VON PAULUS SCHOTTE - MIT VIER PHOTOGRAPHIEN Die Stadt aus Stein ist grau und groß und keinen läßt sie wieder los“, heißt es in einem Gedicht von Knut Hamsun. Im Frühling aber bricht die Natur in die Stadt ein und niemals merkt man so innig, daß die Stadt nicht die Kegel, sondern die Ausnahme bedeutet. Frühling in der Stadt, das ist in jeder europäischen Metropole anders und doch genau dasselbe. Ob nun Reiten im Prater, im Bois, im Hydepark oder im Tiergarten wieder beginnt, ist eigentlich gleichgültig.Und dennoch: welcherünter- schied! Bois, Prater und Hydepark sind sozusagen Vorstadt, der Tiergarten aber liegt inmitten des Zentrums, umgeben von eleganten Häusern, ein Park und doch keiner, Kunst und doch Natur. Plötzlich wird das „rund tun die Ge dächtniskirche nun“, dieses tolle Winter karussell unterbrochen: in den Vor gärten des Westens, diesen spärlichen und rührenden Versuchen der Natur, sich inmitten von Beton und Eisen durohzusetzen, beginnt es zu knospen. DerHerrKommerzienrat sieht aus seinem Barockfenster im Zwischen stock, schiebt das (falsche) T’angpferd ein wenig bei seite, schaut hinunter und bemerkt, daß sich ungebührliche grüne Spitzen in den drei Metern Natur gebildet haben. In seinem Asthma rühren sich lindere Lüfte, er weiß: nun muß er wieder täg lich auf Geheiß seiner Gattin in den Tattersall, um vor dem Büro ein paar Pfund wegzureiten (allerdings nimmt hierbei meist das arme Pferd sie ab). Im Tiergarten werden zwischen den noch fast skelettierten Bäumen die Kinder von Spreewälderinnen spazieren- PtlOt. Willinger Morgenritt im Tiergarten 15