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Freiberger Anzeiger und Tageblatt : 02.11.1882
- Erscheinungsdatum
- 1882-11-02
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id1878454692-188211026
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id1878454692-18821102
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-1878454692-18821102
- Sammlungen
- Saxonica
- LDP: Zeitungen
- Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungFreiberger Anzeiger und Tageblatt
- Jahr1882
- Monat1882-11
- Tag1882-11-02
- Monat1882-11
- Jahr1882
- Titel
- Freiberger Anzeiger und Tageblatt : 02.11.1882
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Erscheint jeden Wochentag Abend« S Uhr für den andern Tag. Preis vierteljährlich 2 Mark 2S Pf., * W zwetmonallich 1 M. bv Pf. u. eimnonatl. 7b Pf. Inserate «erden bi« Bormittag« H Uhr angenom- men und beträgt der Preil für die gespaltene Zell« 1 ML MLA oder deren Raum 1b Pfennige. Amtsblatt für die königlichen and städtische» Behörden zn Freiberg and Brand. Leravtvortlicher Kedakte« JnlinS Sraa« tu Freiberg. und Tageblatt. — > 34. Jahrgang. - Donnerstag, den 2. November. Nachbestellungen »Uk bM ui»«i » für die Monate November und Dezember werbe« von sSmmtlichm Poftaustattev wie von der unterzeichneten Sx-ebtttov uub den bekannten Aus gabestellen tu Freiberg, Brau-, Langenau, Halsbrücke, LaugheuuerSbors und Weißenborn zvm Preise von 1 Mark 50 Pf. angenommen. Lxpsck. cks8 „fi»oib. ^nrsigsn u. Isgsdlstt". Die neuen Ueberschwemmungen in Tirol. Tirol ist zum Hiob unter den Ländern Oesterreichs geworden. Kein Wort ist düster genug, sagt das „Wiener Tgbl.", um die einschneidenden Folgen der letzten Katastrophe in ihrer vollen Wahrheit darzustellen. Die erste Ueberschwemmung hat den Bewohnern der von dem Unglücke betroffenen Thäler die letzte Habe entrissen, hat sie auf Jahre hinaus in Noth und Elend versetzt. Man hat die Zeit vor dem Eintritte des Winters benützt, um auf Straßen und Eisenbahnen die nothwcndigen Bauten hcrzustellen, damit wenigstens der Verkehr gesichert sei. Und nun empört sich das nasse Element von Neuem, und wieder sind die Thäler Tirols und Kärntens in tobende Seen verwandelt. Da muß jede Hoffnung schwin den; der Mensch ist widerstandslos gegen solchen Haß der Elemente. Schlimmer noch als die materiellen Zerstörungen solcher Katastrophen ist die Verzweiflung, welche das mensch liche Gemüth erfaßt, wenn alle Energie, wenn alle Arbeit, wenn alle Sorgen und Anstrengungen sich nutzlos erweisen. Tirol ist kein Land von rascher und leichter Reproduktions kraft, die Tiroler haben keine Rcichthümer aufgespeichert, die es ihnen möglich machen würden, wiederholten Unglücks fällen Trotz zu bieten. Tirol ist ohne alle Hilfsquellen und es dauert dort lange, bis Verluste ausgeglichen werden. Unter solchen Umständen hat die wiederholte Ueberschwemmung der Thäler Tirols und Kärntens eine wahrhaft verhängnißvolle Bedeutung. Das Jahr 1882 ist ein Ausnahmsjahr für Tirol. Die Geschichte der Alpengebiete hat, wenn man andere Länder damit in Vergleich bringt, keinen reichen politischen Inhalt. Dafür haben die Alpen ihre besondere Geschichte der Ele mentarereignisse. Von Zeit zu Zeit zeigt sich dort die Natur in ihrer Furchtbarkeit, und es hat den Anschein, als sei sie cs müde, die Menschen in ihrer Mitte zu dulden. Da kommen die großen Unglücksjahre, welche Ge schichte und Tradition im Gedächtniß haben. Das Jahr 1882 ist für die Thäler Tirols ein solches Unglücksjahr. Die Zerstörung der Wälder muß mit der Zeit diese Alpen gebiete förmlich zu einer menschenleeren Oede machen. Es ist das nicht als eine Uebertreibung anzusehen. Die Wälder sind eine Nothwendigkeit, wenn viele Thäler überhaupt bewohnbar bleiben sollen. Selbst die Mög lichkeit eines Verkehrs auf vielen Straßen ist für die Dauer nur denkbar, wenn schützende Wälder vorhanden sind. Andererseits ist es auch richtig, daß die Ueberschwemmungen in Tirol mit Ursachen Zusammen hängen, auf welche der Mensch keinen Einfluß zu üben vermag. Es ist zwar gewiß, daß in Tirol nicht genug Sorge getragen wird, um die verschiedenen Wasserläufe in einem geordneten Zustande zu erhalten; es ist, wie man entschuldigend bemerken muß, in Tirol nicht einmal das Geld vorhanden, um Jahr für Jahr die ungeheure Re- gulirungsarbeit zu verrichten, welche zur Verhütung von Gefahren nothwcndig wäre. Man