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01-Frühausgabe Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 27.04.1898
- Titel
- 01-Frühausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1898-04-27
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-18980427012
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-1898042701
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-1898042701
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Anzeiger
- Jahr1898
- Monat1898-04
- Tag1898-04-27
- Monat1898-04
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Größere Schriften laut unserem Pret» verzeichniß. Tabellarischer und Ztssrrnsutz nach höherem Tarif. Extra-veilagrn (gefalzt), nur mit der Morgen-Ausgab», ohne Postixförderung >l SO.—, mit Vostbeförderuug u» 70.—. Annahmeschluß fiie Anzeigen: Abeud-Ausgabe: Bormittags 10 Uhr. Morgen-Ausgabe: Nachmittags 4Uhr. Bei den Filialen und Annahmestellen je eine halbe Stunde früher. Anteilen sind stets an die Ex-edition zu richten. Druck und Verlag vo» E. Pol» in Leipzig. M. Mittwoch den 27. April 1898. 82. Jahrgang. Die gesetzliche Arbeitszeit der Frauen und Linder. o. Auf dem Gebiet der staatlichen Arbeiterfürsorge ist Deutschland, was auch die socialdemotratischen Hetzer sagen mögen, am weitesten gegangen. Namentlich sucht auch der gesetzliche Arbeiterschutz mit der Entwickelung unserer Groß gewerbe Schritt zu halten. Wenn trotzdem die Arbeiterschutz gesetzgebung deS Reiches noch zahlreiche und zum Theil schmerzlich empfundene Lücken zeigt, so ist doch anzuerkennen, daß sowohl Regierung wie Volksvertretung bemüht sind, diese Lücken zu beseitigen. Unbestreitbar hat die der Arbeiterwohl- fahrt gewidmete Gesetzgebung des deutschen Reiches vielen Industriestaaten die Anregung gegeben, in gleiche Bahnen einzulenken. Auch was die Beschäftigung der Frauen, der Jugendlichen und Kinder in den Fabriken anlangt, so sind die deutschen Schutzbestimmuugen im Allgemeinen am weitesten gehend, ab gesehen von denen der Schweiz. Es ist lehrreich, die be treffenden Schutzmaßregeln der einzelnen Staaten mit ein einander zu vergleichen; ein solcher Vergleich liefert daS beste Material zur Widerlegung des socialdemokratischen Vorwurss, die deutschen Schutzbestimmungen hielten den Vergleich mit denen anderer Staaten nicht auS. In Deutschland dürfen bekanntlich schulpflichtige Kinder in Fabriken überhaupt nicht beschäftigt werden. Die Fabrikarbeit der Frauen hat nach der Reichsgewerbeordnung von halb neun Uhr Abends bis halb sechs Uhr Morgens gänzlich zu ruhen und darf an den Vorabenden der Sonn- und Festtage nur bis halb sechs Ubr Nachmittags dauern. Nur unter ge wissen Voraussetzungen darf die Behörde eine Ueberarbeit der Fabrikarbeiterinnen bis zehn Uhr Abends gestatten, doch darf die tägliche Arbeitszeit 13 Stunden nicht über schreiten. In Bergwerken ist für junge Leute, für Frauen und selbstverständlich auch für Kinder Nachtarbeit ohne Weiteres verboten. In England dürfen Frauen und Jugendliche in einzelnen Berufen täglich 12 Stunden beschäftigt werden, wenn ihnen außer dieser Zeit eine Erholung von 2 Stunden ge währt Wied. Doch dürfen sie während einer Woche nur an b Tagen und im Jahr nur an 48 Tagen derart angestrengt werden. Wenn es nothwendig ist, darf der Arbeitgeber jene 12 Stunden noch um 30 Minuten verlängern; aber die Summe der Arbeitsstunden soll in der Wpche 72 Stunden nicht übersteigen; in manchen Berufen