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Freiberger Anzeiger und Tageblatt : 22.09.1860
- Erscheinungsdatum
- 1860-09-22
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id1878454692-186009223
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id1878454692-18600922
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-1878454692-18600922
- Sammlungen
- Saxonica
- Zeitungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungFreiberger Anzeiger und Tageblatt
- Jahr1860
- Monat1860-09
- Tag1860-09-22
- Monat1860-09
- Jahr1860
- Titel
- Freiberger Anzeiger und Tageblatt : 22.09.1860
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1860. 223. Sonnabend, den 22. September. Amtsblatt des Königl. Bezirksgerichts zu Freiberg, sowie der König!. Gerichtsämter und der Stadträthe zu Freiberg, Sayda und Brand. -^Freiberger Anzeiger deu bi« Nachmittag UNd ' gespatt«. Zeik -»« z Uhr für die nächst. der« RaummitftPf. erfch-m-nd- Nummer 2- ll Ü t 1 A angyrommm. GM GM M M NM M MN Die Herrschaft der Bourbonen. König Franz II. weilt jetzt noch in Gaeta, doch ist kaum «in Zweifel, daß die Revolution auf dem Festlande vollständig siegt. Er ist zwar noch sehr jung, doch kann sich's ereignen, daß er dann Neapel nicht wieder sieht, und beinahe der ganze Süden Europa'S besitzt dann keinen einzigen legitimen Herrscher mehr. Wer hätte das vor 80 Jahren gedacht! Um die Zeit, wo unsere Großväter Säuglinge waren, hatte England den Einfall durchgeführt, sein rechtmäßiges Herrschergeschlecht, das sich durch schlechte Regierung verhaßt gemacht hatte, wegzujagen und sein Heil unter einer qnasilegitimcn Dynastie zu versuchen. Die Welt geschichte ist ihre Bahn weiter gegangen. Jetzt bilden die illegitimen und quastlegitimen Hcrrscherfamilien auf den europäischen Königs thronen schon beinahe die Mehrheit. — England haben wir schon genannt; in Schweden und Norwegen finden wir die Nachkommen eines sranzöstschen Offiziers, in Frankreich den Enkel eines corfi« kanischen Advokaten, in Belgien einen Koburger, in Spanien und Portugal usurpatorifche Seitenlinien, in Jr.Mn sind fast alle kleinen legitimen Fürstenhäuser, die dem Volke das Joch zu schwer gemacht hatten, vertrieben; selbst die weltliche Herrschaft des Papstes ist durch die Nähe Garibaldi's wackelig und bröcklich geworden; in Griechenland ist der philhellenische Otto im Besitz der fürstlichen Gewalt. Giebt eS einen zurechnungsfähigen Men' schen in Europa, welcher überzeugt ist, daß die Bourbonen in Neapel ein besseres Recht besitzen als die Bcrnadotte's in Stock' Holm? Laßt Italien seine Angelegenheiten selbst ordnen. Für die „legitime" Herrschaft Oesterreichs in Venetien eintrcten, ist für Deutschland eine bedenkliche Sache. Für wen soll dort deutsches Blut eintretcn und vergossen werden? Für „Legitimität und Concordat." Ueberall sind die großen europäischen Staatsumwälzungen aus dem Uebermuthe des Absvlntismus und ans dem Mißbrauche uneingeschränkter Regierungsgewalt hcrvorgegangc». Wer die Ge schichte gelesen — wir wollen nicht fordern studirt — hat, wird uns beistimmcn, wenn wir sagen: die rechtmäßigen Königsfamilien der Stuarts in England, der Wasa's in Schweden, der Bourbon's in Frankreich, der Braganza's in Spanien sind die moralischen Urheber der Revolutionen gewesen, denen sie erlegen sind. Weil sie ihre Regierungsgcwalt mißbrauchten, weil sie die Unterthanen wie Sklaven mißhandelten, weil sie Rechte behaupteten, die ihnen gar nicht zukamcn, so verloren sie auch diejenigen Rechte, die ihnen wirklich zukamen. Das ist die Justiz, welche die Weltgeschichte zu üben pflegt. Wo im Privatrechte wegen Mißbrauchs der Rechte unter Curatel gestellt wird, da tritt Nach der unbeugsamen Welt geschichte die Coufiscatiou ein. Damit 'werden die