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Freiberger Anzeiger und Tageblatt : 09.04.1885
- Erscheinungsdatum
- 1885-04-09
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id1878454692-188504090
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id1878454692-18850409
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-1878454692-18850409
- Sammlungen
- Saxonica
- LDP: Zeitungen
- Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungFreiberger Anzeiger und Tageblatt
- Jahr1885
- Monat1885-04
- Tag1885-04-09
- Monat1885-04
- Jahr1885
- Titel
- Freiberger Anzeiger und Tageblatt : 09.04.1885
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BergerM^ und Tageblatt. er- Amtsblatt für die königlichen nud städtischen Behörden zn Freiberg nnd Brand. Verantwortlicher Redakteur: Julius Braun in Freiberg. — Z8. Jahrgang. ' > > " ' - »> » Erfcheint jeden Wochentag Abends y,7 Uhr für den . I Inserate werden bis Vormittag I I Uhr angcnom- »0 andern Tag. Preis vierteljährlich 2 Mark 25 Ps., u VI I men und bettägt der Preis für die gespaltene Zeile s I * ß zweimonatlich IM. 50 Ps. und cinmonatlich 75 Pf. oder deren Raum 15 Pf. Das Ministerium Brisson. Die letzten Tage haben deutlich gezeigt, daß die leitenden Parteien der dritten französischen Republik zu einer Zeit, die sowohl wegen der inneren wie der auswärtigen Politik cine starke Staatsleitung erheischt, nicht einmal im Stande sind, eine definitive Regierung zu bilden. Das neue Kabinet, welches der bisherige Kammerpräsident Henri Brisson nach langen Verhandlungen zu Stande brachte; kann zunächst nur als ein Geschäfts- oder Uebergangs-Ministerium gelten, so daß die Befürchtung nahe liegt, cs könne in Paris dieselbe Lage wie vor der Bildung des jetzt gestürzten Ministeriums Ferry eintreten, in welcher die Regierungs Verhältnisse Frankreichs einen kläglichen Anblick boten und die Verlegenheitsministerien sich in kurzen Zwischenräumen abwcchseltcn. Die bisherige Regierungspartei hat bereits kingesehen, welchen groben Fehler sie beging, als sie sich von den Radikalen und Sozialisten verleiten ließ, den Minister Ferry zum Rücktritt zu zwingen, der nicht nur als staatsmännisches Genie Gambetta ebenbürtig, sondern demselben sogar vielfach überlegen war. Ferry hat das unbestrittene Verdienst, die von Gambetta vergeblich er strebte Wahlreform durchgesetzt, außerdem aber durch kluge Verständigung mit Deutschland der französischen Republik eine Stellung unter den Weltmächten zurückgewonnen zu haben, welche durch eine einzige Taktlosigkeit feines Nach folgers wieder verloren gehen kann. Die Volksstimmung, welche ihm durch die Uebertrcibung der von den französischen Truppen an der Nordgrenze Tonkins erlittenen Nieder lagen kurze Zeit hindurch ungünstig war, ist bereits wieder vollständig umgeschlagen, da es sich herausgcstellt hat, daß Ferry, als man ihm in der Kammer jedes Wort der Rechtfertigung abschnitt, eben im Begriffe stand, der Volks vertretung den größten Erfolg seiner auswärtigen Politik, den voraussichtlichen Friedensschluss mit China mitzutheilcn Während die Kammer den Minister ungehört verurtheilte, hatte derselbe die besten Beweise dafür in der Tasche, daß Oberst Heibringer nach der Verwundung des Generals Nsgricr den Rückzug von Langsvn übereil! antrat und daß die chinesische Regierung sich durch den in Paris so hoch veranschlagten Erfolg ihrer Truppen an der Tonkingrenze nicht verhindert fühlte, um Frieden zu bitten. Zunächst leugnete man natürlich die zuerst von dem Journal „Paris" gebrachte Botschaft ab, durch welche die Niederlage der französischen Truppen bei Dong- son, welche die Monarchisten und Radikalen sogar zur Stell ung eines Antrages auf Ministeranklage veranlaßt