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Freiberger Anzeiger und Tageblatt : 12.04.1882
- Erscheinungsdatum
- 1882-04-12
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id1878454692-188204120
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id1878454692-18820412
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-1878454692-18820412
- Sammlungen
- Saxonica
- LDP: Zeitungen
- Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungFreiberger Anzeiger und Tageblatt
- Jahr1882
- Monat1882-04
- Tag1882-04-12
- Monat1882-04
- Jahr1882
- Titel
- Freiberger Anzeiger und Tageblatt : 12.04.1882
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und Tageblatt. 83. Amtsblatt für die königlichen und städtischen Behörden zu Freiberg und Brand. Verantwortlicher Redakteur Iuliu« Braun w Freiberg. Erscheint jeden Wochentag Abends ü Uhr für den andern Tag. Preis vierteljährlich 2 Mark 2S Ps., zweimonatlich 1 M. SV Pf. u. einmonatl. 7ü Pf. 34. Jahrgang ——— Mittwoch, dm 12. April. Inserate werden bis Vormittags 11 Uhr angenom men und beträgt der Preis für die gespaltene Zeile oder deren Raum 1S Pfennige. 1882. Nach dem Feste. Abermals sind die Klänge der Osterglocken verhallt und daS Leben tritt in sein Alltagsgewand. Kein poli tisches Ereigniß von irgend welcher Bedeutung unterbrach die Festfeier, so daß die Publizistik trotz der zweitägigen Pause etwas Neues gar nicht zu melden hat. Mag daher das tägliche Leben mit seiner Macht der Gewohn heit heute den Gegenstand einer kurzen Betrachtung bilden. Lehrt doch die Wissenschaft, daß kein Geschöpf auf der Erde im Stande ist sich unter allen Himmelsstrichen so leicht zu akklimatisiren, wie der Mensch, und daß wiederum der höher zivilisirte Mensch leichter sich akklimatisirt, wie der auf niedriger Kulturstufe stehende; gerade wie auch die meisten der höher organisirlen Thiere, z. B- der Hund, leichter sich veränderten Lcbensbedingungen anbcquemen wie die untergeordneten Arten. Diese Akkomodation des Menschen an veränderte Verhältnisse auf physischem Ge biete. wie sie tagtäglich sich vollzieht und durch die Wissen schaft uns in ihren einzelnen Stadien nachgewiesen wird, ist nichts anderes als das, was wir auf psychischem und ethischem Gebiet die Macht der Gewohnheit nennen — die mit der Zeit eintretende Ausgleichung der -Differenz, welche bei plötzlich veränderten Verhältnissen zwischen den Voraussetzungen des Lebcnsprozcsses und den zur Er möglichung desselben vorhandenen Bedingungen besteht, — und auch auf psychischem und ethischem Gebiet wiederholt sich im Allgemeinen die Wahrnehmung, daß der höher organisirte Mensch dieser Macht der Gewohnheit viel mehr unterworfen ist, als der niedrig stehende. In zweierlei Richtung nun kann der Mensch die Macht der Gewohnheit erproben, aktiv und passiv. Aktiv, indem er die in ihm schlummernden Kräfte durch fortgesetzte Ucbung allmählich immer mehr entwickelt und bis zum denkbar höchsten Grade der Vollkommenheit bringt; passiv, indem die von außen her auf ihn wirkenden Einflüsse an Wirkung verlieren und ursprünglich Fremdartiges seinem Wesen dadurch gleichartig wird. Um es anders auszu drücken: der Mensch lernt sowohl in Bezug auf das, was er giebt, wie in Bezug auf das, was er empfängt, all mählich sich mit seiner Umgebung verschmelzen. Natürlich findet dieses Vermögen in den dem Menschen von der Natur mitgegcbenen Kräften und Bedürfnissen seine Grenze; aber es ist weit größer, als wir gemeinhin annchmen. Ein gut Theil all der Erscheinungen, welche wir im Leben wahrnchmcn können, beruht auf der Macht der Gewohnheit, die großartigsten Leistungen finden durch sie ihre einfache Erklärung, bei allen glänzenden Thaten auf dem Gebiete der Wissenschaft, der Kunst, des öffentlichen Lebens spricht die Gewohnheit viel mit, die Ueberwindung erstaunlicher Hindernisse, das Ertragen der größten Strapazen wird durch die Gewohnheit ermöglicht, und selbst in den jeweilig herrschenden Ansichten der Gesammtheit, wie in den An schauungen des Einzelnen ist die Gewohnheit tonangebend. In den Biographien aller großen Männer können wir lesen, welche gewaltigen Resultate durch ausdauernde Ucbung der Geisteskräfte sich erreichen lassen; an unserm Körper können wir täglich die Erfahrung machen, wie wir dessen Kraft durch fortgesetzte Ucbung vermehre.