Dresdner Nachrichten : 07.02.1900
- Erscheinungsdatum
- 1900-02-07
- Sprache
- German
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id501434038-190002070
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id501434038-19000207
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-501434038-19000207
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungDresdner Nachrichten
- Jahr1900
- Monat1900-02
- Tag1900-02-07
- Monat1900-02
- Jahr1900
-
1
-
2
-
3
-
4
-
5
-
6
-
7
-
8
-
9
-
10
-
11
-
12
-
13
-
14
-
15
-
16
-
17
-
18
-
19
-
20
-
21
-
22
-
23
-
24
-
25
-
26
- Titel
- Dresdner Nachrichten : 07.02.1900
- Autor
- Links
-
Downloads
- Download single page (JPG)
-
Fulltext page (XML)
»«,«o»a»bü»r ««ri-IMMch «e durch di, v«s »t« »«>«»«« »<m «ultutiMnrie» » >ür dt« nächst« Nuu>»«r «Uoigl m der II ^»urtge>chäftdst«st«, Morienstrat« 88 u. in den Nebenannahmesteilen v«n Lon». st dt« 8 Uhr Nachm. Sonntag» nur «arteuftr. 88 o. UhrRMag«. «»,ei,entarif. Die 1 spaltiae Geundzeüs (ca. 8 Silbe») IS Pf., Antidrdiaunacn auf der Privat ste Zeile 20 Ls.; DovpeUeile „unterm Strichs (Eingesandt) 40 Pf. Srundze'le für Montage oder nach Festtagen 20 Pf. tfttr -famiuennachrichten u. f w.), vez. 30 Pf- - Auswärtige Aufträge nur gegen Vorausbezahlung. Belegblatter werd mit 1Ü Pf. »««ZNA Wg AUckgab« eingefandter Schriftstück« keine Verbindlichkeit. Aernfprechanfchluß; * s L«i»v«ick ^ « «». i ^ llollielsrnudoo 8r. dlajedILt äoa Linux» roll Laohst-ll. ckearillldel 185i» I E)I»v«vI»ckvn, L »v»o», d I i ^inrvlvorkimt OpvstN«», ^ItmarUt 2. Kachrichtkn. DrrSd« Lrrl LnodlLueL fror«. 2u»odQei6vr cksr b irrüL KtüdoUce äe Lobn) HV»tSvQl»a>»«i,tr. LS L 2 ^ S ps' Z ° S xZ ffl kl l»ir ««glich Morgen«. s ! Osvalä LaLLs, völUliöü No. 57^ 2sjti>NA8lcommis8iallär kür äis Orts D ! IMrsodsv. Sorbits. Ilsnulik. kosstdsl uock Völtmtr H 8 smpüvblt steil rur Lmmriimg roll Inserates unä /tdonnements A I tiir äie „Vi'vkiliivl' K j H ILiiLtlvrutllvI» uricli krok. vr. öaelluui8 T' ist sei beste Lrsatr kür «7 ^ NultvrmUvk. IVIv«lvrIü88i>ltL bei vrssäoo. ^ Llolctrisebv öelouektiinx. « OslltralheirnllA. » krospolrts D E 8er Ir. SWierm. vr. «er. x roibessertor Loostruktioll i-anileii Nüetire» ^ »» MD V M unä , bc>8r>m1ors lür MD VR Kekullrimlvr Ullä allo, velelw sieb «INS seklrrkks Körper- 1 vLrl Vvlläsvduvk, §1i'M8ti'S88e 11. Stück Byzantinismus. Hofnachrichten. Landtag. Honorar der Krankenkassenärzte. I «Zv» Studenten-Commers, Gesanimtrathssitzling, Gerichtsverhanol. Trio-Abend, Theaterschule. I Muthma^l. Witterung: ^ Mittwoch, 7. Februar 1SVO. Ein Stück Byzantinismus. AuS dem Bundesstaate Preußen kommt die recht vormärzlich anmnthende Meldung, daß dort in einer Reihe von höheren Lehr anstalten die Volks- und Nationalhymne „Heil Dir im Sieger kranz" einer eigenthümlichen Beschneidung unterzogen worden ist. indem „man" sich veranlaßt gefunden hat. eine Strophe aus dem Liede auszumerzen. Die also verpönten Verse lauten: „Nicht Roß, nicht Reisige — Sichern die steile Höh', — Wo Fürsten stch'n: — Liebe des Vaterlands — Liebe des freien Manns — Gründen den Herrscherthron' — Wie Fels im Meer." Die disziplinarische Maßregelung jener Verse hat zur Folge, daß sie bei feierlichen Anlässen, insbesondere an Kaisers Geburtstag, nicht mehr mitgesnngen werden dürfen. Zuerst tauchte eine Andeutung über dieses Vorgehen nur ganz schüchtern auf, gleich als wenn sie sich nicht recht an das Helle Tageslicht hervorwagen wollte, und man konnte zunächst noch im Zweifel sein, ob nicht vielleicht blos ein zeitgemäßer Scherz vorläge: