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Freiberger Anzeiger und Tageblatt : 16.07.1882
- Erscheinungsdatum
- 1882-07-16
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id1878454692-188207168
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id1878454692-18820716
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-1878454692-18820716
- Sammlungen
- Saxonica
- LDP: Zeitungen
- Zeitungen
- Bemerkung
- Seite 5: Vorlagebedingter Textverlust. Fehlende Seiten in der Vorlage.
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungFreiberger Anzeiger und Tageblatt
- Jahr1882
- Monat1882-07
- Tag1882-07-16
- Monat1882-07
- Jahr1882
- Titel
- Freiberger Anzeiger und Tageblatt : 16.07.1882
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reikMAyeiaer und Tag MM. Amtsblatt für die königlichen nnd Wüschen Behörden zu Freiberg und Brand. Benmtwortlicher Rrdaktcur Iuliu» Braun.m Freiberg. ^163. Erscheint jeden Wochentag Abends S Uhr für den andern Tag. Preis vierteljährlich 2 Mark 2S Pf., zweimonatlich 1 M. SO Pf. u. einmonatl. 7S Pf. ' I Inserate werden bis Vormittags 11 Uhr angenom- Sonntag, de» 16. IM. s 1882. Die Woche. Die vergangene Lösche hat durch das Bombardement von Alexandrien eine historische Bedeutung erlangt. Es wäre gewagt, schon jetzt die Tragweite des Ereignisses icftstellen oder die Konsequenzen abmessen zu wollen, die sich an dasselbe knüpfen können. Die Welt fühlt sich aus ihrer Ruhe aufgeschrcckt; man ist von der Ahnung be herrscht, daß möglicherweise schwere, kampfbewegte Zeiten bevorstchen. Das Bombardement gegen die Forts von Alexandrien bezeichnet vielleicht den Beginn einer Epoche von politischen Verwickelungen und politischen Wirrnissen, die zu blutigen Entscheidungen drängen können. Zur Zeit freilich scheinen derartige Besorgnisse noch unbegründet, denn die Mächte sollen darin einig sein, das Bombarde ment als einen durch die lokale Situation, insbesondere durch die Rücksicht auf die Sicherheit der englischen Flotte provozirten Zwischenfall zu betrachten, der weder die europäische Entente zu stören, noch auch die Arbeiten der Konferenz zu unterbrechen geeignet sei. Man nimmt an, daß es sich für England um einen Akt der Nothwehr handelte und daß das Ministerium Gladstone gewiß jede energische That vermieden hätte, wenn dies irgendwie möglich gewesen wäre. Und in Wirklichkeit handelt es sich in Egypten um die Ehre des englischen Staates, um die Existenz der englischen Bürger im ganzen Orient. England mußte beweisen, daß cs nöthigenfalls zum Aeüßersten entschlossen sei, wenn es nicht alle Achtung und allen Einfluß verlieren wollte. In einem solchen Nothstande fragen die Staaten nicht nach dem geschrie benen Buchstaben des Rechts; dieser wird verletzt, um sich nicht selbst bald rechtlos zu fühlen. Wenn die englische Regierung, ihren Erklärungen getreu, die Aktion mit der Durchführung der Desarmirung der Forts als beendet betrachtet und darüber hinaus keinen Schritt thut, so wird demnächst schon die Konferenz wieder in Aktion treten, um die in der letzten Sitzung beschlossene Kollektiv- Einladung an die Pforte zu richten. — Einer solchen Auffassung der Dinge geben die Organe der übrigen Mächte fast durchweg Ausdruck; nur Frankreich scheint noch etwas den Schmollwinkel zu lieben. „Es will uns gar nicht mißfallen, sagt ein dortiges Regierungsblatt, daß Großbritannien mit seinem Bombardement das Odium und die Gefahren einer Intervention an sich reißt. Wir haben uns über seine wahren Absichten nie getäuscht; so , mag es denn das Geschäft auf eigenes Risiko wagen, i Man wird uns wegwerfend antworten, daß dieses Risiko nicht groß ist und daß