Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 16.03.1891
- Erscheinungsdatum
- 1891-03-16
- Sprache
- German
- Digitalisat
- SLUB Dresden
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- Public Domain Mark 1.0
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- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-189103165
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- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-18910316
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
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Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Anzeiger
- Jahr1891
- Monat1891-03
- Tag1891-03-16
- Monat1891-03
- Jahr1891
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- Titel
- Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 16.03.1891
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t«1«ch »V. Uhr. Nttsatt« «ck Er^rövt«» L»rrchß,»»t« »er Re»«ti»» 10—ir llbr. — « llj». her f»r »t« »AchKf»l^»tz« S»ser>te «» «r» bi« - lltzr 8>ch«iN«»», »«- 2» de» /UiiUeu für 2as.-^,»»tz»r: Vit« Me»»'« Smelt«. <Atfre« Uawersstttlstrih« 1« v»«ts Lösche, K»ch«t«»str. 1t, pari, «d K«»k^»k«tz 7, »»r bt» '/.» Uhr. LiWM.Tllgeblalt Anzeiger. Organ fir Politik, L-calgeschichte, tzandeK^GeMSvM^ ^ 75. Mvvtag den 16. März 1891. EÜdtMnetnenIbHruED vierteljährlich 4»/, Mk. t» AldFleipzig, tuet. vrinaerloh, 5 VL, d«K dt« PRt bezoaea S Mk. Einzeln, Nr», w M Belegexemplar 10 Pf. Gebühre» für Extrabeilaai» <in Loaeblatt-Fonnat aesalzt) «hur Postbeiörderung SO Mk.. «tt Posidesörderung 70 Ml. Inserate S aespaltene Petitzeile SO Pf. Größere bchnfren laut »ns. Preisverzeichnis. Labellarischern Ziffernsatz »ach HSHerw Larff. Ueliamru »»ta de«Nedacttoalstrich dfttaetpall. ZetleüOPs.vorden Familiennachrichte» die 6 gespaltene Zelle 40 Bf. Inserat« sind stell an die Vrpediti«» z» lenden — Rabatt wird nicht gegeben. Zahlung pr»«»>uv«k»v>ju oder durch Post» aachnahme. 85. Jahrgang. Amtliche Bekanntmachungen. Wohnungsvermiethrmg. Dt» tm >. «ad N. Lt«ck»erk de« Hintergebäudes de» der Etadtaemetnd« Leipzig gehörige» Grundstück« Universttätöftrasjr Nr. SS >rlege»en »etde» kleine« W«h«ungen sind vom 1. April «. A. au gegen « avierleljährige Kündigung anderweit t» »rrmiethen. Miethgesuch« werde» ans ft» Rathhausr, 1. Stockwerk. Zimmer Nr. 8, entgegen genommen. ... — Leipzig, de» II. März IM la 9189. Der Math der Stadt Lesprta. vr. Seorgi. Wagner. Lekamtmachung. Dl« Hslzahfuhr auf d«U Mittelwaldschlag« i« foae». Upitzsch bei Lvnuewitz ist wieder fra gegeben und tvird um beschleunigt« Abfuhr gebeten. Leipzig, am 1t. März 1O1. De» Rath« Farstdcputati«» Inm Tote tvindthorst's. * Der Tod de« Abgsrdneten Windthorst ist — diese« Wort klingt au« allen stetrackl ungen der Presse wieder — ein Treigniß von nicht zeringcr politischer Bedeutung. Der Führer de» Eentrums war nachgerade einer der mächtigsten Männer im Deutschen Wch geworden; er stand jetzt gerade auf dem Höhepunkt sei»» Einflüsse» und seiner Bedeutung, in einer parlamentarisch« Machtstellung, wie sie dermalen kein anderer Politiker ve, ferne besaß. E« liegt eine gewisse erschütternd« Tragik darin, daß ihn drr Tod gerade in diesem Höhepunkt seiner Bedeutung abrufen mußte. In der Gesetz gebung de« Deutschen Reich« konnte nicht« mehr ohne die Zustimmung de« Manne« geschehen; wir haben e« noch in den letzten Wochen erlebt, wie »loniale, militairische und maritime Forderungen genau so weit bewilligt wurden, wie e« Windthorst julies Und wie diese Dienste erkauft werden mußten, davon zeugt seit Jahren manche- Blatt unserer politischen «nb Eulturgeschichtr. Windthorst hat, zumal in deo letzten Jahren, seine