jedenfalls aber wurde allseitig angenommen, daß das Verbot ein ganz vereinzeltes sei und lediglich als zeitgeschichtliches Kuriosum registrirt zu werden verdiene. Das war indessen eine Täuschung, ans der die allzu vertrauensselige öffent liche Meinung bald emporgerüttelt wurde durch rasch aufeinander folgende Meldungen von einer „Parallelaktion" in dem gestimmten Umfange der Monarchie: sogar die Neichshanptstadt ist von dem „Reinigungseifer" nicht verschont geblieben. Angesichts eines io offensichtlich planmäßigen Vorgehens darf sich die unabhängige nationale Meinung im Reiche nicht mit einigen zollfreien kritischen Gedanken im stillen Kämmerlein über dieses Verfahren zufrieden geben, sondern es erwächst ihr die ernste patriotische Pflicht, der Sache auf den Grund zu gehe» und gegen die schweren Gefahren, mit denen eine derartige übereifrige „Gesinnungstüchtigkcit" unser nationales Lebe» bedroht, rechtzeitig anzukämpfeii. Zunächst darf es als ausgemacht gelten, daß der Kaiser selbst der Angelegenheit völlig fern sieht. Für den Kenner der persönlichen Eigenart des Kaisers kann darüber van vornherein nicht der mindeste Zweifel herrschen. UcberdicS aber hat Sc. Majestät selbst in einen, anderen Falle den deutlichen Beweis einer vornrtheilsfreien Auf tastung gegeben, an den bei dieser Gelegenheit erinnert werden darf. Der Schriftsteller Ernst Wichert erzählt nämlich in seinen kürzlich erschienenen Lebenserinnerungen, daß er ein dem Königlichen Schau- spielhause in Berlin eingereichtes Drama, in dem der Große Kurfürst auftritt, zurückerhalten habe mit der Begründung, daß „man" die Hohcnzollern aus der Hofbnhne „nur in heldenhafter Unfehlbarkeit" sehen wolle. Der Einwand des Dichters, daß es doch die großen Gestalten unter den Hohcnzollern wahrhaftig ver tragen könnten, „ohne offenkundige Geschichtssälschung und byzan tinische Adoration" dargestcllt zu werde», wurde mit einem nichts- und vielsagenden Achselzucken abgethan. Wichert brachte dann sein Drama an anderer Stelle in Berlin zur Aufführung und dort wohnte der Kaiser der Darstellung nicht nur wiederholt bei. son dern sprach auch dem Verfasser seine uneingeschränkte Anerkennung ans. Hiernach sind die Urheber dieser und ähnlicher unbegreiflicher Maßnahmen, die sich vor der Ocssentlichkeit hinter einem begncmc» „Man" verstecken, in solchen Kreisen zu suchen, bei denen das lebendige Empfinden für wirkliche Loyalität ertödtel und an deren Stelle ein schrankenloser Byzantinismus getreten ist, der keineswegs dem monarchischen Gedanken zu Gute kommt, sondern lediglich dem antimonarchischen Radikalismus Wasser auf die Mühlen führt. Byzantinismus nennt man die unwürdige Kriecherei, die sich jeder eigenen Manneswürde begiebt und das berechtigte individuelle Selbst bewußtsein einem bliitden würdelosen Ergebenheitstriebe ausopsert. Die Erfahrungen aller Zeiten haben ergeben, daß gerade solche byzantinische Elemente, welche die Fürsten durch ihre bedingungs lose Schmeichelei übel berathen, in Zeiten der Noth und Gefahr am ehesten abfallen, während die freien tapferen Männer, die ihre Königstreue iin Herzen und nicht auf den Lippen tragen, mit ihrem Könige durch alle Jährlichkeiten hindurchgehen und mit Gut und Blut freudig zum Thron stehen. Das und nichts Anderes ist es. was in den in Acht und Bann gethanen Versen der preußischen Nationalhymne zum Ausdruck kommt. Die Bajo nette allein machen es nun und nimmermehr. „Bajonette sind etwas Vortreffliches und zu sehr vielen Dingen gut, nur sehen kann man sich nicht auf sie", hat dereinst