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02-Abendausgabe Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 26.03.1892
- Titel
- 02-Abendausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1892-03-26
- Sprache
- German
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-18920326028
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-1892032602
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-1892032602
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Anzeiger
- Jahr1892
- Monat1892-03
- Tag1892-03-26
- Monat1892-03
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2082 längst beabsichtigt, aber noch nicht bestimmt beschlossen, für diese» Sommer sogar unwahrscheinlich. Unke, een Vorlagen, welche in dieser Session des Reichstags unerledigt bleiben, wird sich auch der Gesrtz- enlwurf über die Immunität der RcichStagS- abgeortnete» befinden. Die Regierung batte belanntlich, ui» die vielbesprockene Rcchlsjrage der fortdauernden Immu nität bei laugen Vertagungen zur Entscheidung zu bringen, einen Zusatz zu Artikel :tl der Verfassung vorgeschlagen, wo nach aus die Zeit einer Vertagung des Reichstag», welche die Frist von dreißig Tagen übersteigt, die Bestimmungen über die Immnnitäl leine Anwendung finden. Die Vorlage ist an eine Eoinmission verwiesen worden, welche mir idrcn Arbeiten nicht vertig wurde. Abbilse gegen de» Mißstand eines jadre- langen strafrechtlichen Privilegs der Abgeordneten wurde von fast allen Seiten für nothwcncig gehalten, doch wurde viel fach bezweifelt, ob es dazu einer so einschneidenden Maß regel, wie einer Verfassungsänderung, bedürfe. Am zweckmäßigsten sc» eS, die langen Vertagungen über haupt zu vermeiden, und das könne leicht dadurch ge schehen, daß man den Anlaß zu solchen aus dem Weg räume und durch eine Aenderung der Geschäfts ordnung die Möglichteit schaffe, daß die in einer Session unerledigt gebliebenen Ergebnisse von EommissionSarbeite» auf die nächste Tagung übernommen werden. Aber auch dieser und andere Vorschläge zur Abhilfe sind über flüchtige Anregungen nicht hinausgekommen, so daß die Sache eben einfach unerledigt bleib». Inzwischen bat am 25. Februar d I. das Reichsgericht anerkannt, daß die Fortdauer der Iinii'.niiität weder durch eine kurze, noch eine lange Vertagung unterbrochen werde. Der Rcichsiagspräsidcnt hat, als die 2>»i. Sitzung ui dieser Session „gefeiert" wurde, in Aussicht gestellt, daß solche Vertagungen nicht mehr Vorkommen würde» Indessen kann sich doch immer wieder ein Anlaß dazu bieten, und es wäre daher wnnschenswerth gewesen, Abbilse gegen einen jetzt Lurch die höchste gerichtliche Instanz, als dem geltenden Recht entsprechend, anerkannten Ucbclstand zu schaffen. * Die Kommission des preußischen Abgeordnetenhauses für das llnterrichtswesen hat anläßlich einer Reihe von Petitionen einen umsangrcicheu Bericht über die wichtige Frage der Zulassung der Frauen zum uiedicinischen und philosophischen UniversitälSstudium, der Er richtung eines Mätchengnmnasiums oder Zulassung des weib lichen Geschlechts zur Ablegung des an den bestehenden Gymnasien eingesührlen MaturitätSepamenS veröffentlicht. Zur Benrtbcilung der Frauensrage enthält der Bericht uiteressantes Material. Wir beben einige Bemerkungen des RegiernngscvminissarS, Geb. Ralbs Schneider, hervor: In den Bestrebungen der Bittstellerinnen müsse ein gesunder Ster» anerkannt »verteil. Das Verlangen nach Erweiterung der Erwcrbssähigkeit der Frau sei bei den gegenwärtigen Verhältnissen der bürgerlichen Gesellschaft durchaus be rechtigt; er könne aber auch versichern, daß der Minister, soweit die Sache in sei» Ressort falle, sie eifrig fördere, und daß seine zuständige» Referenten, selbst über den KreiS ihrer amtlichen Verpflichtung