Macht mit rinrr gewissen Mäßigung, «it verantwortlichkrit-gefühl u»d «LtaatSklugheit z» gebrauchen verstanden, er hat dem patriotischen und aatienalen Gefühl manche« Zuarständniß gemacht, und eben da« hat ihn jo lange aus der Hohe seiner Stellung erhalten. Wir habe» »hm in den langen Jahren seiner machwollen Wirksamkeit fast unau-gesetzt feindlich gegenübcrstehen müssen; seine ganze politische und geistige Grundanschauung war tcr unsrigcn völlig entgegengesetzt und wir mußten e« stet« als ein nationale« Unglück betrachten, daß der Vertreter ein» solchen Richtung au« Umständen, die wir heute nicht nabcr erörtern wollen, diese Machtstellung im Staatölcbe» de« deutschen Volke« erringen konnte. Das hindert aber nicht, den lauteren Charakter und die liebens würdigen Eigenschaften diese« MauneS anzucrkenncn. Auch unter seinen politischen Gegnern hat er wohl kaum einen persönlichen Feind besessen. Nicht nur seine hohe geistige Befähigung, der Neichlbum seiner Kenntnisse, das unvergleich liche taktische Geschick seine« parlamentarischen Auftretens, die Kunst zu vermitteln und zu herrschen wurden stets allerseits anerkannt, sondern auch die Freundlichkeit seines Wesens und die Milde seiner Fermen. Die beiden Grundzüge seines politischen Charakters, da« Streben nach Befestigung der Herrschaft der römischen Hierarchie und der Wider stand gegen die nationale Sache, sind un« stet« gleicher- maßen zuwider gewesen, aber die rastlose Energie, die meisterhafte Geschicklichkeit, die folarrichtige Con- scquenz, womit dcr Verstorbene diese Ziele verfolgte, uöthigen un« Bewunderung ab. Auf unser parlamentarisches und damit auch unser ganze« politisches Leben wird der Tod diese« Manne« von tief eingreifendster Wirkung sein. Die Stellung der Centrum-partei, diese« mächtigen FactorS in unfern Parlamenten, muß notbwendig bedeutende Ver änderungen erleiden Sie mögen nicht von heute ans morgen eintretcn, aber unvermeidlich sind sie. Da« Centrum hat keinen Führer mehr und keinen Mann, drr diese innerlich so verschiedenartige Masse zusammenzuhalten verstehen wird; alle Männer, die etwa in Zukunft al« Führer der Parte! auftreten werden, baben von ferne nicht die Autorität und die geistigen Fähigkeilen Windthorst'«. Der Verstorbene war weder zu den Aristokraten, noch zu den Demokraten seiner Partei zu zählen, er hatte von beiden einige Züge und war darum wie geschaffen, die auSeinanderstrebcnden Flügel zu- sammenznhalten. Je mehr da« Feuer de« „EulturkampfcS" zu erlöschen begonnen, um so schwieriger war c«, daö zu- sammenfaffende Band in dieser bunt gemischten Partei immer wieder festzuschürzen. Da« vermochte nur da« gewaltige Ansehen und die hohe Begabung Windtborst'«. Die Cen- trumSpartri wird e« spüren, wa« sie an diesem Manne ver loren hat. ES sei un« gestattet, einige Stimmen der Presse hier wiederzugrben, welche sich mit dem Tode Windthorst« be schäftigen. Die .Kölnische Zeitung" schreibt: Seit 1867, vollend« seit 1871 sind in Deutschland nicht viel« politische Namen jo oft genannt worden, wie der de« Manne-, der beute Morgen hrimgegaugen ist. In ihm erblickten die «inen di« Verkörperung der Opposition gegen Preußen, die andern mit dieser da- Lentrum de- Kampfe- für die Interessen des römischen Klern« und der Befehdung de- modernen Staat-wcjens. Windthorst gehört zu den Zeitgenossen, welch« sich rühmen können, Geschichte initgcinacht zu haben. Die .Nationalzeitung'' bemerkt in einem Artikel: Eine Anerkennung von Windthorst'« politischen Bestrebungen werden auch seine Freund« von «n- nicht erwarten; wir hoben sie ein Vierteljohrhundert bekämpft und e« wäre widersinnig, bei der Würdigung