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Freiberger Anzeiger und Tageblatt : 03.12.1882
- Erscheinungsdatum
- 1882-12-03
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id1878454692-188212031
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id1878454692-18821203
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-1878454692-18821203
- Sammlungen
- Saxonica
- LDP: Zeitungen
- Zeitungen
- Bemerkung
- Fehlende Seiten in der Vorlage.
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
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Inhaltsverzeichnis
- ZeitungFreiberger Anzeiger und Tageblatt
- Jahr1882
- Monat1882-12
- Tag1882-12-03
- Monat1882-12
- Jahr1882
- Titel
- Freiberger Anzeiger und Tageblatt : 03.12.1882
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und Tageblatt. ANMatt ftr die külliglichen und stMischeu Behörden zu Freibttg und Brand. Verimtv-ttlicher «Äalteur Iuliu» Brau» i« Freiberg. —> ">»" - - 34. Jahre««». ^6 281., I Somit-«, dm 3. Dezember, j > 1882. Dir Woche. Für einen großen Theil unseres deutschen Reiches »ar die vergangene Woche höchst unheilvoll. Um diese Jahreszeit find cs sonst zuweilen starke Schneefälle, welche Verkehrsstockungen erzeugen; wir aber leben in einem Jahre, wo die ungeheuersten Wassermasten zur Erde nieder stürzen und die Fluthcn verheerend die Ufer überschreiten, ohne daß eine Eisstauung nothwendig wäre. Erst wurde das südliche und südöstliche Stromgebiet der Alpen heim- gesucht und Südtirol wie Oberitalien vom Unglücke schwer betroffen. Jetzt ist cs das Stromgebiet des Rheins, wo das nasse Element beispiellose Verheerungen angerichtet. Der Wasscrstand des Rheins und seiner wichtigsten Nebenflüsse erreichte eine Höhe, wie noch niemals in diesem Jahrhundert. Die Wastcrmengcn kamen nicht allein von den Alpen, sondern auch von den deutschen Mittelgebirgen; ein großer Theil des deutschen Westens hat durch die Ueberschwcmmungen schwer zu leiden und auch das deutsche Donaugcbiet ist davon nicht ganz verschont ge blieben. Die Voraussetzung kosmischer Einflüsse gewinnt mehr und mehr an Wahttcheinlichkcit. Wir meinen da nicht nur jene Einflüsse, wie sie in der Erscheinung von Ebbe und Fluth zu Tage treten, nicht nur jene Wirkungen, welche aus der Nttraktionskraft großer Körper sich erklären lasten, sondern jenen direkten materiellen Zusammenhang zwischen dem Weltganzen und der Erde, wodurch die Vorstellung aufgehoben wird, als ob die Stoffmasten des von uns bewohnten Wcltkörpers quantitativ gar keine Veränderung erleiden könnten. Außer dem Rhein- und dem Maingebiet wurde auch das Neckarthal, das Tauber- thal und das Kocherthal von den Ueberschwcmmungen hcimgcsucht. Daß es nicht allein schmelzende Schneemassen der Alpen, sondern direkte Regengüsse waren, welche an vielen Orten die Ueberschwcmmungen erzeugten, gehl daraus hervor, daß auch die Nebenflüsse der Kocher, der Tauber und des Neckar, welche nicht in den Alpen ent springen — auch beispielsweise die Rcgnitz, die schon ties in der Mitte Deutschlands ihren Flußlauf hat — große Ueberschwcmmungen anzurichten vermochten, Selbst die Flüsse Thüringens haben ihre User überschritten. Es sind dies ganz ungewöhnliche Elemcntarerscheinungen. Die Elemente spotten der Gewalt des Menschen! Im preußischen Landtage drängten die Nachrichten vom Rheine das Interesse an den politischen Fragen in den Hintergrund. Aus den Kaiser selbst haben die ein laufenden Hiobsposten tiefen Eindruck gemacht, so daß er den Minister v. Puttkamer nach jenen unglücklichen Ge- genden entsandte, um an Ort und Stelle sich über die Größe der