repetirgewehre freudig Opfer zu bringen. Sowohl der Präsident der österreichischen Delegation, Ur. Smolka, als auch der Präsident der ungarischen Delegation, Graf Tisza, betonte in der Eröffnungsansprache, daß dem gemeinsamen Heer die Mittel nicht vorenthalten werden dürften, um seinem opfervollen Berufe gerecht werden zu können, daß aber auch die wichtigen Interessen der Monarchie im Orient um keinen Preis, selbst nicht behufs Vermeidung eines be waffneten Zusammenstoßes aufgegeben werden dürften. Diese entschlossene Sprache wird sicher in Rußland tiefen Ein druck machen. Im italienischen Parlament wird bald nach der Eröffnung die ärgerliche Angelegenheit des Deputirten Turri viel Staub aufwirbeln. Der Letztere hat trotz seiner dienstlichen Eigenschaft als Schiffscapitän die Regierung wiederholt in der Kammer angegriffen. Als ihm dies der „Popolo Romano" bitter vor warf, schrieb Turri der Redaction einen geharnischten Brief, der den Kriegsminister Nicotti veranlaßte, den oppositionellen Schiffscapitän in Arrest zu schicken. Da man aber in Italien auf die parlamentarischen Vorrechte sehr eifersüchtig ist, rief die militärische Maßregelung Turri's einen Sturm der Entrüstung hervor. Darauf stellte das Ministerium Turri in Disponibilität, gab ihm aber die Freiheit, eine Maßregel, die weder die Opposition zum Schweigen bringt, noch die Verhaftung Turri's ungeschehen macht. Durch den Rücktritt des französischen Ministers der öffentlichen Arbeiten, Baihaut, brach in dem französischen Cabinet eine partielle Krisis aus, die anfangs den Eintritt einer allgemeinen Krisis befürchten ließ, zumal der Conseil präsident Frehcinet das erledigte Portefeuille vergebens mehreren einflußreichen Politikern anbot. Die Führer der republika nischen Partei beschlossen jedoch, das Cabinet Frehcinet wenigstens bis zum Schluffe der jetzigen außerordentlichen Session zu unterstützen, sodaß, wenn es zu einer Krisis kommt, diese erst im Januar nach Eröffnung der Session 1887 erfolgen dürfte. Mit großer Beharrlichkeit wird dem Conseilpräsidenten ange sonnen, Deuischland durch den neuen Botschafter in Berlin, Jules Herbette, zu einer Betheiligung an der Pariser Welt ausstellung von 1889 zu veranlassen. Gleichzeitig knüpfen aber die hervorragendsten Pariser Blätter an die freundliche Annahme des neuen Botschafters de Laboulaye durch die russische Regierung die verwegensten Hoffnungen auf ein französisch-russisches Bündniß, dessen Spitze sich gleichzeitig gegen Deutschland und gegen England richten würde. Unter solchen Umständen dürfte die auswärtige Politik des Cabinets Frehcinet sehr bald in eine Sackgasse gerathen. Allem Anschein nach ist die englische Regierung nicht gesonnen, aus Furcht vor Frankreich in der eghptischen An gelegenheit zurückzuweichen und hält das Ministerium Salis bury es geradezu für unmöglich, das Nilland neuen Empörungen und einer grenzenlosen Unordnung preiszugeben. Einer etwaigen türkischen Zumuthung der Räumung Eghptens ist von London aus so energisch vorgebeugt worden, daß die Pforte den dortigen türkischen Botschafter, Rustem Pascha, anwies, seine Vorstellungen bei dem Staatssecretär des Aus wärtigen, Jddesleigh, bezüglich Egyptens einzustellen und den Gegenstand gar nicht weiter zu erwähnen. Ein gegen den Verbündeten Englands, den Emir von Afghanistan, angezettelter Aufstand in dem mittelasiatischen Laghman-Gebiete scheint sehr rasch unterdrückt worden zu sein. Minder erfreulich lauten die Nachrichten aus dem neuerworbenen birmanischen Reich, wo die Aufständischen immer kecker vordrangen und neuerdings die Stadt Minlah am Jrawaddh-Strom zerstörten. Die russische Regierung billigte das schroffe Vorgehen des Generals von Kaulbars in rückhaltlosester Weise, indem sie im „Regierungsanzeiger" ankündigte, daß der General zu dem von ihm gestellten Ultimatum im Voraus die Ge nehmigung des Zaren erhalten habe. In Folge der strengen Neutralität der Mächte wird unzweifelhaft Rußland seinen Willen in Bulgarien durchsetzen, zumal die bulgarischen Land leute und die Gewerbetreibenden in den Städten vor Allem Frieden und Ruhe wünschen. Damit gewinnt Rußland aber doch nur ein zweites Polen, denn die allein actionsfähigen Gesellschaftsklassen in Bulgarien hat es sich gründlich ver feindet, und der Haß derselben findet bei den übrigen Balkan slaven Wiederhall. In der öffentlichen Meinung Europas aber schädigte das Auftreten seiner Bevollmächtigten Rußlands Ansehen außerordentlich und die Meinung, daß Rußland sich in einer Periode steigenden panslavistischen Uebermuths be findet, bricht sich in immer weiteren Kreisen Europas in einer Weise Bahn, die früher oder später dem Zarenreiche verhäng nißvoll werden