seine- Wirken« diese unsere Stellung irgendwie zu ver hüllen. Er war der Führer de« Klcriko>i«m»» «nd diese» halten wir für die verderblichste Richtung de- öffentlichen Leb«n«, für die gefährlichste, zumal in Deutschland, wo der Gegensatz d«r religiösen Bekenntnisse wiederholt in unserer Geschichte dt» Nation blutig zer- rissen hat. I» der ersten Hälsie von Windthorst - Thäliakeit war dieselbe vornehmlich aus die Zerstörung der Falkschcn Gesetzgebung gerichtet. Au« den Empfindungen heran», welche diese nun einmal thatsächlich in der Mehrheit der katholischen B«vülkerung hervor- gerufen, mochte der Kannst gegen di« Maigesetz« bei etnein Manne wie Windthorst noch subjectiv berechtigt erscheinen. Aber auch diese- Urtheil ist nicht anwendbar aut sein nach dem kirch»»- politisch«» Au-gleich hrrvorgetrrtene» Bestreben, Immer »tue Gründe zu neuem „Lulturkainpf" z» finden, immer vted«e den deutsche» Katholiken dc« Aolhivenvigfett abgesonderter politi sch« Oremrffatton — sollt« doch Dover» sog« t» vuodes- rath bi» Noll« einer katholische» Bormacht übernehme» I — «inzu- schärfen. Wir wünschen dem tobten Gegner ta keinem Betracht Unrecht zu thun; aber es ist schwer zu sagen, wie jene« Bemühen ander«, al« durch da« verlangen nach Ausrechterhaltung der eigenen Machtstellung erklärt werden soll, sofern man nicht annehmen will, daß der ursprüngliche Gegensatz wider die Formen, in denen die Einigung Deutschland« sich vollzogen hat, doch sich bi« zuletzt geltend machte. Sonst konnte allerdings in den letzten Jahien Mancher zu drr Annahme veranlassen, daß dieser Gegensatz sich in WiiiSihorst mit der Zeit verflüchtigt, daß die gut deutsche Gesinnung, die ihn erfüllte, ihn zu einem inneren Sichabfinden mit den ihat- sächlichen Farmen de« Nationalstaates geführt hat. Doch hierüber werden mit Sicherheit nur Tie »«Hellen können, welche ihm per sönlich am nächsten standen. In dem letzten Jahre seine» Leben-, auch noch in den letzten Tagen desselben, hat er seinen Einfluß für die Befriedigung nationaler Bedürfnisse eingesetzt. Zn den üblichen Parteiunterschiedea, soweit sie nicht die Interessen der katholischen Kirche berühren, nahm er durchaus die Stellung eine« Opportunisten ein. In Hannover hotte er als ei» Altliberaler mit klerikaler Färbung, etwa wie bi- 1866 die Reichen-perger und Genossen in Preuße», gegolten: sein Opportuni-iniiS ermöglicht« «S ihm aber, sich später bald al- den „wahren Liberalen" und bald al- den „wahren Lonservativen" zu bezeichnen und entsprechend »u bandeln. Niemand bezweifelt, daß Windthorst'« Tod ein politische- Er- eigniß ersten Range- insofern ist, al» dadurch die Auslösung dcr Centruin-partei «»geleitet wird. An seiner Bahre werden seine Parteigenossen einander da- Gelöbniß unverbrüchlichen Zusammen- Haltens geben: aber di« innere NothwenLigkeit der Dinge ist stärker, al- solche Absichten einer feierlichen Stunde. Schon seit der Be endigung de« kirchenpolitischen Kampfe« hat die an- Reattionatren, gemäßigten Liberalen und Demokraten bestehend« Pa«« keinen inneren Zusammenhalt mehr; nur da« persönlich« Ansehen des Führer«, feine Geschicklichkeit, immer neue momentane Bereinigung-- punct» aufzustellen, hielt sie noch beisammen, und auch so nur noth- durstig. Damit ist e» zn End«: e« ist keine Persönlichkeit vorhanden, welche an Windthorst'- Stelle die Führung ander» al« dem Namen nach zu übernehmen vermöchte, »ad selbst «n neuer Führer von Bedentuiia könnte die fehlend« Gemeinsamkeit der Bestrebungen nicht ersetzen. Es wäre überflüssig, sich heute in Bermuthnngen über die Art zu verlieren, wie die deutschen ParteiverhSltnisse durch Windtborst'« Tod werden beeinflußt werden. Zunächst