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Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 16.10.1884
- Erscheinungsdatum
- 1884-10-16
- Sprache
- German
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-188410164
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-18841016
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-18841016
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Anzeiger
- Jahr1884
- Monat1884-10
- Tag1884-10-16
- Monat1884-10
- Jahr1884
- Titel
- Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 16.10.1884
- Autor
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Erscheint täglich früh SV.UHr. Ke-actio» und Lrpe-itto« Jahauue-gasse SS. Sprechkundkn der Kedaction: vormittag» 10—12 Uhr. Nachmittag» 5—S Uhr. k!! di, Much«»,« Miwlcri»» d» NH««»» nicht »«rttnvltch. N««ch»e »er für »te «Lch»fel,e«de Nnwmer »estt««ten Inserate an Wochenta««» bi« S Uhr Nachmittag», a» Sana» «nd Festtagen früh bi«'/,» Uhr. In den Filialen für Ins.-Annah«e-. Otto klemm, Universttät-straße 21, Lonts Lösche, katharineustraße 18, p. »nr »t« '/,» Uhr. NiMgtr.TagclilM Anzeiger. Organ fiir Politik, Socalgeschichte, Handels- unHeschaftsverM Meß.»«flage I8.7LO. Ädonnemenlspreis oiertelj. 4'/, Mk. incl. Brtngerloh« 5 Mk.. durch die Pos» brrogen 6 Mk. Jede einzelne Runimer 20 Ps. Belegexemplar IO Ps. Lebüdren inr Extrabeilage« (in TagebiaU-Format gesalzt, «»«« PostbesSrdernng 32 Ml. «tt Postbesörderuug 48 Mt. Inserate Kgespaltene'Petitzcile 20 Pf. Größere Schriften laut unserem Preis- verzeichniß. Tabellarischer a. Zifferusatz nach h»h«rm Tarif. Nerlamrn unter^em Nedartionokrich die Spaltzeile 50 Ps. Inserate sind stcis an die Expedition zu senden. — Rabatt wird nicht gegeben. Zahlung prnenumerawio oder dura, P-st, aachnahme. LS0.' Donnerstag vm 16. Oktober 1884. 78. Jahrgangs 4) ») ?! 8 Amtlicher Tljetl. Veklmiltmachmg, da» Nnsltegeu der OrtSkrankencaffeastatatea» Entwürfe betreffend. Nachdem unsererseits die Entwürfe der Statuten der laut Bekanntmachung vom 7. Auaust laufenden Jahre» für die Stadt Leipzig errichteten 18 Ort«krankencassen, nämlich 1) für die Industrie der Steine und Erden, - Metallarbeiter, - Fabrikation von Musikinstrumenten, - die chemische Industrie einschließlich der Bleicherei und Färberei, die Textilindustrie (mit Ausnahme der Bleicherei und Färberei). Papier-, Leder- und Gummiindustrie, Buchbinder, Cartonnagen- und Portefeuille« arbeiler, die Industrie der Holz- und Schnitzstoffe, die Industrie der Gciiußmittcl. einschließlich der Kunst- und Handelügärlnerei, dagegen mit Aus schluß der Tabakinvustrie, Tabakindustrie, Schneiderei und Putzmacherei, Hutmachcr, Kürschner, Handschuhmacher und Schubmacher, Barbiere, Friseure und Bader, Baugewerbe, Buchgewerbe, die HilfSaewerb« de» Handels, die Verkehr-gewerbe und die Kellner, entworfen worden sind, so macken wir auf Grund tz. 28 Abs. 1 de« Reichsgesetze« vom t» Inni 1883 bekannt.daß diese Entwürfe zur Einsichtnahme auf dem Rathbause hier auSgehänqt sind, anch auf dem Stadthause, Obslmarkt 3, 2. Stock, Zimmer Ivb eingesehen werden können, und fordern die BetheUigten, Arbeitgwer wie Arbeitnehmer, auf. etwaige Anträge auf Abänderungen und Ergänzungen spätestens bl« zum KI. laufenden Monat» im Stadthause. 