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Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 10.07.1871
- Erscheinungsdatum
- 1871-07-10
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-187107102
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-18710710
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-18710710
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Anzeiger
- Jahr1871
- Monat1871-07
- Tag1871-07-10
- Monat1871-07
- Jahr1871
- Titel
- Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 10.07.1871
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Orkhctnl täglich früh 6»/, Uhr. A«s«Nto, »>» «r-rtiti», JohcmniSgasir 4/L. »«Ll»». «edacteur Fr. Hütlrrr. E-vrrchstund« b. Revactioa Bonnmag« von li—t? Ubr »<at»>llLg« von 4—L Udr. Aase-me der für die nächst- Isl-ntdr Nummer dcstiiumlrn Ar'rrme tn den Wochentagen dts 8 Uhr Nachmittags. 181. WpMtr TaMM Anzeiger. Amtsblatt des König!. Bezirksgerichts und des Raths der Stadt Leipzig. Montag den 10. Juli. »«singe V1>« 0 Ad»n»r«e«t»prrt§ vierleljLhrsich 1 Tylr. 7'/, Nqr., inct. Bringrrlohn 1 Tylr. 10 Ngr. Znscralr die Spaltzeile l'/« Ngr. Nrclamr» unter d. XtSaetionsstrlch dir Spaltzeile 2 Ngr. Filiale Otto Klemm. Universitätsstraßt 22, Local-Comptoir Hainstraße21. 1871 Bekanntmachung. Tie zur Submission ausgeschriebenen Klempner- und Schieferdeckern»beiten des Nrcolai- stbulneubaues sind vergeben« Leipzig, am 4. Juli 187 t. Der Rath der Stadt Leipzig. vr. E. Stephani. Wllrfch, Res. Vermiethung. Zur bereit« öffentlich angekündigten Bermiethung der so ausgezeichnet gelegene« Par- terre-RLnmlichkeite» im hiesigen Haupt-Steuer-Amts-Gebäude auf BahnhofstraHe L7, recht geeignet für L auch 2 kaufmännische Grosso-, Export-, Affecnranz-, In- caGo» re. Geschäfte sind bis jetzt nicht ganz zureichende Offerten ringegangen, weShalb alle Dirzentgen, welche noch darauf reftecliren wollen, aufgefordert werden, ihre Offenen schleunigst und binnen 10 Tagen anher zu bewirken, da die Bermiethung vom 1. Oktober d. I. an eintreten soll. Leipzig, den 7. Juli 1871. Das Xll. Armeekorps im Feldzuge von I87V-I87- (AuS dem „Dresdner Journal".) TaS Xll. Armeecvrps bildete von seiner Debar- kirmig bei Mainz ab, welche den 29. Juli 1870 ihren Anfang nahm, einen Bestandtheil der von Sr. königl. Hohett dem Prinzen Friedrich Karl von Preußen befehlig! en II. Armee, bis eS am 19. August nebst dem preußischen Garde- und IV. ArmeecorpS zur Formirung der sogenannten Maasarmee verwendet wurde, auS welcher es erst am 11. März 1871 nach Abschluß des Friedens schied, um während der letzten Zeit des Aufent halts in Frankreich unler die unmittelbaren Be fehle de- großen Hauptquartiers zu treten. Das sächsische Armeecorps hat während des Feldzuges an 102 Actionen, welche mit dem Verluste von Mannschaften rc. verknüpft waren, Antheil genommen, abgesehen von vielen kleineren unbUuig verlaufenen Recognoscirungcn, Vorpvsten- gefechten und Zusammenstößen mit dem Feinde und ungerechnet die wochenlang ununterbrochen fort gefetzte Beschießung der Pmfftzr Ikvri»." Man kann drei Epochen unterscheiden. Die erste umfaßt die großen Operationen im freien Felde, vom Beginn de- Feldzuges bis zur Einschließung vors Paris. Während