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Freiberger Anzeiger und Tageblatt : 20.06.1882
- Erscheinungsdatum
- 1882-06-20
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id1878454692-188206200
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id1878454692-18820620
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-1878454692-18820620
- Sammlungen
- Saxonica
- LDP: Zeitungen
- Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungFreiberger Anzeiger und Tageblatt
- Jahr1882
- Monat1882-06
- Tag1882-06-20
- Monat1882-06
- Jahr1882
- Titel
- Freiberger Anzeiger und Tageblatt : 20.06.1882
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H I Erscheint jeden Wochmtag Abends 6 Uhr für den I j andern Tag. Preis vierteljährlich 2 Mark 25 Pf., V* zweimonatlich 1 M. 50 Pf. u. einmonatl. 75 Pf. 34. Jahrga»«. Dienstag, de« 2». Jmn. reikMM^ und Tageblatt. Amtsblatt für die königlichen nnd städtischen Behörden za Freiberg nnd Brand. Verantwortlicher Redattem Julin« Braun i« Freiberg. Inserate werden bis Vormittag» H Uhr angenom- - men und beträgt der Preis für gespaltene Zelle 1 oder deren Raum 15 Mennige. Tagesschau. Freiberg, 19. Juni. Kaiser Wilhelm trat gestern früh seine Reise nach Ems an und traf früh 8 Uhr wohlbehalten in Kassel ein. Nachdem auf dem Bahnhöfe der Kaffee eingenommen worden war, begab sich Se. Majestät um 8*/r Uhr zum Besuche des Prinzen Karl nach dem Schlosse und fetzte nach etwa drcivicrtclstündigem Verweilen die Reise nach Ems fort. Auf der Fahrt in die Stadt wurde der Kaiser überall mit enthusiastischen Kundgebungen begrüßt. Kurz nach 2 Uhr langte derselbe in Ems an. Zum Empfange auf dem Bahnhose waren anwesend: Prinz Nikolaus von Nassau, Prinzessin Eugenie von Oldenburg, Oberpräsident v. Bardeleben, Regierungspräsident v. Wurmb, die Gene ralität von Koblenz und die Geistlichkeit. Der Kaiser, welcher sehr wohl aussah, begab sich alsbald, von den Badegästen und der zahlreich erschienenen Bevölkerung leb haft begrüßt, in offenem Wagen über die mit Blumen und Fahnen geschmückte Brücke nach dem Kurhause. — Die Rcichstagsabgcordnctcn weilen nunmehr wieder am häuslichen Heerde. Die abgelaufcnc erste Hälfte der Session schloß fast lediglich mit negativen Ergebnissen ab; positive Leistungen, das hoffen wir wenigstens auf dem sozialpolitischen Gebiet, werden erst in der zweiten Hälfte dieser weit auseinandergerisfenen Session zu er warten sein. Den Ausweg der Vertagung, der endlich einmal einen Schritt vorwärts in der Angelegenheit der Kranken- und Unfall-Versicherung in Aussicht stellt, haben wir trotz mancher unstreitig cntgcgenstchender Bedenken freudig begrüßt. Auf dem sozialpolitischen Gebiet ist die Reform-Thätigkeit dankbarer und verspricht ersprießlicher zu werden als auf dem steuerpolitischen, mit welchem sich die erste Hälfte der Session zu beschäftigen hatte. Welchen Weg die Stcuerreformfrage weiterhin einschlagen wird, ist heute noch unklar, und auch der Reichstag hat sich in dieser Beziehung große Zurückhaltung auferlegt. Er hat nur die Forderung ausgesprochen, das Tabak-Monopol und eine andcrweitc höhere Besteuerung des Tabaks fallen zu lassen und dieser abgehetzten Industrie endlich Ruhe zu gönnen. Der Versuch, jede weitere Vermehrung der Reichs- Einnahmen für unnöthig, auch ohne eine solche eine wirk same Steuerreform für durchführbar zu erklären, den Reichstag auf die Ablehnung sämmtlicher denkbaren neuen Steuervorlagen, damit aber zugleich auch auf die Aufrecht erhaltung des bestehenden Zolltarifs in allen Bestandtheilen zu verpflichten, ist mit gutem Grund abgewiesen worden. Es lag, ehe irgend ein Anzeichen vorhanden ist, auf welchen Wegen die Steuerreform