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02-Abendausgabe Dresdner Nachrichten : 07.08.1907
- Titel
- 02-Abendausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1907-08-07
- Sprache
- German
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id501434038-19070807021
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id501434038-1907080702
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-501434038-1907080702
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungDresdner Nachrichten
- Jahr1907
- Monat1907-08
- Tag1907-08-07
- Monat1907-08
- Jahr1907
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Dieser Blatt Wied den Lesern von Dresden «nd Umgebung «n Tage vorher bereit- al- 2lbend-Ausgabe -«gestellt, während eS die Post-Avonnenten am Morgen in einer GksMtau-gabc erhalten. baust, eschLItrstrll«. Marlenftr.»«. Finresgen-carsf. «NNLbMi Von b>« nachinülaar z Ukr. Sonn- um> veiertcioS nur Manenstrabc ss von H bis '/,l Ulir Die l ivalüse wnind,e(>e na « Silben) US Ma. »amivennackixdien W Pia.. Be- ichäftSanzcmen auf ber Pnvatieiii Zkilc so Pia: die 2ivalii,e Zeile aus Teriieiie« Pia ( als Eiiiaelandt 2ivaii>ak ,-iciLe von Dresdner Lul- traaaeber» ?b Pia von auswärtigen I Ml An iUummeru »ach s»»»- unb Keierta»«»: r ivaltiae Arnndjkile sv Pia., auf Privaiseiie «o Bio.. Livaliiae Zelle als Eingesandt von Dresdner Auiiraaaeberii l M. von auSwäriiaen l.sv Plk. Namtlien- nachnchten Grundikile 2b Pia, — Die Preiie der Inieratc sind im Morsen- und Abcndblalie dicleiben «uS- wäriige Anfirüge «ur gegen Bor- mrSbttulllnna. — Belcoblütter losten w Psenmlie. Fernsprecher: Sir. U und 2006. Lnisnsl' Neueste Drahtbelichte. Hofnachrichten. Wahlrechtsreform, Zur Landlagswahl, Hausbesitzertag. Jiemdenverkehr. j ^ «HR » » Tsülßrl. Gewerbeverein. Gerichtsverhandlungen. Marokko. Hölty.I VllS-IWkl-, «» Neueste Drahtmeldungen vom 6. August Zur Kaiserzusammeukunst vor Swinemünde. Swinemiinde. Gestern abend waren die User von Swinemünde, Ahlbeck und Heringsdors mit Buntfeuer er leuchtet. Am Swinemünder Strande wurde ein grobes Heuerwerk abgebrannt. Als nach 10 Uhr die Tafel auf dem „Standart" beendet war, flammte auf ein Rakcten- signal die Illumination aus allen aus der Reede liegenden deutschen Schissen auf. Jedes Schiss geigte zwischen den Masten ein riesiges flammendes „dl" mit der russischen Kaiserkrone darüber. Die „Hohcnzollern" führte, wie immer, die Kaiserstandarte, zusammengcsevt aus 360 Glüh körpern. Aus ein weiteres Oiakctensignal begannen sämt liche Scheinwerfer nach Abstellung der Illumination zu leuchten. Dann stiegen von den Schissen Tausende von farbigen Leuchtkugeln zum Nachthimmel empor. Die Scheinwerferexerzitien wiederholten sich, und hieraus leuch tete die Illumination wieder aus. bis der Kaiser um 11 Uhr von Bord des „Standart" auf die „Hohcnzollern" zurück- kchrte. Swine münde. Heute morgen 0 Uhr fand aus der russischen Kaiserjacht Standart" ein Familicnfrtth- siück statt, wozu sich Kaiser Wilhelm in russischer See- osstziersuniform begab, nur von dem diensttuenden Flügel- aöiutanten begleitet. Swinemünde. Bei der Abschiedsfeier an Bord der russischen Kaiserjacht „Standart" brachte Kaiser Nikolaus solgenden Trinkspruch aus: „Ich bin glücklich, daß ich diese Gelegenheit habe, Ew. Majestät für die mir bereitete so herzliche Ausnahme ausrichtig zu danken und den ganzen Wert zum Ausdrucke zu bringen, den ich auf die Fortdauer der Beziehungen überlieferter Freund schaft und Verwandtschaft lege, die beständig ein enges Band zwischen unseren Häusern und Ländern gewesen sind. Nach dem ich mit lebhaftem Interesse und großer Bewunderung den Manövern