können sie sich dadurch möglicherweise schwieriger gestalt««, al« in der jüngsten Zeit, insofern der Mann verschwunden ist, d«r neuerdings in einzelnen Fällen dem Lentrum mit Mühe die im Gesammtlnteresse noth- wendigen Entschlüsse «drang. Auf die Dauer aber wird da- deutsch« Parteiwesen gesünder und natürlicher werden. Di« Politik ist «in harte« Metier; sie erfordert solch« Betrachtungen auch an «nein Sara«. Die -Post" schreibt: Da» hinscheiden de« Herr, vr. Windthorst beansprucht znr Zeit die Bedeut«»- «ine« politischen Ereignisse« ersten Ranges. Angesicht« de» Tode- ist für die Kritik kein Platz. Wir beschränken uns heute daher »ach der persönlichen Seite auf die Bemerkung, daß da» Parlament in Herrn vr. Windthorst eine« seiner geisl- reichsten und social liebenswürdigsten Mitglieder verloren hat. Wer viel mit ihm zu kämpfen und zu verbandet,, gehabt hat, wird von der Loyalität und Zuverlässigkeit de« Hingeschiedenen sich überzeugt haben, lieber die Bedeutung Herrn vr Windthorst'« al- Politiker »nd al» Parlaincnt-redner ein Wo« zu verlieren wäre übrig. Sein Scheiden wird nach beiden Richtungen eine empfindliche Lücke lassen. Wa- aber gerade jetzt demselben eliie besondere politische Bedeutung beilegt, ist der Umstand, daß da- Lentrum im Reich-Iage sowohl in Fragen de- Heerwesens und der Marine, wie der WrthschastSpolitik den Ausschlag glebt und daß die Leitung de» Lentrum- daher sür die Entwickelung der Reich-Politik einen Lberau-wIchtigen Factor dildet. Wie verschieden innerhalb de» Lentrum» die Anschauungen sind, ist bekannt, Elemente, welche politisch und wirthschaslllch womöglich noch über die Kreuzzeitnng-männer hinauSaehen, sitzen darin »eben Männern von durchaus demokratischer Gesinnung. Diese in sich inkohärente Partei auch in der Zeit, in welcher da- Band de- CulturkampfeS sich zu lockern begann, fest und action-sählg erhalten zu haben, ist da- große Verdienst Herrn vr. Windthorst'-. Er hat e- sogar verstanden, auch in der reinen, nicht kirchlichen Politik eine sachlich seste Linie innezuhalten, so daß da- Lentrum einen für viele Fragen der Politik durchaus berechenbaren Factor bildete. E- ist ferner anzuerkcnnen, daß Herr vr. Windthorst von dem entscheiden- den Einfluß, welchen ihm und der Partei die letzten Reichstag-- wählen im Reichstage gesichert haben, einen im Interesse einer starken deutsch-nationalen Politik durchaus anerkennen-wertheu Gebrauch gemacht hat. Die- erhellt u. A. au- dem Verhalten de» Centrum- znr HeereSvcrstärkung und zu den UnterosficierSprämien. Wa» in dieser Hinsicht, sowie bezüglich der Entwickelung der Lenlruins die Zukunft bringen wird, ist in Dunkel gehüllt. Zu den vielen Momenten dcr Unsicherheit in unseren polm'chen Verhält- »isse» fügt da« Hinscheiden des Herrn vr. Windthorst ein neue) von vielleicht verhängnißvoller Bedeutung hinzu. Die „Krruzzeitung" macht sich dahin schlüssig: Sein Ziel war allein, den deutschen Katholiken »ine behag liche Wohnung im deutschen Reich« einzurichlen, und wenn er Welte war, war er e« doch nicht in dem Maße, daß er die Interessen Hannover« nicht gegen die AlldeutschlandS zurücktreten ließ. Wer ihn näher gekannt hat, weiß, daß er ein guter Deutscher war, ol>- schon er allerdings ein speeielle- Vorurtheil von besonderen Vor zügen Hannover- und dcr niedersächsischen Nasse gegenüber anderen deutschen Stamme-brüdern niemals ganz loswcrden konnte. In dieser Beziehung blieb er Partikularist bi» an sein Ende. Al- ober in den letzten Jahren die von Rußland und Frankreich anssteigendcn Gefahren immer drohender wurde», sagte Windthorst nicht selten Im Freundeskreise: „Deutschland soll erhalten und geschützt