hinaus, dies eben falls tbäten Auch das könne zugestanden werden, daß in weiten Streifen Frauen und Mädchen ärztliche, namentlich wundärztliche Hilfe in manchen Fälle» lieber von einer Frau als von einem Manne begehren möchten und daß deswegen eine Erweiterung der bezüglichen Kennlnissc und Befähigungen der Frauen erwünscht fein dürste. Soweit könne man den Aussührnnge» der Bittstellerinnen folgen, aber den von ihnen vorgeschlagcnen Weg einzuschlagen, fei bedenklich. Der Gedanke, daß die Mädchen ihren Bildungsgang unbedingt aus demselben Wege zu nehmen haben, wie die Heranwachsende männ liche Fugend, sei falsch. In cinerZeit, wo gegen den bisherigen Unter richt der Knaben laute Anklagen erhoben würde», wo neue Lebr- pläue zu erlassen seien, welche erst ihre Probe zu bestehen hätten, wäre es doppelt bedenklich, den Unterricht der weib lichen Jugend in jene Bahnen hinüberzusühren und zu be haupten, baß die höhere Bildung der Mädchen dnrch Gymnasien und Universitäten gehen müsse. Nickt einmal für die Stnabcn treffe das unbedingt und ausnahmslos zu; man brauche nur den Namen v. Moltke zu nennen, uin sich zu vergegenwär tigen, daß Jemand auch auf anderem Wege zu sehr hoher Bildung kommen könne, und Niemand werde bezweifeln, daß es unter unseren Osficieren, auch unter unseren Industriellen Männer gebe, welche, ohne durch das ganze Gymnasium und durch die Universität gegangen zu fein, sich doch ein Maß von Bildung angeeignet hätten, vor welchem Männer, die eine große Zahl von Prüfungen bestanden hätte», sich beugte» Hieraus komme er zu dem Ergebnisse, daß eS die Pflicht der UnterrichtSverwaltung sei, entsprechende eigene Wege für die Mädzhen zu suchen, dieser Pflicht werde sie sich nicht entziehe», aber ihre Erfüllung erfordere sorg fältig, besonnene Prüfung Die UnterrichtScommission hat den Antrag gestellt: Ueber die Petitionen, soweit sie die Er richtung eines Mädchengymnasiums und die Zulassung zum philosophischen Studium betreffen, zur Tagesordnung über» zugrhen, soweit sic die Zulassung zum medicinischen Studium und die Erlaulmiß zur Ablegung des MaturitätSepameu« an einem Gymnasium beantragen, dieselben der StaatSregierung zur Erwägung zu überweisen. Wir für unseren Theil halten an dem immer von uns vertretenen Standpunkt fest, daß für Mädchen und Frauen sich der Besuch von Gymnasien und Universitäten nicht empfiehlt. * Die preußische Regierung ist, wie bestimmt verlautet, bereit, auf eine Regelung der Welseufonds-Angelegrn- heit durch Gesetz, statt der vvrgeschlagrnen Ueberwcffung aus den Weg königlicher Verordnung einzugehen * DaS Allgemeine Parteifest zur Feier des ^jäh rigen Bestehens der nationalliberalen Partei wird, soweit bis jetzt vorauSbcstimmt werden kann, am 22. Mai in Eisenach veranstaltet werden. Näheres über dir Einzel heiten der Veranstaltung, wie über die Bildung der Empfangs-, WohnungS-EomitS- re. in Eisenach wird bekannt gegeben, sobald die hierzu erforderlichen Vorbereitungen abgeschlossen sein können. DaS dürfte Ende April voraussichtlich der Fall sein. Inzwischen möge den Vereinen und Vertrauensmännern der gesammten Partei empfohlen sein, auf eine recht zahl reiche Bctheiligung an dem Eisenacher Feste rechtzeitig hin zuwirken. * Ein nothwendigeS und gerechtes Gesetz hat der Reichs tag noch kurz vor seinem ÄuScinandergehcn beratben: das Gesetz, betreffend die Unterstützung der Familien der zu FriedenSübungen einberusenen Mannschaften der Reserve, der Landwehr und der Seewehr. Wir haben im vorigen Jahre, als das Gesetz eingebracht wurde, die Sache klarzelcgt. Leider ist keine Einigung zwischen dem Reichstag und der Negierung zu Stande gekommen. Die Regierung beantragte, den Familien der Einberufenen nur im Falle der Bedürftigkeit den Anspruch