die Armee Arabi's schon Anstalten trifft, zu kapituliren. Warten wir das Ende ab und glauben wir nicht, daß das Problem schon gelöst ist, ' selbst wenn ganz Egypten erobert wäre. Gewiß ist, daß Europa niemals die Besitznahme des Kanals durch die , Engländer allein, d. i. durch die Macht, welche das meiste Interesse hat, ihn ausschließlich zu behalten, dulden wird. Wie Herr v. Bismarck sehr richtig gesagt hat, das ist ein Streit, der nicht auf der Salzfluth, sondern auf dem Festlande aus getragen werden wird. England hat jetzt dem Islam den Krieg erklärt; wir ziehen vor, daß es dieses Geschäft allein besorgt. Wahrscheinlich wird es sein Vorgehen noch zu bereuen haben." — Dahingegen äußert ein deutsches offiziöses Blatt, die „Post": „Die eigentlichen tieferen Be- ! wcggründe, aus welchen die großbritannische Regierung sich zu ihrem vereinzelten Vorgehen ohne Auftrag der Konferenz entschlossen hat, lassen sich noch nicht klar er- > kennen. Ihre Absichten und Pläne werden erst deutlicher zu Tage treten müssen, ehe wir im Stande sein werden, . die noch ziemlich verwirrte und unklare Sachlage zu übersehen. Es scheint uns daher auch vom deutschen Standpunkte aus verfrüht zu sein, wenn einige Blätter sich bereits mit großer Erregung und Entrüstung über die britische Sonderpolitik äußern. Es dürfte vielmehr gerathcn sein, bevor man ein abschließendes Urtheil fällt, abzuwarten, ob England, indem es seine besonderen Interessen selbständig verfolgt, damit zugleich im allge meinen europäischen Interesse die Herstellung ge ordneter Zustände in Egypten fördert, oder ob es Ziele verfolgt, welche mit den Interessen anderer Mächte kollidiren" Die Erfolge der englischen Kanonen nahmen ein rasches Tempo an. »schon am Dienstage waren fünf Forts unschädlich gemacht und als am Mittwoch früh abermals das Bombardement begann, zogen die Egypter die Parlamentärflagge auf. Ein englisches Schiff dampfte infolge dessen in den inneren Hafen und brachte die Nach richt zurück, der Kommandant von Alexandrien wünsche eine Unterredung mit Admiral Seymour zu haben. Die Engländer verlangten jedoch zuvor die Uebergabe der äußeren Hafenbefestigungcn. Diese Forderung ist ent weder verweigert worden, oder unbeantwortet geblieben; wie man denn überhaupt das Aufhissen der Flagge nur als eine Finte bezeichnet, damit Arabi Pascha mit der egyptischen Armee ungestört von Alexandrien nach Kairo abmarschiren konnte. Als Donnerstag früh abermals die englischen Bomben in die brennende Stadt einschlugen, zog man auf den meisten Forts die weißen Flaggen auf. Wiederum gingen drei englische Panzerschiffe mit dem Admiral Seymour in den inneren Hafens um Verhandlungen wegen Uebergabe der Stadt an die Engländer anzu knüpfen. Wahrscheinlich sind sie von Erfolg gewesen, denn am Freitage früh meldete Seymour nach London die Be setzung des Forts Raß-et-tins durch englische Seesoldaten und die Vernagelung der Kanonen in sechs gegenüber gelegenen egyptischen Batterien. Auch fanden die Eng länder den Khedivc noch in Alexandrien vor und lassen ihn von 700 Secsoldaten in seinem Palast bewachen. Lieber würde es ihnen jedoch gewesen sein, Arabi Pascha, das Haupt der egyptischen Aktionspartei, wäre in ihre Hände gefallen, denn dann war der ganzen egyptischen Bewegung der Kopf genommen. Die Stadt Alexandrien brannte am Freitag noch immer; sie soll einem riesigen Steinhaufen gleichen. Ein rauchender, geschwärzter Trüm merhaufen, der Tausende von Leichen unter sich begraben hat, bezeichnet die Stelle, wo noch vor wenigen Monaten reiches Leben und emsige Betriebsamkeit herrschte- Gleich blutgierigen Schakalen schleichen räuberische Gesellen