der schönen deutschen Flotte beigewohnt habe, erhebe ich mein GlaS aus die Gesundheit Kaiser Wil helms. des obersten Chefs dieser Flotte, und auf das Ge deihen der tapferen deutschen Marine." Kaiser Wilhelm erwiderte: „Ew. Majestät sage ich meinen herzlichsten Dank für Sie soeben gesprochenen gütigen Worte, welche die Freundschaft zum Ausdrucke ge bracht hcchen, Li« nnS und unsere Länder verbinden. Es ist das erste Mal. daß meine Flotte unter dem Kommando meines Bruders die Ehre gehabt hat, vor Ew. Majestät zu manövrieren. Die anerkennenden Worte Ew. Majestät werden in den Herzen meiner Offiziere und Mannschaften iortleben. Wir alle sind von dem Wunsche durchdrungen, daß eS Ew. Majestät vergönnt sein möge, den eingeleiteten Ausbau der russischen Flotte erfolgreich durchzusühren. Wie Ew. Majestät bin auch ich erfüllt von dem Gedanken der unveränderlichen Freundschaft unserer Häuser und unserer Böller. Diese Freundschast hat mehr als ein Jahrhundert überdauert. Sie verbindet unS heute und wird weiter dauern. Ich erhebe mein Glas aus 'das Wohl Seiner Ma jestät deS Kaisers Nikolaus. Seine Majestät der Kaiser oon Rußland Hurra!" An dem KamilienfrUhstttckc aus dem „Standart" nahmen mit den beiden Monarchen Prinz Heinrich und Prinz Adalbert teil. Die Herrschaften verweilten bis IlsH Uhr beieinander. Dann verabschiedete sich Kaiser Wilhelm vom russischen Gefolge. Das deutsche Gefolge hatte sich schon gestern abend beim Kaiser Nikolaus abgemeldet. Der Kaiser, vom Kaiser Nikolaus begleitet, verlieb den „Stau- dart", desse.n Besatzung drei Hurras ausbrachte und dessen Geschütze Salut abgaben. Beide Monarchen fuhren mit der „Hulda" -ur «Hohcnzollern". Lohnbewegungen. Stettin. Seit einiger Zeit sind bei mehreren hie sigen Firmen der Herrcnkonsektivn-Engroü-Vrailche die Schneider un d N ä h e r i n n e n wegen Lohndisscrenzeu ausständig. Sie fordern eine neuerliche O-prvzcniige Erhöhung der Tarifsätze. Die Verhandlungen mit den Arbeitgebern zerschlugen sich, und heute haben sämtliche dem Arbeitgeberverbande angehürige 52 Firmen die A u s - sperr ung der von ihnen beschäftigten Schneider und Näherinnen beschlossen, lieber 0000 Arbeiter werden von dieser Maßnahme betroffen. Breslau. Wie die „Schlei. Ztg." über den Verg är b e i t c r-A u s sta nd in Oberschlcsicn aus Königshütte meldet, hat aus dem „Krugschachte" der Königs- Hütte die Zahl der Arbeitswilligen zugeuoinmen. Bei der gestrigen Abendschicht fuhren bereits 300 Manu an. Abends kam es wieder zu Ruhestörungen, sodaß die Polizei wieder holt nach den Schächten zum Schutze der Arb-itswilligcn ausrücken mußte. Drei Personen wurden verhaftet und eine durch eine» Säbelhieb verletzt. Breslau. Die ^Schles. Ztg." meldet, daß von -er 1097 Mann starken Belegschaft der Gräfin Laura-Grube heute früh ölüMann ein gefahren sind. Zabrze. Nach einer Mitteilung der königlichen Bcrg- wcrksdirekkivn sind zur gestrigen Abendschicht rund 600 Mann mehr eingcsahren als am Sonnabend, und zur heutigen Frühschicht gegen gestern 164 Mann mehr. Zur Lage in Frankreich. Paris. Einem Blatte zufolge hat der OrdenSrat der Ehrenlegion die vom Kultusminister Briand für den Di rektor der Kultusabteilung Mejean beantragte Ver leihung -cs Ritterkreuzes der Ehrenlegion verwei gert. In Regicrungskrcisen hat dies um so lebhaftere Verstimmung hervorgerusen, als Mejean einer der Mit arbeiter BrlandS bet der Durchflihrung -es TrennungS- gesetzeS war. Paris. DaS strafgerichtliche Verfahren gegen den ehemaligen Matrosen Maille, der am 14. v. M. während der Vorbeifahrt des Präsidenten Falliöres einen Schub abfeuerte, ist eingestellt worden. Maille soll in ein Irrenbaus