auf Unterstützung» zuzuerkenncn. Der Reichstag bat dies aber dahin geändert, daß jede Familie eines Einberusenen auf Verlangen die Unterstützung bekommt, ohne daß sie Bedürftigkeit nach- zuwcisen bat. Mit vollem Recht, denn wie der national liberale Abgeordnete I)r. Buhl sagte, nach dem Vorschläge der Regierung wird die Unterstützung zur Armenunter- stiitzuiig, mit der man den VaterlandSvertheidigern nicht kommen sollte. Der nationalliberale Abgeordnete vr. Osann tadelte sogar das Wort „Unterstützung", man fand aber kein passenderes dafür, vr. Buhl sagte auch, wenn jede Familie auf Verlangen Unterstützung erhalte, so würde dies allerdings dem Reiche mehr kosten, das spiele aber hier, wo eS sich um Recht und Billigkeit gegen unsere braven Krieger handle, keine Rolle. Zweitens hat der Reichstag den Regierungs vorschlag dahin geändert, daß auch die Familien der aus der Ersatz-Reserve zur zweiten oder dritten (nicht zur ersten) Uebung einberusenen Mannschaften unterstützt werden sollen. Auch hier bat der Reichstag das Richtigere getroffen. Es ist zwar richtig, daß die Ersatzreservisten, weil sie nur kur^Zeit dienen, weniger von der Dienstpflicht betroffen werden wie die Reservisten und Landwehrmänner. Aber darum bandelt eS sich hier nicht, hier handelt eS sich nur um die Familien der Ersatzreserviste», die auch einen Anspruch auf Unterstützung haben, wenn ihre Ernährer zu Waffenübungen eingczogcn sind. Drittens nahm der Reichstag den Antrag des Nationalliberalen vr Osann au, wonach die Unter stützungen nicht gepfändet und nicht übertragen werden können und der Zwangsvollstreckung nicht unterliegen. DaS ist selbstverständlich auch nur gerecht und vernünftig Wenn das Reich Geld für die Familien der Einberufenen hcrgiebt, so soll eben den Familien eine Wohlthat erwiesen werden und nicht den Gläubigern. Die Regierung hat leider wenig Aussicht gelassen, daß sie die Verbesserungen des Reichstages annckmen werde. Hoffentlich überlegt sie sich aber die Sache noch einmal und kommt zu der Einsicht, daß eS sich hier um Gebote der Billigkeit handelt, bei denen ein paar Hundert tausend Mark nicht angesehen werden dürfen. Bei sonstigen Forderungen für Militairzwccke ist die Regierung ja auch niemals knickerig. * Wie aus Berlin als sicher gemeldet wird, steht der Ab schluß der Verhandlungen der preußischen Negierung mit dem Bevollmächtigten des Herzogs von Eumberland bevor oder ist schon erfolgt. * Der Senat der freien Reichsstadt Bremen ließ der Bürgerschaft den Vertrag zwischen Bremen und Preußen wegen Erweiterung de« bremischen Staatsgebietes nördlich von Bremerhaven zum Zweck der Vergrößerung der dortigen Hafenanlagen zugehen. Der Hauptpunct darin ist, daß Bremen sich verpflichtet, dem Hafen eine solche Tiefe und Breite zu geben, daß die deutschen Kriegsschiffe darin einlausen können Ferner verlangt Bremen, gemäß den An forderungen des ReichSniarine-AnitcS, ein massives Dock, für Kriegsschiffe geeignet, dessen Kosten auf 3 474 990 ver anschlagt sind. Die durch die Forderungen des Reichsmarine- Amtc« entstehenden Mehrkosten soll das Reich übernehmen. * Dir focialdrmokrakischen Abgeordneten d«S deutschen Neich-tagcS sandten anläßlich der Communefeier einen Brief an iyren Genossen Lasargue in Pari», in welchem sie betonen, die deutschen Sociakisten würden das Bündniß von 1889 nicht vergessen und allzeit die Pflichten »er inter nationalen Solidarität erfüllen. « * » * Die Erklärung de» Statthalter» in der AuSgleichS- commiffion de» Prager Landtages erregte unter den Deutschen wegen des Entgegenkommen« gegenüber der Haltung des Feudaladels tiefe Verstimmung. Vr. Plener tadelte in scharfer Weise die schwächliche Erklärung des Statthalters, geißelte den Wortbruch der Altezechen und