«, seine Widerstandsfähigkeit durch allmähliche, fortgesetzte Ueber windung widriger Einflüsse, z. B- der Kälte, erhöhen können. Ja, alle Thäligkeiten unseres Körpers, so weit sie nicht das rein vegetative Leben betreffen, sind Resultate der Gewohnheit, wir würden weder gehen noch sitzen können, wenn wir uns nicht gewöhnt hätten, es zu thun. Um Beispiele für die Macht der Gewohnheit braucht man somit nicht verlegen zu sein, der Leser wird sie bei einigem Nachdenken leicht hundertfach anführen können. Warum wir aber alle diese Dinge hier angeführt haben? Weil «n Leben diese Macht der Gewohnheit viel zu sehr über ¬ sehen wird, so einfach und klar sie auch zu Tage liegt, und weil Vieles anders und besser wäre, wenn wir uns die Bedeutung der Gewohnheit immer klar vor Augen halten wollten. Wir würden viel mehr Gutes zu Stande bringen, und viel mehr Uebles ertragen, wenn wir uns mit der Macht der Gewohnheit etwas näher befassen wollten, wir würden aber auch vielem Ungemach und vielen selbstverschuldeten Leiden aus dem Wege gehen, wenn wir die Macht der G-wohnheit fürchten wollten, denn die Gewohnheit ist unser bester Bundesgenosse und unser schlimmster Tyrann, je nachdem. Wo wir eine schwere Aufgabe vor uns sehen, — die Gewohnheit wird uns helfen, sie zu lösen! Wo wir eine Neigung in uns spüren, der nachzugehen mit der Zeit gefährlich für uns werden kann, — die Gewohnheit möge uns drohend vor der Seele stehen! Da haben wir z. B. ein Ziel vor Augen, das zu er reichen uns äußerst begehrenswerth erscheint; aber wir fühlen, unsere Kraft reicht dazu nicht aus. Wie aber, wenn wir uns, um dieses Ziel zu erreichen, zunächst nur ein klein wenig mehr anstrcugen wollten, als bisher, und wenn wir damit konsequent förtfähren wollten? Bald würde die Mehrleistung uns als gar nichts Besonderes, als etwas ganz Selbstverständliches vorkommen, wir würden vielleicht unsere Leistung noch mehr steigern können, — und mit der Zeit hätten wir unser Ziel, das anfangs uns fast unerreichbar schien, erreicht, hätten unser Wissen vermehrt, oder unsere Arbeitsleistung erhöht, unser Ge schäft ausgedehnt oder was wir sonst erstrebten, ohne große Anstrengung, fast ohne daß wir's selbst gemerkt. Da haben wir Anforderungen an unser Einkommen zu befriedigen, die uns ganz unerschwinglich vorkommen. Wir können rechnen wie wir wollen, wir finden keinen Ausweg, um die Ausgaben zu bestreiten, welche die Familie, die Erziehung der Kinder, Krankheit der Angehörigen oder dergl. verursachen. Es scheint uns ganz unmöglich, d«.nn wir haben schon bisher keinen Luxus getrieben und wir wissen nicht, wie und wo wir uns nun weiter einschränken sollen. Wie aber, wenn wir's doch versuchten, eine regel mäßig wiederkchrende kleine Ausgabe, die nicht gerade das Allernothwendigste beträfe, uns zu versagen? Für den Anfang würde es uns wohl hart ankommcn; wir waren ja eben daran gewöhnt, uns diesen unschuldigen kleinen Genuß zu gönnen. Aber das zweite und dritte Mal geht's schon leichter, bald empfinden wir's gar nicht mehr, daß uns etwas fehlt und schließlich sehen wir: es geht ganz gut; was wir für unmöglich hielten, ist auf die einfachste Weise von der Welt möglich geworden. Da giebt es aber andererseits auch allerhand Neigungen, — an sich vielleicht gar nicht schlimme, sondern harmlose und ganz natürliche. Wir sehen gern einmal Gäste in unserem Hause, wir trinken gern ein Gläschen in froher Gesellschaft, wir erholen uns gern einmal von der Arbeit bei irgend einem Vergnügen. Das ist etwas so Natür liches und Selbstverständliches, daß nur der Grillenfänger daran Anstoß nehmen kann. Und doch kann jede solche N.igung zum Ruin für uns werden, — wenn wir die Mecht der Gewohnheit nicht bedenken, wenn wir der Neigung so weit nachgeben, daß wir ihr schließlich nach geben müssen. Da ist dann kein Halt mehr auf ab schüssiger Bahn, die Neigung wird Leidenschaft. Denn die Gewohnheit hat das an sich, daß ihr Objekt immer mehr wächst. Wie wir bei der Ucbung unserer Kräfte, wenn wir uns gewöhnen, allmählich unmerklich eine Steigerung eintreten lassen können, so werden wir, wenn wir die Ge wohnheit Macht über unsere Neigungen gewinnen lassen, bald auch diesen Neigungen immer mehr und mehr opfern, — was anfangs Genuß war, wird nun Bedürfniß, wir werden ohnmächtige Sklaven eines immer mehr von uns