muß bedenken, daß solche Arbeiten an ökonomische Bedingungen gebunden sind, daß der Ertrag in einem angemessenen Verhältnisse zum Aufwande stehen muß. Der tiroler Bauer hat nicht reichen Gewinn zu erwarten, wie der amerikanische Farmer. In Tirol ist auch nicht der Antrieb zur Selbstthätigkeit und zum Selbstschaffen vorhanden, wie in Amerika. Die Armuth lähmt, sie macht stumpf und gleichgiltig. Auf den harten Kampf mit der Natur sind die Tiroler ange wiesen, aber ein reicher Lohn für diesen Kampf ist ihnen nicht beschieden. Im Mittelalter hatte Tirol seine glänzende Zeit; glänzende Denkmäler der damaligen Wohlhabenheit sind jetzt noch aufzufinden. Tirol hatte damals noch seine ergiebigen Bergwerke. Aber diese unterirdischen Hilfs quellen sind jetzt erschöpft, Tirol ist arm geworden. Seit einer langen Periode ist in den deutschen Gebieten Tirols eher ein Abnehmen, als ein Zunehmen des Bcvölkerungs- standes zu verzeichnen, und bei der Beschränktheit seiner Mittel kann Tirol nicht einmal alle Vorkehrungen treffen, welche zur Abwendung von Elcmentargefahren nothwendig wären. Aber selbst wenn der tiroler Landeskasse alle Mittel zur Verfügung ständen, wenn die tiroler Gemeinden nicht auf s Sparen angewiesen wären, so hat die Gebirgsnatur doch Launen, gegen welche die menschliche Kraft überhaupt nicht aufkommen kann. Wir haben das Jahr 1882 für Tirol als ein Ausnahmsjahr bezeichnet und wir neigen damit der Annahme zu, daß die Unglücksfälle dieses Jahres durch eine längere Periode sich nicht mehr wieder holen werden. Uebcr die Frage, weshalb gerade ein be stimmtes Jahr außerordentliche Elcmentarerscheinungen im Gefolge hat, vermag die Wissenschaft keinen Aufschluß zu geben. Es giebt Gelehrte^ welche an kosmische Ursachen glauben, welche somit der Meinung sind, daß im Welt räume außerordentliche Vorgänge stattfinden, deren Ein fluß auf der Erde sich bemerkbar macht. Man hat in dieser Richtüng ganz merkwürdige Entdeckungen gemacht und es ist bis zur Evidenz festgestellt, daß die Sonnen- flcckenperioden mit den Abweichungen der Magnetnadel in direkter Beziehung stehen. Das ist auch eine Art von Astrologie und zwar eine solche, welche die Wissenschaft anerkennt und welche mit dem bekannten astrologischen Aberglauben nichts gemein hat. Abseits von allen kos mischen Ursachen kann man aber auch, angesichts der außerordentlichen Elemcntarereignisse dieses Jahres, an eine Veränderung der klimatischen Verhältnisse glauben, welche langsam, aber stetig im Vollzüge begriffen ist. Die Geschichte unserer Erde weist ungeheure Wandlungen nach, die sich auf ausgedehnten Gebieten vollzogen haben. Letztere Annahme giebt auch der pessimistischen Auffassung Raum, daß die Ueberschwemmungen in Tirol in kürzeren Jahresperioden sich wiederholen können. In diesem Falle wäre das Land dem schwersten Verderben ausgesetzt. Tagesschau. Freiberg, den 1. November Das Befinden des Kaisers ist seit der Rückkehr aus Baden-Baden ein so befriedigendes, daß von Seiten der Aerzte gegen die Jagdausflüge des greisen Monarchen keine Bedenken erhoben werden; deshalb wird sich derselbe am 5. d. M. zu den Jagden nach Wernigerode begeben. Auch der Gesundheitszustand der noch in Baden-Baden weilenden Kaiserin wird als befriedigend bezeichnet. Die hohe Frau berief dieser Tage den berühmten vr. v. Langen- bcck in Berlin zu einer Konsultation nach Baden-Baden, vr. v. Langenbeck sprach aus, daß die Art der Verletzung zur Heilung überhaupt eine längere Zeit bedinge, daß aber irgend welche Gründe zu Besorgnissen durch die Lang wierigkeit der Heilung ebensowenig wie durch eine beson dere Erscheinung gerechtfertigt seien. — Der dem Bund cs- ra the vorgelegte Marine-Etat beziffert die Einnahme pro 1883/84 auf 410 645 M., die fortdauernden Ausgaben auf 28 220067 M. und die einmaligen Ausgaben auf 13693 825 M. Die einmaligen Ausgaben betragen daher 4965025 M. mehr als im Vorjahre. Der Marine-Etat pro 1884/85, welcher dem Bundesrathe ebenfalls zuging, läßt die Einnahmen unverändert und schlägt die fort- rauernden Ausgaben um 200000 M. höher, die einmaligen Ausgaben um etwa 3*/, Millionen M. niedriger an. — Nachrichten aus Varzin melden, daß in dem Befinden des Reichskanzlers eine Besserung eingetreten ist, welche demselben wieder eine ausgedehntere amtliche Thä- tigkeit gestattet. Wie lange der Reichskanzler noch fern von Berlin weilen