3. Stockwerk, Zimmer 140 schriftlich einzu» reichen, Woselbst auch. Auskunft, darüber, zu welcher O«tz- krankeneasfe ein Gewerbe gekört, ertheilt wird. Leipzig, den 8. Oktober 1884. Der Rath der Stadt Leipzig. vr. Georgi. Vekannlmlllliimg. In Gemäßheit vcS Einkommcnstcuer-GesetzeS vom 2. Juli 1878 und der dazu gehörigen AuSführungS-Berordnung vom 11. Oktober desselben Jahre« werden, auS Anlaß der Aus stellung dcS Einkommenstcuer-KatasterS für daS Jahr 1885, die Hausbesitzer oder deren Stellvertreter hiermit ausacfordert: die ihnen bebändigten HauSlistensormulare, naq» Mast- gade der darauf abgedruckte« Bestimmungen ««»gefüllt, binnen 8 Tagen, von deren Be» händiaung ab gerechnet «ad bet Vermeidung einer Geldstrafe bi» zu SO Mark, die bei Verab- säumung de« Termin« unnachsichllich beigetrieben werden wird, i« Stadthanse, Obstmarkt -kr. S, S. Etage, entweder persSaltch oder durch Personen, welche zur Beseitigung etwaiger Mängel sichere Auskunft z« er- thetle« permöge«, abzugeben. Hierbei wird ans tz. 35 de« allegirten Gesetze«, nach welchem sowohl der Besitzer eine» Haa»gr«nd- stück» für die Stenerbetrage, welche in Folge von ihm »erschnldcterunrichtiger oder unvollständiger Angaben dem Staate entgehen, haftet, wie auch jede» Famtlicnhaupt für die richtige Angabe aller z« seinem Hausstände gehörigen, «in eigene» Ein kommen habenden Personen, etnschliestltch her Astermiether und Schlafstellenmtether, verant» wörtlich ist, und auch daraus besonder« hingewiesen, daß die auf der letzten Seite der HauSlistensormulare befindliche Bescheinigung von dem Hausbesitzer, bezw. dessen Stellvertreter »nterfchrtftlich zn vollziehen ist. Falls Hausbesitzer oder ceren Stellvertreter keine Lau«, listensormulare oder solcke nur in unzureichender Zahl erhalten haben, so können Lcrglcickcn aus Verlangen an obengenannter ExpeditionSstclle in Empfang genommen werden. Leipzig, den 10. Oktober >884. Der Rath der Stabt Leipzig. ür. Georgi. Göhlitz. Zahnärztliches Institut der AniverßtSt, ivsethkitrafte ü, I. Da« zahnärztliche Institut wird Donnerltag. de» 18. d. Mt», eröffnet. Doflelbe ist einerseits dazu bestimmt, zahnärztliche Hilf, jeder Art gegen ermäßigte Honorare zu bieten, andererseits Studtreud« der Zahnheilkunde in allen Zweigen diese- Fache» zu outerrtchte». Die Anstalt wird täglich mit Ausnahme der Gmu- >md geter- tage von 1 bi» 5 Uhr geöffnet sein. Leipzig, den 14. Oktober. Prof. vr. Hess«. Direktor de- zahnärztliche« I»stit»t«. Auction. «m r». »lese» «oaat«. poa vormittag« * Uhr t» der hiesigen Aktien-Reitbahn » List» Äettpfrrd«, dm» welchen 2 auch eingesahren sind, ferner S Ttück Sattel, II Ltßck Pferde »ecken, darunter s mit Kopsftückra, 2 Gurte, 1 stapp- zau« und ein »euer amerikanischer Iagdmagen meistbietrnd ver steigert werden. Plaue», am 14. Oktober 1884. r«r «rrich»s».ll»trtzer de« »ö«i,licht» «mt»ßrrtcht«. Hag,r. «ct. ,, «emetodeamt, »otzlt« kau, ei» «aptst sofort aus 14 Tage Bcschästigung finden. »ohli-. den 15. Oktober 1884. Der «emetndevorstand Vaulu-. Nichtamtlicher Thetl. Die Eröffnung -er französischen Lämmern. Die französischen Kammern sind am Dienstag nach drei monatlicher Pause unter Umständen zusammengetreten, welche für da« Ministerium Ferrh wenig günstig