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Dresdner Nachrichten : 09.03.1877
- Erscheinungsdatum
- 1877-03-09
- Sprache
- German
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id501434038-187703094
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id501434038-18770309
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-501434038-18770309
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungDresdner Nachrichten
- Jahr1877
- Monat1877-03
- Tag1877-03-09
- Monat1877-03
- Jahr1877
- Titel
- Dresdner Nachrichten : 09.03.1877
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«N 68 »st»«««» «»««« »r», 7 Uhr t» d«, »li'dttt»« «»steiftr-»« >» *d»n» «t»e«»»»rrl» «tirtelslihr» ltch»MarIS0Vj»«.dur^ »>«»»!»!r »,,«. Et«t»l.Nu»u>r«e» »0 VI»e. »flav 32000 »l»l. Fsr »I« Nückzabe I«»dler Manulert»»« «»»» sich d«e Redacits» »tcht »«rdt,dUch. 8,is,r«lt«.Annahme au». Wirt», chaasrosirt» »»» »««>«« >>iH«md»ro,ver- Ifti. wie«, fteixg,. vasel. «eeUau, Srinlsur« a. M.. —»«».Masi« Inverll». Lr>»tt«. Hamburg Nranksurt a. Dt., Mün ch«,. — »a«»« » ««. «„ granNurt a. M. — G».»»tät In Chemnitz.- 8«»», L»att«, »iuu» ch 0». tu Part,. Krett«g» S. Wirz. Tageblatt fürUolitik, Wnterhaktung, Geschäftsverkehr. Börsenbericht und Aremdenlille. Druck und Eigenthum der Herausgeber: Liepsch ^ Ntichllrdt in Dresden. Derantw. Redactem: Fr. Gor-sche in Dresden. «'»«« Mart««- «7«»r l» »t,«».»U>n- an,««»««». *«« »,» »«» Rt'ta», 1«U»r. 8» Itrusiadt: »rot« K>»Itrr« ß,sle » dt» Nachm. 4 Uhr. — Der Raum einer ein- «»alU-en P-iiI»e»e kattrt »tvc Saranttr sftr da» » S ch ft l t>, t, e Eriche»«»« der Inserat« wird «tcht »egeben. »lutwärllLe «nnvncen» dtusträze von nn, und«. launte«Firmen und Per» Ionen inseriren wir nur gk,e„ Prü,»>M«ra«do- ^al,lu»g durch «riet» Marien oder Postetiijatz- luiih. Acht Silben kosten >L Pige. Inserate für die Montags - Nummer oder nach eincnr Festtag« di« Pelitjljle 2Ü Psge. xxn. Jahrgang. Mitredacstur: vr -ür baß Feuilleton: »«rtwarmi. Dresden, 1877. Politische«. 1 In seltener Einstimmigkeit äußern sich Freund und Feind über den in Königsberg verschiedenen Dr. Johann Jacoby. Die größte Ehre, die einem politischen Charakter widerfahren kann, wird diesem deutschen Patrioten aus Ostpreußen erzeigt: vor der Bahre, auf der sein Leichnam ruht, senken sich zu ehrfurchtsvollem Gruße auch die feindlichen Banner. Wir erkennen es mit Achtung an, daß selbst nationalliberale Zeitungen, die sonst jede abweichende Meinung verketzern und beschimpfen, den Menschen in dem Gegner Jacoby ehren und die Lauterkeit seines politischen StrebenS rühmen. Wie sollten dann »licht alle Die, denen Jacoby so oft aus der Seele gesprochen hat, heute an dein offenen Sarge des großen Patriotm Worte der dankbaren Bewunderung haben ? Jacoby hat auf die konstitutionelle Entwickelung seines engeren Vaterlandes Preußen den bedeutsamsten Einfluß geübt. Seine Broschüre: „Vier Fragen" zeitigte die Volksbewegung, die schließlich Preußen in die Reihe der konstitutionellen Staaten einführte. 1848 hat er an der Spitze einer Deputation den König Friedrich Wilhelm IV. um Einsetzung eine» volköthümlichen Ministeriums gebeten. Das ihm so oft zuge schriebene Wort: „Das eben ist das Unglück der Könige, daß sie die Wahrheit nicht hören wollen," hat er nie gesprochen. Er selbst hat ausdrücklich diese Thatsache constatirt, und cs gehört zu den Legmdenbildungen, an denen die Neuzeit nicht ärmer ist, als das Mittelalter, daß solche geflügelte Worte wie KoSziuszlö'S: „Vinis >kolomav", Cambron's: „Die Garde stirbt, doch sie ergiebt sich nicht," und das Jacoby zugeschriebene obige Wort, ohne daß sie jemals gesprochen