Suche löschen...
Freiberger Anzeiger und Tageblatt : 16.03.1882
- Erscheinungsdatum
- 1882-03-16
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id1878454692-188203162
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id1878454692-18820316
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-1878454692-18820316
- Sammlungen
- Saxonica
- LDP: Zeitungen
- Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungFreiberger Anzeiger und Tageblatt
- Jahr1882
- Monat1882-03
- Tag1882-03-16
- Monat1882-03
- Jahr1882
- Titel
- Freiberger Anzeiger und Tageblatt : 16.03.1882
- Autor
- Links
-
Downloads
- Einzelseite als Bild herunterladen (JPG)
-
Volltext Seite (XML)
Amtsblatt für die königlichen nnd städtischen Behörden zn Freiberg nnd Brand. Verautwortlicher Redakteur Julius Braun in Freiberg. - - > — — . 34. Jahrgang — , Erscheint jeden Wochentag Abends 6 Uhr für dm Inserate werden bis Vormittags 11 Uhr angenom- 62. I Donnerstag, den 1b. März. 1882. Die flamschrn Sriider. In dem Kampfe gegen Vas Dcutschthum, welchen die Herren Skobeleff, Katkow und Genossen einstweilen mit Mund nnd Feder begonnen, spielen bekanntlich die slavi- sche» Brüder eine große Rolle. Die Russen gestehen zwar, daß sie selbst unter der Herrschaft des Fremdlings — der sich in ihrem Staatswesen eingenistet und zu dem sie «uch das eigene Kaiserhaus zählen — arg leiden, wes halb sie diesen Fremdling sobald als möglich aus dem Haufe hinausjagen wollen; indeß haben sie außerdem noch sehr viel Mitgefühl für die anderen slavischen Brüder ibch, die angeblich von den „deutschen Unterdrückern" grausam behandelt werden. Wenn sie diesen verhaßten Deutschen den Krieg auf Leben und Tod ansagen, so thun sie es ihrer Meinung nach nicht nur um ihrer selbst willen, sondern mindestens ebensosehr der slavischen Brüder «egen, die sic befreien wollen. Wir wissen längst, mit welchen zärtlichen und dabei lüsternen Augen die Pan- slaviftcn nach Prag blicken, wir haben Beweise, wie freundschaftlich sie den slavischen Volksstämmcn an der unteren Donau unter die Arme greifen; eben noch sind auch in Warschau — nicht nur von Skobeleff — An strengungen gemacht worden, um auch den Polen Sympa thien zu beweisen und einzuflößen. Die Ungereimtheit dieser großsprecherischen Reden von den slavischen Brüdern ist so augenfällig, daß es sich nicht lohnt, sie erst noch ausführlich nachzuweisen. Es würde auch wenig damit erzielt sein, denn die Panslavisten eines Besseren zu belehren, dürfen wir nicht hoffen- Für Andere aber ist der Nachweis ganz überflüssig, daß kein Land Europa's so verschiedene Stämme und Nationalitäten in sich birgt, als gerade Rußland, dessen slavische Brüder noch an die hundert andere Volksstämme mit etwa vierzig verschiedenen Sprachen in ihren Grenzen wohnen haben, denen sie nichts anderes als Unterdrücker sind. Wohl aber ist vielleicht der Nachweis nicht ganz überflüssig, daß diese slavischen Brüder unter sich so kolossal gespalten find, um ein Zusammenstehen derselben gegen das Ger, mauenthum gar nicht ernstlich in's Auge fassen zu dürfen. Schauen wir uns die Slaven etwas näher an, so haben wir zu unterscheiden zwischen Bulgaren, Serben, Kroaten, Slovencn, Russen, Czcchen, Polen, Wenden; die Untcrabtheilungen können wir außer Acht lassen. Die Verschiedenheit unter diesen slavischen Brüdern ist so groß, wie nur irgend denkbar- Zunächst scheiden sie sich in Bezug auf die Religion; nur Russen und Bulgaren ge hören der griechischen, alle anderen — mit Ausnahme der Serben, bei welchen etwa die eine Hälfte griechisch-, die andere römisch-katholisch ist — der römisch-katholischen Konfession an. Welche Scheidewand aber gerade den Russen gegenüber die Konfession zieht, deren Czar ja nicht blos weltliches, sondern auch geistliches Oberhaupt seines Bölkes ist, erhellt aus zahlreichen Vorgäirgen in der jüngsten Vergangenheit und läßt sich um so leichter er sessen, als gerade die römisch-katholischen Slaven die «llertrcuesten Söhne ihrer Kirche sind. Bulgaren und Serben aber — die einzigen Völker, welche ganz oder doch zum Theil mit den Russen übcrcinstimmcn — werden wohl die Letzten sein, sich mit Rußland allzu tief einzu- lasfen. Was sie wünschten, haben sie jetzt schon erreicht. Bon einer allzu starken Betonung der slavischen Brüder schaft erwarten sie keinen Nutzen, wohl aber eine Be schränkung