sind. Innerhalb der Regierung selbst herrscht nicht daS gute Einvernehmen, welckeS für seine Dauerhaftigkeit Vorbedingung ist. Im Handelsministerium ist bereit« ein Wechsel eingetreien und ein zweiter bereitet sich im Marineministerium vor. Peyron ist nur noch Anstand- halber vorläufig im Amte geblieben, bis er die Ereditsorderung für Tonkin begründet hat. Der Be trag derselben ist so lächerlich gering, daß damit vielleicht die Transportkosten de« erforderlichen Nachschubes gedeckt sind. Wahrscheinlich hat die Regierung im Geiste die 80 Millionen hinzuacrechnet, welche sie nach Beendigung deS Kriege» von China zu erlangen hofft, sonst wäre e« Lar nicht zu vcr- stehen, waS sie mit den verlangten 1l Millionen ansangen will. Um die Wißbegierde der Kammern wegen der west- asnkanischen Conscrenz befriedigen, ist ein Gelbbuch vertheilt worden, welches ein Schreiben de« Botschafter» v. Courcel an den Fürsten BiSmarck enthält. Darin ist der Wunsch ausgesprochen, die nachbarlichen Beziehungen Frankreichs zu Deulschland in Westafrika im Sinne gegenseitigen guten Einvernehmen» zu regeln, und die Uebcreinstimmung der Ansichten Frankreichs mit denen Deutschland» über die Handelsfreiheit im Conaogebiete auSgedrückt. Endlich theilt Baron v. Courcel in diesem Schreiben mit, daß die französische Regierung sich bereit erklärt habe, gleich der deutschen, die Einladung zu der bevorstehenden Conferenz an alle Cabinet« zu richten, welche in Westasrika HandelSinterefsen haben. Damit ist in kurzen Zügen das Arbeitsfeld der bevorstehenden ParlamenlStagung entworfen. In China stehen die Sachen nicht so gut, wie di« SiegrS- depeschen de« General« Bri-re und de« Admiral« Courbet vermuthen ließen. Der Kampf bei Lana-Kep ist zwar für die Franzosen siegreich gewesen, aber er ist mit Opfern erkauft, welche verhältnißmäßig zu groß sind, und wa« da« Schlimmste ist. die Frucht de« Kampfe« ist der Besitz eine« Dorfe«, welcher die Stellung der Franzosen m Tonkin kaum Verbeffert. Die Chinesen haben sich in die Berge zurückgezogen, in welch« ihnen die Franzosen nicht folgen könne«, weil sie sich dadurch der Gefahr auSsetzeu würden, in einen Hinterhalt zu fallen und vernichtet zu werden. Der Rückzug der Chineien war keineswegs eine feige Flucht, sie haben mit einer Tapferkeit gekämpft, die selbst von der französischen KrirgSleitung rühmend anerkannt wird, e« ist deshalb mit Sicherheit zu erwarten, daß die Chinesen sich nur sammeln und Verstärkung an sich ziehen, um aus« Neue zur Offensive überzugehen. General Negrier ist verwundet, General BriSre hat au» diesem Grunde selbst den Oberbefehl übernommen. Ans Formosa ist die Situation kaum bester. Admiral Courbet hat zwar bei Keclung eine Landung auSgesührt, aber der Hafen selbst ist nicht in seinem Besitz und seine Truppen haben Noth, sich gegen die Angriffe der Chinesen sicher zu stellen. Mit der Beschießung der Befestigungen von Tamsui ist noch weniger erreicht; al» endlich nach sech-tägigem Bombardement eine Landung versucht wurde, mußten sich die Franzosen nach vierstündigem Gefecht wieder zurückziehrn. Die Chinesen vertheidigen ihre Küsten ganz nach europäischer Art mit Torpedos und haben ihre Infanterie so gut Postirt, daß die Franzosen e« nickt wagen, ihr zu Leibe