dieser Zeit betheiligte sich daS CorpS an 12 Actionen, worunter die 3 Schlachten bei Sr. Privat (18 August), Beaumont (30. August) und Sedan 1. September), m denen daS ganze Armeecorps vereinigt als solche- auftrat. An größeren Wafsenthaten in diesem Zeiträume find zu nennen: Die Beschie ßung von Berdun (21. August), von der 23. Divi sion und Eorpsartillerie auSgeführt, das Caoallerie- geskcht bei Busancy den 27. August, von der 24. Eavalleriebrigrde geführt, und das Gefecht bei Nouarl, den 29. August, in welchem hauptsächlich die 16. Jnfanleriebrigade, sowie die CorpSarlillerre und Cavalleriedivision zur Verwendung gelangten. Die zweite Periode umfaßt die Belagerung von Paris vom 19. September 1870 bis 1t. März 187 t (Abmarsch). Trat ist der ersten Epoche daS rangirte Gefecht in den Vordergrund, so war e- in der zweiten der Vorposten- und Belage- rmigSdienst, welcber in der ungünstigsten Jahres zeit gelüstet an die Ausdauer und die kriegerische Dichtigkeit der Infanterie die höchsten Anforde rungen stellte. DaS XII. ArmeecorpS (auf der Ofiseite von Paris ausgestellt) stand hierbei mit dem rechts neben ihm postirlcn preußischen Garde corps und der links anschließenden k. württem- bergifchrn Felddivision in engster Verbindung und iheüle mit diesen in treuer Waffenbrüderschaft alle Ereignisse in gegenseitiger Hülfe und Unterstützung. ES entfallen auf die 0 monatliche Cernirung nicht weniger als 58 Gefechte aller Art (im Ganzen war die l. Division Nr. 23 30 Mal, die 2. Division Skr. 24 22 Mal mit dem Feinde engagirt), Lorpostenarfechte, Rencontres, Anfälle und feind liche Ausfälle, darunter die beiden wichtigsten bei Alliers und Brie-sur-Marne am 30. November uid 2. December 1870, bei welchen alle Waffen «süatrn und die durch die Masse der dabei auf- tmnden Striilkräfte den Charakter von Schlachten anuchmen. In diesen focht vorzüglich die 21. Division, die 1. Württemberg sche Brigade, sowie da- Schvtzenregiment Nr. lo8 (23. Division) und die Eorpsartillerie. AlS besonders gelungene Wafsemhaten siud die Wegnahme von Vine-Evrart am 2t. December durch Theile der 24. Division und von Groslap - Ferme am 19. Januar 1871 durch Theile der 23. Division zu bezeichnen, wie auch die Besetzung dcS Avronberaes am 30. De cember, die durch Abtheilungen beider Divisionen «iSgcführt wurde, zu den epochemachenden Ereig nissen der Pariser Zeit gehört. Letzterer Action Da die durch die Kestungsrrtillerie auSaeführte »nksame Beschießung voraus, an welcher sich auch die 2. und 4. sächsische FestungSartilleriecompagme »it Auszeichnung beiheiligten. Die rastlose Thä- liM und Geschicklichkeit, mit welcher die schon »er Metz thätig gewesenen 3 Pionniercompagnien die Stellung vor Pari« allmählich zu einer starken l iositiou umschufen, verdienen eben solche ehrende lErwübnung wie die Haltung und unerschütterliche Königliches Haupt-Steuer Amt. Kaeubler, Ober-Steuer-Jnsp. > Ausdauer unsrer braven Infanteristen aller Regi- ' menter, welche stunden- und tagelang und bis in ihre Cantonnements hinein dem nie schweigenden Granatfeuer aus den Pariser Forts ausgesetzt waren. Eine dritte, mehr isolirte Verwendung fand vom 4 Oktober an bis zum Schluffe des Krieges die sächsische (12.) Cavalleriedivision, welcher