wird, darüber sind augenblicklich noch keine Bestimmungen getroffen worden, jedoch glaubt man in unterrichteten Kreisen, daß der Fürst vor Ende des Monats November Varzin nicht verlassen werde. Ob derselbe noch einen Aufenthalt in Friedrichsruhe nimmt, wird bezweifelt, und ist man der Ansicht, der Reichskanzler werde direkt von Varzin nach Berlin zurück kehren. Jedenfalls steht zu erwarten, daß der Reichs kanzler mit Beginn der Thätigkeit des Reichstages auch in der Rcichshauptstadt anwesend sein wird. — Im König reich Preußen ventilireu jetzt die verschiedenen Parteien die Frage, auf welche Weise im neuen Abgeordnetenhause eine Majorität herauskommen werde. Die rechte Seite des Hauses zählt 184, die gesammtc Linke 130, das Zen trum mit Welsen und Polen 1l8 Mandate. Keine von diesen drei großen Gruppen ergiebt also eine Mehrheit. Ebensowenig ergiebt sich eine Mehrheit für die sogenannten Mittelparteien, die gemäßigt Liberalen und die gemäßigt Konservativen, Nationalliberale und Freikonscrvative zählen zuiammen 126 Mitglieder. Eine Mehrheit kommt nur dann zu Stande, wenn sich die Rechte entweder mit dem Zentrum oder mit den Nationyllibcralen verbindet, oder wenn die ganze Linke sich mit dem Zentrum vereinigt. Diese letztere Kombination wird jedoch niemals bei posi tivem Schaffen, sondern höchstens in der Negation und Opposition eintreten. Für positive Leistungen ergeben sich nur die beiden Möglichkeiten eines konservativ-ultramontanen oder eines konscroativ-nationalliberalen Zusammenwirkens. So ist cs freilich auch im letzten preußischen Abgeordncten- hausc gewesen, so ist es trotz der erheblich größeren Stärke der liberalen Parteien auch im gegenwärtigen Reichstage, und so wird es auf unabsehbare Zeit hinaus im Reiche und in Preußen bleiben. Man kann dies Hinderniß für eine klare und entschiedene Politik beklagen ; aber es bleibt eine Thatsache, die man sobald nicht aus der Welt räumen wird. Früher war es ein leitender und fast wie selbstverständlich betrachteter Grundsatz des öffentlichen und parlamentarischen Lebens, daß die Voraussetzung sür jede positive Arbeit und Leistung das Zusammenwirken der gemäßigteren Elemente von rechts und links sei. Wenige Jahre erst sind es her, daß man angcfangen hat, zu glauben, man könne der liberalen Mitwirkung ganz entbehren und sie durch eine solche der Ultramontanen er setzen. Das schloß dann freilich nicht aus, daß bei großen Entscheidungen, namentlich wenn es die Verstärkung der Macht und Sicherheit des Reichs und Staats galt, in der Militärfrage, in der Sozialistenfrage, in der Eisenbahn frage, wieder die Verständigung mit den Nationalliberalen gesucht werden mußte, da das Zentrum regelmäßig bei solchen schweren und patriotische Opfer erfordernden Ent scheidungen versagte. So entstand in den letzten Jahren die doppelte parlamentarische Mehrheit, die konservativ klerikale für kleine reaktionäre Maßregeln, die konservativ nationalliberale zur Befriedigung großer Interessen und Bedürfnisse des Staats, und die gemäßigt liberale Partei war patriotisch und entsagungsvoll genug, sich dieses selt same Spiel mit wechselnden Majoritäten gefallen zu lasfen. Wird nun auch in der durch die neuen Wahlen bezeich neten Zeitperiode dieses verwirrende und ein fruchtbares Arbeiten der Gesetzgebung erschwerende Vcrhältniß fortge setzt werden? Das ist eine Frage, die Jeder erheben wird, ohne daß gegenwärtig eine Antwort darauf möglich wäre. Nichts hätte den Befürwortern einer vollendeten und systematischen Reaktion besser gepaßt, als wenn die ge mäßigten Parteien zu Gunsten der Extremen ganz ver nichtet worden wären. Wäre die ganze liberale Seite der Volksvertretung vom Radikalismus beherrscht, so wäre freilich eine Verständigung mit der Regierung ausgeschlossen und es hätte nur eine Politik geführt werden können, wie sie den Wünschen der entschiedenen politischen und kirch lichen Reaktionäre entspricht. Das ist nun nicht cinge- treten; die gemäßigten Parteien sind noch immer in sehr ansehnlicher Stärke auf dem Platze, und wir haben allen Grund zu der Hoffnung, daß doch nicht Alles so gehen wird, wie man cs auf der äußersten Rechten und im Lager der Ultramontanen im jetzigen Augenblick des Sieges rausches wünscht und sich einbildct. — Die Verwaltungs behörden sind neuerdings angewiesen worden, mit größerer
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