hatte, zu einem Scharmützel zusammenschrumpfte. Die Wahrheit brach sich aber dennoch Bahn und der Umschwung in der öffentlichen Meinung ward so groß, daß einzelne Blätter bereits die Auflösung der Kammer verlangten, welche das Land zu so ungeeigneter Zeit seines begabtesten Staatslenkers beraubt hatte. Der Fehler war aber einmal gemacht und der Präsi dent der französischen Republik, Jules Grsvy, war um so weniger geneigt, den Jrrthum durch eine Zurückberufung Ferrys wieder gut zu machen, als er gegen diesen Rath geber einen starken Widerwillen hegt, seitdem man denselben vielfach als seinen künftigen Nachfolger bezeichnete. Als Ferry sich am letzten Donnerstag Vormittag zu dem Präsidenten Grsvy begab und von demselben die Ermächti gung zur Unterzeichnung der Friedenspräliminarien mit China verlangte, gab der Präsident diesem Verlangen nicht statt, sondern antwortete Ferry, er möge die Sorge dafür seinem Amtsnachfolger überlassen. Als die Grundlagen der noch von dem Bevollmächtigten Ferrys vereinbarten Friedenspräliminarien werden bezeichnet: „Die Räumung von ganz Tonkin durch die chinesischen Truppen, die Fort dauer der Okkupation von Formosa durch französische Truppen bis zur Ausführung des Friedensvertrags, der Verzicht Frankreichs auf jede Kriegsentschädigung und die Einräumung von kommerziellen und industriellen Vortheilcn seitens Chinas an Frankreich." Die Verantwortung, welche Grsvy und die Kammermehrheit dadurch auf sich luden, daß sie aus Vorurtheil gegen den genialen Staatsmann Fcriy den Friedensschluß mit China verzögerten oder gar vereitelten, ist sicher eine sehr große. Sich pedantisch an den Buchstaben der parlamentarischen Praxis haltend, muthete Grsvy zunächst dem Kammerpräsi denten Brisson zu, ein neues Ministerium zu bilden. Da sich Brisson anfänglich nicht zutraute, diesen Auftrag aus- zusühren, wurde der frühere Minister Fieycinet berufen, der es unternahm, durch ein Koalitionsministerium die ver schiedenen streitenden Gruppen der republikanischen Partei zu versöhnen und für die Regierung zurückzugewinnen. Dieser Plan scheiterte daran, daß die „Union röpublicaine" ihre herrschende Stellung nicht aufgeben, die „Union dsmo- cratique" aber nur unter dieser Bedingung ihre Unter- 'tützung zusagen wollte. Am Freitag übernahm der Senator Constans die Mission, ein neues Kabinet zu bilden, wozu ich kurz vorher auch Devss außer Stande erklärt Mttc. Den Sonnabend verbrachte nun Constans in Verhandlungen mit de» verschiedensten parlamentarischen Persönlichkeiten, um ein Ministerium zu schaffen. Nach den Namen zu urtheilen, die in der Kombination Constans ge nannt wurden, scheint sich derselbe vornehmlich an die radikale Linke gewendet zu haben. Er ist hierzu allerdings )urch die Haltung der Opportunisten genöthigt worden, sie auf ihrem schon früher angedeuteten Standpunkt be harren und ein Ministerium erzwingen wollten, welches genau aus denselben Gruppen, wie das Kabinet Feny, ). h. aus der „Union röpublicaine" und aus der „Union dsmocratigue" mit Dominirung der ersteren, genommen würde. Die Opportunisten machen gar kein Hehl daraus, daß sie mit allen Mitteln auf ein solches Kabinet hin arbeiten und daß sic jedem aus anderen Elementen zu sammengesetzten Ministerium von vorn herein feindlich gegcn- übertreten werden. Es wird sich nun zeigen müssen, wie Brisson, der nach langer hartnäckiger Weigerung sich nun dazu entschlossen hat, die Kabmetsbildung zn übernehmen, dieser Schwierigkeiten Herr wird. Wir haben bereits in voriger Nummer unter den neuesten Depesck en die Ministerliste gÄracht, welche Henry Brisson dem Präsidenten Grsvy vorgestern vvrlegte. Von bekannten Namen finden sich auf dieser Liste nur derjenige Brissons, der