die Aufgabe wurde, die Nordfront deS deutschen Ein schließungsheeres gegen RUckenanfälle zu sichern und zwar anfänglich in der Richtung gegen Rouen, später gegen Amiens. Sie ward hierbei anfangs von Theilen der preußischen Gardeinfanterie, dann aber — von Anfang November bis Ende Decem ber — von dem sächsischen Leibarenadierregiment Nr. 100, sowie vom 12. Jägerbataillon wirksam unterstützt, welches vom 2. November an bis zum Ende des Krieges an allen größeren Expeditionen der Cavalleriedivision Antheil nahm. Die Ca- vallerie löste hierbei die schwierige Aufgabe, in ungünstigster Jahreszeit in rastloser THLtigkeit den kleinen Krieg zu führen, da- Freischaarenwesen de« Feindes in unterdrücke, m»d die bewachende, wie flrästtM'Haich über Htk ausAstge Devötrerung zr halten, in umfänglichster Weise. In diese Epoche fallen 32 Lctionen, darunter auch die Be schießungen der Festung Peronne vom 28.-30. December 1870 (24. Cavalleriebrigade) und Lan- drecicS am 23. Januar 187 l (23. Cavallerie- brigade), in deue» die 2 reitenden Batterien die Hauptrolle spielten, welche überall der Cavallerie treulich und erfolgreich zur Seile standen. In der vom General v. Gobrn gegen Faidherbe ge führten Schlacht von St. Qnentin am 19. Januar l871 fand die Cavalleriedivision und besonders die reitende Artillerie wie das 12. Jägerbataillon Gelegenheit, sich wirksam zu betheiligen. Die lange Dauer de- Kriege- und vie wechseln den Verhältnisse desselben brachten eS mit sich, daß außer den activeu Streilkrästen auch alle Nebenbranchen des ArmeecorpS zu vollster Thätig keit berufen wurden ; besonders find an daS Ver pflegung«- und SanilälSwesen die höchsten An forderungen gestellt und von ihnen gelöst worden. Ebenso fanden die Postanstalten und daS Elappen- wesen volle Gelegenheit, ihre Wirksamkeit zu ent falten. Die Pontoniere haben Uber so manchen französischen Strom den Truppen de- X., I. und XII. ArmeecorpS den Weg gebahnt. Eine vom ArmeecorpS abgesonderte Thäügkeit fand die Artillerie und Infanterie derBesatzungs- truppen, welche in Elsaß und Lothringen den schwierigen Sicherheitsdienst zu betrelben hatten. Batterie hat während deS FeldzugS 15l7, die 2. 1439 Schuß gelhan. Unter den FÜßbatlerien steht die 4. schwere mit 1322 Schuß oben an. — Der Totalverbrauch an Jnfanteriemunition beziffert sich aus ca. 0 Millionen Stück Zündnadelpatronen. Davon entfallen auf die Schlacht von St. Privat 1,150,000 St., auf die Tage vom 29. August di- 2. September (Nouart. Beaumont und Sedan) 1,617,000 St., auf die beiden Tage von VillierS 270,000 Stück. Der Rest vertheilt sich auf die übrigen Gefechte. An Trophäen eroberte das sächsische Armee corps in offener Feldschlacht: bei Beaumont: 1 4pfünd. Kanone durch die 1. Arlillerieablheitung. bei Sedan: 2 -Ipfünd. Kanonen durch die 0. Comp, des Schützen- regimenls Nr. 108, 1 4pfünd. Kanone durch die 2. Artillerieabtheilung. 