gebracht werden. Zittau. In Hirschselde bei Zittau wurde der Tiefbauarbeiter Küden von einem Arbeitsgenossen, dem Kroaten Polo, in der vergangenen Nacht während eines Streites mit einem Dolche erstochen. Es wurde ibm eine 3 bis 4 Zentimeter tiefe Wunde an der linken Halsseite beigebracht und die Schlagader durchschnitten. Der Tod trat sofort «in. Küden hintrvläßt Frau und Kinder. Frankfurta. M. Wie die „Franks. Ztg." aus Salo niki von gestern meldet, wurde Dr. Heruri, der bei der Orientalischen Eisenbahn als Arzt ang-ostellt war, abends aus dem Heimwege im Straßenbahnwagen von Bulgaren erschossen. Der Mord ist aus politische Gründe zurück zuführen. Wien. Heute früh stieß in Spielfeld an der Linie Graz—Triest ein Schnellzug mit einer Vorzugsloko- motivc zusammen, wodurch ein Reisender getötet und acht Personen verletzt wurden. Paris. Der vor kurzem »um Erzbischof von CHam- bsry ernannte Erzbischof Pelacot ist gestern ge storben. Petersburg. Di« gestrige Nummer deS Organs deS BerbandeS des russischen Volkes, die „Ruß ko je Snamj a", ist aus polizeiliche Anordnung konsisziert worden. K o n st a n t i n o p e l. Der Ministerrat hat den Bau eines Kreuzers für 6 Mill. Mark beschlossen. Der Bau soll durch Ansaldo bewerkstelligt, die Kanonen in England bestellt werden. — Tie Pforte hat als weiteren Teil einer Iustizrcform in Makedonien die Einrichtung von Frie.dcnsgerichten in den Dvrsbczirken beschlossen. Algier. Gestern abend st i c ß aus der Linie Algier— Oran in der Nähe von Affreville ei» Personenzug mit einer Anzahl leerer Fr acht wagen zusammen. Es heißt, daß mehrere Reisende getötet oder verwundet wurde». Nähere Mitteilungen zu erlangen war bisher nicht mög lich. da auch die Telegraphenleitiing zerstört wurde. Oertliches und Sächsisches. Dresden. 6 August. —* Se. Majestät der König ist heute vormittag mit feinen Kinder n von Norderncn wohlbehalten wieder in Dresden eingetrofsc». Der Monarch erschien s411 Uhr -im Residenzschlosse und hörte hier die Vorträge der Herren Staatsministcr, der DepartemenlSchcfs der König!. Hof staaten und des Königl. Kalijnettssckretärs. Nachmittags begab er sich nach Schloß Mvritzbnrg, wohin das Königl. Hoflager für die beiden nächsten Wochen verlegt worden ist. —* Zur sächsischen Wahlrechts-Reform veröffentlicht in der Zeitschrist „Hanrmer" der 1. Vorsitzende der Mittel stands-Vereinigung im Königreich Sachsen, Herr Ingenieur Th. Fritsch in Leipzig, einen längeren Aufsatz. Herr Fritsch hält die Vorschläge der Regierung, von einigen der Abänderung bednrsenden Unebenheiten abgesehen. oE den Interessen des städtischen Mittelstands im allgemeinen entsprechend. Sein Urteil faßt ec dahin zusammen, daß dnS neue Wahlrecht jedenfalls geeignet märe. Klärung in vieler Hinsicht zu schassen und neuen Fluj; in die Dinge zu bringen. Mil den alten Wahl rechten wären wir am Versauern gewesen es hafte niemand mehr rechtes Zutrauen zu ihnen. Man könne darum hoffen, daß sich ein Weg finden lasse, aus Grund der Regierungsvorlage zu einer befriedigenden Lösung zu gelangen. —* Zur Landtaaswahl. Im 2. Chemnitzer Wahl kreise hoben die Vertrauensmänner der Ortsgruppe Chemnitz der Mittelstands-Vereinigung beschlossen, die Kandidatur des Herrn Justizrats Beutler zu unterstützen. —* Der 29. Deutsche Hauöbcsitzcrtag ist gestern in Hamburg unter dem Vorsitze seines Verbanösdirektors, des Stabtrats Baumeister Hartwig (Dresden) eröffnet worden. Die Beteiligung an der Tagung, mit der gleich zeitig das 75. Jubiläum des Hamburger Grundeigentümer- Vereins verbunden ist und aus deren Tagesordnung eine große Reihe Hausbesitzer und Mieter gleich interessierender Fragen