bleiben", und im Unterschiede von anderen, di« da» ebenfalls sagen, bewilligt« er auch da» Geld dafür. In seinem Tode mit dem Segen-wunsche für feinen Kaiser und seine Kaiserin aus den Lippen, hat er seine deutsche Gesinnung besiegelt. Im Lentrum war sein, Thätigkeit stet« auf Stärkung der mitt leren Strömung gerichtet. Tie äußerste Linke und die äußerste Rechte tm Lentrum bekämpfte er aus alle Weise, damit die Partei erhalten bleibe. TaS Bestreben de- Fürsten Bismarck, ihn au- der Partei zu climiniren, konnten wir nicht unterstützen, weil eventuell nur ein kleiner Theil der Lentrumspartei sür di« conser- valiv« Richtung gewonnen wäre, die große Mehrheit der Partei würde der Demokratie verfallen sein. Man kann der schärisle Gegner de- Lentrums sein, aber man wird nicht bestreiten können, daß ein Zerfall desselben dir Folge gehabt haben würde, daß wenig- sten» am ganzen Rhein, von den Fallen von Schasshauien bis herauf nach Wesel, Windthorst und da- Lentrum durch die Demokratie er- setzt worden wären. Windthorst konnte diese verschiedenen Elemente zusammenhallen und verstand sogar, sie in conservative Bahne» z» lenken. Ob es seinem Nachfolger gelinge» wird? Herr v. Schorlemer ist irank, Aiigust Reichenspergrr au- dem Parlament geschieben und Peter Reick,,nsperger über «0 Jahre alt. Noch oft wird da- Leu- »«in, seine» Windthorst v,«nisten, den größten unter den parla- inenlariichen Parteiiüheern der Gegenivart. Welche Einwirkung sein Tod auf dir Gestaltung der politischen Parteien in Preußen und Deutschland und aus ihr Verhalt«, zur Regierung und zueinander haben wird, entzieht sich zur Zeit noch ,rder zuverlässigen Be- rechnung. Di« „Mllnchner Neuesten Nachrichten" schreibe» in einem Artikel: ES dürfte übrigens wenig Männer lm deutschen parlamentarischen Leben gegeben haben, di« mehr politisch, Gegner und weniger per- sönllche Feinde gehabt haben. Windtborst ist nicht nur ei» hoch- bedeutender, in gewisser Beziehung vielleicht genialer Politiker, er ist s.w.nnb?» einen EhrenMtz in der Geschichte s chen, ^ Genius Deutschland». einem gewissen Grade ein« Zeit ^ bekämpften, ihm dis so werden auch die, we.che ihn u-riaaen können. E- ist höchste persönliche «nerkennung n ch vrrl g ^ Fähig- freilich sehr bedauerttch. daß Wind.h^t ^e 8 z k-itea nicht in anderem Sntne sür ^ Deutsche Reich, hat, al« in jahrelangem Kamp?- g ' g ^ gestaltet wie es durch die ^rZaaiss «urm die Gerechtigkeit wider- anffassung und Weltanschauung et e ^ v Streben und wünscht, da- kann uns »ich daran dtnvern. ^ Wollen die gebührende Anerkennung »» gewähre''- ^ ^ Ist ausaelöscht; wir hoben deren in Deutschland nicht I v'kte. u wir dies nicht mit aufrichtigem Bebauern empfinden müßten. . * . » Ueber di« letzten Augenblicke Windthorst « wird ^Ms »um Freitag Abend hatte man Hoffnung, daß da« A"mmste n°chma,« "baew.nd« werden würde. Künftig wurde der -.K -nischen Volk-zeitim/ vom Freitag Nachmittag beri-HI-l- -«'rna-b war da« Bewußtsein nicht wieder ä'lchwun^n dee Apv'tlt sch m sichzu rraen, Windthorst verlangt« sogar e'n Gla« Bin. Demlclbm Blatte zufolge erhielt der Erzbischof von Köln auf Anfrage in Berlin folgenden Trahlbcricht: „Für gnädiae Theilnahme aehonam^ »eine ich Euer Erzbischöfliche» Gnaden an, daß Ercellenz Windthorst Attest» nomhaft besser befindet, so daß, wen» kein Rückfall erfolgt. Genesung zu erhoffen ist. Graf Ballestrein. Nach alledem scheint in der Nacht zum Sonnabend der vrr- -Lnynißvollk Rückfall eingelreten zu s«in. Es wird der „Post' ^In"d«"'Aefl'e» Hälft, der verflossenen Nacht w-r b°, Fieber tu immer höherem Grad« gestiegen und die Phantasien wurden leb- Hafter und unruhig«. Gegen Morgen