zu gehen. DaS sind die Ergebniste der französischen Kriegführung in China seit dem 23. Juni, dem Tage deS Uebersall» von Bacle. Tie Kammern werden nicht umhin können, diese« Ergebnrß für ungenügend und mit den aufgewendeten Kräften in keinem Verhältniß stehend zu erklären. Da» sind di« Folgen, wenn man Krieg führt zur Durchführung eine» berrit» geschlossenen Frieden- und um Pfänder für Entschädigungsforderungen zu erhalten Mit so unzureichenden Mitteln, wie bisher, läßt sich in China nicht« erreichen, da« ist jetzt klar erwiesen, entweder muß Frankreich Frieden schließen und die EntschädigungSsordrrung fallen lasten, oder e« muß China den Krieg erklären und dann den Krieg anch im aroßrn Stil führen. Wenn Ferrh sich zu diesem Zugeständnis genöthigt steht, so ist darin auch zugleich die Berurlheilung seiner bisherigen Politik in China ausgesprochen, und da« kann ihm leicht sein Portefeuille kosten. Ferrh tritt ferner mit dem Plan der westasrikanifchen Couserenz vor d,« Kammern. Such diese« Projekt findet in Frankreich nicht den Beifall» welchen sich Ferrh davon ver- sprachen hat und welch«» e« ohne Zweifel verdient. Da« kommt aber wesentlich daher, weil Ferrh den Kammern nicht mit kriegerischen Erfolgen von Belang anfwarten kann. Die chinesische Verwickelung wirkt auf alle übrigen Angelegenheiten ungünstig zurück und erweckt Tadel auch für solche politischen Ergebnisse, welch« »hm unter anderen Verhältnissen Lob ein- tragen würden. DaS »Journal de« DübatS" bekämpft die Conserenz und ist besonder« schlecht zu sprechen aus die Zu- laflung aller Flaggen aus dem Conao. „Wir sind bestimmt. Herren de« einen Congo-Nfer« und wahrscheinlich anch de« anderen zu werden", schreibt da« Blatt und fährt fort: „die afrikanische Gesellschaft hat sich verpflichtet, keine ihrer Stationen abzutreten, ohne dieselbe vorher Frankreich anzu- bieten; dennoch verzichten wir ohne Grund auf den Preis unserer Mühen und Ausgaben. Deutschland wird die gleichen vortheil» genieße«, ohne «ich nur eine Mark oder einen Mann geopfert zu habe»; e« ist die« ein diplomatische« Meisterstück BiSmarck» ... Wir hoffen, daß di« Regierung bald di« wichtigen Concesstonen mittbeilen werd«, welch« ihr als Ersatz zugesichert wurden." Unter solchen Umständen wird Ferrh vor den Kammer» «inen sehr schweren St«ud haben, um seine Politik zu vertreten und zu vertheiriaen. Ferrh bat Unglück mit den Conferenzen. Die Londoner kam »ach einem Avkommen mit Frankreich zu Stand«, welche« England die Schutzherrschast über Eghpten gesichert haben würde, «« war als» ein Glück für Frankreich, daß di« Con ferenz scheiterte. Gegenwärtig ist diese Macht aus Proteste beschränkt und aus di« Klage» welche die StaatSschuldencaff« gegen den eahptische« Ministerpräsidenten und Finanzminister angestrengt hat. Dies« Klage wird vielleicht nach einigen Monaten zum Ziele führen, da« heißt, die egypliscke Regie rung wird die Beträge, welche seit dem 20. September an die Finanzverwaltung abgesührt wurden, herauSgebcn oder ersetzen müssen, aber damit ist in der That sehr menig erreich!, und wenn eine« Tage« England den internationalen Gerichts hof in Kairo aushcbt, so würden die Mächte da» Nackseben 8-sen Anspruch aus S-it-n der Oppositwn anmaßend, aber dw