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Freiberger Anzeiger und Tageblatt : 08.11.1882
- Erscheinungsdatum
- 1882-11-08
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id1878454692-188211082
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id1878454692-18821108
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-1878454692-18821108
- Sammlungen
- Saxonica
- LDP: Zeitungen
- Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungFreiberger Anzeiger und Tageblatt
- Jahr1882
- Monat1882-11
- Tag1882-11-08
- Monat1882-11
- Jahr1882
- Titel
- Freiberger Anzeiger und Tageblatt : 08.11.1882
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MkMA^ia und Tageblatt. Amtsblatt für die kümglichm und WWeu Behörden zu Freiberg und Braud. Lermttworllicher Redaltem Jalta» »ra» ia Freiberg 34. I«hrs«X« > > —, - n S GrUKrtM ied« Wochentag Abendt 6 Uhr sür den Ainkerate werde« Hit Bormtttaal 11 Uhr anaenom- ^260»! ! Mitttuch, dm 8. NMmbkr. j 1888. Die Stimmung in Frankreich. Paris ist bekanntlich Frankreich; die Stimmung, welche in der Hauptstadt herrscht, ist dort für das ganze Land maßgebend. Nach außen hin bietet Paris allerdings noch immer das Bild energischen Lebens, allein der Pulsschlag in Handel und Wandel ist nach Berichten von dort ein beträcht lich langsamerer geworden. Was man in dem Tumulte der Straßen nicht merkt, es fällt in den Komptoirs, in den Magazinen, in den Luxusläden, in den Banken auf. In den Kreisen der hohen Finanz herrscht wirkliche und nicht erheuchelte Bestürzung. Pmis kann nicht leben ohne das große Finanzgeschäft, ohne die Emissionen, ohne die Spekulation. Man mag diese Thatsache als das Ergcbniß einer ungesunden Entwicklung anschcn, aber diese Thatsache besteht. Keine Bank und kein Bankier wagt cs jetzt an irgend eine neue Unternehmung zu denken. Die große Welt der Finanz und die Halbwelt der Spekulation ist gleichmäßig eingeschüchtert. Der kleine Millionär und der große Milliardär, sie ziehen sich beide scheu und ängstlich vor neuen Geschäften zurück. Die verlockendsten Propo sitionen sind nicht im Stande, den erloschenen Gcichäfts- appctit zu reizen. Die fesselndsten Aussichten auf Gewinn entlocken der Brust höchstens einen Seufzer der Entsagung. Paris, ganz Paris kann aber ohne die Anregungen von Emissionen, ohne die Reizmittel des Agios, ohne die mannigfachen Schöpfungen des Unternehmungsgeistes nicht leben. Die Krankheit ist am Ende nur eine eingebildete. Sie kann auch nur eine eingebildete sein. Die Hilfsquellen des Landes sind dieselben geblieben, der Reichthum hat sich nicht vermindert, der Besitz ist groß, die Gelegenheit des Erwerbens ungeschmälert. Wo also steckt das Uebel und was ist das für ein Zustand? Die Anarchisten arbeiten mit den Mitteln des Schreckens; das Dynamit ist ihre Waffe. Sie verfolgen aus Instinkt oder aus Be rechnung das Ziel, die jetzige Gesellschaft in einen Zustand der Lähmung zu versetzen. Sie suchen nicht die Gesellschaft im offenen Kampfe zu besiegen, das wäre ein wahnwitziges Unternehmen, für welches ihre Kraft niemals hinreichcn wird, aber sie suchen sie zu entnerven, zu entmannen. Eine einzige Dynamitpatrone in ein Theater einer Stadt geschleudert, sie genügt, um den Theaterbesuch in dieser Stadt zu verhindern. Eine Explosion in einem der großen Magazine verscheucht für lange Zeit die Kundschaft aus allen Magazinen. Es würde ein großes Maß von Pflicht treue dazu gehören, wenn die Beamten einer Administration in ihren Bureaux vor dem Dynamit Stand halten sollten. Die Polizei selbst, wenn sie von den geheimen Anschlägen einer im Dunkeln arbeitenden Verschwörung fort und fort bedroht wird, müßte eine sehr straffe und dazu ausge zeichnete Organisation besitzen, wenn sie sich nicht der un ausgesetzten Bedrohung gegenüber auflösen sollte. Die Disziplin in der Staatsverwaltung und in der Armee müßte eine felsenfeste sein, um dem gewaltigsten aller Sprengmittel, dem Dynamit, widerstehen zu können. Und trotz alledem ist die Krankheit doch nur eine ein gebildete. Das allgemeine Stimmrecht wird in Frankreich von rund zwölf Millionen Wählern ausgeübt. Das ist also die ganze volljährige männliche Bevölkerung. Von diesen zwölf Millionen sind aber über acht Millionen, also mehr als zwei Drittel, Besitzer und haben ein bestimmtes Eigcnthum. Die große Majorität der Stimm berechtigten gehört demnach zur besitzenden Klasse. Aber