wurden, von Geschichtsbuch zu Geschichtsbuch als , unumstößliche Wahrheiten sich fortpflanzen. Um so beglaubigter ist ein von ihm im preußischen Abgeordnetenhause am 23. August 1866 wirklich gesprochenes Wort. Er trat gegen den Siegesjubel der Nationalliberalen über den AuSgang dcS deutschen Bruderkrieges ^mannhaft auf und verurtheilte „den im Bunde mit einer fremden Macht (Italien) gegen Deutsch« geführten Krieg als einen, der dem preußischen Volke weder zur Ehre, noch dem deutschen Volke zum Heile gereiche". Er verweigerte dem Ministerium Bismarck die Indemnität. Während des deutsch-französischen Krieges nahm er eine Haltung an, die auch wir nicht zu billigen vermögen, er büßte isie hart mit Gefängniß. Nun ist der unerschrockene Mann todt, das tapfere Herz schlägt nicht mehr, sein schneidiges Wort verstummte. Er war ein Ehrenmann, ein liebevolles Gemüth. Wir haben in ! Deutschland nicht zu Viele, die ihm gleichen.. Die Trauer um ihn ist gerecht, sein Andenken bleibe in Ehren! > , i Doch, um des Todten die Geschäfte des Lebens nicht vergessen! Von mehreren Seiten wird im Reichstage die Revision der Gewerbe ordnung beantragt. Das Gefühl, daß die Schäden, die überden deutschen Gewerbefleiß die Zügellosigkeit gebracht hat, dringender Heiluyg bedürfen, ist ein allseitig gefühltes. Die Handwerker, welche abermals mit 1500 Petitionen an die Pforten des Reichs tag» klopfen, dürfen wohl hoffen, diesmal nicht mit leeren Worten abgespeist oder gar noch mit Hohnreden von den Manchesterleuten l «eggejagt zu werden, wie dies bereits mehrfach geschehen ist. > Vor Allem verdient eine bessere Erziehung und Ausbildung der Lehrlinge die lebendige Aufmerksamkeit des Reichstages. Ohne Eingreifen der Gesetzgebung ist keine Aussicht vorhanden, daß die ungenügende, mangelhafte Ausbildung der Lehrlinge einer besseren weiche. Auch auf diesem Gebiete hat der Manchestergrundsatz: „Laßt's gehen, laßt'» laufen!" seine Widerlegung durch die Thatsachen grausam erfahren. Es bedarf keiner Darlegung, daß die Reform des Lehr- lingSwesens nur ein Stückchen der socialen Gesetzgebung ist. Andere Schritte werden folgen müssen und wenn sich im Laufe dieser Re formen herausstellte, daß ohne Festsetzung eines Normal-Arbeits- tageS überhaupt die Reform der Gewerbegesetzgebung Stückwerk bleibt, so werden sich die ehrlichen Freunde des Handwerks und des Kunstfleißes auch dazu entschließen müssen, die Sache unter diesem Gesichtswinkel in's Auge zu fassen. Rußland mobilisirt und mobilisirt doch auch nicht. In einem Athem verkündet man Rüstungen und erläutert sie dahin, daß sie keine kriegerische Bedeutung hätten. Unter solchen Umständen ge winnt die Meinung an Berechtigung, daß der KriegS-Ausbruch nur eine Frage der Zeit, die Ueberschreitung des Pruth nur eine rein elementare Angelegenheit sei. Rußland kann eben nicht mehr ohne einen Erfolg zurück. Soeben hat eS eine Anleihe von 150 Millio nen Rubel in Paris und Amsterdam ausgenommen, allerdings zu Wucher-Zinsen, aber cs hat doch Geld und Geld braucht es zum Kriege. > Mit der Einführung des neuen Präsidenten der Vereinigten Staaten in das Weiße Haus zu Washington hat auch sofort der Kampf zwischen der Corruption und Ehrlichkeit innerhalb der republikanischen Partei selbst begonnen. Die Männer, welche bei der Unterdrückung der Süd-Staaten sich bereichert, überhaupt ihre Macht in schmachvoller Weise zum eigenen Vortheil ausgenutzt und durch ihre Unterstützung von Hayes die Dankbarkeit des neuen Prä sidenten sich erworben zu haben glauben, sind nicht so leicht über Bord zu werfen. Und doch hängt der Erfolg der neuen Admini stration von der Entfernung korrupter Personen aus dem Cabinet ganz wesentlich ab. 61 Stimmen angenommen. 