weiter betrieben werden soll, zu einer so allgemeinen und prinzipiellen Stellung nahme kein Anlaß vor, und eine solche Stellungnahme hätte gegenüber etwaigen später austretenden bestimmten praktischen Vorschlägen gar keinen Werth. Die Re form beziehungsweise Erleichterung der direkten Saats- und Kommunalstcucrn auf dem Wege der weiteren Aus nutzung des Tabaks herbeizusühren, ist definitiv und dauernd abgelehnt worden. Ob dieses Ziel auf anderen Wegen zu erreichen ist, darüber sich auszusprechen hat der Reichstag sich mit Recht geweigert, bevor er weiß, wie die anderen Wege beschaffen sind. Aber trotz der Ablehnung des zweiten allgemeinen Theils der von der Kommission vorgeschlagenen Resolution kann als das Ergebniß der steuerpolitischen Verhandlungen das be zeichnet werden, daß die Steuerreform sich in weit be scheideneren Bahnen bewegen, ihre Ziele wesentlich niedriger stecken und in viel höherem Maße das Bestehende achten muß, wenn sie auf Zustimmung der Volks vertretung rechnen und nicht an ihrer Ueberspannung ewig scheitern soll. Ob die Regierung sich aus den jüngsten Verhandlungen diese Lehre ziehen wird, oder ob demnächst wieder Verwendungszwecke im Betrag von Hunderten von Millionen aufgestellt werden und die Deckung dafür vom Reiche verlangt wird: das wird wohl schon der Kampf um die preußischen Landtagswahlen lehren. Der „Reichsanzeiger" schreibt: Die Angaben in der Rede des Reichskanzlers vom 12. d. M. über die Menge der Klasscnstcuer-Exekutionen haben einen starken Eindruck gemacht, obwohl das Material, wie der Reichskanzler hervorhob, bereits in den Motiven des Verwendungs- gcsctzes enthalten war. Es fehle nicht an Versuchen, die Bedeutung jener Zahlen zu verringern, überhaupt den Eindruck der Ausführung abzuschwächen. Der „Reichs- Anzeiger" wiederholt jene summarischen Angaben etwas spezialisirtcr und rckapitulirt, daß vom 1. April 1879 bis 1. April 1881 zusammen 1617 831 vollendete Pfändungen, davon in der untersten Stufe 855 230 oder 52,9 Prozent, fruchtlose Pfändungen 1686 234, davon 1124427 oder 66,7 Prozent in der untersten Stufe stattfanden. Im Ganzen fanden in drei Jahren 3304 065 Pfändmahle, davon in der untersten Stufe 1979 657 oder 59,9 Pro zent statt. Aus Altenburg kommt die Trauerkunde, daß die Prinzessin Margarethe, Herzogin zu Sachsen, gestern früh gestorben und dadurch das herzogliche Haus in tiefe Trauer versetzt worden ist. Dieselbe war von einer hoch gradigen Lungen- und Brustfell-Entzündung befallen worden und die in den letzten Tagen veröffentlichten BülletinS ließen bereits den jetzt eingetretcncn Ausgang der Krank heit befürchten. Die verstorbene Prinzessin war die dritte Tochter des Prinzen Moritz von Sachsen-Altenburg und geboren am 22. Mai 1867. Dem österreichischen auswärtigen Amte wurde am Freitag von den Vertretern Frankreichs und Englands am österreichischen Hofe mitgctheilt, daß die Westmächte die Pforte aufforderten, bis Sonnabend Mittag bezüglich der Konferenz einen Entschluß zu fassen, widrigenfalls die Westmächte die Abhaltung der Konferenz ohne die Pforte beantragen würden. Graf Kalnoky erwiederte, Oesterreich werde bereitwilligst die Schlichtung der eMüffchen Ange legenheit unterstützen, hoffend, Ach die Weltmächte den bisherigen Standpunkt nicht verlassen und die Souveränetät des Sultans nicht beeinträchtigen. Die englischen Mel dungen, der deutsche und österreichische Generalkonsul in Egypten hätten den Khedive „bestürmt", ein neues Mini sterium mit Rhagib zu berufen, ist in dieser Form un richtig. Die beiden Funktionäre versuchten lediglich einen Ausgleich zwischen dem Khedive und Arabi. Am Sonn abend trafen in Triest die ersten 360 Flüchtlinge