durch die verödeten Straßen, um nach Beute zu spähen und ihre wilde Zerstörungslust zu befriedigen. Wehe dem Europäer, der ihnen begegnet, ohne bis an die Zähne bewaffnet zu sein: nur noch ein Recht gilt, nämlich das des Stärkeren. Wem dieses nicht zur Seite steht, ist ein Kind des Todes. Es erfüllt sich hier ein cigenthümliches Geschick. Die einst von den Franzosen erbauten Wälle und Forts sind von den befreundeten Engländern zerstört worden. Die Wider standskraft der Egypter war an diesem Punkte nach kurzem, aber mannhaften Ringen erschöpft. Denn alle Berichte stimmen darin überein, daß die egyptischen Truppen im höchsten Grade ihre Schuldigkeit gethan. Was nun weiter? Das ist die große Frage an die nächsten Tage. Wird die Konferenz zu Ende führen, was England mit seinem Kanoncn-Konzert begonnen? Oder lautet die zweite Etappe im englisch-egyptischen Kriege: Suez-Kanal? Die Ereignisse müssen bald Antwort auf diese Fragen geben, weshalb es müssig ist, sich in Vermuthungen zu ergehen. Im deutschen Reiche gab es in der vergangenen Woche zwar auch einen Krieg, sogar viel Krieg, aber er beschränkte sich nur auf die Federn offiziöser und klerikaler Blätter und betraf die Frage des „kirchlichen Friedens". Bekanntlich ein altes Thema, welches seit Jahren variirt wird, ohne zu einem bestimmten Ziele gelangen zu können. Es ist der uralte Kampf zwischen Staat und Kirche, wie er schon im alten Testamente zwischen dem Priester Sa muel und dem König Saul herrschte und lange Jahre in Anspruch nahm, bevor bei den Juden das Königthum über das Pricsterthum den Sieg davon trug. Auch im deut schen Reiche dürfen wir nicht erwarten, daß die Fehde zwischen Staat und Kurie, zwischen Berlin und Rom, kurzer Hand beendet sein wird. Der heutige Staat kann und darf es nicht zugeben, daß innerhalb seiner Grenzen die Kirche einen besonderen Staat bildet, der nur zu oft die Bestrebungen der weltlichen Macht auf Volksbildung rc. durchkreuzt und lahm legt. So lange die Kurie jede Konzession an den Staat verweigert und auf ihrem hart köpfigen Aon possumus beharrt, ist auch der Staat ge zwungen, seinem eigenen Rechte nichts zu vergeben. Diesen Standpunkt vertritt die deutsche Reichsregierung und man kann ihr hierzu nur Ausdauer, Ausdauer und nochmals Ausdauer wünschen. — Im Uebrigen war es das Bom bardement von Alexandrien, welches die innere Politik völlig in den Hintergrund drängte. Der deutsche Reichs kanzler ist bemüht, das durch die englische Aktion aller dings etwas gelockerte Band der Eintracht unter den Großmächten zusammenzuhalten und wenn nicht alle An zeichen trügen, so wird bald eine Konferenz der Groß mächte über die Ergebnisse des Bombardements bcrathen und eine Herbeiführung der alten Ordnung in Egypten versuchen. Die Annahme, daß Europas und auch Deutsch- Feuilleton i « der 2. Beilage. lands Politik von der englischen durchkreuzt worden wäre, ist trotz des Alarmschlagens einiger großer Zeitungen offenbar sehr irrig. Die Großmächte und zumal Deutsch land unterstützten allerdings ein Einschreiten des Sultans in Egypten, aber nachdem dies nicht zu erreichen war, mußte unter stillschweigender Billigung der Großmächte England als zunächst betheiligte Macht einschreiten, aber jedenfalls wird die englische Aktion gegen Egypten unter der europäischen Kontrole bleiben. Im benachbarten Oesterreich herrschte in der inneren Politik völlige Ebbe. Die Spalten der dortigen Blätter füllten sich nur mit Betrachtungen über das Bombarde ment, enthielten aber sonst nichts, was über die eigenen Staatsangelegenheiten Auskunft gegeben hätte. Die Hccresreorganisalion geht ihren ruhigen Gang; die öffent liche