Sekunde hafte ich die Rolle: der Rücken angelehnt. Und dann komme ich auf die erste Probe zu Reinhardt, große Sache, natürlich. Da ist so eine Art Gale rie oder Gang mit venetianischen Säulen gebaut, und eine Brücke, und vorne ein Steingeländer. Und Rein hardt sagt: ,Herr Förster, Sie stehen also oben an der Säule und fangen an.‘ Ich habe aber nur gewußt, ich muß sitzen, ich muß die Müdigkeit ausdrücken und den Rücken anleh nen können, sonst wird die ganze Rolle nichts. Ich muß eine Stellung einnehmen können, wo es im aller ersten Augenblick schlagend bewie sen und deutlich wird, daß der Mann vielleicht übersättigt, vielleicht nur müde ist. Schrecklicher Moment! Das erstemal bei Reinhardt, ich kann ihm doch nicht beim ersten Wort widersprechen? -Also — ich tu’s! Ich versuche, mich deutlich zu machen, versuche etwas von dem Unbestimmten, das ich empfinde, ihm mitzuteilen, kam so ziemlich vom Hundertsten ins Tau sendste, wies auf das ganz spezi fische Grundempfinden der Sache hin, in meinem Falle — — und was geschah? Was passierte? Reinhardt dreht sich im Parkett um und ruft nach Professor Strnad. Der kommt auf die Bühne. Das Ganze wurde noch einmal erläutert und besprochen, ein Maßstab wurde herausgezogen, es wurde überlegt und ausgemessen, und in das Ge länder vorne wurde eine Steinbank hineingebaut, so breit und so lang, wie es eben nötig war ich hab mich hingesetzt — — und dann ist es gegangen. Klingt eigenartig, wenn man s erwähnt, aber nachher hat es geheißen: ,Zum erstenmal war der Antonio eine Figur und außerdem ein Riesenerfolg! 1 Und ob Sie jetzt darüber lachen oder gar lächeln, es ist so: mein allererster Eindruck war das Ent- _ _ Foi. Mahrenholz -Der Privatmann Förster Eine der wenigen Privataufnakmen, die es von ihm gibt. scheidende für die Figur, und Reinhardts sofortiges Eingehen darauf war noch viel entscheidender! Ich habe beim Theater selten etwas so Spontanes erlebt wie dieses Verständnis von Reinhardt und Strnad. Ich habe es mir da mals zu Hause aufgeschrieben, und heute er zähle ich es Ihnen als Beweis dafür, wie sich Regisseur und Schauspieler im Bruchteil einer Sekunde zusammengefunden haben.“ 83