kvnnen die Fabrik arbeiterinnen an 96 Tagen im Jahre je 12>/, Stunden beschäftigt werden. Männliche junge Personen können deS Nachts zur Arbeit herangezogen werden, wenn die aufeinander folgende Arbeitszeit 12 Stunden nicht überschreitet. Doch muß den Arbeitern die Zeit zum Einnebmen der Mahlzeiten gewährt werden; auch sind diese jungen Personen 12 Stunden vor und 12 Stunden nach der Nachtarbeit nicht zu beschäftigen, ebenso darf die Nachtarbeit sich in zwei Wochen nur siebenmal wiederholen. In Frankreich dürfen in bestimmten Betrieben minderjährige Mädchen, Frauen und jugendliche Personen nicht mit Nachtarbeit beschäftigt werden, doch ist eS gestattet, in solchen Betrieben, wo zwei Schichten bestehen, die bezeichneten Personen in der Zeit von 4 Ubr Morgens bis 10 Uhr Abends zu verwenden, wenn zwischen jeder Schicht eine Stunde Pause liegt. Auch ist es erlaubt, in besonderen Fällen derartige Personen, wenn sie über 18 Jahre alt sind, bis 11 Uhr Abends zu beschäftigen, doch darf die tägliche Arbeitszeit in keinem Halle mehr al» 12 Stunden betragen. In gewissen Industriezweigen ist auch für Frauen, minderjährige Mädchen und jugendliche Personen die Nachtarbeit gestattet; aber sie darf 7 Stunden innerhalb 24 Stunden nicht überschreiten. Unter bestimmten Verhältnissen — bei höherer Gewalt und Be triebsunfällen — können diese Verbote auf gewisse Zeit aufgehoben werden. Frauen, jugendlichen Arbeitern und Mädchen jeden Alters ist die Nachtarbeit in Bergwerken untersagt, doch wenn die Arbeit sich in zwei Schichten theilt, deren jede nicht über 9 Stunden währt, dürfen die genannten Arbeiter und Arbeiterinnen auch hier von 4 Ubr Morgens bis 10 Uhr Abends beschäftigt werden, sobald jede Schicht durch eine Ruhepause unterbrochen ist. Selbst diese Schutzbestimmungen können durch die Regierung noch dauernd oder vorübergehend aufgehoben werden. Im letzteren Falle darf jedoch nur 7 Stunden gearbeitet werden. Auch Kinderarbeit kann in den Berg werken unter Umständen in der Zeit von 4 Uhr Morgens bis 12 Ubr Nachts unter der Bedingung gestattet werden, daß die Kinder nicht länger als 8 Stunden täglich arbeiten und nicht über 10 Stunden in Bergwerken anwesend sind. Nach dieser Bestimmung, die einer Zusammenstellung des Schweizer Arbeitersecretariats Uber die Arbeiterschutzbestim mungen der verschiedenen Länder entnommen ist, haben in Frankreich die Kinder in gewisser Beziehung nicht einmal den Schutz, welchen daS sächsische Berggesetz erwachsenen Arbeitern gewährt, die an bestimmten Betriebsorten nicht länger als 6 Stunden beschäftigt werden dürfen. Nach jener Zusammenstellung ist in Holland für Frauen und jugendliche Personen unter 16 Jahren die Nachtarbeit in allen Betrieben verboten und nur in der Laudwirthschaft gestattet. In Italien dürfen Kinder vom 12. Jahre ab in Fabriken beschäftigt werden^ doch soll die Arbeit bis zum 15. Jahre nicht länger al» 6 Stunden dauern. Selbst von dieser dürftigen Schutzbestimmung sind noch AuSmchmeu gestattet. Nach der österreichischen Gewerbeordnung sind Frauen und jugendliche Personen in Fabriken des Nachts nicht zu be schäftigen, doch können auf dem Verordnungswege Ausnahmen unter gewissen Bedingungen gestatte! werden. In Schweden ist nur minderjährigen Personen die Nacktarbeit verboten, in Dänemark jungen Leuten unter 18 Jahren, in Ungarn ist sie bis zum 16. Lebensjahr nur ausnahmsweise gestattet. Rußland hat die Beschäftigung von Personen im