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Freiberger Anzeiger und Tageblatt : 22.01.1885
- Erscheinungsdatum
- 1885-01-22
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id1878454692-188501229
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id1878454692-18850122
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-1878454692-18850122
- Sammlungen
- Saxonica
- LDP: Zeitungen
- Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungFreiberger Anzeiger und Tageblatt
- Jahr1885
- Monat1885-01
- Tag1885-01-22
- Monat1885-01
- Jahr1885
- Titel
- Freiberger Anzeiger und Tageblatt : 22.01.1885
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17. ,1'1, I AmtMM Lk VuWichcn M städtischen Behörden zu Freiberg und Brand. Berautwortlicher Redakteur: Iuliu« Brauu in Freiberg Erfchemijedcn AochcMag Aüent» y,7 Uhr für bar andern Tag. Preis vierteljährlich 2 Man 2S Pf., zweimonatlich 1 M. SO Pf. und eimnonatlich 7b Pf. —— 37. Jahrgang — > Donnerstag, den 22. Januar i Jniaa» werben bv» BormiNaj, l 1 Tür angenom- !j FHLd k? . wen und betrügt der Preis für die gcfpaltme Zeile f 1 oder deren Raum 1b Pf. jj Nachbestellungen auf Vie Monate Februar und März werden zum Preise von 1 M. 5V Pf. von allen kaiserlichen Postanftalten sowie von den be kannten Ausgabestellen und der unterzeichneten Expedition angenommen. Expedition des Freiberger Anzeiger. Sucht -eu Polen! Ein berühmter französischer Polizeilciter gab bei Nach forschungen nach den Urhebern einer noch unaufgeklärten Misscthat seinen Untergebenen stets die Weisung: „Obm-obox la. l'ounno!" In ähnlicher Weise scheint der deutsche Reichs kanzler, wo seinen Plänen in böswilliger Art entgegen ge arbeitet wird, stets einen Polen für den intellektuellen Ur heber zu halten. Als im deutschen Reichstag kürzlich die von dem polnisch-russischen Reisenden Nogvszinski in Ka merun der deutschen Kolonialpolitik bereiteten Schwierig keiten zur Sprache kamen, machte Fürst Bismarck halblaut dabei dis Bemerkung: „(Lvrobe/. la Uulouaw!" Warum gerade jetzt den Polen von dem deutschen Reichskanzler öffentlich ein solcher Vorwurf gemacht wird, läßt sich theil- weise durch den Nachtheil erklären, welcher der Ncichs- regierung aus dem hartnäckigen Widerstand des Zentrums erwächst. Wäre es Herrn von Schlözer gelungen, im Va tikan einen Ausgleich mit der preußischen Regierung zu ermöglichen, so würde der Kulturkampf beendet sein, dessen Fortdauer die ultramontanen Abgeordneten im deutschen Reichstage und im preußischen Landtage zu beständigen Klagen und Hemmungen der Negierungspolitik veranlaßt. Den Mißerfolg des preußischen Unterhändlers im Vatikan schreibt man aber fast allgemein dem Einfluß zu, dessen sich der ehemalige Erzbischof von Posen und Gnescn, Kar dinal Ledochowski, bei dem Papste erfreut. Auch der Ein fluß, den die Polen vorübergehend in Rußland hatten und noch jetzt in Oesterreich ausüben, machte sich stets im deutschfeindlichen Sinne geltend, wenn derselbe auch nicht verhindern konnte, daß sich die drei Kaisermächte in Skier- nicwize inniger aneinanderschlvssen. Das weitgehende Miß trauen der preußischen Negierung gegen die polnischen Geistlichen im Großherzogthum Posen und in Schlesien rührt theilweise von den Erfahrungen her, welche in dieser Beziehung in den Jahren 1848, 1849 und 1863 gemacht worden sind. Es müssen doch aber auch in letzterer Zeit wieder ähnliche Wahrnehmungen gemacht worden sei», da nicht nur in der letzten Session des preußischen Abgeordneten hauses der Minister von Goßler sich über diese Verhält nisse sehr scharf äußerte, sondern auch neuerdings im Groß herzogthum Posen die Kirchengesetze anscheinend strenger gehandhabt