Die Verwendung der Blechblasinstrumente bei J. S. Bach unter besonderer Berücksichtigung der Tromba da tirarsi : kritische Anmerkungen zum gleichnamigen Aufsatz von Thomas G. MacCracken
44 Don L. Smithers „italienische Trompete“. 1795 beschreibt Johann Ernst Altenburg sie (S. 12) als in ihrer Gestalt abweichend von der normalen, zweimal gewundenen Heeres- o trompete: „Den fernem Unterschied dieser Blasinstrumente macht aber nicht nur die verschiedene Größe, sondern auch die öftere Windung, Gestalt und Materialien derselben.“ Nach Altenburg waren die „italienischen“ Trompeten der Heerestrompete klanglich zu vergleichen, jedoch bequemer in der Handhabung: „Hier verdient wol die sogenannte Inventions- oder italiänische Trompete den ersten Rang, weil sie, wegen der öfteren Windung, auf eine bequeme Art inventirt ist. Sie sind vorzüglich in Italien gebräuchlich, haben den nemlichen Trompetenklang, wie die vorigen und sind in verschiedener Größe . . .“ Besonders praktisch war die „italienische“ Trompete („tromba da caccia“) im Orchestergraben der Oper zu verwenden, zumal wenn, wie in Wien, unter schieden wurde zwischen den gewundenen Orchesterinstrumenten („trombe da caccia“) und den auf der Bühne postierten Heerestrompeten („trombe lunghe“). Cario war nicht der einzige, der seine Zeitgenossen durch das Hervorbringen von Zwischentönen auf der Naturtrompete beeindruckte. Gerber berichtet noch von einem „Thürmer der St. Peterskirche“ in Hamburg namens Meyer (ge storben 23. Juli 1768): „Er wurde als Trompeter besonders bewundert; indem er auf diesem hartnäckigen Instru mente, vermittelts eines Mundstücks, das er mit seinem Bruder erfunden hatte, die halben Töne, und zwar die tiefen sowohl als die hohen, mit der größten Reinigkcit ausdrucken konnte.“ Hinsichtlich der bei Bach ausdrücklich mit „da tirarsi“ bezeichneten Tromba- und Cornostimmen gilt es verschiedene Hypothesen zu überprüfen, um zu einer Erklärung zu kommen, die der historischen Wahrheit nahestehen könnte. Manche Partien sind - ein normales Naturinstrument vorausgesetzt - tatsäch lich ohne eine Umstimmvorrichtung nicht zu spielen. MacCrackens Behaup tungen hinsichtlich der Stimmung von Trompeten, Hörnern, Trombonen und Zinken (Cornetti) in der Bach-Zeit haben freilich eher Verwirrung gestiftet. Wie bereits erwähnt, wurden Hörner, Trompeten und sogar Posaunen in un gebräuchlich hoher Stimmung hergestellt. Trompeten und mindestens ein Typus des Naturhorns waren von vornherein für die Tieferstimmung vorge sehen. Trompeten standen normalerweise in D oder Des (bezogen auf a 1 = 440 Herz). Die Anbringung von Krummbogen und Setzstücken zwischen Mundstück und dem eigentlichen Instrument ermöglichte die Tieferstimmung nach C, B, A, G, F (und tiefer). Setzstücke, Posaunenzüge und auch die soge nannten Stengel der Kesselmundstücke wiesen fast immer Standardabmessun gen auf, insbesondere bei Herkunft aus Nürnberg, der Hochburg des Blechblas instrumentenbaus im 17. und 18. Jahrhundert. Kombinier- und Austauschbar keit waren damit gesichert und boten vielfältige Möglichkeiten, insbesondere bei einem Stadtpfeifer, der sich mit vielerlei Instrumenten auskennen mußte. Die Praxis des Umstimmens von Hörnern und Trompeten innerhalb ein und desselben Werkes im späten 18. und frühen 19. Jahrhundert ist zweifellos nicht