12 Deputirtc enthielten sich der Ab stimmung. Voraussichtlich wird das Kabinct Komunduros seine Demission geben. Neueste Telegramme »er „Dresdner Nachrichten." Berlin, den 8. März. Der Justizausschuß deö Bundes« raths empfahl nach neuerlicher Sitzung dem Bundesrath eine noch malige commissarische Vernehmung der bei der Dresden-Berliner Bahn betheiligten Negierungen. Athen, 7. März. Die Deputirtenkammer hat in ihrer heu tigen Sitzung ein von der Oppositionspartei in einer Pensionsfrage beantragtes Mißtrauensvotum gegen das Ministerium mit 70 gegen Locale» «ud Sächsische». - — Den Klrchschullebrern und Cantorcn Nänmann in Tbierseld und Wienholv in Schönberg wurde das Verdlenst- kreuz verlieben. — Dem Reichstage ist nunmehr der Gesetzentwurf zugegan gen, der die wenigen, aber inhaltschweren Worte enthält: „Das Reichsgericht erhält seinen Sitz in Leipzig." Bis zu letzt hatten die nationalliberalen Blätter gemeldet: der Kaiser werde den Willen des Bundesraths nicht ausführen, uin später Berlin als Reichsgerichtssitz zu erhalten. Diese thönchte Annahme ist durch den streng constitutionell und verfassungsmäßig handelnden Kaiser widerlegt worden. Selbst wenn der Kaiser persönlich Berlin ge wünscht hätte, hat er eS vorgezogen, sich innerhalb gesetzlicher Schranken zu bewegen. Es war dies von einem hochsinnigen Fürsten nicht anders zu erwarten. Die Motive zu dem Gesetzentwürfe be ziehen sich darauf, daß die Competenz des Oberhandelsgerichts im Laufe der Zeit mehrfach erweitert ivorden ist. Wir erinnern uns, daß es vorzugsweise der Abg. vr. v. Schwarze'gewesen ist, welcher durch seine Anträge auf Ausdehnung der Competenz des Oberhandels gerichts es dahin gebracht hat, daß die Ausdehnung auch auf andere Materien, als die Handelssachen, erfolgt ist, — aus dem Motive, um die Wirksamkeit des Oderhandelsgerichts möglichst zu erweitern, daniit die Beseitigung des obersten Reichsgerichts für Leipzig desto schwerer werde. - — Der k. k. österreichischeGehcimrath, Frh. vr. v. Schwarz- Scnborn, in weiten Kreisen bekannt als Präsident der Wiener Welt-AuSstellung, passirte auf der Durchreise von Hamburg nach Wien gestern Dresden.. Seine Excellcnz hatte die Freundlichkeit, unserer Redaktion und Druckerei, deren maschinelle Einrichtungen auch in: Auslande einiges Nenomnwe genießen, einen Besuch ab- zustatten. Herr vr. v. Schwarz interessirt sich namentlich auch für Maschinenwesen." ' — Mit der Hieherverpflauzung von Wiener G' schnaS - abenben hat die Dresdner Knnstgcnosscnjchait einen recht glücklichen Gedanken verwirklicht. Was G'schnas sei, baden wir vor Kurzem erst selbst gelernt. ES ist. watQnan leicht denkt, weder G'spaS noch G'schnak und wenn auch bei einem Künstler- feste dem Humor keines seiner unveräußerlichen Rechte entzogen werden dark, so ist der Zweck eines G'schnaöabenkö noch ein höherer. Unter G'schnas versteht der Wiener die veredelnde Verwcrthung von allerhand untergeordneten Gegenständen der Haudwirthschatt zu künstlerisch wirtenden Kostümen. Nichts in Küche, Keller, Wohnstube, Werkstatt, Comptoir, in Garten und Feld ist so ver ächtlich. alö daß eo nicht unter künstlerischen Händen sich zu einem harmonischen Menschenkostüm umbilten ließe. Wäsch- klamwern, Topfstürzen, Blechtrichter, Austernschalcn, Champagner- pfropsen, Radieschen, Bretzeln, Tbeelöffel, Nähmaschinen. Zwlrn- rollen — was weiß ich Alles tonst noch ? feiern Ihre Auferstehung alö Brustpanzer römischer Krieger, Diademe von Fürstinnen, Gnadenketten von Kanzlern. Kopfputzcn von Edelfräulelns, Rüst ungen von altdeutschen