der Sieger von Leipzig. Fürst Schwarzenberg, gesagt. Wenn „man" glaubt, daß das jetzt anders geworden sei, so irrt „man" sich, und zwar gewaltig. Die lebendige Wechselwirkung zwischen Fürst und Voll ist zumal heute bei den veränderten Zeitverhältnissen in noch weit höherem Grade als früher die Grundbedingung einer gedeih lichen Weiterentwickelung des monarchischen Gedankens und der monarchischen Institutionen. Gerade da- preußische Volk hat in schweren Zeiten treu zu seinem Königshaus« gestanden und die Wahrheit der Worte, daß nur die Liebe des freien Mannes den Herrscherthron wie Fels im Meer gründet, glänzend bewährt. Diesem Neuen Volke will man nun verwehren, seinem Herrscher die Strophe des Nationalliedes zuzujubeln, in der sich recht eigent lich das fruchtbare Wesen des monarchischen Verhältnisses in Preußen und überhaupt verkörpert? Ein solches Unterfangen ist io grotesk, daß der deutsche Patriot sich förmlich die Augen reiben «uff. um zum Bewußtsein des Ernstes der Situation zu erwachen und die sich unwillkürlich aufdrängendc Gedankenverknüpfung mit der Faschingszeit gewaltsam abzuweisen. Die loyale, aufrichtig königsireue öffentliche Meinung im ganzen Reiche hat ein gutes Recht, sich über diesen byzantinischen Uebereifer zu entrüsten und ihrer Entrüstung einen angemessenen Ausdruck zu geben. Mit bitterem, aber wohl berechtigtem Sarkas mus meint der „Kladderadatsch", die Byzantiner hätten doch ganze Arbeit machen und statt der Auslassung der Strophe eine Um dichtung vornehmen sollen, für die folgende Fassung vorgcichlagc» wird: „Rosse und Reisige — Sichern die steile Höh', — Wo Fürsten stch'n. — Höflinge neigen sich. — Schmeichler verbeugen sich, — Nie sind am Fuß des Throns — Nörgler zu sch'n." Der allgemeine Unwille, der sich in unabhängigen nationalen Kreisen über die Sache knndgiebt, wird vielleicht dazu führen, daß man auf der schuldigen Seite den Versuch macht, die Maßregel aus einer harmlose» litterarischen Rücksicht zu erklären, indem man Vor sicht. man habe den Schülern die Mißhandlung der deutschen Sprache in der fraglichen Strophe ersparen wollen. Dieser Ent schuldigung steht aber der Umstand entgegen, daß die ganze preußische Nationalhymne von Anfang bis zu Ende ein Konglomerat von verunglückten Reimen und Worrzusammenstell- ungen bildet. Um nur ein Beispiel Herauszugreisen, sei an das geradezu berüchtigte „Wonne ganz" (Fühl' in des Thrones Glanz - Die hohe Wonne ganz) erinnert, an das sich ein recht bezeichnender Scherz knüpst. Ein kleines Mädchen hat. nämlich in der Schule zum ersten Male die Hymne mitgesnngen und dabei sind ihr die ominösen Worte „Wonne ganz" besonders im Gedächtniß hafte» geblieben. Als nun da ans dem Mittagstische eine prächtige Gans erscheint, fragt die Kleine voll Wißbcgicrde: „Mama, ist das die Wonnegans?" Tableau! Wollte man Alles, was sprachlich anstößig ist in der preußischen Nationalhymne den Schülern vorcnthaltcn, so müßte konseanenter Weise das ganze Lied aä acta gelegt oder, wie cs Kaiser Friedrich III. als Kronprinz einmal angeregt hatte, einer Umdichtung unterzogen werden. Soweit indessen gerade die ver pönte Strophe in Frage kommt, kann nicht behauptet werden, daß sie besonders gravirenden Anlaß zu sprachlichem Entsetzen gäbe: im Gegentheil. sie ist verhältnißmäßig noch am erträglichsten ge formt. Man wird daher der öffentlichen Meinung keinesfalls ein X für ein U in Betreff der wahren Beweggründe machen können, die zu der Ausmerzung der Strophe geführt haben. Es ist unnöthig, ausdrücklich hervorzuheben, daß