L LU S schasten, ohne die Kammern cmzuberusc». AlS Barodet ,em Schreiben an den Präsidenten Ärcvy ^t^e. l>atte cr . Reckt aus seiner Seite: die nachgejolgten Thatsachen Häven bewiesen, daß Frankreich bester g-sahrcn wäre, w-nn Ne Situation zwischen ihm und China vollständig klargestelll worben wäre. Unter solchen Umständen mtt unzureichenden Mitteln fortzuwirthschastcn, bloß um der U"b'qu-ml,chke einer außerordentlichen Kammerftssion zu entgehen, bedeute einen Aufschub, aber nickt die Beseitigung der vorhandenen Schwierigkeiten. Jetzt wird Barodet den Ministerpräsidenten wegen scmer Eigenmächtigkeit zur Rechenschaft z'ehen. und da« Resultat feine« Angriff« kann kaum zweifelhaft sein. ES ist da» um so mehr zu bedauern, weil Ferry durch seine ver ständige Annäherung an Deutschland einen Muth und einen staatSmännifchen Blick gezeigt hat. der -me« besseren Sckick- al» werth gewesen wäre, al» ihm letzt unzweifelhaft bevor- ieht. Die Kammern fragen nickt danach, waS geschehen loll, wenn Ferry einen Nachfolger erhält, der alle« Da», waS dieser m 20 Monaten mit Mühe geschaffen hat, wieder m sein Gegentheit verkehrt; sie fordern einfach, daß der Wille der Mehrheit geschieht, wenn dieser Wille ihr auch selbst nicht klar ist. Daß «S auf den Stur, Ferry'« abgesehen ist «»zweifelhaft, aber wer der Nachfolger de» Conseil- prSsideHw» sch, so», ist die schwer »u beantwortende Frage. Da» Vsourral de« DSbat«^scheint bereit« ein neue« Mmlste- rtum fertig zu haben, sonst würde e» nicht so offen mit semer Gegnerschaft gegen die westafrikanifche Conferenz hervortreten, aber andererseits steht dem gegenwärtigen Conseilpräsidenten ein Moment zur Seite, daS schon manchem schwer bedrängten Staatsmann in Frankreich au- der Patsche geholfen hat: die Unberechenbarkeit der Franzosen. Wenn e« da« Glück Ferry S will, daß BriSre oder Eourbet einen entscheidenden Sieg über die Chinesen erfechten, dann ist er gerettet, sonst ist er höchst wahrscheinlich verloren^ * Leipzig, 16. Oktober 1884. * Im Görlitz-Laubaner Wahlkreise ist, wie man der „Nationalliberalen Corresponben," von dort schreibt, der Wahlkampf im vollsten Gange. Fast täglich werden im Wahlkreise Wahlreden gehalten. E» stehen sich nur zwei Candidaten gegenüber, der seitherige deutschfreisinnige ReickS- tagSabg. LüdcrS und der Candidat der vereinigten National- liberalen und Conservativen, LandtagSabq. von Schenckendorff. Derselbe hielt in Görlitz am 9. d. M. eine Wahlrede in einer Versammlung, die von mehr als 1000 Menschen besucht war. Redner trat in etwa zweistündiger Rede zwar für da« geheime Wahlrecht und bi« zur weiteren Befestigung der inneren Verhältnisse auch für die einjährigen ClatS- perioden, sowie gegen da« Tabakmonopol und die Verstaat lichung de« DersichermigSwefenS ein; stellte sich aber sonst äußerst sympathisch zu den socialen, wirthschastlichen und nationalen Zielen unsere« Reichskanzler«. Nach Beant wortung mehrerer Interpellationen richtete der Vorsitzende de« conservativen Wahlverein«, Herr von Witzleben, an seine Srsi»nung«genosien einige Worte, worin er sagte, daß Herr von Schenckendorff al» Nationalliberaler auch mr, ein national- liberale« Programm haben könne; aber wie die Verhältnisse im Wahlkreise lägen, würden selbst die