Lebens alter von 12 bi» 15 Jahren in Glasfabriken zur Nachtzeit erlaubt, wenn die Arbeitszeit innerhalb 24 Stunden nicht länger als 8 Stunden wahrt und die Beschäftigten dann volle 12 Stunden nacheinander von der Arbeit frei sind. In der Textilindustrie dürfen Frauen und jugendliche Personen deö Nacht» nicht beschäftigt werden; doch werden Ausnahmen unter der Bedingung gestattet, daß die Arbeits zeit am folgenden Tage nicht vor 12 Uhr Mittag« beginnt. Durch eine Verfügung deS SladthauptmannS ist in Peters burg die Nachtarbeit für Jugendliche im Alter von 12 bis 15 Jahren in ConfectionS-, Mode- und Schneiderwerkstätten gänzlich untersagt. I» Finland dürfen Kinder und Personen unter 18 Jahren von 9 Uhr AvendS bis 5 Uhr Morgens in Bergwerken und Fabrikbetrieben nicht beschäftigt werden, dock können für manche Betriebe Ausnahmen gestattet werden. Weitgehende Arbeiterschutzbestimmungen besitzt die Schweiz. Frauen sollen unter keinen Umständen zur SonntagS- oder Nachtarbeit verwendet werden, auch ist dieselbe jungen Leuten unter 18 Jahren verboten. Nur unter gewissen Be dingungen kann der Bundeörath die Nachtarbeit von Knaben, die daS 14. Lebensjahr überschritten haben, gestatten. Verschiedene cantonale Gesetze beschränken die Nacht- und Ueberarbeit der Frauen. Im Canton Zürich ist für die letzteren ausnahms weise eine tägliche Ueberarbeit von 2 Stunden erlaubt, doch muß dieselbe spätesten» 9 Uhr AbendS enden und sie darf im Jahr nicht mehr al» 75 Stunden für jede Arbeiterin be tragen. I» Belgien dürfen Knaben unter 16 Jahren und Mädchen und Frauen unter 2l Jahren von Abends 9 Uhr bis Morgens 5 Uhr in Fabriken nicht beschäftigt werden. Unter gewissen Bedingungen kann der König unv bei Noth- fällen auch der Gouverneur Ausnahmen gestatten. Die genannten Arbeitergruppen dürfen nur an 6 Tagen in der Woche zur Beschäftigung herangezogen werden. Für Bergwerkarbeiter gelten dieselben Schutzbestimmungen, nur darf bei diesen die Beschäftigung schon um 4 Uhr Morgens beginnen. Im Staate Massachusetts ist Frauen, Minderjährigen und Kindern die Nachtarbeit in Fabriken verboten. Im Staate Maine dürfen männliche Personen, die über 16 Jahre alt sind, nur mit ihrer oder elterlicher oder vormundschaftlicher Ein willigung in Fabriken zu mehr al- zehnstündiger Tagesarbeit herangezogen werden. Die gleiche Bestimmung gilt auch für weibliche über 18 Jahre alte Personen; doch dürfen diese auf keinen Fall länger als 6 Stunden in einer Wocke und 60 Stunden im Jahre über die gewöhnliche Zeit beschäftigt werden. In Ostindien ist die Nachtarbeit in Fabriken den Frauen und Kindern gänzlich verboten, in Victoria in Australien erstreckt sich dieses Verbot nur auf Knaben unter 14 und auf Mädchen unter 16 Jahren. Wenn auch diese Zusammenstellung keine vollständige ist, so ermöglicht sie doch einen Vergleich der für Frauen, Jugendliche und Kinder in den einzelnen Industriestaaten getroffenen Schutzbestimmungen. Am weitesten sind auf diesem Gebiet von den hier erwähnten Ländern Italien und Frankreich zurück. Deutsche- Reich. * Ebersbach, 25. April. Der „Zitt. Morgenzta." zufolge soll von den Eartellparteirn im 2. sächsischen Wahlkreise der Fabrikbesitzer Karl Förster in Spremberg bei Neusalz.c als NeickStagS-Eanvidat aufgestellt sein. Auch von Seiten der freisinnigen Volkspartei wird demnächst die Neu Ausstellung eines Candidaten erfolgen, da der bisherige Ver treter Fabrikbesitzer Hermann Herzog wegen