trat ein leichter Schlag ein. der zur allmällgen «uflösung ssshrt«. VnnwrNich schlumnirrt. vr. Windthorst in den Dod hinüber. In seiner Sterbestunde standen ihm wenige Personen nahe, die tiefbetrübte Tochter und ein trauernder Nesse, der «bg. Sperlich, scln treuer Miethgenosse. und Frau Pilartz, sein« unermüdlich sorgende Wir«,in. . „ - Eine halbe Stunde vor dem Tode besaß er noch volle- Bewußt sein, sprach mit seiner Tochter Maria und trug ihr Grüße an sein« treue Leben-gesährtin in Hannover auf. Die ihm vorgesprochenen Stcrbegebete murmelte er mit. Ti« sterblichen lieberresle sind augenblicklich ans dem Sterbebette aufgebah«. Er trägt den Rosen kranz in den Fingern. Sei» Gesicht ist säst unverändert, nur ,rhr wach-gelb. Auch die Finger sind wach-gelb. Die Ueberführung wird nach der Capelle de- Hcdwig-Kraiikenhause» erfolgen und dort ein feicrlichrs Requiem abgehalten werden. Die Bestattung wird wahrscheinlich am Mittwoch in Hannover siattsinden. Tie Theilnahme während de- Freilag- war eine außerordent- lichr. Dcr Zudrang der Nachtragenden wuchs imniersort. Auch von außerhalb kamen stündlich Telegramme mit Nachfragen und Beileidsbezeugungen. Freitag Mittag erschien unter vielen Anderen der bayerische Bertreter von Lerchenteld in der Wohnung Windt borst'», um im Aufträge de« Priiiz-Regentrn Luitpold sich nach dem Befinden de« Kranken zu erkundigen. Wie endlich noch die „Kölnische BolkS-Zeltung" meldet, verlieh der Papst dein Bersiorbenen noch kurz vor seinem Hinscheiden da- Aroßkreuz »um St. Greqorius-Orden mit einem äußerst schmeichel haften Handschreiben. Die Bericthung war schon seit Wochen de- schlossen« Sache. Graf Ballestrem übermittelte dem Reichskanzler persönlich die Trauerbotschaft. Letzterer war tief ergriffen und sprach sein Beileid in den wärmsten Worten au». Tie Leiche wird nach der Capelle de- HedwigS-Krankenhause- überführt und am Mittwoch in Hannover beigesetzt werden. Ueber die letzten Stunden des Entschlafenen berichtet man in Ergänzung de« Obigen: Schon um ll Uhr Abend- constatlrlcn die Acrzte, daß die Ent zündung auf den linken Lungensiügel Übcrgegangen war und iahen bereit« voraus, daß die Auslösung schnell eiutreten wurde, vielleicht schon in der Nacht oder spätesten- am nächsten Mittag. Später stellte sich heftige» Dcliriren ein: während er phanlasirte, sprach er sehr viel Rühmliche» von der Kaiserin Augusla und unserem Aaiser- paare. Sodann hielt er in dcr an ihm gewohnten Redeweise eine Reich-tag-rede und zwar über die Aushebung de» Iesuilengcsetzes, bi- er niit einem Male abbrach. Man glaubte nunmehr, daß er eingeschlummert sei. Line halbe Stunde vor dem Abscheiden besaß er noch volle- Bewußtsein. Man uinsi c« der „kleinen Exccllcnz" lassen, sie ver stand und üble da« Mittel, zu verhindern, daß etwas ohne sie sftichah. Wenn ein Mann hoch in den Sicdenziqern von Freiburg bi« Hamburg, von BreSlau bi- Crefeld zu jeder Jahreszeit l>k«nn reist, um aller Orten zu wühlen, begreift man, daß die Masse begeistert zu ihm aufjauchzt. Aber er wußte auch den Volkston zu treffen. Wie er keinen Anstand nahm, „» Abgeordnetenhaus! von dem Vergnügen zu reden, daS er als kleiner Junge gehabt, wenn er bei Jagden unter den Treibern gewesen, so wußte er bei allen öffentlichen Vcr- sammlungen seinen Ursprung auS dem Volke zu verwcrthen Liebenswürdig gegen jeden, selbst de» politischen Gegner, ver- stand er eS besonder«, ein Thema anzuschlagen, da« ihm Er- folg verschaffte; der Trinkspruch auf die Frauen und der Auf ruf an diese waren seine Domainc bei den katholischen Generalversammlungen wie bei andern öffentliche» Festen. Tie Frauen waren von dem wirklich »ngcwöbnlich