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Freiberger Anzeiger und Tageblatt : 09.09.1882
- Erscheinungsdatum
- 1882-09-09
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id1878454692-188209094
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id1878454692-18820909
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-1878454692-18820909
- Sammlungen
- Saxonica
- LDP: Zeitungen
- Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungFreiberger Anzeiger und Tageblatt
- Jahr1882
- Monat1882-09
- Tag1882-09-09
- Monat1882-09
- Jahr1882
- Titel
- Freiberger Anzeiger und Tageblatt : 09.09.1882
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und Tageblatt. 210. AmtMM sür die köuiglichen und städtische« Behörde« z« Freiberg «nd Brand. Leraawortücher Rrdatte« J»li«S Sra» i» Freiberg. Erscheint jed«n Wochentag Abend« 6 Uhr für »« H —- - Inserate »erde» bi« BonntttagS 11 Uhr angenom- andernTag. Preis vierteljährlich 2 Marl 2ü Pf., »« »nd beträgt der Prei« für die gespaltene Zeile zweimonatlich 1 M. SO Pf. u. eimnonatl. 7S Pf. oder deren Riürm 1d Pfemnge. 188S. Lin Nachfolger Mahommeds als Abtrünniger. ' Mit der im amtlichen Organ der türkischen Regierung ' erfolgten Veröffentlichung der Proklamation des Sultans, welche Arabi Pascha als Rebellen erklärt, ist eine That- fache vollzogen worden, der man wohl eine wcltgeschicht- lichc Bedeutung zuerkennen darf. Lange hat der Sultan gekämpft, bevor er sich zu diesem Schritte entschließen konnte; aber schließlich gewannen doch die europäischen Einflüsse die Oberhand und es gelang Said Pascha, mit seinen Rathschlägen durchzudringen. Man kann zu der Meinung gelangen, daß der Sultan, indem er Arabi Pascha in Acht und Bann erklärt, sich im Widerspruch mit seiner Ueberzcugung befinde, daß also der Inhalt der Proklamation gerade das Gegcnthcil dessen sei, was der Sultan wirklich denkt und glaubt; indcß ist es auch möglich, daß sich ein Umschwung in der Ucbcr- zeugung des Sultans vollzogen habe; cs ist möglich, daß ' man in Konstantinopel anfangs der cgyptischcn Bewegung ' nur deswegen Sympathien entgegenbrachte, weil man den Geist und die Ziele der Bewegung nicht verstand, daß aber jetzt die Ueberzcugung zum Durchbruch kommt, Egypten wolle sich nicht nur von der europäischen Herrschaft be freien, sondern Egypter und Araber seien darin einig, auch die von den Türken ausgeübte Gewalt zu brechen und den Sitz des Khalifats von den Ufern des Bosporus an die Küste des Rothen Meeres zu verlegen. Hiernach wäre allerdings die Niederwerfung Arabi's auch ein spezifisch türkisches Interesse. Ist der Sultan nachträglich zu der Ueberzcugung gelangt, daß eine nationale Bewegung in der mohammedanischen Welt seinem eigenen Throne ge- sährlich werden könne, so empfindet er vielleicht ganz auf richtige Reue darüber, daß er Arabi Pascha, um den Engländern Verdruß zu bereiten, durch einen hohen Orden ausgezeichnet hat. Wenn aber dynastische Interessen den Khaliscn nöthigen, von der Sache der Gläubigen abzusallen und die Interessen des Islams preiszugeben, welche Berechtigung, welche Grundlage hat dann sein Khalifat und seine Herrschaft noch? Es mag zugegeben werden, daß England berechtigt sei, den Krieg gegen Arabi Pascha zu führen, weil ein un abhängiger Orient für den englischen Machtbesitz eine wirk liche Gefahr wäre; es wird auch nicht bestritten werden können, daß die materiellen Interessen Europa's