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Freiberger Anzeiger und Tageblatt : 08.10.1882
- Erscheinungsdatum
- 1882-10-08
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id1878454692-188210085
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id1878454692-18821008
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-1878454692-18821008
- Sammlungen
- Saxonica
- LDP: Zeitungen
- Zeitungen
- Bemerkung
- Fehlende Seiten in der Vorlage.
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
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Inhaltsverzeichnis
- ZeitungFreiberger Anzeiger und Tageblatt
- Jahr1882
- Monat1882-10
- Tag1882-10-08
- Monat1882-10
- Jahr1882
- Titel
- Freiberger Anzeiger und Tageblatt : 08.10.1882
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M Tageblatt 'M » /-ML?» M8 «trftetm jrde» Wochaüag Abend« a Uhr für dk» I «wer» Tag. Preil vierteljährlich 2 Mark 2d M., zweimonatlich I M. bO Ps. u. etmnonatl. 7b Ps. Inserate »erde» bi« Bormittag« r 1 Uhr anaenom- mex und beträgt der Drei» für die gespaltene Zeile 1 oder derm Äaum 15 Pfennige. preußische Volk wirklich einen Steuerdruck, dessen Er leichterung cs wünscht oder nicht? ein Hauptlriterium bilde. Soll die Klassensteuer mit ihren Millionen Exe kutionen bcibchalten werden, das ganze veraltete Institut? Soll die hohe Belastung der Gemeinden beibehalten werden, ohne ihnen zu helfen? Soll das Schulgeld bei- bchalten werden? Wollte der nächste Landtag wie der bisherige sich einer eingehenden Diskussion der Bedürfniß- und Verwendungssrage, einer Beschlußnahme darüber, welche Verwendung er haben will, versagen, so könnte ich Er. Majestät nur rathen, so oft an die Wähler zu appelliren, bis darüber die nothwendige Entscheidung er reicht ist, und ich werde kein Bedenken tragen, Sr. Majestät zu rathen, den preußischen Landtag, sobald er nur ge wählt ist, zu berufen, ihm diese Frage zu stellen und ohne Weiteres von Neuem an die Wähler zu appelliren, wenn uns wiederum in der bisherigen Weise ausgewichen wird." Nun steht es aber heute unmittelbar vor den Wahlen um die Steuerfrage dunkler als je. Offiziöse Stimmen haben nur versichert, daß der Landtag über die Bedürfnißfrage zur Reform sich äußern soll. Darnach scheint es, daß die große Lehre vom Patrimonium der Enterbten und die große Sozialreform dem Kanzler selbst nicht mehr als unfehlbares Dogma gelten; er will offenbar nicht mehr den Sprung ins Dunkle machen. Von einer großen Ex kursion aus dem Reiche der sozialen Träume heimkehrend kann die innere Politik sich wieder der liberalen Praxis zuwendcn, um zunächst das Erreichbare zu schmieden und dann von Fall ju Fall fortzuschrciten. Diese echt Blsmarck'sche Politik nach außen empfiehlt sich auch im Innern. Eine völlige soziale Beglückung des deutschen Volkes ist zur Zeit ebenso unerreichbar, wie die „Ver ewigten Staaten von Europa" mitsammt der Abschaffung 34. Jahr«««« Sonntag, dm 8. Oktober. AmtMM für die königlichen und städtischen Behörden zn Freiberg und Brand Smnrtwortlicher Redslteur JslinS Lran« in Freiberg. Nachbestellungen «ms dmN»<I für die Monate Oktober, November und Dezember werde« von silmmtlichm Postaustaltev wie do« der «aterzeichaeteu Expedition n«d dm betauuten Aus gabestellen io Freiberg, Brand, Laugmaa, Halsbrücke, LaughmnerSdors nnd Weitzenbrrn zum Preise von 2 Mark 25 Ps. angenommen. kxpsii. riv8 „ssfkid. änrsigsi' u. Isgsdlstt". fühl; glcichgiltig sprach cr von seiner Frau, welche er der Untreue beschuldigte, glcichgiltig von