Verheerungen zu orientiren. Was die sonstigen Mittheilungen vom Landtage anlangt, so ist die Steuer- Vorlage eine der interessantesten Materien. Auf das Tabakmonopol scheint die preußische Regierung nun definitiv Verzicht zu leisten, aber als Surrogat dafür soll eine Mehrbesteuerung der Wirthshäuser, Branntwein schänken und des Tabakoerkaufs dienen. Als Kompensation beabsichtigt man die vier untersten Stufen der Klassen- steuer zu beseitigen. Das neue Gesetz wird aber so ein schneidend wirken, daß genau dieselbe Wirkung entstehen muß, als wenn die Abgaben von den geistigen Getränken und dem Tabak eine bedeutende Erhöhung erfahren hätten. Nun gilt aber das Gesetz — vorausgesetzt, daß es zu Stande kommt — blos für Preußen, während die übrigen Staaten des deutschen Zollgebiets von demselben nicht getroffen werden. Fürst Bismarck muß also dafür sorgen, daß sein Stcuersvstem auf das ganze deutsche Reich übertragen wird, oder Preußen steht sich dem Nachtheile ausgesetzt, daß es ganz andere Preisverhältnisse hat, als das übrige Deutschland. — Der deutsche Reichstag nahm am ver gangenen Donnerstage seine Sitzungen nach mchrmonat- licher Vertagung wieder auf und zwar mit einer Sprachen- srage. Der Antrag der Abgg. Winterer und Genossen stand zur dritten Berathung: den Mitgliedern des Elsasser Landesausschustes zu gestatten, bei den Verhandlungen sich auch der französischen Sprache bedienen zu dürfen Es war brav vom Reichstage, trotz Windthorst und kleri kalem Gefolge diesen Antrag abzulehnen, denn sonst würde man im Reichslande der deutschen Sprache mit ngenen Händen das Grab graben. Welcher Jubel in Frankreich ausgcbrochcn wäre, wenn der Reichstag einer kleinen Bevölkerungsllaste in Elsaß-Lothringen zu Gefallen, die unausgesetzt die Hoffnung auf Wiederherstellung der französischen Herrschaft lebendig erhält, Hilfe geleckte, hätte, kann sich Jeder selbst sagen. — Der Bundesrath hielt am 28. November eine Plenarsitzung ab, in welcher die Gesetzentwürfe wegen Abänderung deSMilitär-Penstons- gesctzes vom 27. Juni 1871 und wegen Abänderung des Reichsbeamtengesetzes genehmigt wurden. Desgleichen billigte' die Versammlung die gleichzeitige Vorlage der Etats für 1883 und 1884 im Reichstage. Beide Etats sind am Donnerstage dem Reichstage zugegangcn; freudige Aufnahme fand namentlich der letztere nicht, denn er wurde von der linken Seite des Hauses mit „Oho"-Rufen begrüßt. — Die parlamentarischen Dispositionen für die kommende Woche sind zwischen dem Präsidenten des Reichstages und des Abgeordnetenhauses vorläufig dahin vereinbart, daß das Abgeordnetenhaus am Montag und Mittwoch, der Reichstag an den übrigen Wochentagen Sitzungen abhalten wird. Im Reichstage wird voraus sichtlich am Donnerstag die erste Berathung des Etats beginnen. In Oesterreich war es vergangene Woche politisch ganz still. Das Hauptinteresse wendet sich dort der am nächsten Dienstag erfolgenden Eröffnung der Reichsraths-Scfsion zu. Wie gewöhnlich, so gehen auch diesmal der parla mentarischen Kampagne Gerüchte über neue Parteibildungen vorher, welche aber in diesem Falle, soweit sie sich auf die im Werden begriffene „Mittclpartci" beziehen, einer gewissen Basts nicht entbehren. D-rsc Mittclpartci wird sich um den Grafen Coronini als parlamentarischer Klub gruppiren und will weder als oppositionell noch als ministeriell gel ten. Indessen gewinnt es mehr und mehr den Anschein, als ob der Coronini-Klub zur Unterstützung des Minister präsidenten Grafen Taaffe auf der Bildfläche des Reichs- rathes erschienen sei, um gelegentlich ein Gegengewicht zu einer oder andern Fraktion der