neben dem Präsidium nicht das Portefeuille des Aus wärtigen, sondern das der Justiz führen, das erstere aber Freycinet überlassen will, und derjenige des General Campenon, der demnach das Portefeuille des Krieges zurückerhält, welches er an Lewal abtrete» mußte, als es mit dem Krieg in Tonkin Ernst werden sollte. Campenon hat nie daraus ein Hehl gemacht, daß er die französische Armee für andere Zwecke als für überseeische Abenteuer verwenden und beisammen halten wolle. Brisson bewies als Kammcrpäsident wiederholt Sympathien für die soge nannte patriotische Liga und hat deshalb wohlgethan, das Portefeuille des Auswärtigen Frcycinet zu überlassen, mit welchem der Vertreter der deutschen Regierung schon früher freundlich verkehrte. Großes Vertrauen kann nach alledem das Kabinet Brisson nicht einfloßen, denn es bietet weder Garantien für die Fortsetzung der bisherigen freundlichen Beziehungen zwischen Frankreich und Deutschland, noch für eine günstige Weiterführung der Tonkin-Angelegenheit. Wenn man wirklich in Peking entschlossen war, mit dem Ministerium Ferry einen Fricdensvertrag abzuschließen, so beweist dies noch nicht, daß diese Absicht auch dem neuen Kabinet Brisson gegenüber vorhält, dem die klugen chinesi schen Diplomaten keine besondere Energie zutrauen werden. Jedenfalls ist es für die Chinesen verlockend, den Krieg mit einem Volke fortzuführen, bei dem jeder kleine Mißerfolg eine Ministerkrise und eine förmliche Stockung in der ganzen Staatsmaschine hervorruft. Tagesschau. Freiberg, den 8. April. Der deutsche Reichskanzler hat am Ostersonntage sein ihm von der Nation wiedergeschenktes Stammgut Schönhausen besucht, das übrigens nicht mit dem bei Berlin gelegenen gleich namigen Ort identisch ist, wie vielfach irrthümlich angenommen wird. Das Schönhausen der Familie Bismarck liegt vielmehr an der Lehrter Bahn im Jerichow'schen Kreise unweit der Elbe und in der Nähe der viellhürmigen tausendjährigen Stadt Tangermünde. Auf dem Bahnhofe waren keine Empfangs vorbereitungen getroffen. Der Fürst trug die Uniform seiner Halberstadter Kürassiere, das Haupt mit der Mütze bedeckt; cine Stahlbrille beschirmte die Augen. Pastor Schrader trat aus den Fürsten zu und richtete an ihn eine kurze Begrüßungs anrede. Der Kanzler dankte herzlich und sagte etwa Folgendes: „Ich freue mich, daß ich nach Schönhausen gekommen bin. Durch die Gnade Sr. Majestät habe ich viele größere Güter bekommen; aber ein Alter sehnt sich dahin, wo seine Wiege gestanden hat; ich hoffe, mit den Schönhausener» noch ost in Berührung zu kommen." — In dem Schreiben, mit welchem der deutsche Reichskanzler die Glückwunsch-Adresse der Stadt Bremen beantwortete, heißt es u. A.: „Die reiche Gabe auS dem weltberühmten Rathskeller giebt mir einen neuen Beweis, daß das Bremische Bürgerrecht ein sehr werthvolles Ehrenrecht ist. Ich werde mit besonderer Freude und mit treuem Ge denken an die liebenswürdigen Mitbürger, im Bremischen Weine auf das Wohl der alten Reichs- und Handelsstadt trinken, deren Schiffe den deutschen Namen und die deutschen Farben in die entferntesten Meere tragen." Zu Dölzig verstarb vorgestern in seinem Schlöffe der greise preußische General Vogel von Falckenstein. Am 5. Januar 17S7 in Schlesien geboren, machte derselbe als freiwilliger Jäger die Feldzüge von 1813 und 1814 mit, ward 1841 Major; am 18. März 1848 beim Straßenkampf in Berlin verwundet, focht er trotzdem bald darauf in Schleswig mit, wurde 1855 Generalmajor, 1858 Generallieutenant und erhielt 1864 den Oberbefehl in Jütland. 