dem Tode seiner Kinder, dm nach seiner Darstellung seine Frau herbeigc- sührt haben sollte. Einer kirchlichen Gemeinschaft gehörte der Angeklagte nicht an; aus der Landeskirche war er aus geschieden. Unter seinen Büchern fand man nicht eines, welches dem Gemüth Nahrung zu geben vermocht hätte, dagegen naturwissenschaftliche Schriften darwinistischcr Rich tung und sozialdemokratische Schriften. Befragt, ob er sich zur Sozialdemokratie bekenne, gab der Angeklagte an, daß er in einzelnen Punkten von ihr rbwcichc, in anderen mit ihr ü'vereinstimme. Wer Berliner Gerichtsverhand lungen häufiger studirt, wird ähnlichen Gestalten schon oft begegnet sein. Es ist hier nur ein ganz besonders scharf hervortretender Charakter, der sich dem erstaunenden Blicke zeigt, aber allein steht cr nicht. Nicht die Wege aller seiner Gesinnungsgenossen führen zur Anklagebank, am allerwenigsten wegen Mordes. Aber wer in der Groß stadt in einzelnen Schichten des Volkes sich umsehen will und kann, der wird Hunderten von Menschen be gegnen mit scharfem, durchdringendem Verstände, aber mit völlig verdorrtem Gcmüthsleben und darum aller Wurzeln beraubt, welche dem Menschen einen Halt zu geben vermögen. Sollte darum eine solche Gerichtsver handlung nicht etwas mehr sein, als ein die Nerven reizendes Drama? Sollte unserm Geschlecht nicht mit ernster Stimme die Mahnung daraus entgegen tönen, die ethischen Momente des Menschenlebens wieder voll und ganz zur Geltung zu bringen und die Jubeltöne über unsere herrliche Zivilisation ein wenig herabzustimmen? Der österreichische Kaiserstaat hat nunmehr auch seine Judenhctze im großen Style hinter sich. Die aus dem Preßburger Komitat eingelaufenen Schilderungen, obgleich man sie jetzt als theilwcise übertrieben bezeichnet, assen erkennen, daß die dortige Hetze ähnlichen Vorfällen n Süd-Rußland an Umfang nicht viel nachsteht. Dem energischen Einschreiten des von der ungarischen Regie rung nach Preßburg entsendeten Kommissars ist es in erster Linie zu danken, daß die Exzesse in Preßburg und >en umliegenden Ortschaften beendigt worden sind. Diese bedauerlichen Vorgänge lassen erkennen, welche Früchte die durch die Herren Jstocy und Genossen nach Ungarn verpflanzte antisemitische Bewegung zu zeitigen vermag und cs bleibt nur zu wünschen, daß der demnächst zusam- mcntretende ungarische Reichstag diesen Herren ihr sauberes Handwerk energisch legen wird. Ucbrigens muß die Re gierung in Pest ihre Anschauungen über die Staatsgefähr- ichkcit der Unruhen Plötzlich modifizirt haben, da sie dem Negierungskommissar in Prcßburg die telegraphische Wci- ung ertheilte, den Ministerial-Erlaß über das Standrecht m snsxsnso zu lassen, bis bestimmte Fälle seine Pnbli- zirung nöthig machen. Hoffentlich werden die Antisemiten n diesem Umstande nicht eine Ermuthigung erblicken, solche „bestimmte Fälle" jetzt erst zu schaffen. In Frankreich dauert die politische Stille noch an, aber sie wird in nächster Zeit voraussichtlich heftigen Stürmen Platz machen. Gambetta hat gelegentlich eines Frühstückes, welches er jüngst seinen Freunden gab, mit vollen Backen wieder in die große Posaune gestoßen und versichert, daß cr sich lebhaft an den Verhandlungen der französischen Dcputirtenkammer zu betheiligen gedenke, namentlich was die Fragen der Militärreformen, des ffent- lichcn Unterrichts und der Justiz-Reorganisation anbclangt. Das Wiederauftreten Gambetta's, nachdem er verhältniß- mäßig lange geschwiegen, wird auch in Deutschland Interesse ; erregen. — Die