Reichsraths-Majorität bilden zu können. — Bei den kürzlich in Prag stattgesundenen Ergänzungswahlen zum Stadtverordneten-Kollegium sind die vier deutschen Stadtverordneten den czcchischen Kandi daten unterlegen. Trotz des günstigen Wahlresultats in Italien sitzt das Ministerium doch nicht so fest im Sattel, wie man anfänglich vermuthete. Es scheint, daß die Majorität der Regierung, die anfangs auf 300, neuerdings, nach Maß gabe der jüngsten ministeriellen Truppenschau aber nur auf knapp 250 Köpfe veranschlagt wird, doch nicht so verläßlich sei, daß sich das Kabinet ganz sicher fühlen kann. Wird doch berichtet, daß in der letzten Sitzung, in welcher die Budgetkommission gewählt wurde, die Wahl der von dem Konseilpräsidenten gewünschten Mitglieder, für die er mit Hinweis auf die Kabinetsfraqe eintrat, nur mit 20 Stimmen Majorität erfolgt sei Wenngleich die Opposition unterlag, soll doch ihre Stärke sich als so ansehnlich bewiesen haben, daß Depretis statt der Anfangs erwarteten Ziffer von 50 mehr als dreimal soviel Gegner auf der Linken steht. Unter solchen Umständen sieht sich Depretis auf die Nothwendigkeit hingcwiesen, bei Zeiten seine Gcgenvorkchrungen zu treffen, die darin bcsteven, einen Theil der Opposition von der Rechten für Vas Kabinet zu gewinnen und auf diese Weise eine Mittel partei zu bilden. — Herr von Giers weilt gegenwärtig in Rom. Seine Ankunft wird von der ministeriellen Zeitung „Rassegna" als ein glückliches Vorzeichen einer Annäherung Rußlands an Deutschland, Oesterreich und Italien begrüßt. Das Blatt führt hierbei aus: „Da die französische Republik im Sterben begriffen, die Republikaner jedoch entschlossen seien, wie Napoleon die letzte Karte in einem Kriege auSzuspielen, ehe sie unmännlich wie die Juli-Monarchie fallen, immerhin aber für Frankreich die Wiederkehr innerer Unruhen bevorstehe, welche die anarchistischen Parteien Europas kräftigen könnten, thue nun die Annäherung der großen Kontinental-Monarchien doppelt noth, denn es gelte, Europa die Wohlthaten des Friedens und der Ordnung zu sichern." Auch Frankreich litt an politischem Unterhaltungs stoff, weshalb man dort zum Klatsch seine Zuflucht nahm Des Pudels Kern ist kurz folgender: Gambetta soll in einer bei ihm abgehaltenen Versammlung seiner Getreuen den General Campenon, Kriegsministcr unter Gambetta, als Kandidaten für die Präsidentschaft der Republik auf gestellt und sogar den fremden Diplomaten hiervon Kennl- niß gegeben haben. Die legitimist'sche „France" brachte dieses Gerücht, welches begreiflicher Weise großes Aufsehen erregte, zuerst; die gambettistischen Organe dementirten dasselbe natürlich, aber Gambetta soll thatsächlich die Eventualität, Präsident Grevy durch General Campenon zu ersetzen, erörtert haben, und dies nicht nur in Freundes kreisen. In allen Zirkeln von Paris ward diese Angelegen heit auf das Eifrigste erörtert und das Verhalten Gam- betta's einer sehr abfälligen Kritik unterzogen. Daneben bildet die cigenthümliche Verwundung Gamvetta's mit das Tagesgespräch der Pariser; der Ex-Diktator verwundete sich, wie es heißt, durch ungeschickte Handhabung eines Revolvers, wobei sich derselbe entlud, an dec Hand. Die Wunde wird als ungefährlich, jedoch als sehr schmerzhaft bezeichnet. — Der „Temps" sucht in einem Artikel daS Recht Frankreichs, das Protektorat über die Westküste von Madagaskar auszuüben, nachzuweisen, wobei er zu dem Schluffe kommt, daß die kriegerischen Stämme der Sa- kalven und Otakaren Frankreich als ihren natürlichen Pro tektor betrachteten, da sie entschlossen seien, das Joch der Howas nicht länger zu tragen. Das