ein. Von Pola ist ein zweites österreichisches Kriegsschiff, von Triest sind drei weitere Lloyddampscr nach Alexandrien abge gangen. Anstatt Kallay ist Graf Hoyos zum ersten, ferner Graf Szoegyenyi zum zweiten Sektionschef im auswärtigen Amte ernannt. Kallay's Reise in die okkupirten Provinzen wurde verschoben. — Die offiziöse „Montagsrevue" be spricht die Situation in Egypten und sagt: die Thatsachcn haben der Auffassung, daß eine dilatorische Behandlung noch möglich sei, ein schwerwiegendes Dementi entgegen gesetzt. Die Pforte wird nunmehr die Theilnahmc Euro pas an der nöthig gewordenen Aktion nicht zurückwcisen können. Die Pforte scheint nur den Wunsch zu haben, daß die Konfcrenzberathung ausschließlich auf die cgyptischc Frage beschränkt werde, welcher Wunsch offenbar die fran zösische Provenienz des Konferenzvorschlagcs hervorriefen. Aber Frankreich selbst dürste cs unzweckmäßig finden, die vielleicht nicht ganz zweifellosen Rechtstitel des Bardover trages (mit Tunis) einem öffentlichen Examen preiszu geben. Der Schwerpunkt der Situation liegt noch jetzt in dem guten Willen der Pforte. Die Entscheidung duldet aber keinen Aufschub, da schwerlich die europäischen Mächte ein zweites Attentat ruhig hinnehmen würden, sondern genöthigt werden, zur Selbsthilfe zu schreiten. Die Pforte werde nur ihr eigenstes Interesse vertheidigen, wenn sie mit Energie und Nachdruck für die Interessen Europas eintritt. Der Präfekt von Saffari ersuchte im Namen der italienischen Regierung Menotti Garibaldi um Aus lieferung der Staatspapierc aus dem Nachlaß seines Vaters. Menotti Garibaldi erwiederte, daß die von ihm besessenen Papiere nicht zur Kategorie von Staatspapieren gehören, welche ausgeliefert werden müssen. — Nach einer Meldung des Reuter'schcn Bureaus aus Alexandrien ist das italienische Panzerschiff „Affondatore" mit 2 Kom pagnien Truppen in Port Said angekommen. — Positiv wird versichert, Arabi Pascha beorderte in den letzten Tagen 20000 Pfund Torpedos. — In Mantua ist es gelegentlich der Garibaldifcier zwischen der Bürgerschaft und der Garnison zu einem so blutigen Konflikt gekommen, daß deswegen bereits eine Interpellation in der Kammer angekündigt ist. Die Ursache dazu bildete eine rothe Fahne, welche die Polizei schließlich mit Gewalt sequestrirte. Da sich die Menge wrdersetzte, zogen die Karabinieri und Quästursoldaten ihre Seitengewehre und hieben gemein schaftlich mit einigen Detachements des 78. Regiments auf die Ruhestörer ein. Letztere beabsichtigten dessenungeachtet vor dem Jesuitenkonvcnt eine neue Demonstration, allein die Präfektur halte bereits einige Hundert Schutzleute und beträchtliche Militärpatrouillen dorthin entsandt. Wäre es dem Dcputirten d'Arco nicht gelungen, die Truppen zum Rückzüge zu bewegen, so hätten sich auf diesem Platze sicherlich blutige Szenen ereignet, denn das Publikum war zum Aeußersten entschlossen und hatte sich inzwischen mit Waffen versehen, um der Gewalt mit Gewalt zu begegnen. Gleich darauf kam es in Bia San Martino zu emem Renkontre, wobei die Truppen vom Bajonnet Gebrauch machen mußten. Die aus einigen Tausend Köpfen be stehende Volksmenge wurde gewaltsam aufgelöst. Dabei hat es an Verwundungen und Verhaftungen natürlich nicht gefehlt. In Kraukretch suchen die Freunde Gambetta's diesen zu bewegen, bei der angekündigten Interpellation wegen Egypten nicht zu interveniren, da sie seine Leidenschaft lichkeit hierbei befürchten. Daher werden lebhafte An strengungen gemacht, zunächst im Senat eine Interpellation hervorzurufcn und zwar durch Challemel-Lacour, den In timus Gambetta's und ehemaligen Botschafter in London. Nach weiteren offiziösen Indiskretionen über das