Rechte der Hcrrscherfamilien nicht geleugnet, damit wird aber von der Welt geschichte die große Lehre eingcschärft: daß die „Legitimität" nur durch Gerechtigkeit'besteht! Was hat dem preußischen, sächsischen und manchem andern trefflichen Königshanse seither in allen Stürmen die „Legitimität" erhalten und befestigt? Die große Zahl der treulichen Regenten, die aus den alten Stamm bäumen gleich frischen Zweigen hervorgeschossen sind. Warum hat der politische Sturm die Stämme so mancher Dynastie niederge worfen ? Weil sie innerlich faul waren. — Der Glanz de- Bour- bonengeschlechts erstreckt sich über viele Jahrhunderte zurück, und was ist aus diesem Königshause binnen einem Menschenalter ge worden? Wie furchtbar hat sich der schnöde Mißbrauch der Ge walt au ihm gerächt! Vor 3V Jahren herrschte noch ein Bourbon der alten ächten Linie in Frankreich „auf dem schönsten Throne der Christenheit" wie man damals zu sagen pflegte; in Madrid regierte ein Bourbon, Ferdinand VH., Enkel des französischen König- Ludwigs XIV.; das herrliche.Königreich beider Sicilien gehorchte einer bourbonischen Dynastie, und in Mittelitalien versorgte ein kleines Fürstenthum eine Nebenlinie desselben mächtigen Geschlechts. Von all der Herrlichkeit ist durch das „Weltgericht der Weltge schichte" nichts Anderes mehr übrig geblieben, al« die unschuldige Isabelle in Spanien mit einem zurückgehenden Reiche, das durch innere Zerrüttungen seinem Versinken nahe ist, und der wankende und bald stürzende Thron zu Neapel, dessen Bestehen in dem fest ländischen Theile des Reichs von keiner Affecuranzgesellschast mehr versichert werden würde, selbst wenn man die höchsten Prämien zahlte. D, .... Wodurch ist ein so tiefer Sturz von so erhabener Höhe ver schuldet worden? Die Geschichte läßt über die Antwort auf diese Frage nicht, den mindesten Zweifel bestehen. Der Sturz ist nichts als die Nemesis für die Ueberhebung und den Mißbrauch der Ge walt, für die Verleugnung des menschlichen Charakters. Der ge genwärtige König von Neapel mag von biederem Charakter sein, aber er ist von den gerechten Wünschen und den unabweisbaren Bedürfnissen seines Volks nicht unterrichtet worden. Sein Hehler ist der, baß er eine Umgebung um sich hat, die ibm schmeichelt, aber nicht die Wahrheit sagt- daß herrschsüchtige Geistliche und ein stolzer Hofadel ihm vorredcten, sein Volk sei überglücklich, daß die Stimme der Wahrheit im ganzen Lande mit Kerker, Ketten und Peitschen bedroht war, daß eine Kamarilla in Crinoline Ein fluß hatte, die allen VolkSrechteu Hohn sprach, daß jesuitische Pfaffen zu maßgebende Geltung hatten. Alles Das, was anders wo dem Absolutismus die Weihe innerer Berechtigung verlieben hat, fehlte hier. Weber eine ruhmreiche auswärtige Politik, noch eine fürstliche Beschützung des wehrlosen Volkes gegen adelige Un gebühr, noch die Pflege materiellen Wohlstände« entschädigte in Neapel für den Druck der unumschränkten Gewalt. Die Haupt stütze des Thrones waren Schweizerregimenter und die ganze Auf gabe des Staates löste sich darin auf, den -Bevorzugten, wozu Adel und Geistlichkeit gehörten, den Genuß sinnlichen Wohlleben» zu sichern. „Neben der rosig aufgezäumten Hoffahrt schlich der Beherrschten unsäglich Elend", um Platen's Wort zu gebrauchen, und nur der Pöbel der Hauptstadt genoß einer Art wohlwollender Theilnahme, weil er ein brauchbares Werkzeug in den Händen der Geistlichkeit gegen freisinnige Gelüste der besitzenden Mittelklassen war. Die Lazaronis sind zu Allem zu gebrauchen, Wenn neulich im englischen Parlament einem Minister, welcher das Regiment der Türken recht scharf tadeln wollte, die Wendung entschlüpfte, „es sei in der Türkei.beinahe so schlimm, als in Neapel/«
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