fordernden Herrn, unsere ganze Menschenwürde und Men- schenfteiheit haben wir an die Gewohnheit verloren. Solch zweischneidiges Schwert ist die Gewohnheit. Wohl dem, welchen verständige Eltern schon in der Jugend die Macht der Gewohnheit nach beiden Seiten hin er kennen lehrten! Tagesschau. Freiberg, 11. April. Am Sonnabend vor Ostern empfing Kaiser Wil helm die gewöhnlichen Vorträge und arbeitete später mit dem General Albedyll. Er unternahm sodann um 1*/, Uhr eine gemeinsame Spazierfahrt mit der Kaiserin und konferirtc nach der Rückkehr mit dem Unterstaatssekretär Busch. Abends fand kleiner Thee im kaiserlichen Palais statt. — Fürst Bismarck veröffentlicht folgendes Dank schreiben : Das Wohlwollen, welches mir anläßlich meines Geburtstages von vielen Seiten bezeugt wurde, hat mich von Herzen gefreut, meine verminderte Schreibkraft und die große Zahl der Glückwünsche machen mir es zu meinem Bedauern unmöglich, jeden derselben, wie gern ich auch möchte, zu beantworten. Ich bitte deshalb Alle, welche meiner so freundlich gedacht, den Ausdruck der Dankbarkeit in diesen Zeilen freundlich entgegcnzunehmen. — Der >,Rcichs-Anz." publizirt eine Bekanntmachung des preußischen Finanzministers, wonach für die Monate Juni, Juli, August und September die Monatsraten sämmt- l icher Klassensteuerstufen, die 5 untersten Stufen der klassifizir- tcnEinkommensteuer, außerdem für nächsten Mai die Monats rate der 6 untersten Klassenstcucrstufen unerhoben bleiben. — In der innern Politik ist heule der österlichen Stille wegen die Auslese gleich Null. Wir heben nur hervor, daß die Frühjahrs-Session des Reichstages nunmehr zur Gewißheit geworden ist, denn unter Bezugnahme auf 8 3 der Geschäftsordnung des Vundcsrathes hat der Reichs kanzler den Bundesrath davon in Kcnntniß gesetzt, daß beabsichtigt wird, die wichtigeren der während der bevor stehenden Session des Reichstages einzubringenden Ent würfe in der mit dem 16. d. M. beginnenden Woche zur Berathung der Ausschüsse bezw. des Plenums des Bundes- rathes zu stellen. Was den Termin der Einberufung des Reichstages anbclangt, so wirb jetzt mit großer Bestimmt heit der 27. April genannt und würden also bis zu diesem Tage die Berathungcn im Bundesrathe über das Tabak monopol zu Ende zu führen sein, wenn dasselbe dem Reichstage sofort nach dessen Zusammentritte unterbreitet werden soll. Da daS preußische Abgeordnetenhaus seine Thätigkeit am 18. April wieder aufnehmen wird, so ist ein Nebeneinandertagen von Reichstag uno preußischem Landtag — denn auch das Herrenhaus nimmt seine Sitzungen am 20. April wieder auf — unvermeidlich ge worden, indem der Landtag den noch vorliegenden Arbeits stoff unmöglich in der Zeit bis zum Zusammentritte des Reichstages bewältigen kann. Dieser Uebclstand war in dessen nicht zu umgehen, denn den Reichstag etwa erst im Mai einzuberufen, wäre aus verschiedenen Gründen nicht gut durchführbar gewesen, anderseits war aber Fürst Bis marck augenscheinlich entschlossen, vor allen Dingen die Entscheidung des Reichstages über das Tabakmonv^ol so bald als möglich herbeizusühren und dieser Grund rccht- fert'gt allerdings die Einberufung des Reichstages zu einer Frühjahrssession, da eine baldige Entscheidung in dieser die Gemüther aufregenden Angelegenheit des Tadakmono- pols doch gewiß nur erwünscht sein kann. -- Aus Magde burg meldet man unterm 8. April: Heute Nachmittag zwischen 4 und 5 Uhr explodirte hier einer der beiden Kessel des der österreichischen Nordwest-Dampfschifffahrts- Ge ellschaft gehörigen Schleppdampfers „Austria". Der Kapitän und drei Personen der Schiffsmannschaft sind wahrscheinlich umgckommen, wenigstens werden dieselben vermißt. Der Dampfer liegt auf Grund. Das Gutachten der bairischen Regierung bezüglich des Tabakmonopols ist in Berlin eingetroffen und lautet ablehnend. Es wird in demselben hcrvorgchobcn, daß mit Rücksicht auf die Finanzlage der betreffenden Staaten ein erhöhter Ertrag aus dem Tabak gezogen werden müsse und soll es sich deshalb bestätigen, daß Baiern im Bundes- ralhe mit dem Projekte der Tabaksabrikatstcuer hervortreten werde. Die Genesung des Großherzogs von Baden macht solche Fortschritte, daß die Acrzte daran gedacht haben, demselben den Aufenthalt im Süden anzuempfehlen. Von
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