Dresdner Nachrichten : 28.04.1877
- Erscheinungsdatum
- 1877-04-28
- Sprache
- German
- Digitalisat
- SLUB Dresden
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- Public Domain Mark 1.0
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- urn:nbn:de:bsz:14-db-id501434038-187704285
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id501434038-18770428
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-501434038-18770428
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungDresdner Nachrichten
- Jahr1877
- Monat1877-04
- Tag1877-04-28
- Monat1877-04
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- Dresdner Nachrichten : 28.04.1877
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Rr. 118 ML-WLt M»rie»l>mhe II. »d»»» NLZ?»°« <»>n»tl.«umiucr«I0PI». Nl°I- 32000 «l»>. ^W>r d>« Nü-l,a»c ,tn^> ' « I«ndlcr Mamiscrtpt« «acht sich di« RkdactchM nlchl »kkdtldltch. Infkratkn-Annehme »ul« li»n«tzaalc»l>,tn und Vogler >„ H»mdurg, v«r« U„. L»kN, SNvtig. Basil. vrcllau, Franlsurl o. M, — iliu». Mosi« in Berlin. Lei»,!», wir», HonldurL granlsurt a. M., Mlln« che«. — Laude » «». rankiurt a. M. — r. voll« in lldemnil.- »>»», l-aStto, Ilulller L 0«. in Part». Sonnabend. 28. Aprttj Tageblatt fürUokitik,Mnterhattung, Hcschästsverkehr. HLörsenbericht und Iremdenliste. Druck und Eigenthum der Herausgeber: Litpsch ^ Rtlchnrdt in Dresden. Vcrantw. Redakteur: Fr. Eötdsche in Dresden. Lnierel« »erde» Lir-tk l» di»«».» «h» »>i»c«»mmc«, G»NNt»g» »i» Milt«,» »2 Ubr. I« N'uftad»! große ülrlter» gasie i bi« Nachm. 4 Uhr. — Der Raun, einer ein« ivalligc» Peliiteil, «»«et iü Pige. «ingela»»» »V Ljeilc M Pfge. <>»e Äaianiie iiir d«> «och liiä glgr LrscheiWe» der ^oicrate wird »tcht g- grde». Nutwärlige Annonce»» Autlioge von >m» und«« lamilen Firimn und Per« Ionen injenren wir nur gegen Pra„»mrra»da» »jahluiig durch Brtel» riorleu ober Poiieinjah- lung. Achl Tilden loiie» Id Pige. Initiale lür die Mouiogd Nummer «der «och einem Jeiilag» die Peiiljkile M Pige. XXII. Jahrgang. Mltredacteur: vr lkmtt Für das Feuilleton: i»««i«»k n»rtu»»nn. Dresden. 1877." Für die Monate Mal und Juni werden Abonnements ans die „Dresdner Nachrichten" in der Expedition. Marie»straf;e Nr. 13. zn > Mark ro M., sowie sitr auswärts bei den Postämtern zn I Mar! 8S Psg. angenommen. Politisches. Moltke auf dem Rückzuge ist eine Ven Akiba Lügen strafende Erscheinung. Zum Heile unseres Vaterlandes ist sein Rückzug kein strategischer, sondern nur ein oratorischer. Die Wirkung der Moltke'schen DienSlagS-Rcdc ist in ganz Europa so sehr als ver stimmend und beunruhigend empfunden worden, daß der Feld marschall nur den preußischen Bußtag verstreichen ließ, um sofort am Donnerstag seinen Worten jede drohende Bedeutung wieder zu entziehen. Der Speer des Achilles heilte somit in kurzer Frist die Wunde, die er erst geschlagen. Ein wenig wird cS ihn wohl ver drossen haben, daß man auf ihn, den berühmten Schweiger, das 8i tuoiissvL amvcnden darf. Doch darf inan cs dem großen General Dank wissen, daß er sich so bereitwillig dazu verstand, friedliche Erklärungen abzugcben. Als ihm im Foyer des Reichs tages mitgetheilt ivurde, welch' große Beunruhigung seine Rede hcr- vorgerufen, war er davon überaus constcrnirt und crwiederte den betreffenden Abgeordneten: „Ich verstehe den Rumor gar nicht; meine Rede sollte ja vielmehr einen besänftigenden Charakter haben!" Nun, Das hat wohl Niemand außer dem superklugen, geschmeidigen LaSker hcrauögehört. Doch betrachten wir den Zwischenfall durch die zurücknehmendcn Donnerstags-Acußerungcn Moltke's für erledigt. Auch wird