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02-Abendausgabe Dresdner Nachrichten : 22.11.1911
- Titel
- 02-Abendausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1911-11-22
- Sprache
- German
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Urheberrechtsschutz 1.0
- Nutzungshinweis
- Freier Zugang - Rechte vorbehalten 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id501434038-19111122022
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id501434038-1911112202
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-501434038-1911112202
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungDresdner Nachrichten
- Jahr1911
- Monat1911-11
- Tag1911-11-22
- Monat1911-11
- Jahr1911
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Dies«» Matt wird de« Lesern von Kreiden und Umgebung am Loge vorher bereu» al. -idena-Mg-be Ehestem. wShrenb „ di, Poss.»So«ent»n -n, Morgen in einer «öesamlausgave erhalten. 56. Jahrgang, 324. Veras»-ßf«b»ibr ,lk,!^lt«»rl- für Pr«. d,n dri ««glich z>—t- ««aliqr« .iulragungta» Sonn- «>n»> Monlagrn nur einmal) 2.SS M-, «>urch ausinärtlgr Aom - imistoiiärr d>. !!,b0 M. »ei einmaliger 8u- likllung durch die Pakt UM- rol,ne?>eflellg«tl>». ?ie de» Leser« v«a Invden o. U«ng»düng am läge vartler <n gesiellten Ndend-Au» gadrn ertaVen die au»- wärliaen «e,ieher nii« k»r Ittorgen Lu.gade ^nissrnmen piaeilell«- Nachdruikmlr cktt den« - Ncher Quellenangabe l.Dre.b- Stachr.g M. «eilig. - Unnerlangl« Älanuskrlpte werben nicht ausdewalir«- Mittwoch, 22. November 1911. Trlegramm-Adresse: Nachrichten Dresden. Druck und Verlag von Licpsch 6c Reichardt in Dresden. L)auftgescbäftsstclle: Marienstrasre 58/^0. Fernsprecher: II - LVstss . .WNl. Anzeigen Tarif. ^lNtt'lhMss P2N AnkÜNe ^tSUNffek, l»Iv NLMM. ^ uk)r. -Lomilag^ M2k Moriengrap«' m»n 'I dl» '/«I Uhr. Die /inspalriyP rkruirdzeile l»a » Lllden> 2L Nachrichten «kUi Dresden 2l, PI - . -Innigen aus k»»-r Privatsetlb .^ette ; bie zrer upoliiqe ^eüc a. Tr^ls^tte 56 P». - In ^umm-knr noch Sonn u Heieetage« dtp elisspostic,«' o'»run!^ nz'Ur:MP^ . aut Prtvckt^ seit'.' -10 Pt.. F-mUicn- Nachiichren ü. ^ revdt-n Hz» »Hl'INkty'ilE 2LPs. - Auswärtige Auftrüsse nur gege.r Povausbö. mhsunq. - Iede^ N,. krIblatt ?c^tkl 10 Pf. Deescine^ kank ^klienkspilsl uv6 Keserven 261 KILII. I^lsrlc. ürerUea-^ , N.-ntg-doNann-dtrsss« ck „ „ L agee 8trsa»e 42 .: :: ,. .. Ltriesenec mrs^se 44 :: vre^den-bl., rtsutrner r»teL--se 2 :: n Xurvrt Weisser Uliesck :: u K4e>ssen und .ßotrscker.brodn. LurelNits^eo, Firnsitws -IUI VcrnLMLUl,^. :.: 8cdeelL-VerlreUr, ^roüuuvn von Äektzc'lclroirlsu. ^Verlpnpiere, -ln- und Varl-»us. üete!ÜUll§. Coupons, ^lniösunr; uock Vsrvverkuns. Depot«, ck ufkewatrrune oöoner u. vvrLekiiekskLtör. Xrecl tbriete aut allo slauptplirks cksr tVolt. ALrv erNc^o -Lose^. 6m Landtage brantworteie heule Staatsministcr Gras Vitzthum chic Marokko-Interpellation der Fortschriitltdfen SGlkspartei. In der Bndgetkomuiission des Reid»stages erklärte deute der stcllvertrcrrndc Letter des Kolouialamres Dr. Sols. daß er die Einstellung von 2 'ck Milli» n e n Mark in das Kongvbudget für erforderlich halte. Im Prozeß der Niederdeutschen Bank winde der Angeklagte Ohm heute zu 8 Monaten e s ä n g - nich und 2lM Mark k^rldsirase verurteilt. Die Mitaugc kla«Uen B c u n g und Lchmtüt erhielten 1 brzw. 1 Monate Gefängnis. An» dem fiskalischen Kaliwerk Klein Bodnngen bei Aordha ufen wurden durch hriatnnklendrs Gestein elf Arbeiter getötet. Im Staate Washington ist der ganze Killten strich durch schwere I! e b e r s ch w e m m n n g c n heim gesucht worden. Neueste vraktmetüungen vom 21. November. Das Kongoabkoinrril'tt in der Budget- Koininitsion. Berlin. tPriv.