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Freiberger Anzeiger und Tageblatt : 05.08.1885
- Erscheinungsdatum
- 1885-08-05
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id1878454692-188508059
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id1878454692-18850805
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-1878454692-18850805
- Sammlungen
- Saxonica
- LDP: Zeitungen
- Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungFreiberger Anzeiger und Tageblatt
- Jahr1885
- Monat1885-08
- Tag1885-08-05
- Monat1885-08
- Jahr1885
- Titel
- Freiberger Anzeiger und Tageblatt : 05.08.1885
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mveMIiyeiqet md Tageblatt. Amtsblatt für die kömglichen und städtischen Behörden zn Freiberg nnd Brand Verantwortlicher Redakteur: Julius Braun in Freiberg. J-179. Erscheint jeden Wochentag Abends y,7 Uhr für den andern Tag. Preis vierteljährlich 2 Mark 2d Pf., zweimonatlich 1 M. SO Pf. und einmonatlich 7d Pf. Mittwoch, de» 5 August. Inserate werden bis Vormittag 11 Uhr angenom- men und beträgt der Preis für die gespaltene Zelle oder deren Raum Id Pf. 1885. Die Tmnfest-Preisvertheilung. Vor wenigen Tagen sprach im Berliner Handwerker verein Professor vr. Euler über das Dresdner Turnfest. Nachdem der Redner die Vertheilung der Preise und den Schluß des Festes geschildert hatte, wurde er darüber interpellirt, weshalb so wenig Preise nach Berlin gekommen wären. Darauf erfolgte die nachstehende Erklärung: „Es ist bekannt, daß bei uns Gutes geleistet wird, daß das Berliner Turnen im Großen und Ganzen an der Spitze steht. Daß ein Verein mehrere Preise erhalten hat, wie in Stuttgart, Leipzig, München und Wien, spricht noch nicht für die Gesammtleistungen des Vereins. Es macht mir den Eindruck, als ob die Norddeutschen an Elastizität zurück- ftänden hinter den Mittel- und Süddeutschen. Auch das volksthümliche Turnen im Freien wird bei uns nicht so sehr gepflegt, weil das Klima hier so veränderlich ist. Der Hauptgrund aber ist vielleicht der Zufall!" Bis auf den letzten kurzen Satz, dessen Richtigkeit sich bestreiten ließe, kann das, was Professor Euler von den zahlreichen Ber liner Turnern sagte, auch von vielen kleineren Vereinen gelten, die es mit der Turnkunst redlich meinen und Treff liches leisten, ohne sich bei ähnlichen Gelegenheiten durch einzelne Kraftstücke in die vorderste Reihe der Prcisbewerber zu drängen. Der Ausspruch des Berliner Redners mahnt unwillkürlich an Schillers Worte: „Es giebt keinen Zufall; und was uns blindes Ohngefähr nur dünkt, gerade das steigt aus den tiefsten Quellen!" So ist es auch wohl kein blindes Ohngefähr, daß zahlreiche Vereine, deren Tüchtigkeit erprobt ist, weder Neigung noch Fähigkeit be sitzen, in den turnerischen Wettbewerb einzutretcn, bei welchem die Anforderungen bereits höher gespannt sind, als sich mit den Grundsätzen verträgt, welche sie als die Pfeiler der deutschen Turnerei nach wie vor betrachten. Die wahre, echte deutsche Turnerei fördert nationale und erziehliche Zwecke, hat aber nichts zu thun mit ungewöhn lichen Kraftlcistungcn und einzelnen Kunststücken. Sie soll kraftvolle, vatcrlandliebende Männer heranziehen, kerngesund an Leib und Seele, aber keine gymnastischen Künstler. Sic soll die Aufgaben dec Turnhallen streng trennen von denen des Zirkus. Wenn irgend eine große Sache alle Leiden der Verkennung durchgemacht hat, so ist es die deutsche Turnerei; um so mehr ist sie nach so vielen herben Er fahrungen darauf angewiesen, über ihre Ziele selbst klar zu bleiben und auch bei Anderen darüber keine Täuschungen auskommen zu lassen. Als vor langen Jahren Ludwig Jahn in der Berliner Hasenhaide Barren und Neck aufge richtet hatte, mußte das Turnwesen in Folge des Wartburg festes und der Sand'schen Blutthat unsägliche