des FeudaiadelS, welche sich den iungczcchischeu Befehlen unter worfen, und hob die günstige Wirkung der bisher beschlossenen AuSgleichSgesetzr bezüglich der Zwcithrilung de- LandeSschul- rathe« nnd LandcSculturrathes hervor. Er erklärte, die Deutschen würden ihre Forderungen, die sich aus dem Ausgleich ergaben, nie aufgeben Die Rede machte tiefen Eindruck; sie bedeutet entschiedene Stellungnahme gegen die gegenwärtige Politik der Regierung. * DaS belgische Regierungsblatt „Paix" bestätigt, daß derzeit vertrauliche Verhandlungen zwischen den europäischen Eadineten über gemeinsame Maßregeln gegen die Anarchisten ftattsinden; auch die Bereinigten Staaten von Nordamerika würden dem Uebcreinkommen beitretcn. * Die ministerielle Majorität der italienischen Kammer hat neuerdings eine schwere Belastungs probe Lberstandcn, besser, als Marchese di Rudini selbst ge hofft haben mag. Die Abstimmung über die diversen Tages ordnungen zu dem Eisenbahngesetz hat stattlich« Majoritäten gegen die Vorschläge der Opposition und für die von der Regierung acceptirte Tagesordnung des Abgeordneten von Padua, Leone Romanin-Iacur, ergeben, welch' letztere das Vertrauen ausspricht, daß die Regierung im Laufe des IahreS l893 die verheißene Eisenbahnvorlage ein- bringen werde. Der Gesetzentwurf, dessen Specialdebatte die Kammer noch vorgestern begonnen hat, soll nach den Aus führungen di Rudim'S — dem knappen telegraphischen Berichte nach scheint der CabinetSches allein die Vorlage vertheidigt zu haben, deren Vertretung nach den ursprüng lichen Dispositionen die Minister Luzzatti und Branca hätten übernehmen sollen — das Budget um 52 Millionen entlasten und die Inanspruchnahme der Staatsmittel zuin Baue nütz licher, aber nicht dringender Bahnlinien verhüten; in den beiden nächsten Budgetjahren sollen je 39, in den folgenden drei Jahren je 49 Millionen Lire für Bahnbauten aufgewendel werden. Wenn sich, was allerdings nicht ausgeschlossen ist, nicht noch bei der Specialdebatte Ueberraschungen ereignen, dann erscheint durch daS vorgestrige .Kammervotum der Bestand des CabinetS Rudini wieder aus einige Monate hinaus ge sichert, da der gegenwärtige SessionSabschnitt nur noch nach Tagen zählt und der nächste, am lO. Mai beginnend«, in der Hauptsache der Erledigung politisch minder belangreicher Gegenstände gelten dürfte. * Aus Paris berichtet man: Wie der „Soleil" wissen will, werde die Regierung infolge eines Verständnisses mit mehreren der hier accreditirten Vertreter, mit einer Aus weisung ausländischer Anarchisten vorgeben. Die Ausweisungen würden erfolgen, sobald die Urheber des jüngste» DynamitattentateS verhaftet seien. Gestern Abend sind in St. Denis zwei Anarchisten verhaftet worden. Die Gesammt- zahl der verhafteten Anarchisten beträgt 22. * Eine ebenso drollige wie drastische Bestätigung der mehrfach ausgesprochenen Ansicht, daß die französisch russische BerbrüderungSduselei eine einfache Macke gewisser französischer Preßcliauen ist, die im Volke wenig Anklang findet, erhält die Düsseldorfer Zeitung in dem Briefe einer russischen Sängerin an den Redacteur des Düsseldorfer „Artist", in den, sie zufällig Einsicht zu nehmen Gelegenheit batte. Dir Sängerin, welche auf Grund ihres stockslawischen Namens und ihrer ausfallenden moölowitischen Erscheinung in Frankreick Rubin und Geld zu ernten hoffte, schreibt ganz resignirt: „Meine Tournöe in Frankreich ist mit Paris ab geschlossen; der unnatürliche rnssisch-sranco Pairioten-Dusel ist bereits der Schwindsucht zum Opfer gefallen, also für mich als „Olmuleuse russo patriotigue" kein lucrativeS Geschäft mehr zu machen." * Ueber die gestrigen Verhandlungen im englischen Unterhause wird unS gemeldet: Der Antrag Fenwick auf Zablung von Diäten an die