-Tel.) ,sn der 2t n d g e l k o m m t s l i o n dc^ Reichstages nahm heute der neltverirclcnde Leiter des .Kolonialamtcs, Gouverneur Dr. Sols, zum ersten Male das Wort, um sich vom Ttanöpunite des von ihm vertretenen Ressorts zum Kougoabkom m c n zu äußern. Er erklärte das durch sein bisheriges Lchweigeu vrraitlaßke Gerücht, daß auch er mit dem Kougoabkommen nicht einverstanden sei. wie StnatSiekrelär Liudcauist, für unzutressend. Es lei richtig, daß nun, im Kolonialamt >ue Meinungen über den Werr deZ erworbenen .uongogebtekeS auSeinandcrgingcn. Es sei ja auch zurzeii sau uumogliw, sich ein Urteil darüber ;n bilden. Es sei aber doch d e Au^ sicht überwiegend, daß die Neueim.rbung tilr Deutlchlal.d von Bedeutung sei und kür die Kukuiitt jedenfalls auch wirtschaftlichen Rußen verspreche. Eiu'lweileu müßleu u. a. auch die Untersuchungen über die e ch f i r e. n l - beit fortgcseßt werden, die ta die K o >k e n f r a g e in er lieblichem Maße bcenisluife. Er halte vorlauiili die Ein- üelIung von 2 ^2 Millionen üir erserterlich und habe einen entsprechenden Antrag au aas ReichSfchaüam! geüellt. Im Anschluß gn diese Erklärungen äußerte «'ich LigatSsekretär Wermut!» über die r orausnchtUäicu finanziellen Bcdürfniffe der nächsten Zeit, soweit sie ins besondere aus der Grundlage de» bisherige» s auchsitcheu Aufwendungen zu schätzen sind. Das s r a u z o s t i ch e K o n g o d ii d g e r weise einen Zuschuß von el.»,- > M i 11 i v n e n n r a u c s .ins, den a laukieich für die Kolonie zu leisten habe bei einer Einnahme von etwa »k Millionen, die ans der Kolonie 'ließen. Eine Anleihe von 2l Millionen IraneS lei er>'t z.rw. Teil begeben. Der Tlaalsi'ckrcrär bestätigte die Angaben des Gemm'menrS Lols über das crümaliae ErsorderniS von 2'e Millionen Mark, die in den nächste,, Etat eingestellt werden sollen. Er könne aber nicht die Garantie dalür übernehmen, daß dieser Betrag reichen werde. Er werde aber ans jeden «Voll daraus dringen, daß im Kolonial amte möglichst spariam gewirtschaflci werde, wobei natürlich dle kulturellen, wirtschaftlichen und sanitären Aus gaben tn den Kolonien nicht ,zn kurz tominen dürsten. In der sich anschließenden Aussprache äußerten sich die meisten Redner etwas skeptisch über de» Wert des uns abgetretene» Gebietes. Staatssekretär Tr Delbrück teilte n. a. mit, daß das gemeinsame Borgehen der beteiligten europäischen Staaten gegen die Lchiaskrauldeit Ersolg ver spreche. Staatssekretär v. K i d e r I e n - W ä ch t c r gab einen Rnclblict ans die Entwicklung der Verhandlungen übe, die Kongo Abtretung. Schon srüher sei über Ab lrctnngen vom Kongogebiet verhandelt worden. Im ersten Stadium der KompensalionSvcrhandlungen habe die iran- zösilche Regierung nur Kamerun-Grenzrcgnlierungen an- gebotcn. Das wurde von deutscher Seite als ungenügend abgelehiit. Sie sind dann später, und zwar in äußerst wert voller Weise für die deutschen Interessen, worüber die Kolonialverwaltung mit den privaten Kennern der dorti gen Berhaltnisse völlig einig ist, in das schlteßlUhe Abkom men mit ausgenommen worden. Die deutsche Regierung mnßte ober Wert daraus legen, einen Zugang zum Kongo zu erhalte», da es dann bei etwaigen künftigen Verände rungen in Zentralalriku in ganz anderer Art in der Lage ist, ruiiznsvrechen. Daü französische Borkauss- rechl hat bisher de» deutschen Anspruch, im Kongobecken mitziisprechcn. ausgeschlossen. Eine Iolge des Abkommens tu seht, daß Frankreich zugrsichcrt hat, sich, wenn es zu irgendwelchen Verhandlungen Über das innere Kongo- abkommen kommt ml, der deutschen Regierung zu verstän digen. Der Staaissekrerär