Verfolgungen erleiden, weil ihr die Machthaber staatsgefährliche Tendenzen zukauten. Inzwischen haben die Träger der Regierungs- gcwalten sich überzeugt, daß die Turnkunst nur das deutsche Volksleben und Volksstreben in seiner edelsten Bedeutung vertritt, sehr wenig mit dem politischen Partciwesen, aber sehr viel mit dem nationalen Gedanken zu schaffen hat. Es mag unerörtert bleiben, ob auf dem vor Kurzem in Dresden glänzend gefeierten 6. deutschen Turnfeste bei den lebhaften Demonstrationen für die Deutsch-Oesterreicher und gegen die Magyaren diese Grenze streng festgehalten worden ist. Die Leiter des Festes, welche den verschiedensten poli tischen Richtungen angehörten, hatten dazu jedenfalls den besten Willen und so ist auch der Grundzug des Festes ein wesentlich patriotischer und nationaler geblieben, wie er allein der deutschen Turncrei gedeihlich und würdig war. Neben dem nationalen Grundpfeiler des Tum- wesens muß aber der erziehliche als gleichbedeutend angesehen werden, um so mehr, als es der letztere war, welcher in den Zeiten des politischen Rückganges und des üefsten Mißtrauens gegen jede frische und freie Bewegung die deutsche Turnkunst vor dem völligen Untergang rettete. Lehrer und Aerzte waren cs, welche damals die Negierungen von dem Nutzen und der Unentbehrlichkeit der systematischen Leibesübungen überzeugten. Das heutige Schulturnen ist eine Errungenschaft, deren Bedeutung nicht hoch genug veranschlagt werden kann, und mit welchem das Wirken der Turnvereine in steter Wechselbeziehung bleiben muß, umsomehr als sich das letztere mit der Zeit voraussichtlich mehr und mehr zu einem nützlichen Mittelgliedc zwischen Schule und Heer gestalten wird. Mit der pädagogischen Seite des Turnwesens ist aber das Ausbilden von Turn virtuosen oder Akrobaten vollends unverträglich. Die ge diegenen Leiter der Bürger- und Volksschulen streben mit Recht darnach, das richtig bemessene Gesammtziel der von ihnen geleiteten Erziehungsanstalten möglichst von allen ihren Schülern erreichen zu lassen, nicht aber einzelne Wunderkinder auszubilden und mit diesen bei den Prüfungen zu paradiren. Dies überlassen sie den Privaterziehungs anstalten, die mehr oder minder auf die Ausbildung einzelner vorzüglich begabter Kinder angewiesen sind, die ihnen dann als Aushängeschild dienen müssen. Ganz ähnlich liegt es bei den Turnvereinen; dieselben haben darnach zu streben, möglichst alle Mitglieder das systematisch ausgearbeitete Lehrziel erreichen zu lassen und eine allge meine harmonische Ausbildung anzustreben, ganz besonders aber auf eine gleichmäßige Kräftigung des Körpers und Charakters hinzuarbeiten. Der Wettkampf in allerhand Fertigkeiten und Kraftstücken, soweit derselbe geeignet ist aneifernd zu wirken, braucht nicht ganz ausgeschlossen zu sein, kann aber immer nur als Nebensache gelten. Unverkennbar ist das deutsche Turnwesen erst noch im Aufschwung begriffen und es giebt noch Kreise genug, die demselben vorurtheilsvoll cntgegenstehen. Für p ''tisch bedenklich wird die Turnerei nicht mehr angesehen, wohl aber, wenn auch mit Unrecht, halten sich Viele vom Turn plätze fern, welche Ueberanstrengung und Gefahren befürchten. Die meisten Schauturnen sind geeignet, auch dieses Vor- urthcil zu beseitigen und die Zweifelnden zu überzeugen, daß die echte und rechte deutsche Turnkunst keine über mäßigen Körperkräfte voraussetzt, keine gefährlichen Wage stücke verlangt, jedenfalls aber dem Körper jene Ge schmeidigkeit und Beweglichkeit verleiht, welche für die Gesundheit unentbehrlich sind. Der große Werth, den die modernen Aerzte der Massage beilegen, welche bei einzelnen Leiden als hervorragendes Heilmittel immer mehr zur Anerkennung gelangt, beweist in erster Linie, daß die Grenzen des Turnwescns nicht weit genug gezogen werden