2 Mi'railleusen durch die l. Comp, des Leibgre- nadierregimenls Nr. 100, 1 Mittailleuse durch die 3. Comp, des 5. Infan terieregiments Nr. 104, 1 Mürailleuse durch die 5. und 6. Comp, des ^ 8. Infanterieregiments Nr. 107, Micrailleuse durch die 5. und 8. Comp, des; 0. Infanterieregiments Nr. 105, 1 Fahne durch die 4. Comp, de- 5. Infanterie- - regiments Nr. 104, j sowie mehrere von den Turcos geführte kleine Compagniefähnchen durch verschiedene Abtheilungen. s Die Zahl der gemachten Gefangenen ist j nicht genau zu ermitteln, belief sich aber in der Schlacht von Sedan allein auf 2000—3000 Mann ;' eine eben so große Zahl wag vor Paris und durch die Cavalleriedivision in die diesseitigen Hände ge fallen sein. Die Verluste deS ArmeecorpS im Feldzuge 1870/71 betragen: n) an Tobten: 88 Ofstcier^ ,7 OfswnrSdlenk lyaeode Uuler- ofstcrere (Fähnriche und Viceseldwebel), 212 Unter- ^ officiere und l76ü Mannschaften. Zusammen 2o93 Mann incl. 700 an ihren Wunden und' Krankheiten in den Lazarrchen verstorben . — Leider muß dieser Ziffer mit Wahrscheinlichkeit noch die Zahl der Vermißten, 299, bcigefügt werben, über deren Verbleib bis jetzt nichts Be stimmtes zu erfahren war; d) an Verwundeten: 103 Officiere, 39 OfficierSdienst lhuende Unler- ofsiciere, 447 Unterofsiciere und 3733 Mann. Zu sammen 4382 Mann. Der Verlust des Armeecorps an Tobten und Verwundeten beläuft sich somit zusammen auf 6774 Mann oder ungefähr den fünften bis sechsten Theil seines ursprünglichen Bestandes. Tagesgeschichtliche Ueberficht. Die vom Fürsten Bismarck in Rom mitge- theilte Auffassung, daß die CentrumSfraction gegen die deutsche Politik aaitire, ist bisher in den Organen derselben als Verleumdung behandelt worden. Jetzt enthält daS neueste Berliner Blatt der Ultramontanen einen Leitartikel, welcher ein wahrer WuthauSbruch gegen Fürst BiSmarck und die deutsche Politik desselvrn ist. ES wird darin' daS Verhalten der bayerischen Patrioten gegenüber der deutschen Politik unbedingt gebtllml und ihnen zum Ruhme angerechnet, daß sie die Mediatisirung Bayerns, das Auf- und Untergehen in einem starren, absolutistischen, alle Freiheit und alles Leben unterbindenden Milnairstaale abze wiesen und nur eine Einigung auf föderativer Grundlage erstrebt haben. Die deutsche Politik BiSmarck'S wird als Schwindel bezeichnet, welchem zu widerstreben die katholischen Vertreter Süddeutschlands gewählt seien. DaS katholische Blatt hat den Muth zu behaupten, daß die überwiegende Majorität der Deutschen auf seiner Seile stehe und durch den Verlauf der letzten Session darin bestärkt sei. Bündiger, als hier Seitens deS katholischen Organ- geschieht, kann die Auffassung über die Stellung der Cenlrumsfraction. welche Fürst Bismarck dem Cardinal Amonelli milgetheilt hat, nicht bestätigt werden. Es ist gut, daß der Standpunct dieser Partei durch ihr anerkanntes Organ immer rück haltloser dargelegt wird. AuS Straßburg wird gemeldet: Der hiesige Pöbel hat es glücklicherweise dazu gebracht, daß die Belagerungsgeseye wieder in voller Strenge zur Anwendung kommen. ES ist bereits bekannt gemackt worden, daß die FcstungSthore von 10 Uhr Abend- dis 4 Uhr Morgens wieder geschloffen bleiben, ferner sind von der Polizei alle Vorsichtsmaßregeln gegen Zusammenrottungen auf der Straße getroffen worden; zurückkehrende fran zösische Gefangene dürfen die Stadt bei Strafe der Zurückführuna in eine deutsche Festung, nur ohne' weiteren Aufenthalt passtren, und ebenso Die 2. leichte Reservebatterie, welche dem Werder fchen Corps zugecheilt worden war, wirkte