Meinung hat sich mit dem Unternehmen befreundet. Auch in Bosnien ist Alles ruhig. Das französische Kabinet erfährt viel Angriffe, weil es England in der egyptischen Angelegenheit einen Vorsprung gelassen. Man beschleunigt deshalb die Rüstungen nach Möglichkeit. In diese kriegerische Vorbereitungen hinein fiel am Freitage das Nationalsest der Einweihung des neuen Pariser Rathhauses. Zur Vorfeier wurde am Donnerstag Abend ein Bankett veranstaltet, dem gegen 500 Personen beiwohnten, darunter der Präsident der Republik, die Minister, die Botschafter und Gesandten, die Bürgermeister auswärtiger Hauptstädte und andere Notabilitätcn. Der Präsident des Munizipalrathes be grüßte die Versammelten, betonte, daß die gegenwärtige Feier durch die Ideen des Friedens, der Arbeit und der Freiheit inspirirt sei, und schloß mit einem Hoch auf den Präsidenten Grcvy. Der Scinepräfekt Hoquct toastete auf Frankreich, das in Frieden und patriotischer Eintracht fest zusammenstehe. Der Präsident Grevy brachte den Toast auf die Stadt Paris aus; er schätze sich glücklich, an einer Tafel mit den hervorragendsten Vertretern Frankreichs und des Auslandes vereint zu sein, welche alle gleiche Sym pathie für die Stadt Paris beseele, für das Paris, welches die Heimath der Wissenschaften und schönen Künste und jener erhabenen Schöpfungen des Genies sei, die den Reiz des Lebens für den Einzelnen, wie die wahre Größe der Nationen bildeten. Die Königin von England hat nunmehr das irische Zwangsgesetz vollzogen, so daß es rechtskräftig geworden ist. Gladstone wird gewiß für dessen sofortige Anwendung sorgen. Die Lage der irischen Insel wird am besten durch den monatlichen parlamentarischen Ausweis über die vor- gekommencn Agrarverbrechen gekennzeichnet. Im abge laufenen Monat Juni betrug deren Zahl 283. Es be finden sich darunter 5 Morde, 8 Mordversuche, 18 Brand stiftungen, 24 Fälle von Viehverstümmelung, 3 Waffen raube, 30 Eigenthumsbeschädigungen, 6 Fälle, in denen in die Häuser hineingefeuert wurde, 3 Angriffe von Häusern, 155 Drohbriefe, denen in letzter Zeit mehr Be deutung als früher beigelegt wird, da die darin gemachten Drohungen in der Regel äusgcführt werden. Zu gleicher Zeit ist ein amtlicher Ausweis über die Pächterexmissionen erschienen. Die Ausweisungen nehmen in erschreckender Weise zu. Während die Zahl derselben in den 5 Jahren von 1873—78 nur 2818 betragen, ist sie im Jahre 1880 auf 1900 und in 1881 auf 3200 gestiegen und in den ersten 6 Monaten dieses Jahres sind bereits 2990 vorge kommen. In Rußland folgte in der vergangenen Woche ein Unglück dem andern. Zunächst gab man dem plötzlichen Tode des Generals Skovelcff das Gepräge eines nationalen Trauerspiels. Alle russischen Zeitungen klagten, als wenn mit Skobeleff die größte Stütze Rußlands begraben worden sei; drei Prinzen des Kaiserhauses, viele Generäle, hohe Beamte und Deputationen der Bürgerschaft waren bei Skobeleffs Bcgräbniß zugegen. — Sodann ereignete sich ein großer Eisenbahnunfall. Der am Donnerstag mit 217 Passagieren von der Station Tscherny abgegangene Pcrsonenzüg verunglückte zwischen den Statlonen Tscherny und Bastyjewo der Moskau-Kursker Bahn; 8 Waggons wurden verschüttet. Von den 217 Passagieren konnte man nur 39 mehr oder weniger verletzt unter den Erdmassen hervorziehen; alle übrigen kamen um. Die Katastrophe entstand infolge einer Unterspülung des Bahndammes durch Regengüsse, so daß der Zug entgleiste und von einer hohen Böschung herabstürzte. Die Nihilisten, an welche man bei derartigen Schreckensbotschaften zuerst denkt, sind also diesmal nicht mit im Spiel gewesen.
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