Maßregelnder hier vorliegende» Art dem strengen, ernsten, loyalen Geiste des Preußischen Königthnms schnurstracks zuwiderlauscn. Ter von dem Großen Friedrich ausgestellte Grundsatz, daß der König der oberste Diener des Staates ist. bildet die Grundlage der monarchischen Tradition im Staate Preußen. Dieser Richtschnur sind die edelsten Hohenzollcrnfürsten strengstens gefolgt, unser ver ewigter erster Kaiser ließ sie nicht einen Augenblick in seinem gewaltigen ruhmgekrönten Leben aus den Augen und der jetzige Kaiser beweist ebenfalls durch seine ganze Auffassung der monarchischen Pflichten, daß er seine persönlichen Wünsche, Neigungen und Empfindlichkeiten den großen vaterländischen und dynastische» Interessen vorbehaltlos unterzuordncn versteht. Solchen Monarchen aber muß nothgedrungen jeder Byzantinismus mit seinen für Fürst und Volk gleichmäßig schädlichen Folgen in tiefster Seele zuwider sein. Möge darum auch das deutsche Volk an seinem Theile dazu beitragen und dafür sorgen, daß nicht Schmeichler und Speichellecker den Weg zum Herzen des Kaisers versperren. Das deutsche Volk ist königstreu bis in die Knochen; um so mehr aber kann es auch verlangen, daß die urgesunde Farbe seines nationalen Lebens nicht von des byzantinischen Gedankens Blässe angekränkelt werde. Fernschreib- und Fernsprech-Berichte vom 6. Februar. Berlin. Reichstag. Die Berathung der Novelle zum Strafgesetzbuch (lex Heinzei wird fortgesetzt bei dem von der Kom mission eingestigten 8 182a. dem sog. Arbeitgeberparagraphen- Ein sozialdemokratischer Antrag will die Bestimmung streichen, wonach die Strafverfolgung nur aus Antrag erfolgen soll. Weiter soll die Strafverfolgung aus 8 182» innerhalb eines Jahres verjähre». Ein Antrag Beckh (sreis. Volks») will es nicht als straffälligen Mißbrauch der Stellung als Arbeitgeber angesehen wissen, wenn der Arbeitgeber seinen unzüchtigen Zweck durch Zusage oder Ge währung von Beschäftigung. Lohnerhöhung oder sonstiger sich aus dem Arveits- oder Dtcnstverhältniß ergebender Vortheile zu erreichen sucht. Abg. v. Trcuenfcls (ton!.): Die Gemcinheit der Ge sinnung. die in der Ausbeutung des Arbeitgcbcrvcrhältnisses zu Tage trete, müsse streng bestraft werden. ES sei geradezu ein nobile okücium des Reichstages, hier zu zeigen, daß ein idealer und ritterlicher Zug vurch seine Reihen gehe. Wollten die ver bündeten Regierungen den Paragraphen ablehnen, dann sei es ihre Sache, die Verantwortung dafür zu tragen. Abg Bcckh (sreis. BolkSp.) befürchtet, daß der Paragraph zu erpresserischen Zwecken auSgcnutzt werde. Keinesfalls dürfe die Einschränkung beseitigt werden, wonach die Strafverfolgung nur auf Antrag slattfinde» soll, denn andererseits würde der Erpressung erst recht Thür und Thor geöffnet werden. Zu weit gehe es auch, eine bloße Ge währung von Vortheilen zwecks Verführung eines Mädchen- dem Arbeitgeber olS Delikt anzurechnen; ein Mädchen, welches sich durch die Aussicht ans Vortheile bestimmen taffe, einer Versichrung zu unterliegen, verdiene den strafrechtlichen Schutz nicht. Abg. H «tne (Soz.) verspricht sich mit seinen Freunden in. Allgemeinen eine Besserung der sozialen Lustäudc von solche» Stras^cse^en. Sic sähen auch in Saroomphen nur ein letz- Dasselbe müsse sich natürlich ebenso gegen die ländlichen, wie gegen die industriellen Arbeitgeber richten. Falsche Denunziationen und Ervm'snngsversuche könnten ja allerdings Vorkommen, aber wenn man diesem Eimvande Rechnung tragen wolle, müsse man das ganze Strafgesetzbuch aufheben. Um Erpressungen möglichst