ihrer eigenen Nationalität- Aber auch von der Konfession abgesehen bestehen unter den Slaven die größten Verschiedenheiten. Wir haben da eine ganze Musterkarte in Bezug auf Kulturstufen und Interessen vor uns, die durch die Moskauer Panslavisten nimmermehr verwischt werden kann. Das treibende Motiv in allen Kundgebungen der Moskauer ist die Feindselig keit gegen die westliche Kultur. Gerade dieser westlichen Kultur gegenüber verhalten sich die slavischen Völkerschaften sehr verschieden. Polen, Czechen, Wenden sind, wenigstens in den höheren Schichten, genährt mit der Bildung des Abendlandes und werden sich's vermuthlich sehr überlegen, ob sie den modernen Tamerlans sich anschlicßen sollen. Sie haben den Werth der westeuropäischen Kultur schon genügend kennen gelernt, um sie nicht muthwillig preis zugeben. Slovenen, Kroaten, Bulgaren und Serben sind zwar nicht in gleich inniger Fühlung mit der Kulturwclt les Abendlandes, auch sie aber wissen recht gut, daß sie ohne Aneignung der Bildungsstoffe des Occidents un möglich ihren Posten behaupten können und handeln darnach. Alle diese westlichen und südlichen Slaven denken nicht daran, Moskau zu ihrem geistigen Zentrum zu machen; ihre Lebenssphären liegen nach ganz anderen Rich tungen hin; bei den Südslaven mehr nach dem Südostcn, bei den Westslavcn mehr nach Westen. Moskau hat für sie keine Anziehungskraft, denn der Gedanke einer Ab wendung vom Westen kann nur in einem noch immer nach Asien schauenden und dahin gehörenden russischen Schäde Platz greifen. Von all den slavischen Brüdern sind sicherlich die aller wenigsten von einer besonderen Liebe für das Deutschthum erfüllt. Die Meisten — ob Slavenen, Czcchen oder Po len — würden sich herzlich freuen, wenn Russen und Deutsche einmal hart aneinander gcrathcn sollten. Sie werden sich aber sehr besinnen, die russische Bruderhand anzunehmen, weil sic sehr genau wissen, was sie dabei riskiren. Es herrscht bei ihnen kein Zweifel, daß sie von den Rusfcn noch mehr zu fürchten hätten, als von den Deutschen. Der Panslavismus treibt mit seinen Bestre bungen, die Verbindung aller Slaven herbeizuführen, eitel Komödie. Wer sich das Ungereimte aller dieser Deklama tionen recht deutlich vor Augen sühren will, der ziehe nur einmal eine Parallele. Was würden wohl Engländer, Schweden, Dänen, Holländer, Schweizer zu uns sagen, wenn wir Deutschen eine Verbrüderung der germanischen Völker zur Niederwerfung des Slaventhums stiften wollten? Und doch stehen die Germanen sich unter einander in allen Lebensverhältnisscn weit näher, als die Slaven! Tagesschau. Freiberg, 1b. März Das Zentrum des preußischen Abgeordneten hauses schüttete bei der gestrigen Fortsetzung der Kultus- Debatte all seinen Groll über den Abg. v. Eynern aus, welcher bekanntlich Tags zuvor die Uebcrhebung und In toleranz beklagte, die sich nach seiner Meinung innerhalb der katholischen Kirche geltend machen. Abg. v. Schor- lemer-Alst erklärte, Herr v. Eynern mache die merk würdigsten Anstrengungen, sich zum Kulturkämpfer pur srcellvnco auszubilden, aber seine Vorbilder aus der Blüthczeit der Falk'schen Aera erreiche er darum doch nicht. Er, Redner, müsse protcstiren gegen den Versuch, Mißtrauen und Unfrieden zwischen den Katholiken und Protestanten der westlichen Provinzen zu säen. Die Kon fessionen leben dort in bester Gemeinschaft, Niemand stört die religiösen Ueberzeugungen des Anderen, selbst der Kulturkampf hat es nicht vermocht, dies schöne Verhältniß zu trüben. Und wenn Herr v. Eynern, da er die Lebenden nicht für sich ins Feld führen könne, Steine auf die Todtcn werfe uud den verstorbenen Bischof von Trier mit seinem Haß verfolge, so werde auch das die Katholiken nicht ihrem Bestreben wankend machen, Alles zu vermeiden, was die Gefühle der evangelischen Mitbürger im Westen verletzen könne. Des weiteren geht der Redner auf die bekannte Beerdigungsaffaire von Rheinbrohl ein und tadelt die Intervention der Behörden, zu welcher gar kein Anlaß vorgelegen habe. — Nach einigen irrelevanten Zwischenbemerkungen der Abg. Strosser, Franz und Fuchs, sowie des Kultusministers erwiedcrt Herr v. Eynern auf den Angriff des ultramontanen Abge ordneten. Er spricht seine Verwunderung über diesen, nach seiner vorgestrigen gemäßigten Rede nicht erwarteten Angriff aus. Der neue „Krawall", von dem Herr v. Schorlemer