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Wochenblatt für Zschopau und Umgegend : 02.11.1894
- Erscheinungsdatum
- 1894-11-02
- Sprache
- German
- Vorlage
- Stadtarchiv Zschopau
- Digitalisat
- Stadtarchiv Zschopau
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id512512809-189411024
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id512512809-18941102
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-512512809-18941102
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
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Inhaltsverzeichnis
- ZeitungWochenblatt für Zschopau und Umgegend
- Jahr1894
- Monat1894-11
- Tag1894-11-02
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Lctra-MM W WchkulilÄ flr Me,»»! ick Wgkgk»i>. Ausgegeben am 2. November 1894, vormittags 8 Uhr. Kaiser Alexander III. von Rußland Petersburg, 1. November. Kaiser Alexander HI. ist heute nachmittag 2 Uhr IS Minuten in Livadia ruhig seinen schweren Leiden erlegen. Alexander III. Alexandrowitsch, Sohn des Kaisers Alexander II. Nikolajewitsch von Rußland und der Prinzessin Marie von Hessen-Darmstadt, geb. 10. März (26. Febr.) 1845, ward durch den Tod seines altern Bruders, Nikolaus, am 24. April 1865 Thronfolger und vermählte sich am 9. Nov. (28. Okt.) 1866 mit dessen Braut Maria Feodorowna (Prinzessin Dagmar von Dänemark), geb. 26. Nov. 1847, Tochter König Christians IX. Aus dieser Ehe stammen: 1. Nikolaus (der jetzige Thronfolger), geb. 18. Mai 1868; 2. Georg, geb. 9. Mai 1869; 3. Lenia, geb. 6. April 1875; 4. Michail, geb. 5. Dez. 1878; 5. Olga, geb. 13. Juni 1882. Alexander kommandierte im Türkenkrieg 1877 den linken Flügel der Donauarmee (11., 12. und 13. Korps). Nach dem Uebergang der Russen über den Balkan verließ er die Armee und begab sich nach Petersburg. Durch das jähe Ende seines Vaters am 13. (1.) März 1881 aus den Thron be rufen, ließ er sich am 27. Mai 1883 in Moskau krönen. Statt, wie man erwartete, die Reformen seines Vaters wiederaufzunehmen, gab er den Plan desselben, eine Vertretung zu berufen, auf, entließ Loris-Melikow und betonte in seinem ersten Mani fest seine autokratische Gewalt. Vor den nihilistischen Nachstellungen zog er sich in das streng bewachte Schloß Gatschina zurück. Er bekämpfte die herrschen den Bestechungen und Betrügereien in der Büreau- kratie, entließ deswegen mehrere hochgestellte Beamte und gab selbst das Beispiel der Einfachheit und Sparsamkeit in seinem Hoshalt, wie er denn auch den Rang der nachgebornen Großfürsten niedriger stellte und die Apanagen sämtlicher Mitglieder des Kaiserhauses herabsctzte. Freilich wurden diese Er sparnisse durch erhöhte Ausgaben für die Streit macht mehr als ausgewogen, indem Alexander trotz seiner wiederholt betonten Friedensliebe sich bald zu großen Rüstungen veranlaßt sah. Nachdem er am 15. Sept. 1884 mit den Kaisern Wilhelm und Franz Joses im polnischen Schlosse Skierniewize eine Zusammenkunft gehabt und letzterm am 25. Aug. 1885 in Kremsier einen Besuch abgestattet hatte, wurde er durch das eigenmächtige und, wie er meinte, undankbare Verhalten des Fürsten Alexander von Bulgarien 1885 in seinem starken Selbstgefühl schwer verletzt. Gegen Oesterreich, besonders aber gegen Deutschland zeigte er sich äußerst mißtrauisch und ließ das Entgegenkommen des Kaisers Wil helm II. unerwidert. Ja, er gab seinem Einver ständnis mit Frankreich 1891 in Kronstadt einen herausfordernden Ausdruck. Ohne die Absicht, direkt mit Gewalt auf der Balkanhalbinsel einzuschreiten, wollte er doch für den Fall, daß sich infolge euro päischer Verwickelungen eine Gelegenheit dazu bot, mit aller Macht sofort entscheidend austreten zu können und zog daher einen großen Teil des russischen Heeres an der Westgrenze des Reiches zusammen. In der innern Politik hielt Alexander unter dem Einfluß seines srühern Lehrers Pobe- donoszew an einem starren Absolutismus und an der Begünstigung des Altrussentums in Religion und Sitte fest, wogegen er die Unterdrückung west europäischer Nationalitäten und Religionen zuließ; die baltischen Provinzen und Finnland wurden unter ihm ihrer Rechte beraubt und die Juden hart verfolgt. Den Nihilismus vermochte auch er nicht zu unterdrücken; die Ausführung eines ähn lichen Attentats, wie es gegen seinen Vater verübt worden, wurde am 13. März 1887 nur durch einen Zufall verhindert, und als am 29. Okt. 1888 bei Borki der Eisenbahnzug, mit dem Alexander vom Kaukasus zurückkehrte, infolge eines Attentats den Abhang hinunterstürzte, entging der Zar mit seiner Familie aus wunderbare Weise dem Tode. Die letzten Nachrichten.