können. Die Angst vor Unglücksfällen beim Turnen iff völlig unberechtigt; dieselben sind bei den systematischen, den Körperkräften angemessenen Uebungcn unter Leitung eines tüchtigen und gewissenhaften Turnlehrers so gut wie unmöglich. Bei fast allen Arm- und Beinbrüchen, die sich bisher in Turnhallen over auf Turnplätzen ereignet haben, hat sich als Ursache irgend ein Kunststück herausgestellt, das ohne Wissen und Willen des Lehrers versucht wurde. Trotzdem schaden derartige vereinzelte Fälle der Turnerei ungemein und können die Turnlehrer nicht streng genug dem falschen Ehrgeiz entgegentreten, welcher einzelne Turner zu Kraft- und Kunststücken veranlaßt, die über das Können des Betreffenden weit hinausgehen. Die letzten allgemeinen Turnfeste haben — warum soll das verschwiegen werden — in dieser Beziehung nicht günstig gewirkl. Die auf den letzten Turnfesten mit Preisen gekrönten Einzelleistungen setzten einen Grad von Kraft und Gewandtheit voraus, die sich nur bei besonders glücklicher natürlicher Veranlagung erreichen lassen, aber kaum als Produkte einer vorzüglichen Anleitung gelten können. Wir stehen nicht an, uns voll dem anzuschließen, was die „Neue Züricher Zeitung" andeutet, welche schreibt: „Gedenken wir lieber der hübschen Leistung, welche die vereinigten Turner Sachsens und der höhem Lehranstalten Dresdens am gleichen Tage in der Zahl von 1700 Mitwirkenden vorführten. Die Uebungcn trugen eine hübsche Steigerung in sich und gingen wesentlich weiter als die Freiübungen der Gesammtturnerschast. Hieran schloß sich von 5—7 Uhr ein Schau- und Kürfcchten. Unterdessen ging auch bereits das Turnen der Musterriegcn vorüber, das am Sonntag und Montag von circa 270 Riegen unter viel Aufmerksam keit Seitens des Publikums vorgenommen worden war. Einer solchen Riege, die aus der Elite einer kleinern oder großen Turnerschaft, gewöhnlich aus deren Vorturnern besteht, war die Aufgabe gestellt, innerhalb 20 Minuten eine geordnete Reihe von Uebungcn zur Darstellung zu bringen, welche dann wiederum von den Kampfrichtern nach Schwierigkeit, dem logischen Ausbau und der Ausführung der einzelnen Details, nach turnsprachlicher Benennung, dem Verhallen des Vorturners hinsichtlich Leitung und dem An- und Ablretcn taxirt werden. Es hielt schwer, über die weithin an den Geräthen zerstreuten Riegen beim An drang des Publikums einen ordentlichen Ueberblick zu gewinnen. Wir an unserem Orte vermißten neben manch' wackerer Leistung die Straffheit der ganzen Durchführung, wie wir sie bei unserm Sekttonswettturnen gewohnt sind. Manches war derart, daß es an einem kantonalen Sektions wettkampf nicht wohl figuriren dürfte. Dann fehlt uns immer noch das Zusammenarbeiten mehrerer Turner zu gleich, worin eine so bedeutende erzieherische Kraft liegt, und das hier um fo leichter geschehen sollte, als es sich hier nicht um die größere Zahl von Mitgliedern einer! Sektion überhaupt, sondern um die wenigen Auserwählten größerer Turnverbände handelte." Alles rn Allem gerechnet, ist trotzdem das Resultat des sechsten deutschen Turnfestes in Dresden ein derartiges, daß sich die gesammte Turnerei zu demselben Glück wünschen darf. Dasselbe soll aber nicht ungenützt bleiben, sondern in den einzelnen Turnvereinen und außer denselben belehrend nachwirken, damit die natio nalen und erziehlichen Wirkungen des deutschen Turn wesens mehr und mehr dem ganzen Volke zum Segen gereichen. Tagesschau. Freiberg, den 4. August. In den letzten Tagen hatte sich im Süden Deutschlands durch schweizerische Eisenbahnschaffner von Basel aus das Ge rücht verbreitet, daß der deutsche Kronprinz in Zürich schwer verwundet worden sei. Die „N. Pr. Ztg." bemerkt dazu: „An Stellen, welche jedenfalls davon Kenntniß haben würden, falls dem Kronprinzen etwas zugestoßen wäre, ist von einem