sich hoffentlich die Aufregung in Frankreich über Moltke's Dienstags-Rede bald legen. Wir erwarten dies, obwohl der Moltke'sche Vorschlag, die Besatzung in Elsaß- Lothringen zu verstärken, sich rasch seiner Verwirklichung nähert. Dem Kaiser liegen bereits die betreffenden TruppendislocationSvor- schläge vor. Rietz ist jetzt nur von 0000 Mann Infanterie vcrthei- digt. Es wird sich außer der Bildung einer Cavalcrie-Division in Rieh, für welche der jetzt beschlossene Etat des NeichöheercS bereits die Mittel bewilligt, voraussichtlich um die Sendung von einer odcr zwei Brigaden Infanterie nach dem Reichslande handeln. Von Eavalerie-Rcgimentern wird namentlich das in Flensburg und Hadersleben garnisonircnde 13. Dragoner - Ncgimeirt als nach Elsaß Lothringen bestimmt bezeichnet. Anerkennung verdient es, daß die französischen Blätter den unerschütterlichen Willen Franl reichs betheucrn, sich in keine kriegerischen Abenteuer cinzulassen. Alle Kricgsdepeschcn berichten von einem energischen Verrücken der Russen in Rumänien. Ohne an die bekannte „affenartige Ge schwindigkeit" der deutschen HeercSführung heranzurcichen, leistet die russische Leitung, das muß man ihr taffen, in der Kraft und Viel seitigkeit der Truppenbewegungen Anerkennenswerlhes. Es sticht dies sehr günstig von der Trägheit der denkfaulen türkischen Paschas ab. Sie „lehnen sich nach wie vor noch an die türkischen Festungen" Nur scheint der türkische Generalissimus überzeugt zu sein, daß die Russen beabsichtigen, die Donau nahe ihren Mündungen zu über schreiten. Bish.r vermuthetcn sie den Donarrübergang mehr westlich, nahe Widdin. Sie verlassen daher eiligst ihre Festung Widdin und werfen ihre Strcitkräfte nach der Dobrudscha. Höchst seltsam ist die Haltung Rumäniens. Nach den vor ganz Europa Angegangenen Verträgen mußte dieses Donau-Fürsten thum die eindringendcn Russen als Feinde, die Türken als Freunde betrachten. Die Lage nöthigt aber die Rumänen zu einer entgegen gesetzten Politik. Fürst Earol zieht zunächst vor beiden streitenden Theilcn seine Armee zurück. Das Fürstcnlhum hat den letzten Mann aufgeboten — um keinen einzigen in's Feuer zu schicken. Earol weicht dem Vorstoße nach Norden aus und zieht sein Heer gleichmäßig von der Donau zurück, um cs im Nord-West-Winkel seines Landes zu verbergen und für den Tag der Entscheidung bcreitzuhaltcn. Vielleicht träumt er von einer rumänischen Königs- krone, wie Milan einst in Serbien. Die Zeit ist aber nicht günstig, neue Königs-Diademe auf Fürstenstirncn zu drücken. Das stehende Heer Rumäniens besteht aus 8RcgimenternJnfantcrie, 2 Eavalerie- Rcgimentern und 7 Artillerie Bataillonen und zählt 18,000 Mann und 2800 Pferde. Dazu kommt aber die Territorial Armee, welche 8 Infanterie-Regimenter, 8 Cavaleric-Negimenter und 14 Batterien umfaßt. Die Gesammtzahl des Heeres beträgt 43,000 Mann und 11,000 Pferde. In letzter Reihe muß die Miliz in'S Auge gefaßt werden, die 33 Bataillone und 33 Escadronen zählen soll. Aiit der Mobilisirung dieser Truppen allein begnügt man sich aber nicht mehr in Bukarest. Der Kriegs-Minister hat angeordnet, daß unge säumt Einleitungen zu treffen sind, um sowohl die Bürgcrgarden, wie auch den Landsturm auf Kriegsfuß zu setzen. Der Unterschied zwischen der Bürgergarde und dem Landsturm ist, daß die erstere aus den Städte-Bewohnern, der letztere aus den Bauern formirt wird. Als die rumänischen Bauern von dieser Anordnung hörten, sank Allen das Herz in die Tasche. Jetzt, wo es so viel Arbeit auf dem Felde und im Hause gicbt, soll zu den Waffen, für welche die Rumänen niemals eine