Conservativen de« äußersten rechten Flügel« für Herrn von Schenckendorff ein- treten, weil e« g«»te, gemeinsam Front gegen die deutsch- freisinnige Partei zu machen, deren Walten er nicht al« segensreich für da« Vaterland erachten könne. Die konser vative Partei übe Selbstverleugnung im Hinblick auf eine praktische Politik, sowie den bewährten Patriotismus und gemeinnützigen, volk-freundlichen Sinn de« Candidaten. * Luch im Wahlkreise Diez-Limburg haben die Ultra montanen beschlossen, auf eine eigene Candidatur zu ver zichten und schon im ersten Wahlgang für den deutsch- freisinnigen Candidaten Münch zu stimmen. In diesem Wahlkreise hatte da« Centrum bei den vorigen Wahlen im ersten Mahlgang 5533 Stimmen gegen 6053 vcr Fortschritts- Partei aufgebracht und in der Stichwahl 6985 gegen 9060 Zur einfachen PrriSaebuna von verhältnißmäßig so günstigen Wahlkreisen entschließen sich die Ultramontanen de» Deutsch- srnsinnlgen zu Liebe au« blindem Haß gegen die Mittelpartci ^ ?.^"^1^..lch°rsen Angriff richtet die frei confer- les>scheZeltung" gegen den extremen L?n1l^;?'^'^^''Uch-°nse/v-tiden, bereit A""uß i» l^r Partes Übe, welcher weit über da- ihm ge bührend« Maß hinau«reiche. vor Allem tadelt sie die Hm- °«f di-Wahlen nur in der ver- derblichsten Weise wirken könne, und den sich immer schroffer Gegensatz zu den Mittelparteten. dabei.i,de» Tü>" für praktisch« Politik mid st-ailiche Interesse. Dem Traume, da st der U^,-on'ä' anfweisen werde, kann man Mid ta nächster Zukunft nicht hingeben. Tliaisächlich «ich den eanservL ^ Il-wenten oder einer sich au- der con- Au^ d^ i^! d den, Lenirum »usammens-tzenden Majorität. angkw.esen. würde die Regierung in rüstige A^ hängigkett vom Lenirum gerochen; wo» da» aber bedeutet tnir,. -vvs-rvativer vgg und ganz gewürdigt werden cr.i handelt sich im deutsche» Reiche doch nicht einzig um conleiiinneN- Ten.rum widerstreb, derselben prmeip.ell. W.r ennneru an'd.e m Amberg und BreSlao erfolgten Kundgebungen. Von unserem Stand- vnncle ist da- Streben der Regierung nach einer sich aus der con- servativen, der sreicimscrvalwcu :,nd der nationnlliberolen Partei »nsanimenseyenden Majorilät, dem Fürst BiSmarck eben erst in einem zur Lerösfcntlichnng gelangten Schreiben Ausdruck gegeben hat, das principiell richtige; für die conservalive Partei sollle es dies wenigstens unter dem Kcsichtcpiinkle der praktischen, mit den realen Lerhält» ssen rechnenden Politik sein." * Da« nack Ncuconstituirung de« BundeSratbe« für die laiiscnte Session l 884/85 ausgestellte Derzeichniß der Bevollmächtigten weist verschiedene Veränderungen auf. Unter den preußischen Mitglieder» wird jetzt der StaatSsccretair de« StaalSralbS von Möller an dreizehnter Stelle aufgcführt. wäl'.rcnd er früher die vierzehnte einnadm. Er rangirt vor den Unter-TtaatSsecrctairen, welche die Ge- heimerathSwürde und den Excellenzlilel noch nickt erlangt haben. Unter den preußisckc» Stellvertretern nimmt der Wirkt. Geh. Rath UntcrstaalSsccretair Marrard die erste Stelle ein. Auch jczit sind seitens Preußens nur 16 Be vollmächtigte ernannt. DaS Gerückt, daß StaatSministcr von PntUamer berufen werden sollte, hat sich bis jetzt noch nicht bestätigt. Bei Bayern ist Freiherr von Stengel. Ministerialrath, znni