erfolg reich in den Kämpfen von Belfort vom 10. biS 16. Januar 1871 mit. Nachdem die Aufgabe deS XII. Armeecorps vor Paris beendigt war und dasselbe zuletzt noch die Ehre gehabt hatte, bei einer von Sr. Majestät dem Kaiser und König auf dem Schlachtfelde von VillierS am 7. März abgehaltenen Revue Aller- höchstdesien Lob über Haltung und Aussehen, wie nicht minder dankende Anerkennung über die ge leisteten Dienste einzuernten, rückte das Armee korps nach Nvrdost ab und zwar die 24. Division zur Occupation de- Departements der Ardennen, sämmlltche übrigen Theile de- ArmeecorpS zur Occupation des Departements de l'Aisne, von wo der Rückmarsch ,n die Heimath den 1. Jun d I. angetreten und biS nach Mainz zu Fus ausgeführt wurde. Die Weiterbeförderung naä Sachsen erfolgte, wie bekannt, durch Eisenbahn. Einige Zahlenangaben mögen diesen Abriß ver vollständigen. Die Betheiligung der Artillerie an den statt gehabten Kämpfen geht au- dem Verbrauch der selben an Munition hervor. Derselbe betrug in 33 Actionen 15,52t Schuß, also durchschnittlich auf jedes der 96 Geschütze 162 Schuß. Bon dem Totalverbrauch entfällt beinahe die Hälfte, nämlich 7314 Schuß, auf die Schlacht von Seda»; bei St. Privat th« die sächf. Artillerie 2235 Schuß, bei Beaumont 1426, bet Verdun 646. Unter den . einzelnen Batterien fand der größte Munitions-! haben die in ihrer Heimath angekommenen Sol verbrauch bei der reitenden Artillerie statt, nament- dated ihre Uniformen abzulegen. Hierunter leiden lich in der Wmtrrcampa-ne. Die 1. reitende die Unschuldigen mit den Schuldigen, aber jene sind doch dankbar für alle Vorkehrungen, die io, Interesse der Ruhe und Ordnung getroffen wer den. Nicht ganz mit Unrecht schreibt man der klerikalen Partei die Grundursache an all den vor gekommenen Skandalen zu. Diese Partei schien eine zeitlang mit der neuen Wendung der Dinge zu frieden zu sein, nämlich so lange sie glaubte, in dem neuen starken Deutschland einen Hort für die weltliche Macht de- Papstthums gefunden zu haben ; aber schon, als rm deutschen Reichstaac jede Einmischung in fremde Angelegenheiten, also auch in die des Papstes, in so entschiedener Form abgelehnt wurde, mackte sich eine feindseligere Stimmung geltend, und jetzt nachdem ihre Hoff nungen durch daS neueste Vorgehen des Fürsten Reichskanzlers gegen die klerikale ReichStagSsraction vollend« zu Wasser geworden sind, speit sie Gift und Galle. Aas den Kanzeln wird die neue Un- fehlbarkcitslehre dem Volke erklärt, die Nothwen- digkeit der Zurückeroberung der weltlichen Herr- scbaft deS Papstes ans Herz gelegt und zur Mit wirkung dazu ausgefordert. Es ist aucb Thalsache, daß schon viele lunge Elsässer ihren GeistliLen das Wort gegeben haben, für die Rückeroberung des Kirchenstaates kämpfen zu wollen. Ob sie ;e dazu kommen, ist freilich eine andere Frage, denn da« deutsche Confcriptionsgcsetz wird sckwn dieses Jahr zu Anwendung kommen, und wenn die muihigen Jünglinge einmal unter deutscher Fahne stehen, wird man ihnen wohl die Lust verleiden, für Rom zu kämpfen Exkönig Georg hat sich wieder einmal in Erinnerung gebracht. Neulich erlheilte er den Herausgebern des Wiener ..SalonblatteS", eines Specialorgans dcr österreichischen Aristokratie, eine