häßlichen Mann« durchweg eingenommen. Er war aber auch ein »»- gemein liebenswürdiger Gesellschafter, welcher sich durch sein Hoslebcn die Bebantlung dcr Höchsten und Hohen vollstäntia und zugleich schlau genug geblieben war. tcu bescheidenen Bürgerlichen bcrauSzukeßren. Der alle Sludcnt verleugnete sich bei ibm nicht, galt e« bei Festmahlen beiter z» sei», so zobltc er die Gläser nicht, er gehörte zu den wenigen Centriimsmanuern. welche mit Mitgliedern aller Fraktionen freund,-baulich verkehrte». Ma» ka,i„ „„ gesichte dessen, was dieser Mann in dcr Opposition gewesen LLL' LL LH-L.? Leipzig, 16. MSrz. * Drr Besuch dr« Graf«» Walderfee i» Fried rich «roh wird fortdauernd in allen politischen Kreisen leb- daft erörtert. Eine bestimmte Deutung de« Vorganges ver bietet sick im Augenblick von selbst. Wenn Gras Walkers« eine besondere Mission zu erfüllen hatte, so wird dieselbe wobl daS Gedeiiiilliß eines sehr enge» Kreises sein und wird es zeitlebens bleiben, sofern die Mission nicht einen volle» Erfolg gehabt haben sollte. War sie aber erfolgreich, so werden schon die nächsten Tage den Schlüssel zu dcr Be gegnung bieten. Bemerkt wird übrigen«, daß dieser Besuch auch eine sehr einfache Erklärung hat, auf die er sich mög- lichcr Weise beschränkt. Fürst BiSmarck ist in höchster militairischer Rangstcllung und daß er die ihm zugcbilligte »lilitairische Würde grundsätzlich in hohem Grade Werth- schätzte, weiß man seil Jahr und Tag. Es soll nach dcr Berliner Börscn-Zeitung" ncuestenS auch einen Zwischenfall gegeben habe», bei dem eS wiederum hcrvorgclretcn wäre, daß Fürst BiSmarck seine Würden und sein Pflichtenvcr- hältniß al« hoher Militair mit allem Tactgefühl in Rechnung setzte. Um so mehr mußte eS dem nach Altona versetzten CorpSeommandeiir obliegen, in FriedrichSruh eine An- trittSvisite zu mache», als dieser Commandeur Graf Waldcr- sce ist, dcr in verantwortung-reicher Stellung Mitarbeiter de« Fürsten-Ncich-kanzlerS gewesen. E« ist sogar wahrschein lich, daß der Kaiser selbst den Wunsih ausgesprochen hat, daß dcr neue commandireude General Graf Walderfee dem Fcltmarschall Fürsten BiSmarck bei erster Gelegenheit seine Aufwartung mache. Wenn nicht früher schon, so wird Graf Walters» diesen Wunsch de« obersten Kriegsherrn jedenfalls bei Gelegenheit dcr jüngsten Einladung nach Berlin dom Kaiser vernommen haben. DaS vorstebend genannte Blatt ist der Ansicht, daß bicrin bereit« „Mission" genug enthalten war. Die Oesfcnilichkeit sei dadurch wieder einnial belehrt, daß von dem gespannten Berhältniß zwischen Kaiser und BiSmarck, von dem gewisse Blätter so viel Aufheben« machen, thatsächlich nicht« bestehe. * Dir „Politische Co rrespondenz" enthält einen osss- crösenBerliner Brief, der die Einkommensteuer bespricht. In der Annahme de« Gesetze« durch da- Abgeordnetenhaus sicht der Verfasser den Beweis, daß die besitzenden Classen sich de« oodilo officium bewußt seien, eine gerechtere Ver- khrilung der Steuern und eine Entlastung der minder begüterten Classen herbeizuführen. Die Haltung dcr Con- fervativcn im Abgeordnetenhause lasse einen ziemlich bündigen Schluß auf da« im anderen Hanse zu erwartende Votum zu; allerding« sei e« möglich, daß im Herrrnhausr die vier- procrntige Besteuerung der hoben Einkommen wieder beseitigt wird, c« dürfte da« keinen da« Zustandekommen de« Gesetze« gefährdenden Einfluß au«übe». Die Annahnic dcr Gewerbesteuer erwartet der Gewährsmann der Correspondenz mit einer an Einstimmigkeit grenzenden Majorität. Im Ucbrigcn charaktcrisirt er die Bedeutung der Umgestaltung de« SteuerwescnS wie folgt. Neben den sofort hervorlrel»ndcn Einwirkungen kommen die große» Aufgaben