darunter leiden müßten, wenn der Orient sich von dem europäischen Einfluß gänzlich unabhängig machte; man kann sehr daran zweifeln, ob der Orient die Fähigkeit habe, sich aus eigener Kraft zu einer höheren Kulturstufe emporzuschwingen, und «au kann vielleicht glauben, daß der Orient, dem europäi schen Einfluß entzogen, gänzlich der Verwilderung verfalle — aber immerhin wird zugegeben werden müssen, daß Arabi die Unabhängigkeit seiner Nation und die Freiheit seines Glaubens vertritt. Dieser Kämpfer für die Unab hängigkeit der mohammedanischen Welt, dieser Vertheidiger des Glaubens, wird nun vom Sultan als Rcbell erklärt- Arabi Pascha ist allerdings ein Rebell gegen den Khedive aber nach mohammedanischen Begriffen wird das noch nicht als eine Verletzung legitimer Rechte betrachtet. Wohl aber werden die Mohammedaner den neuesten Schritt des Sultans als einen Abfall von der Sache des Islams an sehen; sie werden sagen: der Khalif ist zum Renegaten geworden. In der That wird man in der ganzen Geschichte des osmanischen Reiches vergeblich nach einem Beispiel für eine ähnliche Handlungsweise suchen. Wohl noch nie hat ein Sultan das Bekenntniß abgelegt, er sei von einem Beamten irrcgeführt worden; noch nie seine Selbstver leugnung so oeit getrieben, um über seine eigenen Hand lungen einen Tadel auszusprechen. Und so wird denn die Proklamation des Sultans in der ganzen mohammedanischen Welt ein Gefühl der Ent rüstung Hervorrufen, die moralische Autorität des Sultans bedenklich erschüttern. Die fanatischen Sekten des Islam werden sich von der türkischen Führung völlig loslösen und England wird schwerlich den Sultan gegen die Ge fahren schützen können, die er selber durch seine Haltung hcraufbeschworen hat. Es wird sich zeigen, inwieweit die gegen Arabi Pascha erlassene Proklamation den Eng ländern von Nutzen sein wird. Es ist anzunehmen, daß dieser Nutzen sehr gering sein werde. Für die Türkei aber wird diese Proklamation zum Nachtheile gereichen und am Ende wohl gar den Untergang des Reiches beschleunigen. Tagesschau. Freiberg, den 8 Septbr. Das Fernbleiben des -eutscheu Kaisers von dem vorgestrigen Diner erfolgte, weil ärztlicherseits nach den vorhergegangencn Anstrengungen dem Kaiser Ruhe em pfohlen würde. Aus dem gleichen Grunde blieb Se. Majestät auch gestern dem Manöver und dem Diner fern. Doch nahm der Kaiser im Laufe des Tages eine Reihe von Vorträgen entgegen und konferirte längere Zeit mit Bülow. Die für heute angesetzte Parade des 6. Armee korps wurde aus morgen verschoben. Zu dem gestrigen Manöver ist der Kronprinz Vormittags 9 Uhr, begleitet von den übrigen königlichen Prinzen und dem Großfürsten Wladimir, mittelst Extrazugcs nach dem Manöverterrain abgercist. Bei dem gestrigen Diner im Konigsschlossc toastete der Kronprinz auf das Wohl der Provinzen Schlesien und Posen. Abends empfing der Kronprinz in Vertretung Sr. Majestät des Kaisers bei dem von den Turnvereinen dargebrachtcn Fackelzug die von den Turnern abgesandte Deputation und crwiederte auf deren Ansprache, Se. Majestät der Kaiser würde sich außerordentlich gefreut haben, der Deputation den Dank für die dargcbrachte Ovation auszusprechen, Se. Majestät sei aber bereits dem Diner ferngeblieben, weil er der Ruhe bedürfe und könne zu seinem Bedauern die Deputation nicht persönlich em pfangen. — Der Fackelreigen wurde von 256 Turnern unter Leitung des vr. Fcdde in 8 Evolutionen