wurden als in anderen preußischen Provinzen. Bei der Reichstagsverhandlung über den sozialpolitischen Antrag des ultramontanen Freiherrn von Hertling meinte am vergangenen Mittwoch der polnische Abg. v. Ccgielskh, wenn die Polen für diesen Antrag stimmten, dürste der Kanzler wieder das „Osteroden Io Lolwwm!" missprechen. Betrachte man aber die Verhältnisse der Pole», so Zönne man eher sagen: „(Nmrobo? Io Oünuoolior! ' Am Sonn abend sah sich wiederum der preußische Kriegsminister ge- nöthigt, dem ultramontancn Abg. Grafen Ballestrem gegenüber, der gelegentlich der Diskussion über den Kirchen besuch der Soldaten, den Gehorsam im Heer von religiösen Ansichten abhängig machte, die Erklärung abzugeben, der Gehorsam in der Armee sei ein unbedingter. Der deutsche Reichskanzler beschränkt sich aber durch aus nicht darauf, die polnischen Unterthanen Preußens von Uebergriffen und von dem Hineinleben in die abgethane nationale polnische Idee zurückzuhalten. Warnend sorgt der deutsche Staatsmann auch anderwärts dafür, daß der Ge danke einer Wiederherstellung des Gesammtpolens nicht unter den polnisch redenden Unterthanen Preußens, Oester reichs und Rußlands aufrecht erhalten werde. Wie dringend nöthig Fürst Bismarck eine solche Warnung erachtet, be weist, daß er dieselbe nicht in seinem offiziösen Organ, der ,^Nordd. Allg. Ztg.", laut werden ließ, sondern zu dieser Kundgebung sogar den offiziellen „Reichsanzeiger" benutzte. Dieses nur in seltenen Fällen zu derartigen Aus lassungen dienende Regierungsorgan brachte vor einigen Tagen eine ganz direkte Anklage gegen den in Krakau lebenden Jesuiten P. Morawski und dessen polnische Monats- schrist „Przglad powszechny" (Allgemeine Rundschau). Ter „Reichsanzeiger" behauptete, die Tendenz dieser Monats schrift sei eine stäatsgefährliche, was schon daraus hervvr- gehc, daß dieselbe von den polnische» Kreisen des russischen Gouvernements Witebsk bis nach Dalmatien Verbindungen angcknüpft habe. Deutschen Haß und ultramontaner Fana tismus zögen sich wie rothe Fäden durch diese Publikation. In derselben erörtern der frühere Bischof Janiszewski die päpstliche Enzyklika gegen die Freimaurerei, H. Lisicki die Memoiren des Fürsten Metternich, der Jesuit P. Bierling die Briefe des Kardinals de Cöme an einen einflußreichen Propagandisten des 16. Jahrhunderts, ein Herr Ostoja „Das Lutherfest in Deutschland", der Pole Jakowski die Geschichte des Brasilianervrdens und ein Ungenannter die in Aussicht genommene Millenniumsfeier des Slavenapostels Methodius in Mähren, rücksichtlich welcher die Hoffnung ausgesprochen wird, „daß Polen dabei die ihm gebührende Stellung einnehmen werde". Bekanntlich haben schon mehrere russische Regierungsblätter die Befürchtung aus gedrückt, daß cs bei dieser Feier des Apostels Methodius, welcher die slavische Bevölkerung Mährens vor 1000 Jahren der römischen Kirche zuführte, zu Demonstrationen gegen die griechisch-katholische Mehrheit der nichtösterreichychen Slaven kommen könnte. Um so peinlicher mußten die von denr deutschen „Reichsanzeiger" gebrachten Anklagen die nationalen Kreise in Galizien berühren. Der dadurch er zeugte deprimirende Eindruck spiegelte sich deutlich in zahl reichen in Krakau und Lemberg „zur Abwehr" geschriebenen Zeitungsartikeln wieder. Die Deutschen in Oesterreich, welche cs längst bitter empfanden, daß die Polen, welche im Deutschen Reiche und Rußland als Feinde der bestehenden Staatsordnung ange sehen werden, in dem diesen Staaten verbündeten Oester reich jetzt eine tonangebende Rolle spielen, sind über die Kundgebung des deutschen Reichskanzlers hocherfreut. In dem Bewußtsein, daß das eine Frieden sbürgschaft für ganz