Abgeordneten des Unter- bauseS wurde mit 227 gegen 192 Stimmen ab gelehnt. Der erste Lord des Schatzes, Balfour, hatte den Antrag auS finanziellen Gründen bekämpft und bezweifelt, daß ein solcher Beschluß populär wäre. Ter Antrag würde eventuell dahin sichren, daß die Abgeordneten anderer öffentlicher Corporationen ebenfalls Diäten beansprucken würden. Der Vorschlag er fordere eine fundamentale Umänderung des britischen Wahl rechts, daS seit Jahrhunderten bestanden, eS würden aus ländische Methode und Einfluß die bisherige Würde be« englischen Parlaments zerstören und die britische Berfassmiz verletzen. * Der englische ParlanientSsecretair des Auswärtigen Lowthcr erklärte, die Regierung beschäftige sich gegenwärtig mit der Antwort aus die letzte Note der Vereinigten Staat» bezüglich der Arrangements für die bevorstehende Fischern saiso» im BehringSmeer. * Gegenüber der Meldung des „Standard" au- Kon stantinopcl, wonach die bulgarische Regierung in einer sehr scharfen Note an die Pforte die Auslieferung des Sch isch m a uow verlangen werde und weiter berichtet wird, daß, wenn dieser Forderung nicht Folge geleistet würde, Bul aarien seine Politik künftighin ohne Berücksichtigung brr Interessen des souzeränen Reiche» einrichten würde, verdien! bemerkt zu werden, daß dies den von uns veröffentlichten Mittheilungen über den allerdings seiten- Bulgarien- unter nominellen, aber sehr maßvollen Schritt wideripricht. Man hat eS hier zweifellos wieder mit einer jener Ausstreuungen zu thun, die zu dem Zweck in die Well gesetzt werden, Zwie tracht zwischen Bulgarien und der Pforte zu säen. * Der Bericht des britischen General-ConsulS und Bevollmächtigten in Kairo, Sir Evelyn Baring, über „Egypten im Jahre 1891" ist dieser Tage im Druck er schienen und den, englischen Parlament vorgelegt worden Der wichtigste Theil des Berichts befaßt sich, wie die „A. E" mitthrilt, mit der seit Pater Ohrwalder'S Flucht aus Om durman auf« Neue angeregten Frage der Wiedrrbesetzunz de» Sudans. Sir Evelyn ist nicht für übereilte» Handel« Er deutet daraus bin, daß der MabdiSmuS, wenn auch dein Untergange geweiht, doch durchaus noch nicht erstorben sei. Man wisse zehr wohl, daß der Khalif noch über nicht un bedeutende Streitkräste verfüge, zu deren Vernichtung eine Armee erforderlich wäre, die den derzeitigen egyptischen Truppenbestand weit übertrcffen müßte. Vom finanziellen und allgemeinen Gesichtspunkt aus würde nach der Meinung Baring'S die Wiederbesetzung des Sudan» sich gegenwärtig nicht ohne ein vollständiges Ausgeben aller wohlthäligen Reformen bewerkstelligen lassen, welche jetzt in Egypten ia der Entwickelung begriffen sind. Er glaubt an eine eventuelle Wicderbeseyung des Sudans, wenigstens bis Khartum bin. hält jedoch für een Augenblick einen genügenden Schutz der Grenzen für ausreichend. Zum Schluß seines Berichts ver leiht Sir Evelyn Baring seiner Ueberzcuguna Ausdruck, daß der stetige moralische und materielle Fortschritt Egypten» gesichert sei, so lange die derzeitige politische Lage unver ändert bleibe. * AuS St. Petersburg wird berichtet, daß mit Be willigung des Zaren mehrere russische Reserve-Officiere sich nach Teheran begeben werden, um zeitweilig als Instructoren in die persische Armee einzutrelen. MM. Achte Hauptpriifung am Königlichen Conservatomiii der Musik. Leipzig, 26. März. Die gestrige Prüfung begann mit dem Concert für Pianosorte (6 nur, 1. Satz) von Beethoven, vorgetragen von Fräulein EttelRichardson aus Melbourne (Australien). Der Satz fand in der jungen Dame eine wohl- geschulte Interpretin; die Passagen kamen sowohl hier wie in der eingelegten Cadenz von E. Reinecke glatt und fließend zu Gehör, nur machte sich hier und da etwas Unruhe bemerkbar; auch der melodiöse