Die Bachpflege der Berliner Singakademie. Von 1'rok. I)r. Georg Schiin cm an II (Berlin). In keiner andern Stadt sind Werk und Überlieferung Sebastian Bachs so lebendig geblieben wie in Berlin. Hier wirkten die Söhne Emanuel und Friedemann viele Jahre, hier fand sich ein Kreis Bachscher Schüler zusammen, die Überlieferung und Unterricht im Sinne Bachs pflegen wollten. Unter ihnen ist Johann Philipp Kirnberger der bekannteste. Er studierte bei Bach in den Jahren 1739—1741, ging dann auf Reisen und wurde in Berlin HofmusikuS und Lehrer der Prinzessin Amalie von Preußen. Als Lehrer weit berühmt, suchte er durch Lehrbücher und Kompositionen die Bachsche Methode zu verbreiten. Wir besitzen von ihm Abschrif ten Bachscher Werke, darunter die Matthäus-Passion, und finden in vielen seiner theoretischen Werke, in den „Gedanken über die ver schiedenen Lehrarten in der Komposition" (1782), in der „Kunst des reinen Satzes" (1774—1779) und in den „Grundsätzen des Generalbasses" (1781) Hinweise auf Bachs Unterricht und Werke. Es gibt keinen größeren Verehrer und treueren Schüler Bachs als diesen fleißigen, leicht etwas trockenen Musiklehrer. Von Natur kritisch veranlagt, war er scharf und rücksichtslos im Urteil, aber auch voller Anerkennung, wenn ihm ein größeres Talent begegnete. Fasch und Zelter wissen darüber mancherlei zu erzählen. Neben ihm wirkte Johann Friedrich Agricola, ursprünglich Orgelspieler, dann königlicbcr Kapellmeister und Komponist in Bcrlin. Seb. Bach hatte ihn im Klavierspiel und in der Komposition unter richtet und ihm in seinen Aufführungen den Ehrenplatz am Cem balo angewiesen. Aus dieser Schul- und Lehrzeit weiß Agricola viel zu berichten; und wenn er auch später zur Oper überging, so blieb er im Grunde des Herzens doch seinem Lehrer treu. Jur Hofmusik