Unfälle, den Se. Kaiserliche Hoheit erlitten hätte, nichts bekannt." — Unser Kaiser wohnte in Gastein Sonntag Abend einer Soiree bei der Gräfin Lehndorff bei und begrüßte Montag früh auf der Promenade den am Abend vorher in Gastein cingetrofsenen russischen Militär-Attache Fürsten Dol- gorucki, welcher Se. Majestät auf dem Spaziergange begleitete und nebst dem Kriegsminister Generallientenant Bronsart von Schellendorff zur Tafel besohlen wurde. Der Kaiser hat in Anerkennung der Verdienste des in Gastein so plötzlich ver storbenen Hofschauspielers Berndal um die königlichen Schau spiele in Berlin die Ueberführung der Leiche desselben nach Berlin auf kaiserliche Kosten verfügt. Die Leiche Berndal's wurde gestern Abend 6 Uhr in Gastein kurz vor der Ueber führung von dem Oberhofprediger Or. Kögel eingesegnet. Zur Feier des fünfundsiebzigjährigen Bestehens der Ber liner Universität begaben sich gestern etwa 2000 Studenten nach dem Denkmal des Königs Friedrich Wilhelm III. und legten daselbst einen Lorbeerkranz mit der Inschrift: „Dem Gedächtnisse des königlichen Gründers ihrer Hochschule, die Berliner Studentenschaft" nieder. Hierauf fand in der Aula der Universität der übliche FestaktuS mit Preisvertheilung statt; die Festrede hielt der Rektor Professor Dernburg. Abends fand in den elektrisch erleuchteten Räumen der Philharmonie ein großer Kommers statt. Der Rektor Dernburg, welcher in vierspänniger Gala-Equipage abgeholt worden war, eröffnete den Kommers mit einer Ansprache, die in einem Salamander auf des Kaisers Wohl ausklang; es schloß sich die National hymne an, deren Strophen stehend und mit entblößten Häup tern gesungen wurden. Der Dernburg'schen Rede folgte ein Hoch des Ausschußmitgliedes Studiosus Löb auf die Universität Berlin und nun gelangten in zwangloser Reihenfolge weitere Ansprachen zu Gehör. An dein Kommers nahmen neben fast sämmtlichen gegenwärtig in Berlin anwesenden Professoren zahlreiche Vertreter der höchsten Behörden und hervorragende Gäste Theil. Nochmals wendet sich, offenbar in besonderem ministeriellen Auftrage, die „Nordd. Allg. Ztg." gegen den bekannten Artikel des Pariser „Temps", welcher die Vermehrung der französi schen Kavallerie längs der französischen Ost- und Südgrenze empfiehlt. Das Berliner offiziöse Organ sagt: „Man hat in Deutschland Zeit gehabt, sich an die kriegerischen Aeußerungen zu gewöhnen, die jenseits der Vogesen niemals schweigen und gelegentlich lauter betont werden. Wir halten es aber für unsere Pflicht, beide Nationen im Interesse ihres Friedens auf merksam zu machen, wenn Staatsmänner, höhere Offiziere oder angesehene Preßorgane Krieg gegen Deutschland predigen oder wie der „Temps" und kürzlich der Deputirte Cassagnac den Kampf in den Vogesen als unwandelbares Ziel jeder französi schen Politik in Aussicht stellen. Wenn man sieht, daß sich der „Temps" jetzt auf chauvinistische Agitation einläßt, so liegt darin ein Symptom, daß die friedliche Entwickelung der nach barlichen Beziehungen Frankreichs, wie sie von Deutschland angestrebt werden, den Stimmungen der Leser des „Temps" nicht entspricht und daß unsere Bestrebungen, die guten Be ziehungen zu Frankreich zu pflegen und die Politik der Ver söhnung anzubahnen, bisher kein Glück gehabt, keine Gegen seitigkeit gefunden haben. Wir müssen uns gegen unseren Willen die Sorge ausdrängen lassen, daß Frankreich nur auf eine günstige Gelegenheit warte, um allein oder verbündet mit Anderen über uns herzufallen. Trotz aller Verdächtigungen und Verleumdungen eines Theils der ausländ s ^.n Presse kann auch im Auslande kein aufrichtiger Zweifel bestehen, daß die deutsche Politik der Friedensliebe und dem Friedcnsbedürsnisse des deutschen Volkes in vollstem Maße entspricht und daß
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