Stellvertreter ernannt und Ministcnal- ratb Freiherr v. Rresseidl abderusen. Seiten« Sachsen« ist ein neuer sechster Stellvertreter (gegen srüber 5) in dem Geh. RegiernngS-Ralb Böttcher ernannt worden. Beim Großherrögthnm Hessen erscheint als erster Bevollmächtigter, an Stelle des ausgeschiedenen Freiherrn v. Starck. Staats- Minister Finger; weiterhin ist an Stelle deS Wirklichen Geh. NathS Schleiermacher der Ministerial-Präsidenl Leber ge treten und der Gesandte und Bevollmächtigte vr. Neidhardt zum Wirklichen Geb. Rail, ernannt worden. Der groß- berzoglich säckstsche StaakSrath Billiger, bisher Stellvertreter, ist ans dem Bmidesrathe auSgcsckieden. Endlich sind von den Commissarcn der Landesverwaitnng für Elsaß-Lothringen die UnterstaatSsccrctaire von Pnttkamer und Leddcrhose nicht mehr ansgesührt. * Au» Schleswig-Holstein, IS. Oktober, wird der „Vossischen Z'itnng" geschrieben: Die nordichieSwigicke» Blätter drucken mit ebenso großem Eifer als Beilage» den Artikel der „Limes" über die nordschle«» wigskhen Bcrhäilnisse ab, in weichem da- „Weltblatt' so etwa» wie eine Art von moralischer Intervention zu Gunsten der unter dem angeblichen Drucke prenfchcher Tyrannei stehende» Dänen in Nord- schieswia empfiehlt. D.i» Material d'esei., ist der „Time»", wie st« selbst zugcstcht, c»S Kopenhagen zugejlossen imd vielle'ckt ist eS auch am Sunde geschrieben. Er hat »ämllch tu einen» Punctr eine auffallende Aehnlichkeit mit der dänischen Thronrede. Diese beginnt mit dem Brande des CYristianSborgS-EchlosseS, um die Volksvertretung zn ermahnen, die ungeheuren Summen für die kost spieligen VcrtheidigniifSprojecte zn bewilligen. Der „Time»".Artikel beginnt ebenfalls mit dem Schlvßbrande, um dann die Aufmerksamkeit Europa« aus da» viel schwerere und länger dauernde nord- schle-wig'sch« Unglück zu richten und um schließlich die dänii'ch« Volksvertretung zu ermahnen, einigen Sinnes die Aufforderung de» ttünigS zu beantworten und „zusammen »u arbeiten, zum Glücke deS BolkeS und deS Lande»", denn Deutschland würde e» gefähr licher finden, sich den Zumiilhungcn einer einigen Nation zn wider- sctzcn, al- wenn diele von einem Volke aiiSgehen, welches eine Beute innerer Streitigkeiten ist. Betrachtet man den Wortlaut de» Artikel» deS Eityblatte», so ist eS ganz unzweifelhaft, daß damit an da« „nationale" Bewußt sein der dänischen nichtdeutsch'eindlichea Opposition appellirt werden soll. DaS ist ebenso ungeschickt, al« da» Verfahren deS Weltblattcs. welche- eine innere Angelegenheil Deutschlands vor den Nreopag der öffentlichen Meinung Europas bringt, die Anklage de- dänische» EhanvintSmuS vublictrt und bann den „gemäßigten" Richter spielt, ohne den Angeklagten zu Worte kommen zu lassen. Nn» aber ist da«, waS die „Times" über die nordi'chleSwigscheii Zustände sogt, schief und unzutreffend. Sie sind sicher nicht io, wie der alte Eidcr- dani-mus sie wünscht und auch geschaffen Kälte, aber sie sind so, wie sic sich historisch bi- 1848 entwickelt Kotten. ES ist einfach nicht wahr, daß Preußen die dänische Sprache unterdrückt hat. Nord- schlcSwig steht so gnt »nicr vrrsasiuiiaSniüßigcm und gesetzlichem Schutz, wie irgend ein LandeStheil Preußen-. Niemals hat die dcuffche Presse unter der däniichr» Herrschaft