brstärigte, daß er anfangs neben dem Ubnngt-Zugang ein schmales Stück im Osten gefordert habe. Gegen dieseIorderung aber babe man inI-raiikreich unter dem Schlagwort der Zweiteilung des iranzösüchen Besitzes mobil gemacht. So habe sich denn allmählich ans den schwierigen und langwierige,, Verhandlungen die im Ab kommen sektaelegte Grenze entwickelt. Ein Scheitern der Verhandlungen wollte die deutsche Regierung vermeiden, und da war eine gewisse Rücksichtnahme ans dir schwierige Lage, in der sich die französische Regierung gegenüber ihrer Kammer befand, nicht zu umgehen. Eine Wiederher stellung der A l g r c i r a s a k t e sei sa unmöglich ge wesen, wenn die Verhandlungen zum Scheitern geionunen wären. Wir mußten nn eigenen Interesse auch Rücksicht daran» nebmen, was für die französische Regierung das Maß des Möglichen war. Daß das Höchste, was überhaupt erreichbar war. erreicht worden sei. lasse sich natürlich nicht mathematisch Nachweisen. Er glaube aber die Behauptung verantworten zu können, dass das erreicht morden lei. das gerade noch zu erreichen war. ohne die Verhandlungen znm Scheitern zu bringen. Im weiteren Verlause teilte der Staatssekretär noch mit. daß mit der ersolgicn Ratifikation des Abkommens sofort das rechtliche Eigentum an dem Ncn- bcsitz a» das Deutsche Reich überaeht, ohne Lasten und Schulden, in den, Zustand, in dem sich das Gebie, i.n Anacn blick der RatElkaiion befindet. In dem Augenblick, in dem die iranzosiiche Regier»»» die Verwaltung des Gebiets nuf- gibt. höre» auch die Einnahmen ans, ihr znzusließcn wurde wegen der iValle Dr. Meyer-Luzern und Alerandcr Breslau zu einer G e s ä n g nk s ft ra s e von 8 Monaten verurteilt. In den anderen Hallen erfolgte sein. Irei sprechnng. Der Angeklagte Schmidt wurde wegen Rev- hilse zu l Monaten, der Angeklagte R e n n a zu > M »- „ a t Gefängnis verurteilt. Ohm erhielt außerdem noch eine Geldstrafe von 2 isiü M a r k. Die Strato gegen Schmidt und Bcnng wurde als verbüßt „ngciehen und der -Hastbesehli gegen die beiden Angeklagten ans- gcchobcn. Grobe«u»glück. Rordhansen. Ans dem im Abbau befindlichen Schacht des fiskalischen Kaliwerkes Kletn-Vodungen bat sich beute ein schwerer Unglückssall ereignet. Eine Driitclmann- schait in Stärke von 1 ä Mann wurde infolge eines zn früh losgegangencn Lprengschnffes durch kerabkallendes Gestein verschüttet, tl Ai a n n wurden getötet und einer schwer verletzt- 1 konnten unversehrt geborgen werden. Eine Stadt in Hlamwen. Koustaatinopck. Entgegen den Meldungen aus wärtiger Blätter har in Kjutachiha kein Brand stattgcsundeu. Borgestcrn Hai eine Icuerobrunst die kleine Stadt Si- , man im Sandichak Brnsia fast vollständig zerstört. 'Tic Kasernen, der Konak, sowie die Rcgierungsgebände und zahlreiche Wohnhäuser sind abgebrannt. Der Ilnanz- minister hat Isiusi Pfund zur Linderung des Schadens ge stiftet.. DaS Urtoi! im Vrozch der Niederdeutschen Bank. Dortmund. lPriv.-Del.l In dem Prozeß wegen des Zusammenbruchs der Niederdeutschen Bank in Dortmund wurde heute mittag nach dreiwöchiger Ber Handlung das Urteil gesprochen. Der Angeklagte Obm vertliclm und ZSckKrcde;. Dresden 21 November. —« Ihre Königl. Hoheit die Prinzessin Johann Georg bBnchte gestern das Ton-ild-Theater» Präger Slr.iße 47. — * Dem Major a. D. Schmalz, bisher Bataillons-- Kommandeur im Ins.