ausgeführt und gewährte ein außerordentlich prächtiges Schauspiel. — Ihre Königl. Hoheiten Prinz Wilhelm und der Groß herzog von Mecklenburg-Schwerin sind in Breslau einge- troffcn. — Für den erkrankten General v. Tümpling wird der Kommandeur der 12. Division, General-Lieutenant Freiherr von Schleinitz, die Führung des 6. Armeekorps übernehmen. Der Kaiser hat den Leibarzt vr. v. Lauer zu dem General v. Tümpling entsandt. — Der Oberhof- und Hausmarschall Graf Pückler hat «ege« eines Tag- vorher mit dem Pferde erlittenen Sturze- an dem gestrigen Manöver nicht theilgenommen. — Wie die „N. Z." schreibt, ist eine Immediateingabe des Magistrats von Berlin gegen die Auflösung der Stadtverordneten-Ver- sammlung von dem Kaiser abschlägig beschieden worden. — Die Unglücksbotschaft von dem tödtlichen Sturze einer größeren Anzahl Dragoner bei den Uebnngen in der Gegend von Villingen ist bis jetzt nicht bestätigt worden. Hin gegen wird ein neuer Eisenbahn-Unfall aus Baiern ge meldet. Gestern Morgen ist, wie aus Würzburg tele- graphirt wird, im Bahnhof Iphofen in Folge falscher Weichenstcllung ein Güterzug verunglückt. Die Lokomotive durchbrach die Drehscheibe und die Wagen stürzten übereinander. Es wurden hierbei 17 Wagen zer trümmert, 3 Personen getödtet und 9 verwundet, sowie gegen 600 Schafe getödtet oder verletzt. — Ucber das große Eisenbahn-Unglück in Baden ist nachzutragen, daß nach den neueren Feststellungen die Zahl der Ge- tödteten resp. der Verstorbenen nunmehr schon die schreckenerregcnde Ziffer von cinundsicbenzig erreicht hat, da noch mehr Leichen aus den Trümmern hervorgeholt und 6 Schwerverwundetc mittlerweile gestorben sind. Noch immer scheinen die Trümmer einzelne Todte zu bergen — wie denn ja auch in den elsässischen Blättern neben den Todtcn .Vermißte" figuriren — und rechnet man hinzu, daß noch einzelne Verwundete ihren gräßlichen Verletzungen erliegen werden, so ist die Annahme, daß die . Katastrophe 80 bis 90 Leben gekostet hat, leider nur zu berechtigt. Unter den Ursachen, welche zur Herbeiführung der Katastrophe mitgewirkt haben, wird auch der Umstand l genannt, doß jener Personenzug von einer Güterzugs ¬ maschine geführt wurde. Der Zug raste mit Schnelligkeit rahm und die ungeheure Wagenlast drückte auf die Ma schine, welche wohl schwere Lasten fortbewegen, aber nicht so schnell fahren konnte. Diesen Druck zu hemmen, wäre nur möglich gewesen, wenn man die genügende Anzahl Bremsen gehabt hätte. Das war aber nicht der Fall. In Oesterreich-Nagar« liegen sich zur Abwechslung einmal die Czechen und die Ungarn in den Haaren. Die Ersteren haben es bei den Ungarn damit verdorben, daß sie in der Prager „Politik" erklärten, die zwei Millionen Slovakcn in Ungarn gehörten zum czechischen Stamme und Ungarn dürfe von ihnen nichts fordern, als daß sie das ungarische Staatsrecht anerkennen. Hierauf antwortet „Pesti Naplo" ganz trocken, daß die Czechen eine Theorie verkünden, die mit der ungarischen Staatsidce im Wider spruche steht, indem sic sich, wenn auch unter dem Vorbe halte der Anerkennung des ungarischen Staatsrechtes, in die inneren Angelegenheiten Ungarns hineinmischen. Da durch verletzten sie die Vorbedingung, welche Ungarn ge stellt hat, als von einem Einvernehmen zwischen Czechen und Ungarn die Rede war; Rieger habe damals dasselbe von Ungarn für die Czechen verlangt. Unter solchen Um ständen sei das Einvernehmen sür die Zukunft