1865 wurde Vogel von Falckenstein General der Infanterie, 1866 Kommandirender der Mainarmcc, im Juli Militärgouverneur von Böhmen, im Oktober Kommandeur des 1. Armeekorps, 1868 zur Disposition gestellt, beim Ausbruch des Krieges 1870 mit Frankreich Gcneralgouverneur der Nord- und Ostsceprovinzen und lebte zuletzt auf seinem Gute Dölzig. Die slavische Bevölkerung Oesterreichs zeigt nicht die Begeisterung für das tausendjährige Jubelfest des Slaven- Apostels Methud, die man in Oesterreich und Rußland erwartet und zu welcher man von Rom aus angeeifert hatte. Wie man aus Lemberg berichtet, dürfte die Betheiligung Galiziens an diesem Feste trotz aller Agitationen nur gering sein. Bis her ist die Zahl der in Wcllehrad in Mähren angemeldeten und eingetroffenen Pilger eine sehr kleine; die Fcstdeputation der Galizier besteht nur aus Geistlichen und einigen Bauern; die sür diesen Zweck eingeleitetcn Sammlungen haben ein sehr unbedeutendes Resultat ergeben. Die Wallfahrtsfestlichkeit, zu welcher die ganze slavische Christenheit nach Wellehrad geladen wurde, wo Methud begraben liegen soll, hat bereits am 6. d. begonnen und soll bis zum 13. d. M. dauern. Außerdem sind zu Ehren des Festes St. Cyrills und Methuds noch zwei andere Festwochen vom 5. bis 12. Juli und vom 15. bis 22. August anberaumt. Da aber kein Prophet im eigenen Lande gilt, wird sich die Feier der Slaven-Apostel in Rußland weil glänzender gestalten wie in Oesterreich. Der Ministerwechsel in Frankreich ist thatsächlich in dem Augenblick vor sich gegangen, als der Friedensschluß mit China in nahester Aussicht stand. Eine Depesche des Ge sandten Patcndtre's bestätigt, daß China die am 3. April in Paris durch Billot und Campbell unterzeichneten Friedens präliminarien ratifizirtc. Außerdem wird der „Times" aus Peking als Ergänzung berichtet, daß der englische Zolldircktor Hart die Friedensverhandlungen zwischen China und Frank reich geführt habe; die Grundlage derselben bilde der s. Z. mit Fournier abgeschlossene Vertrag von Tientsin; von China werde keinerlei Kriegsentschädigung gezahlt. Das Alles ist nun durch den Rücktritt Ferrys wieder in Frage gestellt. Die neuen Minister verlasen gestern in der Deputirtenkammer fol gende Erklärung: „Unter den Umständen, unter denen der Präsident der Republik uns zur Leitung der Geschäfte be rufen, bitten wir, kein ausgedehntes Programm von uns zu erwarten. Wir versuchten, im nationalen Interesse unter Bei seitelassung jeder nebensächlichen Erwägung ein Kabinet zu bilden; wir versuchten, Männer zusammen zu bringen, welche, von möglichst gutem Willen beseelt, um eine um so größere Unterstützung der verschiedenen Kräfte für den Dienst Frank reichs und der Republik zu gewinnen. Von China werden wir die Achtung unserer Rechte, sowohl der vertragsmäßigen, als auch derjenigen, welche China selbst in der Konvention vom 11. Mai 1884 anerkannte, verlangen. Wir wären glücklich, wenn Verhandlungen genügen, diesen Zweck zu er reichen, und sind entschloßen, die Erreichung dieses Zweckes mit unserem Willen zu verfolgen; ebenso sind wir entschlossen, den Charakter der Expedition nicht ohne Genehmigung des Parlamentes zu ändern; in den Gefühlen für das, was wir unseren Land- und Seetruppen, sowie ihren Führern schuldig sind, wird man uns leicht einig finden." Sodann wird die Stellung des Kabinets zu den allgemeinen Weltsorgen dahin gekennzeichnet, daß das Ministerium sich stets von dem Ge danken beherrschen lassen werde, die Kräfte der Republik zu konzentriren. Tas Schriftstück schließt mit den Worten: „Wie wir bezüglich der auswärtigen Angelegenheiten nur nach der Fahne Frankreichs sehen, so wollen wir im Innern nur der nationalen Souveränität dienen und bitten wir alle Freunde d er Demokratie, dieser erhabenen Rcgierungsform, der wir ^.nscr Leben gewidmei, bei dieser Ausgabe uns beizustehen."
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