über die Krankheit des Kaisers lauten: Petersburg, 29. Oktober, abends 8 Uhr. Im Laufe des Tages aß der Kaiser wenig und fühlte sich schwächer. Der gewöhnliche Husten, woran der Zar lange leidet, ist infolge chronischen Katarrhs des Schlundes und der Luftröhre verstärkt. Im Auswurf zeigte sich etwas Blut. Petersburg, 30. Oktober, früh 11 Uhr. Im Zustand des Kaisers ist eine wesentliche Ver schlechterung eingetreten. Das Blutspeien, das gestern abend anfing, hat sich bei anhaltendem Husten nachts vergrößert. Auch zeigte sich eine beschränkte Entzündung der linken Lunge. Der Zustand ist gefährlich. — Wie der „Regierungsbote" mitteilt, äußerte der Kaiser gestern als am Jahrestage der ihm bei Borki erwiesenen göttlichen Gnade den Wunsch, zu kommunizieren. Der Priester Johann Ssergijew (Kronstadtskaja) reichte dem Kaiser die heil. Sakra mente. Nach den vorliegenden Meldungen wurden gestern in ganz Rußland Dankgebete anläßlich der wunderbaren Errettung der kaiserlichen Familie bei Borki, verbunden mit den Bitten um Genesung des kranken Kaisers, abgehalten. — Aus Aalta wird die Ankunst des Oberceremonienmeisters Fürsten Dolgo- rucki gemeldet. Außer den Mitgliedern des Kaiser hauses, der Königin von Griechenland und deren Kindern befinden sich jetzt teils in Livadia, teils in dessen Nähe der Hosminister Woronzew Dasch- kow und die nächste Suite der hohen Herrschaften, sowie der Oberprokuratur des heiligsten Synods, Pobjedonoszew, der täglich nach Livadia kommt. Das Wetter in Livadia war in der vorigen Woche frisch, jetzt ist es warm und sonnig. London, 30. Oktober. Auf dringendes tele graphisches Ersuchen der Zarin reisen der Prinz von Wales und Gemahlin morgen früh nach Livadia ab. Dieselben reisen Tag und Nacht ohne Aufent halt. Petersburg, 31. Oktober. Das heute abend 7 Uhr über das Befinden des Zaren ausgegebene Bülletin lautet: „Der Kaiser speiste im Lause des Tages wenig. Die Erscheinungen im linken Lungen flügel und die Entzündung dauern fort. Die At mung ist erschwert, der Puls schwach, große all gemeine Schwäche." — In der Stadt herrscht Grabesstille. Mit größter Spannung werden die Nachrichten aus Livadia erwartet, die äußerst spärlich einlaufen und alle dahin lauten, daß der Zar schwerlich den heutigen Tag überleben werde. — Die Ver mählung des Großfürsten-Thronfolgers dürfte bis nach dem Ableben des Zaren verschoben werden. Aalta, 31. Okt. Die Nachrichten aus Livadia lauten sehr alarmierend. Von dort zurückkehrende hohe Persönlichkeiten sagen, daß die Katastrophe stündlich zu erwarten ist. Die Aerzte sind seit gestern früh ununterbrochen im Krankenzimmer ver sammelt. Der Staatsrat Hirsch erklärte, daß nur noch ein Wunder das Leben des Zaren auf kurze Zeit erhalten könne. — Die letzten Bülletins aus Livadia riefen gestern in Petersburg tiefste Bewegung hervor. Die Polizeibeamten, welche auf den Hauptstraßen gedruckte Vervielfältigungen der Bülletins gratis verteilten, wurden von den Volksmassen bestürmt, ebenso sind vor der Redaktion des „Regierungs boten", wo die Ausgabe der Bülletins stattfindet, große Menschenmassen versammelt. Die Theater sind fast leer, Militärs besuchen sie überhaupt nicht. Petersburg, 1. Nov. Heute abend 7 Uhr 15 Min. gaben Kanonenschüsse von der Peter- Pauls-Festung der Hauptstadt den Tod des Zaren kund. Der verewigte Kaiser kommunizierte noch heute vormittag 10 Uhr bei vollem Bewußtsein. Hier wurde die Nachricht vom Tode des Kaisers gegen 7 Uhr abends in den Straßen angeschlagen. Obgleich die Nachricht nach den letzten Bülletins nicht unerwartet kam, ries sie doch unter der Be völkerung tiefe Bestürzung und Trauer hervor. Auf den Straßen sah man sich das Volk bei dem Verkünden der Trauerbotschaft andächtig bekreuzigen. Abends 10 Uhr fand im Gebäude des Reichsrates in Gegenwart sämtlicher in Petersburg anwesender Mitglieder desselben eine feierliche Seelenmesse statt. Berlin, 1. Nov. Die Nachricht vom Tode Kaiser Alexanders von Rußland, die zuverlässig erst nach 7 Uhr bekannt wurde, erregte trotz des vorher bekannten gefährlichen Zustandes allgemeine Teilnahme. Hunderte von Menschen umstanden die russische Botschaft Unter den Linden und fragten fortwährend nach Bestätigung der verbreiteten Nachrichten. Kurz nach 7 Uhr fuhr der Staats sekretär Freiherr Marschall v. Bieberstein vor der Botschaft vor und stattete Kondolenzbesuch ab. — Se. Majestät der Kaiser hat anläßlich der Nachrichten aus Livadia die Abhaltung der für den 3. d. M. in Aussicht genommenen Hubertusjagd aufgegeben. Pa ris, 1. Nov. Die Nachricht vom Tode des Zaren rief hier ungeheuere Aufregung hervor. Die Boulevards sind von Menschen, die sich um die Extrablätter reißen, überschwemmt. Verantwortlicher Redakteur: A. Raschle in Zschopau — Druck und Verlag von F. A. Raschle, Paul Strebelows Nachfolger in Zschopau.
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