andauernder Krankheit nicht in der Lage ist, wieder zu caudidiren. Berlin, 26. April. Durch die Festsetzung deS Wahl- termins auf den 16. Juni 1898 bat die Regierung ihrerseits die Frage entschieden, wann da» Mandat deS gegenwärtigen Reichstags auf HL re. Die Legislaturperiode dauert gesetzlich 5 Jahre. Ueber daS Ende der Legislaturperiode gäbe es keinen Streit, wenn man sich über ihren Anfang einig wäre. Die Ansichten der StaatSrechtSlehrer gehen jedoch darüber auseinander. Die Einen berechnen die Dauer der Legislatur periode vom Tage der Wahl, die Anderen vom Tage des ersten Zusammentritts de» Reichstags ab. Die letztere Ansicht ist jüngst vom Staatsminister a. D. Herfurth in der „Deutschen Juristenztg." verfochten worden. Die Regierung hat jetzt der Ansicht beigepflichtet,welche von Seydel.Laband, Tbudichum und von Roenne ausgesprochen worden ist, der Ansicht nämlich, daß die Dauer der Legislaturperiode vom T^e der allge meinen Wahl, nicht vom Tage der Einberufung des Reichstages ab, zu berechnen sei, weil mit dem Wahltage die Abgeordneteneigenschaft beginne. AuS der Ansicht Herfurth'S würde übrigens nicht zu folgern sein, daß die Vornahme der Wahlen am 16. Juni die Auflösung des jetzigen Reichstages erforderlich mache. Denn nach Herfurtl» ist es zulässig, auch in dem Falle, wo der Reichstag durch Ablauf der Legislaturperiode sein im Herfurth'schen Sinne natürliches Ende finden soll, die Wahlen vor Ablauf der Legislaturperiode vorzunehmen. Herfurth schließt das daraus, daß die Bestimmung deS Artikels 75 der preußischen Versassungsurkunde, demzufolge die Kammer» nach Ablauf der Legislaturperiode neu zu wählen sind, in die Reichsverfassung nicht ausgenommen ist. Der „Vorwärts" läßt sich herbei, den 16. Juni als den „natürlichsten und correctesten Termin" anzuerkennen, benutzt aber gleichzeitig die Festsetzung deS Wahltermins als günstige Gelegenheit, zwei grobe Unwahrheiten bei seinen Gläubigen in Umlauf zu bringen. So massive Lügen, wie: „In den meisten Wahlkreisen werden die Feinde unS geeinigt gegenüberstehen"; — und weiter: „Trotz ihrer Macht ver trauen sie nicht ihrer Sache, vertrauen sie nicht ihrer Kraft, vertrauen sie auf die mechanischen Gewaltmittel und vor Allem der Polizei" — können nicht Überboten werden. Wenn der „Vorwärts" in Verbindung hiermit die Reclamepauke für die Maifeier schlägt, so werden die Lagerhalter in den sächsischen Consum vereinen, gedenkend des Achtstunden tages, den ihre socialdemokratischen Arbeitgeber ihnen nicht Feuilleton» König Albert's Jugendzeit. i. Die Festtage, in denen der 70. Geburtstag und das 25jährige Regierungsjubiläum unseres Königs gefeiert wurde, sind verrauscht, die Alltagsarbeit ist wieder in ihre Rechte eingetreten und gleichmäßig flutbet wieder der Strom des Verkehr- und der Geschäfte. Als Feldherr und Herrscher, als Freund der Kunst und Wissenschaft ist König Albert gefeiert worden, nun ziemt es sich wohl, noch einen Blick auf seine Jugendjahre zu werfen, denn in der Jugend wird der Mann vorbereitet, in der Jugend wird das Samenkorn gelegt zu den Thaten deö Mannes, aus den Anschauungen der Jugend, auS der Erziehung keimt die Blüthe, die sich im ManneS- alter zuv schönen Blume entfalten soll, die Lehren der Kind heit bereiten den Boden für die Reife der Ernte vor. Wenn man nun in einem so hoben Alter, wie es unserem König beschieden ist, auf die ersten Anfänge der Bildung de« GemüthS und des Charakters eingcht, so