spreche, sei nicht von ihm, dem Redner, sondern vom Papste mit seiner letzten Enziklika angefangen. Der religiöse Friede, den Herr v. Schorlemer im Munde führe, möge wohl möglich sein, wenn alle Katholiken ähnlich dächten; aber der westfälische Freiherr sei nicht identisch mit der katholischen Kirche und eben deshalb be zweifle er entschieden, daß jenes Ideal des Friedens auch wirklich in den Rheinlanden verwirklicht sei. Das Be dauern des Redners, daß die Ultramontanen die zitirte Enziklika mit vorsichtigem Schweigen umgingen, wird dem Abgeordneten Reichensperger (Köln) zum Anlaß der Erklärung, daß der Papst dem Zentrum viel zu hoch stände, als daß sich dasselbe veranlaßt sehen sollte, ihn gegen Herrn von Eynern in Schutz zu nehmen. Man schieße doch nicht mit Flinten nach der Sonne. Wenn man Herrn v. Eynern höre, dann sollte man meinen, die Protestanten und Katholiken lebten in Elberfeld wie Hunde und Katzen; das gerade Gegentheil sei glücklicher weise der Fall. — Damit wird dieser Zwischenfall ver- lasfcn und die Etatsdebatte fortgesetzt. Die Position für das Erzbisthum Posen-Gnescn wird von dem polnischen Abg. von Jagdzcwski zu lebhaften Beschwerden über die Verworrenheit der kirchlichen Verhältnisse in seiner Hei- mathprovinz benutzt. Das Juligesetz habe dort keineswegs günstig gewirkt. Der Kultusminister v. Goßler weist besonders die Klagen über die kommissarische Vermögens- Verwaltung des Bisthums durch staatliche Beamte als unbegründet zurück. In vielen Diözesen hätten die Bischöfe selber anerkannt, daß diese Verwaltung musterhaft gewesen und eine Menge streitiger Fragen befriedigend gelöst habe. Ebenso lägen die Verhältnisse im Posenschen, wo der Kommissar des Ministeriums überdies mit dem unerhörtesten Trotz und Widerstande der Geistlichen zu kämpfen gehabt habe. Der Minister kommt alsdann auf seine früheren Bemerkungen über die gefährlichen national- polnischen Bestrebungen zurück und zlürt zum Belege, wie recht er mit seiner Warnung gehabt, eine polnische Zei tung, welche bestätigend ausgerufen: Unser einziges Ziel ist ein freies und glückliches Polen. Das sei doch deutlich genug und verpflichte die Regierung zur Wachsamkeit, besonders gegenüber den polnischen Geistlichen, die leicht fertig mit dem Feuer spielen. — Aus dem weiteren Gange der Debatte ist nichts von besonderem Interesse hervorzu heben und wurde schließlich die Fortsetzung der Diskussion auf heute vertagt. — Dem Abgeordnetenhaus!! ist ein Ge setzentwurf, betreffend die unentgeltiche Uebereignung eines Abschnittes des großen Thiergartens in Berlin an das Reich (zur Erbauung des Reichstagsgebäudes), zugegangen. — Der permanente Ausschuß des Volks - wirthschaftsraths erledigte den Rest der Gewerbe- ordnungsnovclle ohne erhebliche Aenderungen. Die Zentralstelle für Handel und Gewerbe in Würt temberg sprach sich gestern mit 18 gegen 4 Stimmen für den Tabakmonopolentwurf unter der Voraussetzung genügender Entschädigung der Fabrikanten, Verwendung der Erträg nisse zur Beseitigung der Matrikularbeiträge, Erleichterung der Bundesstaaten, deren Fiuanzvcrhältnissc unzulänglich seien und der Ausdehnung der Konzession zum Tabaksbau auf einige weitere württcmbergische Bezirke aus. Heute beräth die Zentralstelle der Landwirthschaft das Monopol und wird sich voraussichtlich entschieden dafür aussprechen. — Gestern fand in Baden-Baden ein Festdiner bei der russischen Gesandtschaft zur Feier der Thronbesteigung Kaiser Alexander III. statt. Der Finanzminister Ellstätter, der preußische Gesandte v. Flemming, der großherzogliche Hofmarschall, die Adjutanten des Großhcrzogs und die Spitzen der dortigen Behörden waren anwesend. Der Finanzminister Ellstätter toastete auf den Kaiser von Rußland, worauf der russische Gesandte v. Kolojein mit einem Toast auf den Großherzog erwiederte und die Hoffnung aussprach, daß die freundschaftlichen Beziehungen zwischen Rußland, Baden und Preußen, die sich während der Regierung von vier Kaisern bewährt, auch ferner er halten bleiben werden. Die österreichischen Ministerkonferenzen sind noch nicht abgeschlossen. Morgen (Donnerstag) kommen die Minister Tisza und Szapary wieder nach Wien, um in erneuerten
- Aktuelle Seite (TXT)
- METS Datei (XML)
- IIIF Manifest (JSON)
- Doppelseitenansicht
- Vorschaubilder
Erste Seite
10 Seiten zurück
Vorherige Seite