Gelb buch, das übrigens bis zum 15. März sich erstrecken wird, erfährt man, daß das Charakteristische der darin zu er wartenden Gambctta'schcn Depeschen eine freiwillige oder optimistische Illusion des früheren Konseil-Pcäsidentcn sein soll. So habe Challemel-Lacour unterm 17. Januar be reits berichtet, daß Granville jede bewaffnete Intervention in Egypten zurückweise. Am l9. Januar habe Gambetta darauf geantwortet, dc ^d:xse Mittb. llung ihn in Erstaunen versetze, da der Botschafter Lyons zu ihm sich in ganz anderem Sinne geäußert habe. Unterm 3. Februar er klärte jedoch Lord Lyons an Freycinct, daß Gambetta sich vollständig über den Sinn seiner Worte getäuscht habe. — Eine Rede des französischen Ministers des Innern auf dem Banket zu St. Ls bildet trotz der cgyptischcn Affaire in Paris das Ereigniß des Tages. Herr Rene Goblet nahm die Dezentralisation gegen den gambettistischcn und zäsaristischen Autoritarismus in Schutz, trotzdem die letzten Gemeindcwahlcn ergeben haben, daß die westlichen Departements noch stark reaktionär sind. „Es ist das Unglück dieses Landes," sagte der Minister, „daß man hier immer vor der Freiheit Furcht gehabt hat. Unter diktatorischem Rcgimentc ruft man sie an und ieuszt nach ihr: es giebt dann großherzige Bürger, die sich tödten lassen, um sie zu erlangen. Kaum hat man sie aber erobert, so erschreckt man vor ihr. Bei den geringsten Schwierigkeiten weicht man vor ihr zurück, und, traurig zu sagen, unter Denen, die ihre Sache verrathen, sieht man manchmal die Männer, die zu ihren Gunsten die schönsten Feldzüge unternommen haben! Was mich be trifft, so leugne ich absolut diese Nothwendigkeit, wieder und immer wieder die Anwendung unserer Prinzipien zu vertagen. Ich glaube fest, daß wir die widerstrebenden Gemeinden durch die Freiheit gewinnen werden. Statt zu bewirken, daß sie die Republik verabscheuen und ver kennen, indem wir ihnen unser Gutdünken aufzwingen, lassen wir sie doch ihre Maires wählen, dehnen wir ihre Befugnisse aus, wie die Regierung es vocgeschlagen hat, ent wickeln wir mit allen Mitteln das munizipale Leben; wir werden dann diesen Gemeinden den Geschmack und die Sitten der Freiheit gegeben und das Ecgebniß erlangt' haben, daß sie Republikaner geworden sein werden, ohne es zu wissen." — Die „Agence Havas" meldet aus London: England und Frankreich schlugen den anderen Mächten ein Uneigennützigkeits-Protokoll vor, worin alle Mächte versprechen, die Integrität des egyptischen Gebiets zu respektircn und nichts ohne das europäische Konzert zu thun. Die Annahme seitens aller Mächte erscheine als gewiß. Der Sultan meine zwar, die Türkei dürfe nicht an der Konferenz thcilnehmen, wendet aber nichts dagegen ein, daß die Konferenz in Konstantinopel tage, um den Verkehr mit der Pforte zu erleichtern. Die russische Presse bespricht noch immer den Rück tritt Jgnatieff's, dessen Gemahlin gestern auf der Reise nach Paris die deutsche Rcichshauptstadt Berlin passirte. Interessant ist, was man dem „Montagsbl." über den Ministerwechsel aus Petersburg schreibt. Es heißt da u. A.: Niemand von uns hat auch nur im Entferntesten geahnt, daß cs gerade Graf Tolstoi sein werde, dem die Leitung der inneren Angelegenheiten Rußlands anvertraut würde. In der That, ein überraschenderer Ministcrwechsel hätte sich kaum vollziehen können. Unstreitig ist es aber die gebildete Welt Rußlands, vor Allem die sogenannte feine Gesellschaft Petersburgs, welche sich von dieser jüngsten Aktion des Kaisers Alexander III. getroffen fühlen muß. Denn, was diese Gesellschaft anbetrifft, so kann und darf man mit Sicherheit behaupten, daß ein Jgnatieff ihr
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