wird man finden, daß sich durch natürliche Anlage, durch Fleiß und Einsicht eine Herrschernatur, wie die unseres Königs entwickel« mußte, und man wird zugleich mit Liebe und Dankbarkeit de» Vaters, König Johann, gedenken, der in väterlicher Strenge und Liebe, in weiser Voraussicht seinem Sohn eine Erziehung zu Theil werden ließ, die so herrliche Früchte zeitigen mußte. Die Gedanken, die den damaligen Prinzen Johann beseelten, al» sein Erstgeborener in die Welt blickte, bat er in einem Gedicht niedergeleat, au» dem der Ernst und Hoffnung gleich zeitig sprechen. Wir theilen daraus folgende Strophen mit: „Tietz', »r schlummert! Un»rwacht noch „Von der Wonne, di» er gtebt, „Und der Kindheit Nacht verdeckt noch „Ihm, wie warm ein Volk ihn liebt. „Doch was jetzt um seine Wiege „Unbekannt ihm selbst geschieht, „Soll er Tag für Tag einst hören, „Bit sein Herz im Tank erglüht. „Fern soll ihm de» Schmeichler» Flüstern, „Fern da» Gift der Wollust sein, „Ehrgeiz, der nach Fremdem lüstern, „Und der Prunksucht Flitterschrin. „Für das ew'ge Recht »rwürme „Ihm da» Herz des Lehrer» Wort, „Und der Tugend Beste wahre „Wahrheit ihm al» sichrer Hort. „Zu dem Heiltathum der Wahrheit „Führ' ihn Wiflenschast den Pfad, „Und des Glauben» Himmelsklarheit „Gtärk' ihn zu vollkomm'oer That. „Bor de« Licht« d», Lrke-ataiß „Flieh' der Porurtheil« Nacht, „Und di, hehr« Knast entfalt, ^Fh« de« Ls«,» BlttthenZncht." Und wie in diesem Gedicht sich schon ein Leitfaden für die künftige Erziehung vorfindet, so zieht fick) durch alle Maß nahmen des Vaters der Gedanke an das Wohl seines Sohnes und seine voraussichtliche Bestimmung. Prinz Albert war kein starkes Kind, seine zarte Gesundheit mußte wohl behütet werden, und als am Tage nach der Geburt bei der Taufe sich ver kleine Prinz erkältete, da hegte man wohl nicht unbegründete Besorgnisse, die jedoch bald zerstreut wurden, oie gute Natur errang den Sieg über die ersten Fährlichkeiten de» Lebens und munter und frisch, gekräftigt wuchs der Knabe heran. Ueber ihn wachten ernste Vateraugen und die frohsinnigen Augen der Mutter. Prinzessin Johann hatte sich ihre süddeutsche Natur bewahrt und sie ist ihr bis in ihr hohes Alter bescheert geblieben. Tiefe des GemüthS paarten sich bei ihr mit Heiterkeit der Seele, und eine solche Mutter war wohl geeignet, die ersten Lebenswege des Prinzlichen Knaben zu behüten und zu leiten und ihm Frohsinn und Munterkeit zu gewähren. Die Ehe der prinzlichen Gatten war eine harmonische und in gegenseitiger Ergänzung ihrer Art gestalteten sie in geistiger Gemeinschaft die Ehe zu idealer Vollendung. Prinz Johann, der sich schon damals vielfach literarisch beschäftigte, war selbst ein Dichter und auS dem Gedicht, mit welchem die Uebergabe eine« Exemplars der Uebersetzung von Dante's „Komödie" an seine Gemahlin begleitete, kommt die innige Verehrung für sie so recht zum Ausdruck: Drum laß vereint in Lieb' uns wallen Durch des Leben« dunkle Wechselstellen, Bi» sich unS daS Parodie- erschließet, Wo zur Wirklichkitt wird jede» Sehnen; Wo sich in der Wahrheit Glanz der Glaub«, Sich da» Hoffen löset in Erfüllen, Und nur au» der Lieb' in vollen Strömen Ewig «ns de» Himmels Wonnen quillrn. Wenn die Eltern sich liebevoll gegenüberstehen, muß das Kind gedeihen. Den Schauplatz der ersten Kinderjahre de« Prinzen Albert bildete zunächst da» alte Palais am Taschen berge, wo er geboren war und dessen Umgebung lange Zeit hindurch keine