-Regt. lsill, ist die Krone zum Ritter kreuz 1. Klasse des Albrechtsordcnö verliehen worden. - 2 Aus dem Landtage. Die Marokko-Inter pellation des Abgeordneten Günther kah beute in der Z w eiten Kamme r überfüllte Tribünen, aber keine hochpolitischen Debatten. Das lag vielleicht auch an der Verquickung der Marokko-Angelegcnhctt mit Erweiterung der uenassungsrechtlichen Kompetenzen deS Reichstages und Einsühriing eines verantwortlichen Retchsministe- rinms. Abgeordneter Günther besprach anssührltch die Marokko-Frage und suchte die Notwendigkeit der Schaff ung einer verantwortlichen Körperschaft an Stelle des Reichskanzlers an der Hand von Aussprüchen bedeutender Skaatsrechtslchrcr zu begründen. Staatsmlnrsler Gras Vitzthum von Eck städt zog aber ebenfalls als Kron zeugen den Fürsten Bismarck heran und lehnte jede För derung der Errichtung eines Reichsministeriums ab. Weiler bezcichncte aber auch der Herr Minister die Ver Handlungen des Vundcsratsaiisschnsscs für auswärtige An gelegenheiten als vertraulich, und ging damit allen In diskretionen aus dem Wege. Schließlich lag der Höhe punkt der Bemerkungen des Herrn Ministers tn seiner Feststellung, daß 'amtliche deutschen Regierungen dem Netchslanzler sür die Erledigung der Marokko-Frage ihr uneingeschränktes Vertrauen ausgesprochen hatten- In der Debatte bedauerten die Abgeordneten Opitz und Dr. Zöphel die Angriffe des Reichskanzlers gegen die ton servativen und nationalliberaien Parteiführer im Reichs tage, konnten aber den weitergehenöen Wünschen Günthers Alttklüinellliiq an Islcirts losjälmgen coäerlag. Im Königl. L ch a u ' v i c l h a n -: „bobm Sulscarü" .»d „ver rervrocbene 6rug". Die Härte der Worte Senecas .Ingrarisiwinis amrrium, cpii c,!->!itN8 trifft die Nation, die Ihrer Großen ver gäße. Wenn von -Heinrich v. Kleist gehandelt wirb, kann nie behauptet werden, er sei in seinem Lande vergessen werden. Aber zwischen „Nicht vergessen" und „Erkennen" und „Besitzen" liegen gewaltige Strecken. Klüfte und un überbrückbare Abgründe. Es cit das Wesen des Kunst werkes. das; es niemals allen und jedem verständlich ist. und was bei einom Knnslwcrl in Erscheinung tritt, gilt in erhöhtem Maße sür die Persönlichkeit in ihrer Totalität. Eine Künstler- und Dichter Individnalilät, wie Hein :iä> von Kleist eine war. hat sür volles Verständnis immer so viel Voraussetzungen bei anderen verlangt. Saß nur Wenige auch bei «gutem Willen »n der Lage waren.! diesen Voransichungen zu entsprechen. Als Kleist am 21. November >811 am stillen Platz beim Wannsee dem Leben einer seelisch leidenden, aber mit subtilem Ver ständnis begabten Frau und seinem eigenen nach schweren inneren Kämpfen mit einer gewissen stolzen Heiterkeit der Seele rin Ziel fetzte, da gina kein Schrei mitfühlende» Scmncrzcs um de» Frülwollendeten durch lein deutsches Volk. Literanirblättcr jener Tage glossierte» den tragi schen Ausgang t» der heiligen und peinlich moralisieren den Art. die mangelndes Verständnis der Gegenwarl so! hurtig und billig auszubringen pflegt. Daanit der Bitter, keit und Engherzigkeit jener zectgenölMchen Betrachtungen ein groteSkcr Humor nicht fehle, wurde gleichzeitig die geistige Hinterlassenschaft des Poeten mit den schmählich sten Anwürsen bedacht. Und diese Anwürse, so lächerlich und beschränkt sie uns heute immer erscheinen, zeitigten als üble Folge, daß sic die Ansclmuung des Publikums in seiner Gesamtheit ans Jahrzehnte gefährlich beeinslußtcn. «Für die sclnerc» und tieferen Köpfe stand Goethes Urteil über Heinrich v. Kleist, nach der „Penthesilea" ge fällt, als kaum überwindbare Schranke ansgerichiet. Man wird es nie voll verstehen können, wie Goethe, der in seiner Sturm-- nnd Drangperiode doch selbst scharfen und verletzenden Urteile» ausgesetzt war. so viel Härte für Kleist haben konnte, Goethe, der Lord Bnron im Euphorien!" ein strahlendes Ltchk nnd Flanmiendenkmal setzte. Die andauernde Verständnislosigkeit seiner Zeit genossen und Goethes wahrscheinlich