Baret-Verleihung an den päpstlichen Die Woche. Im deutschen Reiche war es in vergangener Woche recht still, die große Politik ruhte fast ganz. Nur im Nachbarstaate Preußen brachte die Wahlbewcgung etwas Leben in die Massen. In der Regel spielen kurz vor den Wahlen die verschiedenen Programme eine Haupt rolle; wir verzichten gern darauf, dieselben hier näher zu besprechen, nur eines Umstandes sei dabei gedacht. Die preußische Regierung hat diesmal gar kein Pro gramm veröffentlicht. Daß sie dieserhalb überhaupt kein Programm habe, ist jedenfalls nicht richtig. Zum Min desten besteht an leitender Stelle das alte Programm, welches man als die „kanzlerische Reform" bezeichnet. Aber selbst dieses Programm hat eine Lücke erhalten. Der eigentliche Kern — das Tabakmonopol — fehlt ihm und es soll angeblich auch vom Vcrwcndungsgesetze nicht mehr die Rede sein. Viele meinen, Lie Regierung publizire deshalb kein Programm, damit der Opposition der Stoff zur Wahlagitation entzogen werde. Jndeß ist dieser Standpunkt wohl etwas gesucht. Er scheint nur eingenommen zu werden, weil keine andere Gelegenheit geboten ist, der Regierung etwas am Zeuge zu flicken. Hat die Regierung ein neues Programm, so wird es schlecht gemacht; hat sie keins, so wird die Regierung ge tadelt, daß sie eben kein Programm hat. Das jetzt beliebte Mittelding, daß die Regierung ihr festes Programm hat, aber die Publikation einmal unterläßt, paßt Niemandem recht. Wenn man sich der Worte erinnert, mit welchen der Reichskanzler am 12. Juni d. I. sich in seiner Monopol rede im Reichstage über die Steuerfrage aussprach, so hätte man annchmcn sollen, die Wahlbewegung werde sich um nichts anderes drehen als um die Frage des Drucks an direkten Steuern und der zur Abhilfe dienenden Mittel. Der Reichskanzler äußerte damals: „Wir erwarten, daß bei den Neuwahlen in Preußen die Frage: Fühlt das einen Mann verhandelt, welcher angeklagt war, seine Frau und seine vier Kinderchen getödtct zu haben, um sich mit einer Frauensperson, mit welcher er schon seit Jahren Umgang hatte, ungehindert verheirathert zu können. Der grausige Vorfall an sich mag an dieser Stelle außer Betracht bleiben; aber die Person des Angeklagten fordert die Betrachtung heraus, weil sic uns typisch zu sein scheint für eine gewisse Gattung von Giftpflanzen, wie sie nur auf dcm Boden der Großstadt emporwuchert. Der An geklagte, wie er uns in der Gerichtsverhandlung entgegen trat, war trotz seines niedrigen Bildungsgrades ein Mann von scharfem Verstände und gewandtem Geiste, der in dem Kampfe mit der Anklage seinen Mann zu stellen wußte. Aber in diesem Manne vcrricth nichts eine Spur von Ge ¬ reich am eifrigsten diente, als das Kaiserreich das Papst- thum untergrub?" In England ist man eifrigst beschäftigt, dem siegreich hcimkehrenden egyptischcn Expeditionskorps Lsrbeerkränze zu winden, bildlich und wörtlich genommen. Den Löwen antheil der Anerkennungen des Vaterlandes für die ge leisteten Dienste werden natürlich die beiden Chefs der Expedi tion, Admiral Seymour und Sir GarnetWolselcy,einheimsen, denn sic erhalten außer dem Pecrstitel jeder 50 000 Pfund Sterling (1 Mill. Mark); den Truppen, welche den cgyp- tischen Feldzug mitgcmacht haben, wird eine Kriegsmedaille verliehen werden, durch welche der Sieg der britischen Waffen verewigt werden soll. Hierbei dürfte cs nicht un interessant sein, zu erwähnen, daß die hervorragendsten Generäle des egyptischcn Expeditionskorps mit schweren körperlichen Gebrechen behaftet sind, welche es den Be