Veränderung erfuhr. Erst im April 1832 begann der Bau der Hauptwache. Im Sommer wohnte man in Pillnitz, wo nach alter Gewohnheit die sämmtlichen Prinzen und Prinzessinnen des königlichen Hauses einen großen Theil der wärmeren Jahreszeit zuzubringen pflegten, ein Beweis, wie die ganze große Königsfamilie in treuer Gemeinschaft zusammenhielt, wie sie sich eins fühlte, «ine Tradition, die heute ebenfalls noch gilt und die da» ganze sächsische Königshaus zu einem Muster für alle Sachsen macht. Auch daS Gartenpalai» in der Langen Gaffe wurde vom Prinzen Maximilian seinem Sohne Prinz Johann zum vorübergehenden Aufenthalt überlasten. Besonders modern war diese» Palai« nicht, aber es hatte «inen großen Garten und, wenn er auch vorerst ein wenig ver wildert war, so hatte doch gerade diese« großen Reiz. Dori war der Tummelplatz für di« jung« Welt, di« sich im prinzlichen Haus, rasch vermehrte, denn am 4. Februar 1830 wurde Prinzessin Elisabeth geboren, am 5. April 183l Prinz Ernst, am 8. August 1832 Prinz Georg, am 16. August 1834 Prinzessin Sidonie und am 4. Januar 1836 Prinzessin Anna. Der enge Zusammenhalt zwischen den Mitgliedern des Hauses führte, wieHassel in seiner Biographie*) ausführt, zu manchen festlichen Veranstaltungen im Famili en- treise, zu denen gleichzeitig auch die Kinder hinzugezvgen wurden. Mit besonderer Vorliebe betrieb man die Aufführung lebender Bilder, zu denen meist Prinz Johann oder die berufene Dichterin in diesem fürstlichen Kreise, Prinzessin Amalie, den Text versaßt hatte. Bei einer solchen Feier, zu Ehre» des von schwerer Krankheit genesenen Großvaters Maximilian, erschien am 30. Juli 1830 Prinz Albert, kaum zweijährig, zum ersten Male auf der Bühne deS Maxpalais an der Ostraallee in einem Tableau. Der lebhafte Knabe mag sich aber in der stummen Rolle, die ihm zufiel, nickt behaglich gefühlt haben, denn der Vater berichtet: „Der kleine Albert störte die Darstellung durch Geschrei". Der Sommeraufent halt in Pillnitz gestaltete sich diesmal besonders lebhaft, da die Schwester des Prinzen Johann, Marie Anna, Gemahlin deS Großherzogs Leopold II. von Toskana mit ihren drei jugendlichen Töchtern Caroline, Auguste und Marie, von denen die letztere nur ein Jahr älter war als ihr. Vetter Albert, längere Zeit am Hofe verweilten. Ausflüge in die Umgebung wechselten mit theatralischen Spielen, die diesmal in einer Reihe von Bildern da« Scheiden und Wiedersehen im Familienkreise veranschaulichten und sich theilweise an die klassischen Vorbilder der Flaxmann'schen Zeichnungen zu Dante'« Gedichten anlrhnten. „In diese schöne Familienvereinigung", so erzählt Prinz Johann, „fiel plötzlich wie ein Blitzstrahl di« Nackricht von den folgen schweren Julitagen in Pari». Schon die Kunde von den verhängnißvollen Ordonnanzen erweckte bei mir einige Be- sorgniß. Namentlich konnte ich mich von der Rechtmäßigkeit der Maßregel nicht überzeugen. Wenige Tage darauf bei bei einem kleinen Balle in Pillnitz sagte mir General von Minckwitz, damals Unterstaatssrcrelair für die auswärtigen Angelegenheiten: „Man schlägt sich in den Gassen von Paris!" Mit diesen Worten und der darauf folgenden Nachricht von dem Siege der Revolution gegen da« König- thum war das politische Stillleben am Ende." Als Prinz Albert etwa 9l/, Jahre alt war, wurde einmal eine große Reise gemacht. Man besuchte die Großmutter, die Königin-Wittwe von Bayern in München, die einmal die Kinder ihrer drei Töchter