aus- zmchiießen. beantrage er überhaupt eine nur einjährige VcrjährungS- risl. Aus jeden Fall liege hier ein öffentliches Interesse vor, und deshalb müßten vie Strafverfolgungen ex otticia erfolgen, nicht blos auf Antrag. Gerade bei einem Antragdelikt würde die Er presserei erst recht in Erscheinung treten, denn dann gerade könne der Antragberecytigte inst dem Schuldigen Katze und Maus spielen Staatssekretär R ieb erd ing: Der Gedanke, der dem Anträge Bcckh zu Grunde liegt, ist meines Erachtens ja vollkommen richtig. Geichenke wollen Sie gestatten, aber Geschenke wollen Sie wiederum nicht gestatten, wenn sie in dieJorm einer Lohnerhöhung gekleidet sind. Das ist doch in der Thal eine ganz unmögliche Gesetzgebung. Herr Heine will die Erpressung sogar, die in diesem Paragraphen liegt, abschwäche», indem er die Verjährungsfrist abkürzt; cha aber die Erpicssnngsgefahr doch bei allen Delikten voriiegt, müßten wir das ganze Strafgesetzbuch in derselben Richtung revldiren und die Ver- lährungsilist überall aus ein Jahr herabsetzen. Es kann das nicht so einseitig geschehen. Herr Heine will ferner die Strasverordnuna ex ottieio eintrcten lassen: dann entsteht wieder die Gefahr, daß womöglich Verwandle des geschädigten Mädchens sich gegen deren Wunsch und auch gegen deren Interesse an den Staatsanwalt wenden oder ihrerseits an den Schuldigen mit Erpressungen heran- trelen. Sie sehen, zu wie komvlizirten Bestimmungen Sie greifen müssen, um den Paragraphen überhaupt möglich zu machen. Für die verbündeten Negierungen werden diese Bestimmungen unter allen Umständen, wie sie auch abaesaßt sein mögen, unan nehmbar sein. Für Diejenigen unter Ihnen, welche neulich den 8 182 mit dem Tchiitzalter von 18 Jahren angenommen haben, rsl freilich die Annahme dieses 8 182a gewissermaßen nur eine Konsegne»;. Wer einmal soweit geht, zu sagen, daß auch ein völlig selbstständiges, unabhängiges Mädchen von reifem Alter unter strafrechtlichen Schutz gestellt werden müsse, um wieviel mehr muß der erst ein vom Arbeitgeber abhängiges Mädchen zu schützen für richtig halten. Das Alle» zeigt, ans wie bedenklichem Boden man sich hier bewegt. Die verbündeten Regierungen würden be dauern. wenn hier im Hause der Boden einer praktischen Politik verlassen würde. Tie Auffassung der Regierung in dieser Frage steht gnindsätzlich io fest, daß meiner Ueberzeuaung nach, wenn Sie solche Bestimmungen annehmen, keine Aussicht vorhanden ist, daß i» absehbarer Zeit etwas zu Stande kommt. Abg. Roeren (Eentr.) bedauert diese Stellungnahme der Negierung. Im Lande werde man es nicht verstehen, wenn die Regierung derart unsitt liche, gemeine und ehrlose Handlungen nicht unter schwere Strafe stellen wolle. Hier sei eine Lücke im Gesetz, die nach weit verbreiteter Ueberzeilgniig ausgefüllt werden müsse. Aehnliche Be stimmungen, io die gegen Vormünder. Aerzte, und andere Per sonen in geachteter Stellung enthalte schon der 8 174 Habe sich da etwa ein Mißbrauch gezeigt und denke Jemand daran, diesen Paragraphen wieder zu beseitigen? Er bitte, trotz der Erklärung des Herrn Staatssekretärs. de» 8 182a anzunehmen. Staatssekretär Nieberding wendet sich gegen eine Bemerkung des Vorredners, daß durch die Stellungnahme der verbündeten Regierungen die Gemüther im Lande verwirrt würden. Wir haben in die Vorlage in Bezug aus das Wohnnngvermiethen an Prostituirte einen im ursprünglichen Antrag des Eentrnms enthaltenen Vorschlag aus genommen, trotzdem hat neulich das Centrum und speziell der Vor redner jenen Vorschlag bekämpft. Wer so verfährt, hat