steht, ist eine sehr starke. Vertreten sind u. a. 17 Berliner Haus- und Grundbesitzcrvereine, ferner IS Haus- und Grundbesitzervercine der Stadt Leipzig und ihrer Vororte. Dresden ist durch 4, Magdeburg durch 3, Halle, Breslau, Brvmberg, Charlottcnburg, Gera. Königs berg, Stettin und Zwickau sind durch je 2 Vereine vertreten. Weiter sind noch vertreten die Haus- und Grundbesitzer- vercine von München, Wiesbaden, Plauen, Mannheim, Augsburg. Braunschweig, Elberseld-Varmcn, Danzig, Köln, Dortmund, Karlsruhe, Hannover, Stuttgart, Lübeck, Kiel, Kassel, Bochum, Graudcnz, Essen lNuhr), Hagen i. W-, Frankfurt a. M-, Posen u. a. Der Senat der freien und Hansestadt Hamburg hat einen eigenen Vertreter zu den Verhandlungen entsendet. Die Verhandlungen des Ver- bandstagcs leitete am Vormittag die Gesamtvorstands- sitzung des Zentralverbandcö ein, in der nach einer Be grüßung der Delegierten durch den Vorsitzenden Stadtrat Hartwig (Dresden) der Geschäftsbericht des Zentralverbandes vorgelegt wurde. Danach gehören dem Verbände heute 250 Vereine mit 135 969 Mitgliedern an. Neu angeschloffen haben sich ihm seit der letzten Tagung in Eisenach der Zentralverband der Bürger- und Hausbesttzer- Kunst «nd Wissenschaft. f* Ei» diplomatischer Orchestermusiker. Ein deutscher Musikvetrran in London, der treffliche Geiger Karl Dcich- mann, feierte kürzlich bei großer Beteiligung der musikali schen Welt Londons seinen 81. Geburtstag. Bei dieser Ge legenheit sei an folgendes Zusammenwirken Dcichmanns mit Richard Wagner erinnert: Wagner war bei der Probe mit den Blechbläsern sehr unzufrieden. Des Englischen nicht mächtig, sagte er zu Deichmann: ,/Sagen Sie den Leuten, daß sie in jeder deutschen Stadt augenblicklich ent lassen würden, wenn sie nicht besser blasen könnten." Herr Deichman» übersetzte diese im größten Zorn gesagten Worte diplomatisch in folgender Weise: „Gentlemen, Herr Wagner ist sich vollständig der großen Schwierigkeiten seiner Musik bewußt und bittet Sie durch mich, Ihr Bestes zu tun und ja nicht nervös zu werden." Die Wirkung war vorzüg lich und die Sache ging von da ab glatt. Herr Deichmann erhielt oon dem Agenten, -der deutsch und englisch verstand, für diesen diplomatischen Schachzug ein Extrahonorar von fünf Pfund Sterling. f* Goethe »«d der Alkohol. In einer interessanten Studie: Goethe in Krankheitstage» in der Zeitschrift „Ge sundheit in Wort und Bild" (Verlag W. HauSmann, Berlin) erwähnt Birnbaum einen Brief Goethes an seinen Sohn, der außerordentliches Interesse hat. Denn im allgemeinen wird Goethe ebenso wie Bismarck als ein Kronzeuge zu gunsten des edlen Rebensaftes »nd der günstigen Wirkung des Alkohols angeführt. In seinem Briese an seinen 18jährigen Sohn, der fein erstes Semester in Heidelberg zubrachte und dort ^rm studierte, schreibt er: „Wir leben »ach unserer alten Weise still und fleißig, in allem mäßiger als vor einem Jahre, besonders auch was de» Wein be- irffst, wobei mir dann lieb ist, aus Deinem Briefe zu sehen, Aß Du Dich vor diesem so sehr zur Gewohnheit gewordenen Getränke in acht nimmst. Las mehr, als man glaubt, einem besonne», heiteren und tätigen Leben entgvgenwirkt." ES ist auch interessant zu wissen, daß. während dem Dichter un feiner Gattin der Genuß von Wein im allgemeinen nicht schadete, die Konstitution -es Sohnes durch Len frühzeitigen und übermäßigen AlkoHolgcnuß erheblich geschädigt wurde. Ein Dichter des Frühlings» des Mondes nnd der Nachtigallen. Eines weichen, warmen Maiabends gedenken wir. Das Sonnenrot verblaßt in seiner letzten brennenden Pracht und Dämmerung beginnt mit müden, schweren Schatten die leiser atmende Erde zu umhüllen. Von