besondere Leidenschaft haben, gegriffen werden. Man kann sich nun denken, daß in Folge dieser bösen Aussicht die Stimmung im Volke eine sehr gedrückte ist. Wer das neueste Zar'sche Manifest liest, durch welches der vierte Türkenkrieg dieses Jahrhunderts motivirt werden soll, wird über die Achnlichkeit desselben mildem vor 23 Jahren veröffentlichten Aktenstücke erstaunt sein. „Allen unseren treuen Untertanen". so hieß cS damals, »ist bekannt, daß seit undenklichen Zelten die Beschützung der unterdrückten Christen der Türkei der Wunsch unserer glor reichen Vorfahren war. Seit der Zelt, da es der Vorsehung gefiel, nnö aus unseren ererbten Thron zu setzen, war die Ver teidigung jener heiligen Verpflichtung unzertrennlich von dein Throne, beständig Gegenstand unserer Sorgfalt und Bemühun gen, allein zu unserem großen Kummer und trotz aller Bestre bungen, die Unverletzlichkeit der Privilegien und Rechte unserer > orthodoxen Kirche «In dem heui gen Maniicstc nehmen diese Stelle die „Christen" ein» zu verlheidige», baden verschiedene Willkür-Aktchheute: „Willkür der Locai-Bchörden") derPsoite diese Rechte verletzt. Nachdem wir alle Ucbcrrcdiing lvcuie: „alle friedlichen Bemühungen") erschöpft, haben wir cs sür nötig befunden, unsere Armeen in die Donnu-Fürstciitlnlmer rinrücken zu lassen .... Wir haben nicht die Absicht, Krieg zu beginnen .... Nicht Croberungcn suchen wir. Rußland bedarf keiner .... aber wenn Biinthclt und Hartnäckigkeit fhcutc: „hochmüthige Halsstarrigkeit"» taS Gegcntheil Hervorrufen, bann werden wir, indem wir Colt zu Hilie rufen, die Ent scheidung dcö Streites ihm überlassen und in vollem Vertrauen auf seine allmächtige Hand vorwärts marschiren." Es war ein glücklicher Gedanke des Verfassers des heutigen Manifestes, das Aktenstück, welches am 3. Juli 1833, dem Tage nach Ucberschreitung des Pruth, in den russischen Kirchen verlesen wurde, so gewissenhaft abzuschreiben; wird die Welt dadurch doch aus's Neue daran erinnert, daß die Absichten Alexanders I I. keine anderen sind, als diejenigen von NicolauS I. Nicht die Befreiung der nicht-türkischen Voltsstämme der Balkan-Halbinsel von der chmählichcn Eentral-Verivaltung^Konstantinopel, nicht die Durch führung einer Art localer Autonomie in Bosnien und Bulgarien, andern eine „Reconstruction" der Karte Europas und Asiens ist das Ziel bei dem Angriff gegen die Türkei. Neueste Telegramme Ver „DrcSVuer Nachrichten". Berlin, 27. April. Der «Reichstag hat heute in 2. Lesung deS Zoll-AusgleichungSgcsetzcs (Eisenzolle) die schutzzöllnerischen Anträge des Abg. 1>r. Löwe zu tz 1 abgclchnt. Ebenso wurden die Anträge der Abgg. Scipio und Spielberg zu H 1, wornach eine AusglcichungSnbgabe, nur von Eisenbahnschienen und ganz groben Gußwaaren erhoben werden soll, eventuell zwar angenommen, tz 1 der Vorlage des Bundcsraths selbst aber mittelst Namensaufrufs mit 211 gegen 111 Stimmen abgelehnt. Damit fielen auch die Lcipio'schcn Anträge und die ganze Bundcsrathsvorlage war abgelehnt. Petersburg, 27. April. AuS Alexandropol wird unterm gestrigen Tage gemeldet: Heute fand das erste Scharmützel unweit von hier in der Nähe der nach Kars führenden Militairstraße statt, wobei mehrere türkische Offiziere und gegen hundert türkisch« Solda ten als Gefangene gemacht wurden. Die Zahl der Tobten und Verwundeten ist unbekannt. Petersburg, 27. April, Abends. Amtlicher Bekannt machung zufolge ist der Transport sür die Armcebedürfnisse geregelt, der Eisenbahn-Verkehr sür Personen und Güter wieder hcrgestcllt. i LocaleS nnd Sächsisches. — Se. Maj. der König nahm gestern, von Strehlen