auch von dem Drittel, von den vier Millionen Wählern, die offiziell nicht zu den Besitzern zählen, sind sehr viele dennoch nicht zu den Proletariern zu rechnen. Da finden sich darunter noch sehr viele Handwerker mit selbständigem Betrieb, Kaufleute, Angestellte in Staats- und Privat- dienst, Künstler, Aerzte, Advokaten u. s. w., welche keines ¬ wegs in die Reihe der Sozialisten rangiren. Das sind statistische Daten, welche dm Rang von Thatsachen be anspruchen. Die sozialistische Partei befindet sich also in Frank reich in der entschiedensten Minorität und sie kann dauernd nichts gegen den entschlossenen Willen der großen Majo rität ausrichten. Freilich hat man oft genug gesehen, daß kleine Minoritäten durch ihre geschlossene Organisation und durch ihre überlegene Führung die großen Majori täten unterjocht und dienstbar gemacht haben. Wenn die Desorganisation des jetzigen Shratcs fortschreiten und die Rcgierungsgcwalt immer mehr erlahmen sollte, dann könnte allerdings der Moment kommen, in welchem die geschlossen organisirte und einheitlich vorgehende sozialistische Partei die heutige Gesellschaft und ihre Staats- und Eigcnthums- form über den Haufen zu rennen vermöchte. Allein auch dann müßte der Sozialismus als faktische Minorität sich eine Organisation geben, etwa wie die des Feudaladels im Mittelalter, um die Majorität zu beherrschen. Der Sozialismus und der Anarchismus bedrohen heute in erster Linie die Republik, indem sie entweder eine reine Militärherrschaft, oder eine auf die Bajonnete basirte Monarchie im Falle der-blutigen Unterdrückung der Bewegung hcrbeiführen könnten. Diese Gefahr kennt man in den republikanischen Kreisen und man weiß dort, daß die rothen Sozialisten und die Anarchisten nichts so sehr hassen, als die Republik. Die republikanischen Führer sind sich auch dessen vollkommen bewußt, daß ihre Personen es sein würden, die zuerst im Falle einer Be wegung der Gefahr eines Angriffes ausgesetzt wären. Es erscheint als ein großer Fehler der Regierung, diese Angelegenheit zu sehr außer Acht gelassen zu haben. In Frankreich ist die soziale Frage viel leichter zur Ruhe zu bringen, als in den andern Ländern, wo sie besteht; und zwar durch den eigenthümlichen Umstand, daß die Bevölkerung Frankreichs fast gar nicht zunimmt, während der Rcichtkmm des Landes fort und fort steigt. Während beispielsweise bei uns in Deutschland die Sorge besteht, wie in Zukunft die Bevölkerung ernährt werden solle, die jährlich um eine halbe Million wächst, trotzdem die Erwerbs gelegenheit lange nicht in demselben Verhältnisse zunimmt, ist Frankreich dieser Sorge ledig. Einige wenige Ein richtungen würden dort genügen, um den dringendsten Forderungen zur Verbesserung der Lage der arbeitenden Klassen zu entsprechen. Mit der Zeit würde es in diesem Lande, bei der Fortdauer seiner materiellen Prosperität, kaum noch Besitzlose geben- Die materielle Prosperität aber hängt von der Erhaltung des äußeren Friedens und der inneren Ruhe ab. Der Zustand des Schreckens, wie er jetzt durch das Dynamit herrscht, wirkt bereits lähmend auf alle Geschäfte und eine längere Fortdauer dieses Zu standes müßte eine Unterbrechung in dem Prozesse der Entwickelung und der Ausbreitung des Wohlstandes herbeiführen. Tagesschau. Freiberg, den 7. November Die innere Politik des deutsche» Reiches schleppt sich in ermüdender Langweiligkeit fort, als könnte in diesem wässerigen Jahre die Zeit der „sauren Gurke" kein Ende finden. Nichts ereignet sich, was Anspruch auf allge meineres Interesse hätte. Das einzige Thema, welches bisher die Blätter beschäftigte, war die Frage nach der künftigen Majorität im preußischen Abgeordnetenhaus^ Nachdem die Offiziösen wiederholt versichert haben, der Regierung sei an einer konservativ-liberalen Majorität mehr gelegen, als an einer konservativ-klerikalen, kommt nun heute die „Nordd. Allg. Ztg." und wirft alle der artige Versicherungen über den Haufen. Dieses Sprach rohr des Fürsten Bismarck hebt nämlich hervor, daß in Preußen das Parteircgiment weder rechtlich, noch faktisch irgend welchen Boden habe. Eine Regierung, welche ihre Aufgabe darin finde, als listiger Makler von Fraktion zu Fraktion herumzugehen, um ein Geschäft zu Stande zu bringen und die erwünschte Kourtage einzuheimsen, stehe in schroffem Gegensatz zur Auffassung derjenigen, denen die Erhaltung des preußischen Staatswesens am