ENTSCHEIDUNG Der Brief nach Augsburg war abgegangen. Wieder war tete Rudolf Diesel. Er wartete mit jener drängenden Un geduld, mit der ein Mensch immer wartet, wenn etwas, das er als lockendes Zielbild in der Seele trägt, ganz lang sam beginnt, Wirklichkeit zu werden. Diesel hoffte auf Augsburg, er hoffte auf Heinrich Buz, den Direktor der Maschinenfabrik, dem sein Name nicht fremd war, er hoffte auf Lucian Vogel, den Freund aus der Münchner Studienzeit, der als Oberingenieur des Augsburger Wer kes mit seinem Urteil fördernd helfen konnte. Die Vorfrühlingstage kamen. Die Antwort aus Augsburg war da. Ganz leise zitterte die Hand, als sie den Umschlag aufgerissen hatte, und der Blick beim überfliegenden Lesen wie von einer unsichtbaren Ge-walt gezogen, auf dem einen Wort „nicht“ haften geblieben w r ar. Dann las Diesel den Brief, der den 2. April 1892 als Datum trug, Wort für Wort. „Wir bedauern, Ihnen mitteilen zu müssen,“ so schrieb man ohne Sentimentalität, „daß wir auf Ausführung fraglichen Motors nicht reflektieren. Wir haben die Sache reiflich nach allen Richtungen überlegt und erachten die Schwierigkeiten der Ausführung derart groß-, daß wir uns an die Sache nicht wagen können.“ Der Ingenieur legte den Brief aus der Hand. Er fühlte, daß mit diesem Brief der eigentliche Kampf um die Ver wirklichung seiner Idee begonnen hatte. Der Kampf mußte weitergehen. Augsburg lockte und rief. Dieses Augsburg war wert, daß ein harter Kampf geführt wurde. Rudolf Diesel war entschlossen, in diesem Kampf um die Verwirklichung seiner Idee alles einzusetzen. Er war aber auch entschlossen, falls die Notwendigkeit kam, das oder jenes von dem weiten Umfang der Idee zu opfern.