Vcrhältniß Englands zu Frankreich blieb auch in der abgelaufenen Woche noch unaufgeklärt. Das Lon doner Kabinet zeigte offiziell seinen Entschluß an, die in der egyptischen Frage bisher bestandene Kontrole zu Zweien aufzugeben, bot aber Frankreich dafür eine Kom pensation an. Aus den Depeschen geht hervor, daß daS englische Kabinet Frankreich ersucht Hit, die Natur der von ihm gewünschten Kompensation wissen zu lassen. Aber der französische Minister des Auswärtigen, der sich stets für die Aufrechterhaltung der Kontrole ausgesprochen, wollte keine Initiative ergreifen und vielmehr England es überlassen, Präpositionen zu machen. Diese Präpositionen liegen gegenwärtig der französischen Regierung zur Prü fung vor. — Die neuerlichen Mordansälle in Irland haben dargethan, daß die Unternehmungslust und Ver wegenheit des irischen Geheimbundcs in letzter Zeit eher zu- als abgcnommcn hat. Die Stimmungsberichte aus Dublin lauten sehr düster In allen Klassen der dortigen Bevölkerung herrscht große Aufregung. Weitere Ent hüllungen über die ausgedehnte Verzweigung des Mocd- bundes vermehren die Aufregung, obwohl dieselben vielfach der erhitzten Phantasie oder böswilliger Erfindung ihren Ursprung verdanken Thatsache ist, daß eine große An zahl hervorragender Persönlichkeiten bedroht ist. Die Re gierung hat in Folge dessen wieder zu Ausnahmemaßregeln greifen müssen. Der Bizekönig erließ deshalb eine Pro klamation, welche für Stadt und Grafschaft Dublin den Artikel des Gesetzes über die Unterdrückung von Ver brechen in Kraft setzt, wonach die Polizei-Agenten befugt sind, alle Personen zu verhaften, die der Ausübung unge- fctzlicher Handlungen verdächtig find und zwischen Sonnen untergang und Sonnenaufgang auf den öffentlichen Straßen angctroffen werden. In der Türkei hat ein Ministerwechsel stattgefunden. An Stelle des Konseilpräsidenten Said Pascha ist Achmed Befik Pascha getreten. Es muß etwas ganz Außerordent liches geschehen sein, daß der Sultan sich entschloß, eine so vollständige Umänderung des Kabinets vorzunchmen. Jedermann denkt selbstverständlich sogleich an die Ver schwörung, die nach den neuerdings eingelaufenen Nach richten ganz außerordentliche Dimensionen zu haben scheint und sich nicht nur auf einige Gcoßwürdenträger, sondern auf das Kabinet, die Garden und einen Theil des kaiser lichen Hofstaates erstreckt haben soll — wenn nämlich die Meldungen nicht unmäßig übertreiben. Mit Fuad Pascha, dem Kommandeur der Leibwache, wurden verhaftet: der Mufti von Taschlidja, ein General und ein Oberst der tscherkessischen Dragoner, sowie mehrere Offiziere der Palast garde, sämmtliche unter der Anklage, eine Verschwörung gegen das Leben des Sultans und des Kciegsministers angezettelt zu haben Die Untersuchungskommission hält ihre Sitzungen im Mdiz Kiosk ab. In Folge der gegen Fuad Pascha einqeteiteten Untersuchung sind ferner auch 120 im Palast bedienstete Tscherkessinnen eingeschifft und in ihre Heimath geschickt wo den. Der Groß-Eunuche des Palastes ist in Ungnade gefallen, weil er, als Chef der geheimen Polizei des Palates, nicht zuerst das Komplot entdeckt halte, welches dem Sulian direkt durch eine dem Palaste fernstehende Person verralhen worden war. Der allgemeine Endruck von der Sache ist in Konstantinopel jedoch der, daß cs sich um eine bloße Jntriguc handelt und Niemand sich gegen den Sultan verschwor. Es ist möglich, daß Fuad Pascha oder die anderen Beschuldigten unehrerbietige Acußerungen gegen den Sultan haben fallen lassen; ein Weiteres in Betreff ihrer liege gewiß nicht vor.
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