Herzen liege. Die Regierung werde bei ihren Vorlagen an die Volksvertretung lediglich das Staatswohl im Äuge haben; die Partei, welche die Regierung dabei unterstütze, werde naturgemäß einen Einfluß auf die Regierung gewinnen, weil sich beide auf ihren Wegen treffen müßten, die Re gierung werde es aber abwarien, daß ihr Unterstützung entgcgengebracht werde. — Noch bestimmter erklärt die „Kceuzztg.": Thatsache ist cs, daß Erörterungen über die Bildung einer Majorität innerhalb der Regierungs- und namentlich mit dem Kanzler, sowie auch innerhalb der konservativen Abgeordnetcnkreise selbst noch gar nicht statt gefunden haben und stattfinden konnten. Es versteht sich ganz von selbst, daß von irgend welchen Verhandlungen oder Chancen doch nur die Rede sein könnte, wenn die Fragen zwischen der Regierung und den berufenen Partei führern irgend wie besprochen worden wären, was bisher notorisch nach keiner Richtung der Fall war. Wir machen außerdem darauf aufmerksam, daß die Regierung schwerlich geneigt ist, sich, wie man annimmt, auf ein konservativ-liberales Bündnitz über haupt oder auf ein konservativ-liberales Pro gramm einzulaffen, so wenig wie bisher das konser vativ-klerikale Bünjmiß, von welchem man bei den Wahlen so viel gesprochen, in Wirklichkeit bestanden hat. Wir glauben, daß es sich auch künftig um ein Bündniß von Fall zu Fall handeln wird, und es wird faktisch darauf an kommen, wie sich die Parteien in dem einzelnen Falle stellen. — Alle bisherigen Kombinationen sind also Seifenblasen ge wesen. Trotzdem steht fest, daß die Konservativen sich entweder mit den Liberalen oder mit dem Zentrum verbinden müssen, um eine Majorität zu Stande zu bringen; denn allein haben sie eben die Mehrheit nicht. Ohne eine solche ist aber auch ein Regieren nicht möglich. — Das preußische Staatsministerium trat gestern Mittag zu einer Sitzung zusammen. — Der Bundesrath wird deute eine Plenarsitzung hallen. — In dem Befinden des Professors Virchow, welcher in Folge Erkältung an Nieren entzündung erkrankte, ist eine leichte Besserung eingetreten. — In der Domkirche zu Halle brach gestern Feuer aus, durch welches eine Anzahl Kirchcnstühle vernichtet wurde. — Der „Reichsanzeigcr" veröffentlicht eine Anordnung des Regierungspräsidenten von Gumbinnen, welche ange sichts der neuerlichen wiederholten Einfuhr von seuchen behafteten Schweinen die thierärztliche Untersuchung aller mittelst Eisenbahn über Eydtkuhnen und Proßken aus Rußland eingeführter Schweine verfügt. Der österreichische Kricgsminister hatte, bevor der Budaetausschuß der diesseitigen Delegation die Bewilligung der Titel des Heeresbudgets aussprach, noch eine Reihe an ihn gerichteter Anfragen zu beantworten. Auf die Frage Grocholski's, welche Eisenbahnlinien in der nächsten Zeit ausgebaut werden müßten, erwicdertc der Kricgsminister, daß wegen der unabweisbar nothwendigcn Kompletirung des Eisenbahnnetzes Verhandlungen mit den beiderseitigen Regierungen im Zuge seien; sobald dieselben abgeschlossen wären, würden die entsprechenden Vorlagen erfolgen. Der Kriegsminister wies sodann noch darauf hin, daß, die Kadres ausgenommen, in Friedenszeiten keine Ersatz- Bataillone bestehen würden, daß größere Garnisonen, mit Ausnahme von Wien, durch die im Territorium des be treffenden Korps dislozirten Regimenter gebildet werden könnten und daß die Frage der Einberufung der Reserve bchuss Erhöhung des Friedcnsstandcs durch die bestehenden Gesetze ausgeschlossen sei. Die in's Auge gefaßte partielle Heranziehung der Ersatzreserve könne nur durch die Ver tretungskörper normirt werden, eine weitere Aenderung des Wehrgesetzes als die thcilweise Heranziehung der Ersatz- reseroe werde von der Kricgsvcrwaltung nicht in Aussicht genommen. Auf die Frage des Deputieren Sturm, warum die Armceorganisation nicht schon im Jahre 1879 oder 1881 in Angriff oder in Aussicht genommen worden sei, erwicdertc der Kriegsministcr, daß die Armeeorganisation mit dem Wehrgcsetze nichts zu thun habe und daß deshalb ein Zusammenfasscn derselben mit dem Wehrgcsetze ausge schlossen gewesen^ sei. Ucbrigens wären auch damals die Vorbereitungen und Vorstädten sür die Armee-Reorgani sation noch nicht so weit gediehen gewesen, daß man mit positiven Vorschlägen hätte hervortrcten können. Auf die weitere Frage Sturm's, ov aus der nationalen Ver-
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