Rittern, Helmen von Asshrern und so sort ins Unendliche, wie eS die Fantasie eingiebt und der Geschmack arrangirt. ES ist geradezu wunderbar, waö mit den einfachsten, unscheinbarsten Elementen für prächtige Gcsamml- wirkungen sich erzielen lassen. »An« den Stoff kommt'« da wahr lich nicht au. Mit Wachs- oder Segeltuch z. B. lassen sich köstliche Chargen schaffen. Und wenn durch unsere Zeit ein Zug tiefen Bedürfnisses geht, zwischen der Kunst und dem Gewerke die leider zerrissenen Fühlsäten von Wechselwirkung wieder änznknüpsen, so unterstützt ein G'schnaSabenb diesen Zug aufö Kräftigste. Unsere Frauen und Mädchen, unsere Künstler und Verehrer der Kunst besitzen — kaS sah inan deutlich — noch genug geistige Fond», die durch einen G'schnaSabend gebotenen Anregungen zu ver wirklichen. In dieser Richtung waren z. B. die Cvstüme deS Kunstgewerbeschuldlrectorö Graff nebst Gattin (Ritter nnöRitter dame), der Architekten Semper und Hauschild (römische Krieger), deö Fabrikanten Wenzclsncbst Gattin (Silber- n. Goldwährung), deö Banguier KlempereritAbdist-Kehrum-Pascha) vorzüglich gelungen Die Damen erschienen meist alö Btumen. einige als ganze Gemüse- Märkte; eine alSWeilmachtöbaum costümirte Schönheit, ein Winter, Rosen ent« wurde der ., .. ^ vor sich ging, durch den Einmarsch einer Abstellung Polizei, deren Cbes eine Bekanntmachung vorlas. wornach arretirt. beportlrt und massacrirt wurde, wer raiionnirt, sich moauirt oder annyirt, die Damen nicht traktirt, sich iin Bezahlen genirt n. s. w. Unmittel bar hernach betrat der königliche Zug den Saal. Ein reitender Jockey eröffnest ihn, er trabte mit 10 Steckenpferden herein, man nannte ibn allgemein Gras Luckncr. Dann folgte eine prächtige MaSkc, der Baumeister MiruS als gestiefelter Kater; Berittene, Regimentütambonre und Kammermusik, ein Ecrcmonieumelster, die 4 Wenzel als Pagen, ein Hofnarr und sonstige Rclä'Swürden. träger schritten dein König G'schnas voran. Dieser (Baumeister Haittnhvi) war gefolgt von einem vermögen gekleideten Social- demokratcn. dem türkischen Gesandten, einem Hospocten Kammerherrn, dem waffenstarrenden KricgSnilnister und Kriegs last, einem Jesuiten alSCultns-, einem FuchS als Finanzmlnistcr, dem Polizelminitter.Lilberkämmcrer.Oberwrstniclstcr.Kellermeister, Hoikoch, Hofconditor, Hosarzt. Hosteivwäschcr und.der Polizei. Daran schloß sich der Zug des Reichskanzlers. Fürst Bismarck wurde von dem Maler Leineweber in frappanter Maöke vorge- führt; ihn umgaben Polizei, Skaatösecretärc. Kammerjäger, Büchsenspanuer, Reitknechte und Bedienst. König G'schnas nahm auf dem fantastisch erbauten Throne gravitätisch Platz. Der König las eine ihm vom Kanzler überreichst Thronrede vor. da drängte sich der Socialbemokrät in die fürstliche Nähe und unter brach die Thronrede mit allerhand störenden, thörichtcn und un verständlichen Einreden. Lange ignorirst der König diesen Scandalistcn. alö derselbe aber immer dreister wurde, gaberBiS- marcttn einen Wink, dieser constrirte mit dem PollzesinInlstcr und wuppß! wurde der Socialdrmokrat von Häschern in das Polizelzelt geführt. Damit löste man einfach die sociale Frage. Wenigsten» für einige Zeit. Denn alö wir selbst später wegen der Frage, ob der Kanzler beute Abend mehrere Preßprocesse anstrcnge? in s Gefängniß geworfen wurden war der Vogel ausgefiogen. Die Gratttlationöconr nahm inzwischen ihren Fortgang. Der Hvfpoct trug ein wahnsinniges Gedicht, der Gesangverein Aroliiö von GroßbebelStorf einen kostbaren Unftnnöhymnuö vor» dann nabten die Handwerkerzünfte: Maler. Lackirer, Färber, Anstreicher, Photographen, Farbenrclder, Bildhauer. Former und Töpfer (letztere