unmöglich geworden. — Bezüglich der schon gestern erwähnten Ver haftung von Sozialisten schreibt man aus Wien unlerm 6. September: „Die Verhaftungen von Anhängern der radi kalen Fraktion der hiesigen sozialistischen Arbeiterschaft wurden gestern in den ersten Morgenstunden vollzogen. Unter den Verhafteten/ welchen die veröffentlichte polizei liche Mitthcilung gesetzwidrige agitatorische Thätigkeit zur Last legt, befinden sich bekannte radikale Siinimführer. Nachdem von Seite der Polizeibehörde vorgestern auf Grund der durch die Erhebungen erhaltenen gravircnden Indizien der Beschluß gefaßt worden, zur Verhaftung der verdächtigen Personen zu schreiten, wurden Beamte aller Kommissariate und der Departements sür gestern Nacht in das Sicherheitsburcau beordert und ihnen dort die In struktionen ertheilt. Nach Mitternacht vcrtheilten sich die Beamten unter Assistenz von Detektivs in die Bezirke und Vororte und gegen 2 Uhr Morgens wurden sämmtliche Verdächtige ausgchobcn und Hausdurchsuchungen vorge nommen. Bei den Letzteren wurden viele sozial-revolu tionäre Druckschriften und Brochüren, sozialistische Werke rc. vorgefunden und saisirt. Die Verhafteten wurden in das Polizeigefangenenhaus, die saisirsten Schriftstücke in das Sicherhcitsbüreau der Polizeidirektion gebracht. Die Häft linge befinden sich im neuen Polizeigefangenenhause in der Thcobaldgasse, welches damit seiner Bestimmung übergeben worden ist. Gestern den ganzen Tag über waren mehrere Beamte mit der Sichtung der saisirten Korrespondenzen beschäftigt und erst heute wird mit den Verhören begonnen werden. Den Verhafteten wird dann auch der gerichtliche Haftsbefehl eingehändigt und verbleiben sie als Gerichts häftlinge in polizeilichem Gewahrsam, bis die Vorunter suchung geschlossen sein wird, welche bei der großen Zahl der Verhafteten wohl 14 Tage in Anspruch nehmen dürfte." — Die Untersuchung wegen des Bomben-Attentates in Triest ist noch nicht abgeschlossen. Wie von dort gemeldet wird, hat erst gestern wieder in dieser Angelegenheit eine Verhaftung stattgefunden; es soll ein dortiger stellenloser Kellner eingczogen worden sein. In der Hauptstadt Frankreichs gab am Dienstag Abend der dortige deutsche Turnverein zu Ehren seiner beiden von Paris abgehenden Mitglieder, Gras und Cohen aus München, ein Festessen. In Abwesenheit des Präsidenten führte der Vizepräsident Bessels den Vorsitz. Die Stimmung war heiter, nur wurde bedauert, daß wegen der jüngsten Ereignisse nicht alle Mitglieder des Vereins zu dem Feste herangezogen werden konnten. Beim Nachtisch ergriff der Vizepräsident das Wort, um die Verdienste, welche die scheidenden Mitglieder sich um den Verein erworben, hcrvorzuheben, dann im Namen des Vereins jedem ein Album mit den Photographien der Mitglieder des Vereins zu überreichen. Der Vorsitzende bedauerte, daß dieses Fest in einem so kleinen Kreise ge feiert werden müsse, was wegen der Vorkommnisse in der Rue St. Mare sich nicht anders hatte thun lassen. Schließlich erklärte er, daß der Verein sein Banner aber immer hoch tragen werde. Nach Bessels sprach Weihe, der im Namen der Sänger des Turnvereins Gras einen Taktstock überbrachte. Müllner übergab hierauf im Namen des Vernügungs-Komitec's Gras eine Apollostalue, wobei er sich, wie gewöhnlich, höchst witzig ausdrücktc. Gras und Cohen dankten mit ewigen warmen Worten, worauf
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