in Betracht, die sich in nicht allzu langer Frist er geben werden: Die allmäligc Beseitigung tcr Objeclsteucrn durch die Einkommensteuer, bei der die unterschiedliche Be steuerung de« sundirtcn und unfundirtcn Einkommens zur Anwendung gelangen soll; dann in etwa« weiterer Zukunst die Umbildung des preußischen Wahlgesetze«. Nach den Er fahrungen, die man im Reiche mit dem allgemeinen Wabl- rccht gemacht hat, bei dem Widerspruch, den diese« System gerade in de» gebildetsten Kreisen dcr Nation gefunden bat, ist schwerlich anzunchmen, daß die« die Grundlage sür die Umgestaltung de« preußischen Wahlgesetze« werden wird. Es läßt sich viel eher denken, daß man darauf bedacht sein wirk, da« gegenwärtig bestehende CeiisuSwahlrecht von den Cari- caturc» und Auswüchsen zu befreien, die demselben so zahl reiche und gewichtige Berurtheilungen eingetragen haben. Selbstverständlich liegen in dieser Richtung bestimmte Beschlüsse noch nicht vor. * Im deutschfreisinnig-dcmokratischcn Lager dämmert eine Ahnung aus, wohin man unter Uiiiständcn mit fortdauernder Nachgiebigkeit gegen die Bestrebungen de« CcntrumS kommen könne. S» liest man in dcr Ber liner „BolkSzcitung": Wir stehen anscheinend vor einer neuen, schweren Krisis. Wir hoffen aber, daß, wen» diese Krisis eiutreten sollte, aus ihr eine Gesundung unseres poli tischen Leben« hervorgchcn würde. Für da« deutsche Vrlk ist sicher die Vcrlheucrung de« täglichen BrodcS etwas scbr Drückende«. Aber weit drückender würde ihm die geistige Knechtschaft, die Beugung unter daS römische Joch sein, zumal diese« Joch mit weiteren schweren materiellen Belastungen verknüpft fein würde. Es würde sür den Augenblick den Kamps um die Schutzzölle vertagen, um den Kampf sür seine geistige Freibcit mit allen Denen zu führen, die in diesem Puncte gleicher Uebcrzcngung sind." DaS schreibt jetzt ein Blatt einer Partei, wclcbe im vorigen Jahre den KriegSruf Ilcieder mit dcm Cartcll!" aus« WUthendstcßerhoben und >cdcr Niederwerfung eine« Nationallibcralen durch einen Ultramo». tancn wie einem großen Sieg auf« Freudigste zugejubclt hatte. Wir haben oft genug gesagt, dcr Freisinn arbcilct nur für den UltramontaniSmuS und die geistige Unfreiheit. Aber wo war in dcr blinden Wuth jener Tage Verstand und Urbrrlcgung'? * Mehrfach ist in der Presse die Rede davon, baß dcr frühere Minister de« Innern Herr von Puttkam er dcin- uächst Obcrpräsident von Pommern werden solle. Dazu bemerkt die „Nalional-Zcituiig": Für Herrn von Goßler tvird da» Lberpräsidium von Ost preußen in Aussicht genommen, während man in diesen Lombilia- tionen dem jetzigen Inhaber bcS Königsberg«! Postens Herr» von Sch Neck man» ein anderer zur Zeit nicht vacanie» Ober« Präsidium zumeist. Wir wisse» nicht, was an diesen Angabe» Wabre» ist, aber wir wissen, daß man in den weitesten Kreis.» erwartet bat, die einseitige Besetzung der hohen Berwaltungeämter »iit eztrcm eoniervaliven Persönlichkeiten, welche seit vielen Jabre» sialtsindrl. iverde ei» Ende baben. Di« Ernennung des Herrn von Piitllaiiier zum Lberpräsidciilen würde umsomebr einer Wider legung dieser Luv»!tuug gleichkon,inen, da auch in anderen Fällen seil dem Rücktritt des Fürsten Bismarck bei der Besetzung eine- bohe» Verwalt» iigSpostrn» eine entschiedene Abwendung von der früheren Praxi- nirgends erkcnnbar geworden. " Mit der allergrößten Aufmerksamkeit verfolgt man in allen Kreisen, auch in denen der Negierung, die Bcrg- arbeiterbewegung. Binnen wenigen Wochen wird kic Entscheidung darüber fallen, ob ein Bcrgarbeiterstrcik von ganz gewaltigen Dimensionen ausbrcchcn soll oder nicht. Tie
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