den Wiesen duf tet das erste Heu betäubend süß tu der linden Lust und der silberne Mond steigt langsam am Himmel auf, gießt sein magisches Licht über Papveln und Buchen hin. Die letzten sterbenden Schläge der Nachtigall schwellen melo disch und liebehciß aus dem Dunkel des Laubes. Durch den Gang der blühe,rden Apfelbäume schreitet das Mädchen, in die Farbe der Unschuld gekleidet: rote Bänder spielen an ihrem Busen und «in später scheidender Abendsonnen blick zittert durch die Blüten und rötet ihr weißes Kleid. Im Grase unter den Bäumen oder auf einem Heuschober aber liegt der Jüngling, zum blauen Himmel emporträu- menö, von blühenden Bildern seiner Phantasie umgaukelt, die ihm eine schmerzlich süße, sinnlich müde Seligkeit ins Herz gießen... Das ist die Stunde Höltys. Da taucht -cs Liebes- sängers schmächtig zarte, früh verklärte Gestalt vor unS auf. der wiegend wohlige Rhythmus seiner Verse klingt uns im Ohr, und der fühlende Jüngling, das sinnige Mädchen, die vor 100 Jahren in diesen Liedern ihre Zärt lichkeit ausgcdrückt fanden, könnten auch heute nicht schwär merischer und inniger von ihren Gefühlen reden. Doch ist Hölty heute bei Verlobten wohl so unmodern geworden, wie die Liebeslyrik überhaupt, und wenn man ihm. dessen Gedichte erst spät in ihrer reinen Gestalt uns geschenkt wurden, ein Denkmal setzt, so gilt es dem Verfasser von «Urb' immer Treu' und Redlichkeit". „Roses aus dm» Weg gestreut" und einiger anderer populärer Lieder, nicht dem Sänger schwermütiger Elegien, schmelzender Liebcsklagen und sehnsüchtiger Herzcnsgebcte, den die schönen Seelen der Empfindsamkeit verehrten und liebte». Hölty ist einer späteren Zeit in der Ausgabe vorgelegt worden, die der metrenstarkc und handfeste Bost herauögcgcben und „be arbeitet" hat. Der Dichter selbst war zu früh gestorben, um die lieblichen Kinder seiner Muse für ihre Fahrt in die Ocsfentlichkeit gehörig heranSznpiitzcn und einzuord nen: Voß aber scheute sich nicht. Hötys Lieder resolut „nm- znöichtc»", ihnen Len bunten Schmelz von den Flügeln zu streifen und sie in rin korrektes, vielfach nüchternes Versgcwand zu kleiden. So ward den Deutschen auf lange die ungetrübte Freude an einem zweiten lyrische» Genie geraubt, nachdem die wundervollen Liederblüten des schönsten deutschen Nokokodichtcrs, Johann Nikolaus Götz, unter der erbarmungslosen Kvrrigicrsedcr RamlerS Dust und Glanz hatten einbüßen müssen. Erst lOO Jahre später, 1860. hat Kurt Hahn Höltys Gedichte in ihrer ursprüng lichen Form wieöerhergestellt, aber die zarte ätherische Er scheinung, die aus der Gesamtheit seines Werkes so un säglich liebenswürdig und rührend hcrvortritt, ward auch nun nur undeutlich erfaßt. In einigen wenigen Gedich ten. die seine Eigenart kaum recht kennzeichnen, wandelt sein Bild durch die Anthologien, und doch gehören manche seiner Lieder zu dem Schönsten, was die deutsche Lyrik nach Klopstock und vor Goethe hcrvorgebracht hat. lebt in seinen Versen der ganze Geist dieser cmpfindungsvollen träncn- nnd sehnsnchtsreichcn Epoche. Die Ahnung eines frühen Todes, die keffen Male und Anzeichen schwerer Krankheit, der Schwindsucht, weben um Höltys Gestalt einen verklärenden Schein, lassen ein Etwas von der verschwebenden geisterhaften Grazie des Jenseits ans seinen Versen leuchten. Eine Kirchhossblume ist sein Dichten: ans Schwermut, Schmerzen und müder Sehn sucht wächst diese Blüte empor, aber sie steht doch bunt un- prächtig. hoch und schön im wehenden Wind, nur durch scheinend fein die Blätter und scheu der Nacht und dem Traum ihre» Kelch entgegcnbrcitend. In den wen«««»
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