Europa bildende deutsch-österreichische Bündniß an realem Werth weit höher stehe als das nationale Polnische Traum leben, deni schon der Zar Alexander II. scharf entgegentrat, hoffen die Deutschen Oesterreichs, daß der erwähnte Artikel des deutschen „Reichsanzeigers" eine internationale Trag weite haben werde. So sehr sie jeden Einmischungsversuch eines auswärtigen Verbündeten in die inneren Angelegen heiten Oesterreichs bekämpfen würden, finden sie es doch berechtigt, daß in Berlin das Bedenken aufgetaucht ist, es könnten schließlich die in Oesterreich durch die politischen Verhältnisse begünstigten Polen auf ihre in Rußland und Deutschland lebenden Stammesgenossen einen aufreizenden Einfluß ausüben. Das Mimsterium Taaffe, welches stets behauptete, daß die Stellung der österreichischen Negierung zu den Nationalitäten mit den auswärtigen Beziehungen nichts zu schaffen habe, dürfte jetzt von dem österreichisch- ungarischen Minister des Auswärtigen, Graf Kalnvky, be lehrt werde», daß die polnische Frage alle drei europäischen Kaiserreiche angeht und in Wien nicht ohne Rücksicht auf die Verhältnisse in Deutschland und Rußland beurtheilt werden darf. So lange die Budgetberathung im preußischen Abge ordnetenhause und die neue Zolltarif-Novelle im deutschen Reichstage unerledigt sind, kann das Zentrum in Folge der ihm zur Verfügung stehenden zahlreichen Stimme» auf gewisse Rücksichten rechnen. Sicher ist aber, daß der deutsche Reichskanzler die Taktik des Zentrums, die Negie rung fortwährend mit dem Gespenst der Sozialdemokratie zu fchreckeu, für dessen Beschwörung nur die Beseitigung des Kulturkampfes geeignet sein soll, sehr übel vermerkt, um so mehr, als die sozialpolitischen Anträge des Zentrums seine eigenen sozialreformatorischen Bestrebungen zu über bieten versuchen. Der klerikalen Einwirkung schreibt der Reichskanzler schon deshalb keine Schutzkraft für Thron und Vaterland zu, als die Anhängsel des Zentrums, die Welsen, Elsaß-Lothringer und Polen, aus ihren Antipathien gegen Deutschland gar kein Hehl machen. Wäre das Zen trum wirklich so patriotisch und loyal gesinnt, wie cs stets vorgicbt, dann dürften nicht gerade die Männer die Wort führer der Partei bilden, welche die speziellen Interessen des hannöversch-braunschweigischen Prätendenten, des Her zogs von Cumberland, vertreten oder als preußische Staats angehörige noch immer unter klerikalem Beistände für die Wiederherstellung Polens thätig sind. Zwischen diesen antinationalen Bestrebungen und den patriotischen Zielen des deutschen Reichskanzlers gähnt eine tiefe Kluft, die niemals überbrückt werden kann. Tagesschau. Freiberg, den 22. Januar. Wegen eines Unwohlseins des deutschen Kaisers, welches sich während des Ordensseftes bemerkbar machte, ist der an gesetzte Opernball auf den 30. d. Bk. verschoben worden. Der gestrige „Reichsanzeiger" brachte die Meldung, der Kaiser sei durch einen Erkältungszustand genöthigt, seit Montag das Bett zu hüten. Gestern Abend verbreitete sich in Berlin die beruhigende Nachricht, daß der greise Monarch sich nach mehr stündigem erquickendem Schlafe bedeutend wohler befinde. Immerhin wird der Kaiser längerer Schonung bedürfen und deshalb die Kour am Donnerstag von der Kaiserin allein entgegengenommen werden. Bei der gestern im deutschen Reichstage stattge- sundenen Berathung des deutsch-griechischen Handelsvertrages wies Abg. Menzer auf den steigenden Handelsverkehr zwischen Deutschland und Griechenland hin, wogegen Abg. Bröncl behauptete, die Hoffnung, mittelst des Zolltarifs günstigere Vertragsabschlüsse zu erzielen, habe sich nicht erfüllt. Der letztere Redner empfahl dringend den Abschluß eines