tn Philadelphia iür etliches Klndergrschirr preisgekrönt>. Maurer, Zimmerleute, Architekten, Schuster. Schneider, Bäcker, Fleischer, gemischte Gesellschastru und die mathematische Schule. Die Uekerrrichuug der Fettgeschenke brachte die drolligsten Lernen zur- Erscheinung. Der Rlesenpantoffcl der Schuster, die Riesenbretzcl der Bäcker und vor allem der senchenfreie Preivmastochse der Fleischer erregte, als er die Sinsen des ThroneS zum König hinausklettcrkc. unauslöschliches Gelächter. Bald hätten wir den charakteristischen Zug der Ju- croyablcs (historische Costuine aus der sranzLsiscbcn Revolutions zeit» vergessen, die durch Ihren Geschmack allgemeine Bewunde rung erregten. Nach Aufführung eines unustigen HosconccrtS zog das Volk paarweise hnldigend an dein Throne vorbei, der König erwählst die schönste Jungtrau zn seiner Braut und erkieste dabei - einen alü Mädchen verkleideten Jüngling. Die ganze Thronrede würde noch einen größeren Effect erzielt haben, wenn für den dcclamatloncUen Thell ebenso treffend gesorgt ivorden wäre, wie für Costume,Humor und Arrangements. Warum betraut man ulcht einen Schauspieler mit solchen Sprechrollen? Nun ent. wickelte sich, während in dem einen Saale der Ball glänzend vor sich ging, iu dem andern Saale und den sonstigen Zimmern ein unendlich gemütvbolleo Treiben. Schmausende und zechende Gruppen ließen sich in den verschiedenen Herbergen zu srohem Gelage und tausend Scherzen nieder; man wurde Photographin, erhielt Blitzkarten. Aufforderungen vor Abdul-Kelunm-Pascha zn erscheinen, um sich eine HaremSschönheit zu wählen, kaufte sich in der trichincnfrelen Fleischerei ein Paar Wiener Würstel oder bei dem Potz-Blitz-Bäckcr in G'schnaiewitz ein Stück Tort: oder las eine äußerst witzige Bekanntmachung des Magistrats der Commune Großbebeisburg (unterzeichnet Ober-Tatzenschlägcr,. die Eröffnung einer Hunde- und Mcnschenspcrre VIS zum :l<>. Februar 1961 best., z. A. KV: „frei unwerlaufcndc, stehen- bleibende bez. mit vorschriftsmäßigem Maulkorbe nicht versehene Hundebesitzer werden ohne Weiteres vom Eaviller eingctangen und sofort getödtet, sobald sich nicht innerhalb 3 Tagen der Hund desselben meldet." Der witzige Verfasser dieses Plakats lies selbst, er könnte ia gebissen sein! mit einem Hendct'schcn Maulkorb herum. ES ist schier unmöglich, alle die lustigen Scenen dieses prächtigen Festes zu erzählen. Erhöbt wurde der Genuß durch die musterhaft gevstcgten ehrlichen Weine deö Herrn L ussert rmd seine vortreffliche Küche. - lieber das vorgestrige glänzende Ball lest de» Grasen Suckneravf A l-t f ranken hören wir, daß dasselbe von nngc- Mr 360 Personen ans den Kreisen der höchsten Aristokratie be sucht war und daß die Honneurs in liebenswürdigster Weist von Frau Kriegöminlster von Fabrice übernommen worden waren, welcher der Graf ein impoiantcs Bougnct aus „Theerofen" über reichst. Etwa hundert Eingeladcne waren nicht erschienen, zu meist wohl wegen der gegenwärtigen katholischen Fastenzeit, zum Thcil wohl auch in Folge deö ungünstigen Wcttero. Das Fest kann nicht zu zeitig begonnen haben, da Gras Luckncr noch um 8 Ilbr im Altstädtcr Hofthcater in seiner Loge saß. Der große Saal und die Nebenräume dcS Schlosses Altsra»kc«i waren in sinniger Pracht decorirt; luxuriöser. feinster Geschmack trat den Thetlnehmern dieses Festes ans jedem Schritt entgegen, wenn auch die Nebenräume im Verhältnis; zmn Saal etwas niedrig erschienen. Einem ausgesuchten Souper folgte der Ball, in dessen Verlause vielfache Cotillon-Ucber- raschungeu <z. B. erschien ein Amor, welcher mit Köcher und Pfeil Blumenbougnctö nach allen Richtungen verschoß», vor- kamen. Eine »Anzahl lebenderBilder. von denen namentlich das Winterbild besonders gefiel, ward erst nach 2 Nhr Morgens gestellt. Mehrere Kisten der seltensten Blumen sind sogar direkt von »Nizza bezogen worden. Im großen Ganzen kann sich unsere Residenz nur gratuitren. Eavaliere zu besitzen, welche derglciclxn Feste, deren Glanz vielen Industriellen Gewinn und eine wün- schenöwertbe Geld-Clrculation mit sich bringt, zu geben bereit sind. Soll doch Gras Luckner'ö vorgestriges BaIlsen gegen 36,666 Mark kosten. Zur Ordnung des Wagenverteyrv im Schloßhose waren bis zum Morgen berittene Diener ausgestellt, welche, sobajd sich die Gäste zum »Ausbruch rüsteten, im Trabe die Eorresponvenz mit den wegen Platzmangel hier und da weit ab vom Schlosse stationlrten Egnipagen unterhielten und die selben herbeiholtcn. — Den IinBeffrke der Kaiserlichen Ober-Postdirection Dres den die Ausgabe dcS Pcstlagcrndcn und die 'Austragung der Briefe und Packest besorgenden Beamstn ist die schon früher bestehende Vorschrift, daß den sich am Schalter zur Abholung Meldenden ober in Hotels oder Privathänscrn wohnenden Freni den und unbekannten Einheimischen die Postsendungen nur dann anSgehänbigt werden sollen, wenn sich die Empfänger entweder durch Pas; oder fomiigcö obrigkeitliches Zeugniß legitimsten können, neuerdings mit der Bestimmung in Erinnerung gebracht worden, bas; diese Legitimation, wenn dieselbe als solche anerkannt werden soll, ein neueres Datum tragen muß und weiter Personen, die sich gar nicht legitimsten können oder deren Legitimation dem ablieiernden Beamten zweifelhaft erscheint, an das betreffende Postamt zu verweisen sind, woselbst dieselben ihre Poststücke nach anderweitig verschaffter Legitimation oder Rccognoscirnng durch ein oder zwei dem Post amt bekannten Personen ansgehändigt erhalten werden. Zu die ser, keine Ausnahme gestattenden Vorschrift hat sich jedenfalls die kalierliche Oberpost-Direktion nicht nnr allein dadurch gczwun- gen gesehen, daß der Bricsträgcr eines auswärtigen Bezirkes in einem Hotel einem Schwindler, Geldbriese fälschlicherweise aus- gchändigt hat, sondern cs mag auch folgender Vorfall, welcher nach dem Aussprüche eines älteren Postbeamten in Bezug am die zusammcntrcffcnden Umstände in der PostprariS einzig da- stehcn wird. dazu betgetragen haben. Am Schalter stir Posl- lagerndeö beim hiesigen Postamt l erschien kürzlich Vormittags ein Herr, weicher sich alSKaufmannII.0. auSBcrli» legitimstst, und nm Aushändigung etwa unter seiner Adresse lagernder Poststücke bat, demzufolge auch zwei von einer von Frau G. aus Berlin abgesandte Packele auSgehändlgt erhielt und sich entfernte. Desselben Tages Nachmittags erscheint am genannten Schalter noch ein zweiter Herr, welcher sich ebenfalls als B. G. aus Ber lin lcgitlmirte und da kein Poststück unter dieser Adresse lagerte, entsprechend beschieden wurde. Da nun der letztgedachte Herr G. erklärt, daß ihm bereits von seiner Ehefrau zwei Packest von Berlin aus avtsstt seien, wurde derselbe an die Packkammec verwiesen, da es möglsch sein könne, das; die Packele nnstr den Nachmittags Ktngegangenen — setzt beim Sortiren befindlich — enthalten sein könnten. Eben alö der Vorstand den Fragenden eröffnet, bah auch die Packkammer keine Packest nnstr dieser Adresse in Verwahrung dabe, kommt der Herr B. G„ welcher früh die Packest abgedolt halst und giebt dieselben zurück mit dem Bemcrkcn. daß er nicht Empfänger dieser Packest sei, dieselbe» lebest) geöffnet habe, weil die Adresse und der zwar nicht vollständige Absenbnngövrrmerk aus die von ihn erwarteten
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