diejenige DiSeuisionS- freiheü besessen, welche die dänische Parteiprcsse in Hadcrslebeii, in Apenrade, in Landern, in Soi.derburg und Flensburg in den Stand setzt, daS dänische Interesse in deuischen Landen aus daS Nachdruck- lichste zu vertreten. Wen» Preußen irgend welche Schwierigkeiten fände, in Nordschleswig seine Herrschaft auSzuüben. so würde e» sicher den gesetzgebenden Körpern AuSnahmemaßregeln empfehlen, welche mit einem Schlage die ganze dänische Seifenblase und Nord- schleswig vernichten würden. Preußen läßt den dänischredendcn NordschleSwtgern ihre Sprache, ihre Presse und die ungehinderte Verbindung mit dem geistigen Leben Dänemarks. Wenn die „Timer" sagt, daß di« Kinder der Schleswig» nicht in dänischer Sprache in der Schule unterrichict werden, so vergißt daS Blatt zu sagen, daß seit dem Jahre l804 in den dänischrcdenden Diftricten der Wunsch der Gemeinden selbst sür Einführung der deutsche» Lch'.il'prachc maßgebend gewesen ist, und diese hat dahin geführt, daß gigenwörtig in alle» Städten und Mecken NordschleSwigS ohne Ausnahme und in einer Reihe von Landschulen der nordschleSwigschcn Kreise deutsch unterrichtet wird; in den Schulen der Districle init dänischer Volkssprache wird in dänischer Sprache unterrichtet, nur in drei Stunden der Mittelstufe und vier Stunden der Oberstufe sowie in de» Turnstunden soll die deuliche Sprache beim Unterricht gebraucht werden. Die „Times" übersieht vollständig, daß es sich in Nordschleswig um eine Grenzbevölkeruiig Hand !t. Es ist durchaus falsch und sehr leicht ziffermäßig zu bew-ism, daß selbst die nördlichsten Tistricte aus durchaus gemischter Verö'.k'nmg bestehen; deshalb ist auch die Ziffer der „Times" von '/« Million Dünen i» Nvrdschieswig viel zu hoch gegriffen; eS steckcu gegui hunderttausend Deutsche darin, welche in Ebristiansscld, Hatersicie», Landern, Apenrade, So»dex-ä bürg, Flensburg und in den Lauddiftricten wohnen. Prcußc» wäx»s außer Stande ein paar Quadratmeilen abzutreten, ohne eine treue deutsche Acvölkerung Preis zu geben. Für Dänemark wäre c» sicher das größte Unglück, wen» eS jemals wieder,Nvid!chle»««A erhielie. Jetzt ist es innerhalb seiner Grenzen eine geschloffene ein heitliche Nattoii; deuijche Element« im Snoen «ürdeo eine Quelle ewiger Differenzen und Unruhen bilden. Ein,!stmtt»>v«ien wie da» preußische assimillrt an seine» Grenzen sehr ktchk einige Tausend Uuierlhanc» fremder Zunge. I« größere Schwierigkeiten diese machen, desto weniger angenehm wird allerdings ibre Lage sein. >Z«nn die Rordschlc-twiger sich in das Unvermeidliche nicht fügen wollen, so dürscn sie sich über unbillige Härte nicht beklagen. Die „Time»" würde meaichensredndlicher handeln, die» ihren dänische» Freunden zu sagen, anstatt sie ganz zweckloser Weise auf- zustacheln. « * » * Kaum haben die Cracken die Errichtung einer czechisck'ei, Privatvolksschule in Wie» dnrchgcscht. so planen sie anch schon die Gründung von öffentlichen czechischrn Schulen aus Koste» der österreichische» Hauptstadt. Im Bezirke Favoriten fand am 21. September eine von zahl reichen ezechischen Eltern besuchte Versammlung statt, in welcher die folgende Resolution beschlossen wurde: „Wir vcr-
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