Audienz. Zum Dank dafür theilen dieselben fol gende Aeußerung von ihm mit: „Ich und meine Familie hängen mit ganzem Herzen und ganzer Seele an Oesterreich und seinem Herrscherhaufe. Die Geschichte beweist es, daß fortwährend ein inniges herzliches Berhältniß zwischen dem öfter- reichiscken und dem hannoverschen Volke, zwischen dcr Habsbur gischen Dynastie und unserm Hause geherrscht hat und noch herrscht." Noch immer die alten Illusionen! Der Papst — schreibt der römische Bericht erstatter der „Pall Mall Gazette" vom 27. Juni widersrtzt sich hartnäckig dem Andringen des heiligen Collegiums, daß er Nom verlassen möge. Nach der Präconisirung der neuen Bischöfe hielt er am 26. an das heilige Collegium eine Arr Rede, in welcher er seinen Entschluß in folgenden Worten ausdrückte: „Wir befinden uns, meine sehr lieben Brüder, in der Hand der göttlichen Vorsehung Von menschlicher Hülfe haben zpir nichts zu erwarten. Die Menschen haben un- verlassen. Warum sollten wir eS verheimlichen? Es ist besser, daß ich Euch sage, daß Könige und Regierungen ihre Verheißungen vergessen und unS unserem Schicksale überlassen. Sie haben in schönen Redensarten an uns geschrieben. Sie haben uns die wärmsten Glückwünsche am Tage unseres Jubiläums übermittelt, allein es liegt ihnen fern, irgend welche Schritte zu thun, um ihre Worte wahr zu machen. Wir können von keiner Seile Hülfe erwarten. König Victor Emanuel wird in einigen Tagen hier fein und die Gesandten der katholischen Machte um sich sehen. Wir haben Alle- gethan,.was in unseren Kräften lag, allein unsere Bemühungen sind fehl geschlagen. Alles ist fverlorcn. Ihr werdet mir vielleicht sagen, daß wir in Frankreich noch Hoff nung haben, allein Frankreich kann nichts thun. ES geht durch eine schreckliche Krisis, auf welche vielleicht andere Dinge folgen werden, die noch schrecklicher sind. Ich bedauere es, aber Alles ist verloren und nur ein Wunder kann uns nocd retten. Laßt unS denn unsere Zuflucht zu dem Allmächtigen nehmen und seinen Beistand an stehen!" Diese klagende Rede machte auf mehrere der Cardinäle, namentlich auf Antonelli und Patrizi, einen tiefen Eindruck. Der erflere er bleichte und sein College begann am ganzen Leibe heftig zu zittern, und tm Ganzen nahm das heilige Collegium den Ton des Papstes Übel auf. Man klagt ihn an, er habe die weltliche Macht dmch seine Furchtsamkeit verloren, und spricht offen von Verralh Seitens Antonelli «. Es werden übrigens noch weitere Anstrengungen gemacht, um den heiligen Vater zum Nachgeben zu veranlassen. P. Landall, der Dominicaner-General, und P. Beckx, General der Jesuiten, thun in dieser Richtung ihr Möglichstes. Neuerdings kehrte ihnen aber der Papst seine Unfehlbarkeit entgegen und erklärte: „Gott hat es mir nicht eingegeven, ab zureisen." Unter den Deputationen, welche der Papst in den letzten Tagen empfangen hat, war auck eine französische, gegen welche er über die Unthäligkeit der französischen Bischöfe Klage führte. Monseigneur Forcade antwortet ihm mit den kurzen Worten: „Die Bischöfe haben Alles gelhan, was sie konnten." Der amtliche „Regierungöanzeiger" des russi schen Reichs bespricht die Erfolge Deutsch-
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