um sich versammelte. Lier war eS auch, wo sich Erzherzog Franz Josef jder jetzige Kaiser), gleichfalls rin Enkel der Königin, und Prinz Albert kennen lernten, wo sie eine Freundschaft schlossen, die bi« auf den heutigen Tag dauert und die sich in ihrer Innigkeit so oft bewährt bat. In Pillnitz ließ man dem jungen Prinzen viel freie Zeit zum Tummeln und so bildete sich denn auch dort die Vorliebe *) „Aus dem Lebe« de« Königs Albert von Sachsen, von vr. Paul Hostel". Verlag der I. E. Hinrtchs'schrn Buch- handlang kn Leipzig; Peek« L des Prinzen für militairische Uebungen heraus. Im fröhlichen Kinderspiel war es, als zum ersten Mal „Soldaten gespielt" wurde und die Kinder fanden so großen Gefallen daran, daß sie ihre Eltern um Uniformen baten und diese wurden ihnen denn auch gewährt. Nack dem Muster der Dresdner Sckloßgardc erhielten sie rotbe Röcke und Weiße Hosen und stürmten nun munter die Schanzen, die sie selbst aufgeworfen hatten. De: erste Lehrmeister im Schanzenbau war der alte Feldwebel Klemm von deu Pionieren, der den Fährdienst besorgte und der wohl dem späteren Sieger von St. Privat und Beaumont die ersten Elemente der Strategie und deö Festungsbaues beibrachte. Schon damals mag in der Brust des prinzlichen Knaben der Wunsch nach Bethätigung seiner militairiscken Neigungen im Ernstfälle aufgetaucht sein, ein Wunsch, der später zu seinem glänzenden Ruhme in Erfüllung gehen sollte. Mit seinen Brüdern Ernst und Georg verband Prinz Albert eine treue Kameradschaft, die sich mit den Jahre» nur noch inniger gestaltete, bi« der frühe Tod des Erstere» eine unerwartete Lücke riß. Ueberhaupt bildete die innigste Anhänglichkeit an die Eltern und an alle Mitglieder der Familie einen Grundzug in dem Wesen deS Knaben, währene er Fremden gegenüber zurückhaltend war und selbst mit eine: gewissen Schüchternheit zu kämpfen hatte. Seinen Jugend genossen dagegen erschloß er sich mit offenem Gemüth und einer Anspruchslosigkeit, die jede» Vorrecht der Geburt ve< bannte. In dem geselligen Haushalt, den Prinz Johan» und Prinzessin Amalie führten, wurde darauf gesehen, daß r»- Heranwachsende Generation sich frühzeitia an den Umgang mit Kindern aus anderen Ständen gewohnte. Fast alltäg sich, in der Regel Nachmittag», wenn der Unlerrichi beendet war, stürmten einige gleichaltrige Gefährten durch die Pforte in der Kleinen Brüdergaffe die Treppen de« Prinzenpalais hinauf, wo in geeigneten Räumen die weibliche und männliche Jugend sich zu gemeinsamem Spielen vereinigte. Einen Hauptbrstandtheil der Vergnügungen gewährt» die Aufführung von Charaden, ein Zeitvertreib, der sich von dem älteren Geschlecht des Hofes auf daS jüngere vererbte und durch die damit ver bundenen Verkleidungen und Improvisationen der Phantasie mancherlei Anregungen gewährte. Außerdem verstand e» dec Erzieher, Herr v- Langen«, der in allerhand Kunstfertigkeiten bewandert war, auch die praktischen Fähigkeiten seiner Zog finge in zweckmäßiger Weise zu beschäftigen und ausznbildeu. wobei Prinz Albert durch sein frühzeitig entwickeltes Geschict kür alle Handgriffe de« Bauens und ConstruireoS der An leitung de« Lehrer- mit bereitwilligem Eifer entgegenkam. So gedieh der Prinz körperlich in bester Weis« und für das geistige Leben sorgte ein Mann, der von Prinz Johann mit Geschick gewählt, so recht geeignet war, seinen Zögling jn Wissenschaften und Charakter zu bilden. X
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