aus in die Stadt gekommen, die Vorträge der Herren Staatsminister entgegen. — Nachdem das Oberhandelsgericht in Lübeck als Austrägalinstanz in der Streitsache der Berlin-Dresdner Eisen bahn bereits mit dem zur Entscheidung nöthigen Material seitens der preußischen und sächsischen Regierung versehen worden war, hat dieses Gericht beide Regierungen aufgefordert, Begründungsschristcn ihrer RechtSanschanungen cinzureichen und zwar binnen einer Frist von 4 Wochen. Tie seitens unserer Regierung entworfene Denk schrift dürfte in lmzer Zeit nach Lübeck abgehcn. — Zng um Zug ist die Wahl deS Herrn Oberbürger meister IR. Stübcl und seine Bestätigung durch die Regierungs behörde erfolgt. Heute bereits, um 12 Uhr, findet im NathhauS- saale die feierliche Einweisung und Verpflichtung des Herrn Oberbürgermeisters durch Kreishauptmann v. Einsiedel statt. Die Räumlichkeiten im Nathhause sind dafür so beschränkt, daß weder Vertreter der Presse, noch das ganze Stadtverordnctcn-Collegium zu diesem feierlichen Akte Zutritt erhalten können. — Bisher ging der Güterverkehr aus dem Osten Deutsch lands nach dem Westen über Görlitz Dresden-Leipzig. Seit Ueber- nahme der Linie Hallc-Sorau-Gubcn durch die königl. preußische Staatsbahnvenvaliung ist hierin eine kleine Acnderung insofern eingetretcn, als Preußen jetzt die Güter, die von einer preußischen Staatsbahn nach der anderen bestimmt sind, ununterbrochen auf seinen Linien via Sorau-Guben-Halle zu leiten beanspruchte. Wenn auch damit theiliveise eine Umgehung des sächsischen Staates bewirkt wird, so ist doch hiergegen nichts einzuwcnden, da dieses Verfahren Preußens ganz natürlich ist und von jeder rationellen Bahnvcrivnl- tung in gleichem Falle ebenso verfahren werden würde. Hingegen hat eine planmäßige Vertheilung des großartigen Güterverkehrs aus Osten nach dem Westen zwischen den Bahnverwaltungen nicht statt gefunden. Hierbei wird cS unzweifelhaft sein, daß unseren sächsi schen Staatsbnhncn eine namhafte Quote des Durchgangsverkehrs aus Ungarn, Galizien, Polen und Nußland nach Leipzig, den: Rheine, den Elb- und Wcserhäfen erhalten bleibt. Der riesige Gctreidetrans- port auS Osteuropabcwcgt sich fast ausschließlich nach Leipzig, woselbst die umsichtige Staatsbahnverwaltung ganz beträchtliche Getreide speicher auf dem in ihren Besitz übergegangenenAreale des Dresdner Bahnhofs errichtet hat. Leipzig wächst, Dank dieser Maßregel, im- mermchr zu einem tonangebenden Stapelplatz für Getreide empor. — Ihre k. Hoheit die Frau Herzogin von Modena» Erzher zogin von Oesterreich, ist gestern Nachmittag hier eingetroffen und im königlichen Palais an der Augustuönraße abgetreten. — Der Untersörstcr Thomas in Blaicwitz hat die goldene Verdienstmedaille vom Sachsen »Ernestlnischcn HauSorde», der herrschaftliche Förster Ktitzsch in Nöhrödorf daö allgcmcliic Ehren zeichen erhalten. — Dem Kaufmann Robert Hoffman». Jnbabrr der Firma LoutS Herrmann Nachfolger allhier, wurde daö Prädikat „König licher Hoflieferant" verliehen. — Se. Mai. der König hat gelegentlich seines diesjährigen Geburtstages auch >7 aus der Festung Könlgstctn tnternlrt ge wesene G ciaiiaenczn begnadige n gcrubt. ! — Ihre Rioj eic Königin hat 300 M. nach Altenberg gesandt und der dortige Frauen-Verein wiib dafür eine Sup- pcnanstalt grünten, aus tcr i» den nächsten Mooalcn ca. 40 Familien das iiöthigc Essen erhalten sollen. — Gcncraiieitmarschalt v. Manlcusfel, welcher am I. Mai den 'linstIgstcn Jahrestag seines Einlritlö in tie preußi sche Armee scicrt, ist geborener Dresdner. Erwurte am 24. Januar IW'.ttstcralS Sohn des damals