muß. Als bei der Eröffnung der bulgarischen Sobranje in Tirnowa die Namen der Deputirten verlesen und dabei auch diejenigen der in Dubnitza von den Russenfreunden auf ent setzliche Weise ermordeten Abgeordneten erwähnt wurden, er hoben sich die Minister und alle Abgeordneten und riefens: „Mögen ihre Seelen Frieden haben!" Als man Karawelow's Namen verlas, hörte man Grunzen und Rufe: „Tod dem Verräther!" Alle Zankowisten, ungefähr 30 an Zahl, waren in der Sitzung anwesend, obgleich sie erklärt hatten, an den Verhandlungen der Sobranje nicht Theil nehmen zu wollen. Die Absicht der Kammermehrheit, den Prinzen Waldemar von Dänemark zum Fürsten von Bulgarien zu wählen, dürfte zunächst unerfüllt bleiben, da in Folge der drohenden russischen Occupation der Bestand der Regentschaft wie das Forttagen der Sobranje in Frage gestellt ist. Karewelow erbot sich, aus der Regierung auszuscheiden, wenn man dafür dem Russenfreund Zankow einen Platz im Cabinet räumen wolle. Um den erbitterten Zaren zu versöhnen, war die bulgarische Regierung damit einverstanden; da aber Zankow zuvor das Ausscheiden Stambulows verlangte, zerschlug sich der von Karawelow in friedseliger Absicht angebahnte Ausgleich. Der Rücktritt des ganzen bulgarischen Cabinets und ein System- Wechsel in russenfreundlichem Sinne scheint dennoch unver meidlich, da es kein anderes Mittel giebt, die vollständig vor bereitete Ausschiffung russischer Truppen an der bulgarischen Küste zu verhindern. Tagesnachrichtrn. Deutsches Reich. Der Zeitpunkt des Besuches deS Prinz-Regenten Luitpold von Bayern am Berliner Hofe soll nunmehr auf den 13. November festgestellt sein Der Prinz- Regent wird hierbei während seines mehrtägigen Aufenthaltes den Kaiser auch zu den Hofjaden in Letzlingen begleiten. Seit der Gründung des deutschen Reiches ist es das erste Mal, daß ein Haupt der Wittelsbach'schen Königsfamilie am Hofe von Berlin erscheint; als Vertreter des verstorbenen Königs Ludwig II. ist dagegen Prinz Luitpolv schon öfters in der Reichshauptstadt gewesen. — An der am Sonnabend bei Letzlingen stattgefundenen Hofjagd nahm der Kaiser nicht Theil, sondern ließ sich dabei durch seinen Enkel, den Prinzen Wilhelm von Preußen, vertreten. — Der Kronprinz Friedrich Wilhelm ist am Sonntag Abend nach längerer Abwesenheit wieder in Berlin eingetroffen, nachdem er am Freitag noch den glänzenden Vermählungsfestlichkeiten am Hofe von Weimar und am Sonntag der Einweihung des restaurirten altehr würdigen Domes in Merseburg beigewohnt hatte. Die Frau Kronprinzessin wird dagegen nebst ihren Töchtern erst im Laufe dieser Woche Italien verlassen und auf der Heimreise noch in München einen mehrtägigen Aufenthalt nehmen. Wie die „Nat.-Lib. Corresp." berichtet, wird der neue Staatssecretär des Reichsschatzamtes, vr. Jacobi, demnächst dem Reichskanzler einen Besuch abstatten; voraussichtlich werde alsdann die Entscheidung über die Wiederaufnahme der Reichssteuer-Reformversuche getroffen werden. Im Marmorpalais zu Potsdam gerieth am Sonnabend eine Balkenlage des Dachstuhles in Brand, doch konnte das Feuer alsbald wieder gelöscht werden. Oesterreich-Ungarn. In der Thronrede des Kaisers bei der am 6. November in Buda-Pest erfolgten Eröffnung der Delegationen heißt es bezüglich der auswärtigen Lage: „Die vortrefflichen Beziehungen, in welchen wir zu allen Mächten stehen, und die Versicherungen friedlicher Intentionen, die wir von allen Regierungen erhalten, lassen hoffen, daß trotz der schwierigen Lage im Orient es gelingen wird, unter Wahrung der Interessen Oesterreich-Ungarns Europa die Segnungen des Friedens zu erhalten." Der von England kürzlich an Oesterreich gemachte Vor schlag hinsichtlich einer gemeinsamen Cooperation in der bulgarischen Frage wurde zurückgewiesen. In Wien wurde am 4. November Abends nach 10 Uhr in der inneren Stadt auf der Wollzeile der Buchdruckerei besitzer Schloßberg von einem unbekannten jungen Manne erstochen. Dieser Mord auf offener Straße hat großes Auf sehen erregt. In der Schweiz tritt man jetzt der Frage der Verstaat lichung der Eisenbahnen ebenfalls näher. Zunächst handelt es sich um den Ankauf der Nordostbahn und hat der Bundesrath bereits die hierauf bezüglichen Anträge des Eisenbahndeparte ments angenommen, auch die Vorstände der betreffenden De partements mit den Unterhandlungen hierüber beauftragt. Frankreich. Die Lücke, welche im Cabinet Frehcinet durch den Rücktritt des Bautenministers Baihaut entstanden war, ist nun wieder ausgefüllt. Der Senator Millaud hat die Stelle Baihaut's eingenommen; doch lauten die Angaben über seine Parteistellung noch verschieden, bald wird er den
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