Handelsvertrages mit den Vereinigten Staaten. Der Regierungskommissar Schrandt erwiederte, in dem vor liegenden Falle seien allerdings in Folge unseres Zolltarif- bezüglich des deutschen Exports von Eisenwaaren und Ma- schinenthcilen nach Griechenland Vergünstigungen erzielt worden. Hierauf wurde der Vertrag in der zweiten Lesung genehmigt. Nachdem Abg. Rickert über die Kommissionsberathung des Marineetats berichtet hatte, sagte Abg. v. Francken stein lZentrum), er sei der Ansicht, die Kolonialpolitik habe die Nahmen überschritten, welche der Reichskanzler im Juli 1884 angedeutet habe. Die meisten Biehrforderungen des Marine etats bezögen sich auf die Kolonialpolitik, die mit der Zeit noch eine erhebliche Erweiterung der Marine erfordern würde. Das Zentrum werde zwar für die Positionen des Marineetats stimmen, lehne es aber ab. daß daraus die Uebereinstlmmung der Partei mit der Kolonialpolitik abgeleitet würde. Abg. v. Staufsenberg wünschte vor Allem, daß für die Zukunft das richtige Gleichgewicht in den Zuwendungen für die Marine und das Landheer innegehalten werde. Mit dem vorliegenden Marineetat sei man bis zur äußersten Grenze der Bewilligungen angelcmgt. Auch seine Freunde wünschten, daß aus deu Be willigungen für den Marineetat keine Konsequenzen auf die Stellung der Partei zur Kolonialpolitik gezogen würden. Sodann erklärte sich der sozialdemokratische Abg. Hasen clever gegen die Kolonialpolitik und sprach die Absicht aus, keiner Forderung zu deren Gunsten zustimmen zu wollen. Der Abgeordnete von Helldorff suchte nachzuweisen, daß von der Kolonialpolitik Industrie und Landwirth- schaft Vortheil haben würden. Die früheren Aeuße- rungen des Reichskanzlers über den Rahmen der Kolonialpolitik müßten unter dem Gesichtspunkte aufgefaßt werden, daß es damals darauf angekommcn sei. das Ausland keinen zu tiefen Einblick in unsere Absichten thun zu lassen. Abg. Richter- Hagen: „Wenn der Reichskanzler zu diesem Zwecke hier Er klärungen abgegeben hat, so muß das Haus noch viel sorg fältiger darüber wachen, daß der damals gezogene Rahmen inncgehalten werde. Nach den bisherigen Erfahrungen em pfiehlt sich die Erwerbung von Kolonien nur da, wo bereits ein leistungsfähiger Stamm deutscher Ansiedler vorhanden ist." Abg. I)r. Böttcher erklärte, die nationalliberalc Partei werde, jede einzelne Frage sachlich prüfen, stehe aber der Kolonialpolitik mit nationaler Begeisterung gegenüber. Vom agra rischen Standpunkte aus trat Abg. Graf Stolberg-Werni gerode für die Kolonialpolitik ein, worauf Abg. Richter auf die Getreidezölle hinwies, die dem Lande mehr schaden würden, als die Kolonialpolitik nützen könne. Abg. vr. Windt- horst meinte, daß schon die Nothwendigkeit, einen Gouver neur in Kamern» anzustellen, ein Kriegsschiff zum Schutze dort bereit zu halten und eine Dampferlinie dorthin zu unter stützen, über den Rahmen hinausgehe, den der Reichskanzler früher angedeutet habe. Eine maßvolle Kolonisation wolle auch er gern, ein unbestimmtes Etwas könne er nicht unterstütze». Bei dem das technische Personal betreffenden Etatskapitel be schwerte sich Abgeordneter Meister über die ans poli tischen Gründen erfolgte Entlassung sozialdemokratischer Arbeiter auf der Kieler Werft. Chef der Admiralität von Caprivi rechtfertigte die betreffende Maßregel in folgender Weife: „Das Reich hat als Arbeitgeber die Pflicht, dafür zu sorgen, daß die Leute, mögen sie eine Gesinnung baben, welche sie wollen, wenigstens nicht sozialdemokratische Agitation treiben. Was ich hier im Reichstage von diesen Tendenzen gehört habe, legt mir die Pflicht auf, zu verhüten, daß das Gist der
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