doch am allerwenigsten das Recht, der Regierung vorzuwersen, daß sie die Gemüther verwirre. Abg. Esche (nl.) erklärt, ei» großer Tbeil seiner Freunde werde dem KominissionSvorschlage mit der von Beckh beantragte» Aenderuna zustimmen. Ec hoffe, daß sich bis zur dritten Lesung eine Verständigung mit der Regierung erreichen lasse. Abg. istöcker (sraktivnslos) ist für den Vorschlag der Kommission. Er legt dar. wie gerade in der Verführung durch die Arbeitgeber eine Hauptguelle der Prostitution liege und wie gerade über diesen schurkische» Mißbrauch der Stellung als Dienstherr und Arbeitgeber der größte Grimm im Volke herrsche. Abg. Dr. Ttockman » erklärt Namens der Reichspartei, dieselbe werde angesichts der Erklärung des Staatssekretärs gegen den vorlicge» den Paragraphen stimmen, weil das geiammte Gesetz doch zu viel Werthvolles enthalte, als daß man es ganz scheitern lassen dürfe. Abg. Bebel (Soz.): Für uns ist gerade dieser Paragraph 18Lr das Wichtigste an dem ganzen Gesetz. Fällt dieser Paragraph, so interessirt uns das ganze Gesetz nicht mehr. Unter Berufung aus einen ihm zugegangenen Brief aus Magdeburg schildert RiLncr namentlich die Verhältnisse aus dem Lande. Eine Magd, die sich nicht füge, werde so maltraitirt, daß sie schließlich gehen müsse, und gehe sie aus solchem Grunde, finde sie auf keinem Gute der ganzen Umgegend Arbeit. (Widerspruch.) Abg. v Lcvetzow lkons.) erklärt, ein Theil seiner Freunde halte die Nachtheilc einer solchen Bestimmung für größer als deren Vortheile; aber auch die meisten übrigen Mitglieder der Fraktion wollten lieber den Para graphen ableyne», als angesichts der Erklärung des Staatssekretärs, das ganze Gesetz scheitern sehen. Damit schließt die Debatte. Die Anträae Bcckh-Cobnrg und der Sozialdemokraten werden abgelehnt und alsdann 8 182» m der Fassung der Kommission mit schwacher Mehrheit angenommen. Dafür stimmten Centrum und Sozial demokraten geschlossen, außerdem eine Anzahl Koiiseivative, sowie einzelne Reichsparteiler. Nationalliberale und freisinnige. 8 184 handelt von dem buchhändlerischen und sonstigen Vertrieb unzüchtiger Schriften, Abbildungen rc. Die Anträge Beckh Coburg wollen das bloße „Vorrnthighalten" aus dem Paragraphen herausnehmen, also straffrei wissen, ferner eine von der Kommission vorgenommenc Aendcmng der Regierungsvorlage insofern wieder rückgängig machen, als das Änvietc» bez. Ueberlassen gegen Entgelt» von unsittlichen Schriften :c. an Personen unter 1b Jahren lnicht 18 Jahren, wie die Kommission beschlossen bat) straffällig sein soll. Für diesen zweiten Antrag tritt auch der Staatssekretär Nieberdina ei». Das VauS möge die Strasvorickriften doch nur auf das beschränken, was praktisch durchführbar sei. — Beide Anträge werden gegen die s Linke abgelehnt und 8 184 kn der Fassung der Kommission an- ! aenomme». — Morgen Fortsetzung, dam, Interpellation v. Czar- UiiSki betreffend Handhabung oeü Dolmetscher-Paragraphen. Berlin. DaS Abgeordnetenhaus letzte die Berathung des Bcrgwerksctats fort. Bei den« Kapitel „Ministcrialabtheilung für Bergwesen" brachte Abg. v. Wrrdeck (kons.) die Kohlennoth zur Sprache und wünschte, das; den ländliche» Einkaufsgenossenschaften seitens der fiskalischen Grubeiiverivaltung möglichst entgegen- gekommen werde. Regierungsseitig wurde erwidert, daß «ine io-kr Haushalt
- Current page (TXT)
- METS file (XML)
- IIIF manifest (JSON)
- Show double pages
- No fulltext in gridpage mode.
- Show single page
- Rotate Left Rotate Right Reset Rotation
- Zoom In Zoom Out Fullscreen Mode