sächsischen Obcramtü-Rcglciungö- Präsidcntcn v. Mantcnflel geboren. Bekannt ist er in den wcl- lcstcn Kreisen durch sein Duell mit dem Abg. Twcstcn, durch seine i» Schleswig gcöaltcncn stieben („sieben Fuß Boten, tcn er mit seinem Leibe decke» wollte" und „Wir Preußen haben heidenmäßig viel Gelb"», sowie turch seine wictcrhoite Verwen dung zn wichtige» politischen Scntungcn gewcrtcn. Im fran zösischen Kriege zeichnete er sich inchriach ans. zumal turch seine kühne Bewegung, mittelst welcher cr den General Bourdalt auf Schweizer Gebiet trängte. — In Betreff der provisorüchcn Unterbringung des Reichs- gcrlchtä in Leipzig ist zwischen dem Oberbürgermeister Do. Georg! und tcm Verkrelcr des Reichajnstlzamtcö. Geb. Obcr- rcgicrungSratli M cvcr, rin Abkrmmcn dahin geheut getrosten worden, daß tag Reichsgericht am I. Oktober !87!> vorüber gehende Auiiinhnie in tcr GeorgcnhaUe zn Leipzig linden wird. Die Frage tco zn wähicntcn Bauplatzes ist noch nicht cnlschicten. — Ausfallend muß cv cincm Jeden sein, tcr die Unglücks- Statistik einigermaßen verfolgt, in der Neuzeit so vielen Fällen von Kindcrsclb st morden oder Sclbstmertversuchen zu be gegnen. Die Zunahme dieser cigcntbümlichcn und betrübenden Erscheinung ist im Verhältnis! eine io betcutciite, taß sic unmög lich bioö alö taö Ergebnis! des Zusalieo, sondern vielmehr alS taS einer In den untern Volksschichten Immer mehr »m sich greifenden Mangel halten Erziehung sich tarstcllt Die Ablenkung tcr jungen Gcmnlhcr von jeder religiösen Vorstellung, die io Vielen gebotene Gelegenheit, vmn zartesten Alter schon in der Ehe der Eltern Entwürdigung^ Rohheit, Hohn und Spott über sittliche und reli giöse Begriffe icbe» nnd hören zn müssen, sind sicher auch hier! tie wcicntiich fördernden Factorcn. wie sie es zu allen Verbrechen und tabclntzwcrihcn Unternehmungen der Kinder sind. Wir haben- in diesen Tagen eine jugendliche, erst 12 Jahr alte Selbstmörderin in Drehten gesehen, die Tochter des Inianteric-Eascrncn-Haus- manaS Vogel, und soll auch hier der Nächstliegende Anlaß in einer barten Bcstrasting liegen, die tcm Kinde von sch er Slicf- oder Großmutter zu Tbcil geworden sein soll, so würde unserer Mei nung nach taü Kind deshalb noch nicht tcn Tod gesucht haben, wenn i» seiner Brust der Glaube gcnäbrt nnd aclestigt worden wäre, daß Sclbstiiwlv eine Sünde wider Gott sei! Bei wie viel Tausend Kindern mag heutzutage, wenn sie anS der Schule nach Hause kommen und noch die milde», schönen Worte unserer Re- ligionölchrc Im Herzen haben, durch daö Leben tcr eignen Eltern, durch lalle Spottsticht, der harmonische Zuiainmcnllang der ge hörten Lehren zu einer echten Rcligiösität zcrrisscn werden: Da.l in der Entsittlichung und Rohheit so vieler Familicn-Lcbcn, liegt' die eigentliche Erklärung des wühzeiltgen LebenSübelkrusseS der Kinder; tie Kraft, den Schritt zu tbun, zu welchem immerhin! Energie gehört, finden die jungen Gemüther in der unbemerkt cingesogcnc» Verachtung aller Moral und dem gänzlichen Mangel an Glauben und Ehrfurcht vor kein göttlichen Wort. Auch durch solche Vorkommnisse, wie die in früher Jugend verübten und jetzti eben Immer zahlreicher auitrctcndcn Selbstmorde, mögen sich die Eltern immer wieder inö Gewissen rufen lassen, daß cö nicht genug ist, den Kindern in der Schule einen flüchtigen Begriff dcr Sittcn- und Religionolchre bcibringcn zn lassen, taß cö vielmehr die Haupt-, suche bleibt, durch eigenes Beispiel eine edle GefühlSblldung zu cntcicn. die insoicrn selbst über dem anSgcbrcitetstcn Vielwiffeni steht, als sie ein Führer ist, der stets vom Bösen und