in den Tiefen seiner Natur wurzelnde Abneigung warcn sicherlich treibende Gründe, die dem Dichter das beschlossene Ende erleichter ten. Was er ans seines -Herzens Knieen dargebrackt hatte, winde verworfen. Ein zerrissenes, tief »iedergebengteS Vaterland, ein See von Plaae» und Widerwärtigkeiten umgaben ihn, die Aussicht auf Acndrrnng mußte ihm nach seine» Erfahrungen gering erscheinen, so fand er den Aus weg und befniritt ihn. Und der .Himmel seiner Seele war nicht düsier »nd bewölkt. Der endgültigen nnd unabäirdcr licken Löinng der Konflikte mit dieser Welt bat nickt die Verzweiflung über die Unannst der Lebcnöverhältnisse charakteristische Farbe verliehen, sondern etwas Tief- geheimes. ein mnstischer Drang, unter der Bewußtseins schwelle geboren nn-d gewaltsam hervorbrechend, oder ein psnchopatbischcr Zug keines Wesens, rückte sein Ende in eine Sphäre, die einer gewöhnlichen Beurteilung nicht unterstellt. ei» den Werken dcS Dichters ist heute die Distanz vor banden, die die Zeitaevossm nicht hatten nnd nicht haben konnten. Es ist eine Erschein»»,,, ans die immer wieder binzi'ivcjsrn ist. daß die Lebensarbeit eine- bahnbrechen den Genies erst ein Mentckenalter später verstanden wird, und selbst Literarhistoriker erst nach Ablauf dieses Termins ihre Kletterorbett beainnen. Wie trotz der doch nnleuabaren Distanz relativ gering das Bedürfnis des Publikums in seiner breiteren Zuscnrvmrnsehilug noch Kleist ist. zeigen die Spiclptäne der Theater während der letzten zehn, rein, zwanzig Jahre. Man sinder ihn wodl sporadüm in einem oder dem anderen Werke. „Der Un dankbarste von allen wäre ia auch, der vergäße", aber von einer Geiannbewertiing, wie sic Schiller allerorten sinder, kann nicht im enlseriüksten öle Rede »ein. Und als das stille Grab am Wannsee vor nictrt zu langer Zeit in drin gender Gesabr war, hielt sich die allgemeine Entrüstung über beabsichtigte ijetzt abgemendetet Profanierung sehr in den Grenzen. Es wäre also eine schöne Lüge, die schlecht zu dem Ernst des Gedenktages stimmen würde, wollte man heute behaupten: „Kleist ist unser", wie etwa Schiller „unser" ist. Es sind ja. wie gesagt, auch Gründe und -Hemmungen vorhanden, daß Kleist nicht unser werden kann. Zu schrosi'en Gipfeln klimmen nicht alle, die sich „ns schönen, aussichlSreiche» Höhen recht wohl befinden. Zn Dresden hat Kleist während der Jahre lxv" ,,„d !8si!» relativ srenndüche Beziehungen gehabt. Wahrend wilder, nnglnckrcicher Wandcrjahrc Imr es in der sächsi scheu Residenz, die damals eine» erleienen geistigen Kreis in ihren Mauern 'ah, Rnhepnnkte und Konzentration ge geben. Und Ludwig Tieck war es, der mit dem Erkennen und den» Spürsinn des künstlerischen Menschen »nd . Theatersachmanns dem Dichter gerecht zu werden suchte, freilich nicht mit der freien stolzen Hingabe an die üver- i lrgene Grüße des Genies. Wer Kleist ganz besitzen will, ! muß ihn nehmen wie er ist, ohne Kritteln und Makeln. Die hundertste Wiederkehr des Geburtstages von -Hein rich von Kleist gab dann Anlaß sich des Dichters in cr- i höblem Maße anzunehmcn »nd Bühnenleiter, die sich da-- >mals den großen Eindrücken mit offenen Sinnen hin-- gaben, baden in der Pflege Klristscher SEerke auch nickt nachgelasicu. Im Dresdner Königl. Schaii'pielha-ufc ist - der Dichter während der letzten Jahre nur mit dem „Prinzen von Homburg" «in einer sehr guten Ausführung) 'zu Worte gekommen. Zugunsten des Großen ccckü Wessel-- > buren. dessen Lebensarbeit dem Verständnis und der Liebe ! des Publikums nabe gebracht werden mußte, ist er zn- rüügetreten. Die Lücken im Spielplan sollen nun auS-
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