Deutschen Buchhandel und für die mit ihm verwandten Geschäftszweige. Herausgegeben von den Deputaten des Vereins der Buchhändler zu Leipzig. Amtliches Blatt des Börsenvercins. ^ 69. Dienstags, den 2. August 1842 Internationales Verlagsrecht betr. Die Krisis in England ist nicht nur nicht vorüber, son dern wächst fortwährend, ja täglich zu einer so schwindeln den Höhe, daß dem unbefangenen Zuschauer bange vor dem End-Resultat wird. Das neue Ministerium hat die Hoff nungen der großen Menge noch nicht erfüllt; bis auf diesen Augenblick noch keine Maßregel ergriffen, noch kein Gesetz geschaffen, das dem grenzenlosen Elend steuern könnte. In dessen wissen diese Herren so gut wie wir die Wurzel des Nebels, sind aber gerade so unvermögend, das wahre Heil mittel anzubringen, und es bedarf wohl nur einer sehr ge ringen Vorhersicht, um fast mit Gewißheit zu sagen, daß, wenn das Parlament in seiner Hartnäckigkeit — ich möchte sagen Blindheit, fortfährt, die Leiden des Volkes un- ge mildert, selbst ungehört zu lassen, die Verzweif lung einen unnatürlichen Zustand über den Haufen wirst und vielleicht dadurch den ganzen Weltball in einen Krieg verwickelt. — Sagen wir es kurz-: Die Sünden der Väter rächen sich an den Kindern; nur wollen die Vormünder die Schuld nicht inihrem Lande sich fortwälzen sehen, son dern schieben sie — den Völkern der Erde zu. So lange nämlich England im fast alleinigen Besitze aller Fabriken war und die ganze bekannte Welt mit seinen Erzeugnissen überschwemmte, war es groß und allcinherrschend. Es hatte den Ländern, mit denen es Handelsverträge geschlossen, die Hände gebunden, bis sie, ausgcsaugt bis auf den letzten Tropfen, sich schaudernd von ihm abwandten und den Ter min mit Dankgcbelen segneten, an welchem jene Verträge zu Ende gingen, um sich nie wieder zu erneuern — wenig stens nicht in dcm Maßstabe. Der Zweck der Regierung war, neben der Beceicherungssucht der Vornehmen, die dem speculirenden Kaufmann die Capitalicn vorschossen, wesent lich der, das Volk zu beschäftigen- So lange dies gelang, herrschte Ruhe im Lande; die einzigen Streitigkeiten waren die Wuth der Whigs und Tories, sich gegenseitig vom Ru- 9r Jahrgang. der zu treiben. Die materiellen Interessen blieben sich un ter beiden Systemen im Wesentlichen gleich — nämlich Debouche's für Englands Erzeugnisse zu erlisten oder zu er kämpfen oder zu befehlen, mit Hülfe des letzten Argu ments — der Kanonen. — Alles dieses hat Gott sei Dank aufgehört. Schieben wir cs dem wechselnden Rade des Schicksals, oder der Weisheit der Regierungen zu — es ändert nichts an der Sache, und das End-Resultat ist, daß England — wenn auch nicht überflügelt — doch in bei wei tem den meisten Erzeugnissen entbehrlich geworden ist. Jetzt beginnt die neue Aera für England. Jeder Tag bringt uns traurige Details und neue fruchtlose Versuche, dem Uebel zu steuern; es werden Meetings gehalten, die manches lo cale Unglück mildern. Ein solches Meeting ist es nun, das mir wichtig genug scheint, die Aufmerksamkeit des deutschen Buchhandels anzuregen. — Die neuesten Nummern der englischen Zeitungen brin gen lange Details über ein solches Meeting, welches in den ersten Tagen des Juli von den Notabilitäten des Londoner Buchhandels gehalten wurde, das „Internationale Verlagsrecht" betreffend, und jeder deutsche Buch händler wird sie mit eben der Wichtigkeit aufnehmen, mit der ich cs that, als ich aus den Verhandlungen entnehmen mußte, daß die „ersten deutschen Buchhändler ihren Wunsch und ihre Hülfe zu dessen Er langung zugesagt habe n." Ich habe es auch des halb für nöthig erachtet, eine kurze Darstellung des jetzigen Zustandes von England voranzuschicken, weil ich besonders den Standpunkt anzugebcn beabsichtigte, von welchem die englischen Buchhändler ausgingen und von dem auch ich meine Entgegnung ausgenommen zu sehen wünschte. — Die Anzeige lautete wie folgt: „Gestern wurde in der Freimaurer-Ta verne eine zahlreiche Zusammenkunft von Buchhändlern, auch andern in diesem Fache 132