Gemeinen abienkt. — Wer weiß nicht, daß unsere braven Arbeiterfamilien stn Erzgebirge schon seit langer, langer Zeit bezüglich ihrer Er-' nährung fast ganz ausschließlich auf die Kartoffel angewiesen sind, die sie Iabr auö, Jahr ein mit Unvcrdrossenhcit des Morgens, Mittags und Abends genießen, weil ihr Erwerb nicht zureicht, bessere Kost zu beschaffen. Von den im Herbst cingcbrachtcn Kartoffelernten müssen sie einen Thcil sür die Frühiabrssaat am- bewahrcn. und das ist auch nach guten Ernten immer möglich, da aber im vorigen Jahre in mancher Gegend durch Trockcnbeit, in mancher durch Nässe die wichtige Ernte, mit deren Ausfall die Existenz vieler Menschen steht lind fällt, sehr geschmälert ward, so stehen jetzt zahlreiche Familien zagend da, denn — sie haben, der Nothwcndlgkcit geborgend, den langen verdienstloscn Winter über auch den Kartvffclvorrath am'zchrcn müssen, der zur Früh- jabrSsaat bestimmt gewesen, oder dieser Vorrath ward ^o reducirt, daß die noch zur Saat vorhandenen in ganz kleine Stücke zcr- thcilt werde» müssen. Es genügt bekanntlich das kleinste Stück chen alü Aussaat, wenn niir mindestens ein Kcimange daran enthalten ist; koch knappe Saat, gicbt knappe Ernte, und io droht auch schon für nächsten Herbst so vielen Familien eine knappe und schlechte, noch mehreren vielleicht der gänzliche Aus fall einer Ernte. Ein Artikel der „Bohcniia" weist sc'r richtig daraus ln'n, daß jetzt die Landwirthe, die Großgrundbesitzer, der Adel, ohne sich selbst fühlbare Opfer aufzuciiegen, helfend bci- springcn könnte», daß einige Metzen übriggcblicbcner Kartoffeln eine willkommene Gabe sei, die, wenn recht viele der bczeichnctcn Elassen dies thn» wollte», eine schleuste Ernte im Erzgebirge woist answicgc» würden. Auch möchte cS sich cmpfclste», den Arbeitern im Erzgebirge Bclcbrnng über die bcstbckanntcn Eul- turinctbodcn durch Verthcilnngcn populär gehaltener diesbezüg licher Broschüren zn verschaffe». — — Die am 4. April unter Vorsitz deS DIrector Marguart abgebaltenc M onatSvcrsammlnng des Tbicrschutz - Vereins wurde eröffnet durch die üblichen Mitthcilungc» über den Geschäftsbetrieb dcö verflossene» MonatS. in welchem 22.'» Eingänge und 83 Abfertigungen zn verzeichnen waren. Von den verschiedenartige» Fällen, welche das Einschreiten dcö Vereins in Anspruch nahmen, mögen nur die bcmerkcnöwcrthcsten Erwähn, niig finden. Entsetzlich betrübend war die Handlungsweise eines LohnstihrnianiicS im Voigtlandc. Dieser batte sein fast gänzlich abgcmagerteö Pterd, welches in Folge einer offenen Brustwunde das Ziehen versagte, auögespannt und ans der Landstraße stehen lassen, sobaß cv vom Gendarm des Bezirks Tags darauf noch an der nämlichen Stelle last balbtvdt angetroffcn wurde. Der Misscthätcr wurde zu 20 Mark Strafe verurtbeilt. Der Ge», darin erhielt Belohnung vom Vereine. Hierbei mag sogleich dankbar bemerkt werden, baß außer den Gendarmen, Wohlfahrtö- Ausschern und Forstbeamtcn neuerdings öfter auch die Steuer- beamten den Thierschutzvereln In seinem Wirken förderlich unter stützt haben, und zwar ebensowohl städtische wie Beamte des Staates. Außer einer ilnverbältnlßmäßlgen Ncberladung beim Transporte von Schlackstvieb, welche eine Geldstrafe von 30 Mt. nach sich zog, ferner einer gröblichen Verabsäumung desselben nach der Ankunst am Orte der Bestimmung bandelte es sich die ses Mal wiederholt »in mißbräuchlichen Transport von Fischen. Hier scheint leider in gewissen Kreisen dic Mcliilnig vorherrschend zu sein, daß dem stummen Fisch gegenüber Alles erlaubt sei.
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