treffenden unmöglich machen würden, in einer kontinentalen Armee zu dienen. So hat General Alison nur einen Arm, der Oberbefehlshaber, Wolscley, selbst ist im Besitze nur eines Auges und General Wood, welchem sich Arabi Pascha ergab, ist gar — stocktaub! Nachdem das Schwert in Egypten entschieden, hat eigentlich erst die schwierige Thätigkcit sür Englands Diplomatie begonnen. Die Selbstüberhebung der englischen Presse hat sich einigermaßen abgekühlt; man sieht all mählich ein, daß Deutschland ein gewichtiges Wörtchen mitzureden habe, und jedenfalls gedenkt man — auch ohne Separatallianz — mit Deutschland besser vorwärts zu kommen als mit Frankreich, welches die Folgen seiner enthaltsamen Politik am schwersten darin fühlt, daß alle Großmächte England als Vormacht am Nil anerkennen. Von Rußland aus verbreiten offiziöse Notizen das volle Vertrauen, daß Gladstone seine Versprechungen durchaus loyal halten und einem Konflikte mit den europäischen Regierungen aus dem Wege gehen werde; Deutschland er fährt sogar das Lob der Russen, weil es sich stets um die Erhaltung des Friedens verdient gemacht habe. Dieses russische offiziöse Lob steht freilich im Widerspruch zur russischen Volksstimmung, welche noch immer in Bismarck den Feind jeder russischen Vergrößerung erblickt. G vas verdächtig ist die politische Bewegung aus der Balkanhalbins el- Die Fürsten von Bulgarien und von Montenegro sollen in cin verwandtschaftliches, von Rußland protcgirtcs Verhältniß treten, da Alexander von Bulgarien die älteste Tochter des Fürsten Nikolaus, Prin zessin Zarka, heirathcn soll. Die Fürstenbesuche dürften wohl auch politische Zwecke haben; nachdem Alexander von Bulgarien den König Karl von Rumänien in Sinaja besucht hat, trifft in nächster Woche König Milan von Serbien zum Besuche des bulgarischen Fürsten in Rustschuk ein, und König Karl von Rumänien wird mit Nikolaus von Montenegro bald darauf in Sofia erwartet. Diese Begegnungen könnten leicht den Ausgangspunkt von Akti onen bilden; jedenfalls erzeugen sie eine Art Gährung bei jenen vcrgrößcrungssüchtigen Völkern. Tagesschau. Freiberg, den 7. Oktober. Neber den Einfluß der Schutzpockcn -Impfung bei Pocken-Epidemien sind die Ansichten bekanntlich sehr getheilt. Es dürste deshalb nicht unwesentlich sein, eine Stimme zu vernehmen, der man wohl ein kompetentes der Armeen und dem Reiche der Völker- und Bruderliebe!!Nuntius in Paris giebt den dortigen Blättern Anlaß zu — In Berlin wurde vor einigen Tagen ein Prozeß gegen heftigen Polemiken. Czacky hatte bekanntlich weder mit " " den Bonapartisten, noch mit den Legitimisten gemeinschaft ¬ liche Sache gemacht, sondern, weltlichen Opportunitäts rücksichten folgend, sich mit den Republikanern leidlich gut gestellt. Dies können ihm Blätter wie der „Gaulois" nicht verzeihen. Um so lebhafter nimmt sich seiner der „Figaro" an, der unter Anderm schreibt: „Man griff ihn auf jede erdenkliche Weise an, durch Unterstellungen, durch falsche Gerüchte, durch Verleumdungen, und eines Tages erzählte man sogar, cr sei bei dem Papste in Ungnade gefallen und werde nach Petersburg versetzt — nach Petersburg, wo es keine Nuntiatur giebt. Das Schlimmste an dieser heuchlerischen Haltung ist aber, daß gerade diese Ultra katholiken und angeblichen Puritaner, die ihn verfolgen, die Partei ausmachen, welche durch ihre Uebertreibungen und Bündnisse der Kirche und dcm heiligen Stuhle am meisten geschadet haben. War sie cs nicht, die dem Kaiser-
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