Theil fand angemessene Be- bandlung. Mit einem Solo für Flöte von Tulou trat ferner Herr Paul Hehler auS Stauchitz (Sachsen) aus. Sein Spiel zeigte große Gewandtheit und Fingerfertigkeit, die, verbunden mit sehr hübscher Tongebung, Herrn Hehler wohlbesähizl erscheinen lassen zur Ausfüllung eines Platzes in einem großen Orchester. Die dritte Nummer des Programms bol ein ganz besonderes Interesse; zum ersten Male wurde in einer Prüfung ein Flügel mit Iankö-Claviatur gespielt und zwar von Fräul. Ella Lautenschläger aus Ncw-Iork tU. S. A.), die daS Conccrtstück (k moll) von C. M. v. Äeber daraus zum Vortrag brachte. Die junge Dame hat sich aus der Neu-Claviatnr bereits eine sehr bemcrkcnSwcrthe und so sichere Technik erworben, daß von Fehlgriffen kaum die Rete war; die Eomposttion selbst ist nicht so geeignet, die Vorzüge des neuen Systems hervortreten zu lassen, wie manche andere (sie enthält sogar eine Stelle, die sich correct übcrbaupt nicht auSfübren läßt, des gliüsamtu in O ckur, daS indessen in der schnellen Ausführung da» Fehlen der Halbtöne kaum vermissen ließ), doch bewies Frl. Lautenschläger damit, daß im Uebrigrn alles ebenso gut darauf gespielt werden kann, wie aus unserer alten, an deren Verschwinden in absehbarer Zeit ja überhaupt nicht zu denken ist. Die -Klangfarbe de» Flügels war zwar etwa» ander- und der Ton stellenweise etwa» dünner, wie wir es wurde durch den hastigen Eintritt einer kleinen Gesellschaft unterbrochen, die jetzt i» Begleitung de« alten Steruau, der todteilbleick, die Augen fieberhaft glanzend, die Schwelle de» Salons überschritt, in dem sich die Familienmitglieder und die Elite der Gesellschaft gruppirt hatten. An dem Arme de alten BaronS listig eine zierliche, anmutbige Fraucngestalt, die, in reicher, geschmackvoller Toilette, das schwarzgelockte Köpfchen mit tunlleu Rosen geschmückt, die großen, mandelförmig aeschnitleucn, sammetschwarzen Augen rin wenig be- fange» uinherschwciscn ließ, um sic dann auf dem schatten bas» bleich gewordenen Antlitz Rudolf S basten zu lassen. Hinter dem seltsamen Paare taiichle die bode Gestalt des Pfarrers Riedel aus, an dessen Seite Paula Schirmer schritt, das blasse, rnlstge, aber entschlossene Antlitz aus Nora geheftet, die bei dem unerwarteten Eintritt dieser Gäste wie clcktrisirt ausgtsprnilgen war Tie alte Baronin batte die leise begonnene Untcrbaltunz mit euier Iugeudbckaniiten, die sic in Berlin wiederqefunden, abgebrochen. Bei dein Eintritt ibre» Gemabls, dessen bobe Gestalt gebrochen erschien, batte sic rasch das jnwelen- gcschiuückle Haupt erboben, um eS aber beim Anblick Riedel s und Paula s lies zu Boden zu senken. Sic batte im Nu daS Mädchen wiedererkannt, das damals bei der furchtbaren Kalasticpbc zugegen gewesen und vor Schreck die Sprache verloren batte, tan» aber ikrem Gesichtskreise völlig ent rückt war. Tie Anwcsenbcit Riedel-, der lebhaft auf Hertha zuging und ibre stumme Frage mit einem leisen, innigen Händedruck bcanlwortcte, lebrie die alte Dame, daß jetzt der von ihr längst gefürchtete Zcitvunct gekommen sei, der den Bau ihre» Hauses zertrümmern, sie, die Ebre de- NaniknS Stcrnau, das Glück ihrer Kinder unter dem Schutte begraben mußte. Welche Rolle die reizende junge Frau in dem schwarzen Spitzenklcike, das die zarlgeruntete» Arme, die wundervolle jugendliche Büste nur leicht verbüllte, in dem Drama, da vor den gcängstiglc» Auge» der alten Dame schemenhaft auslanchte, spiele» sollte, konnte sic sich nicht rnträtkseln, aber daß die Gegenwart des schönen, jungen Geschöpfe» einen Einfluß ans da» Ereigniß des beutige» Tage» ausüben würde, verrieib die furchtbare Aufregung Nora«, die geisterbaste Blässe Rudels - Gras Bredow, Else Förster und Baumann waren dicht zu Herl! a I e.angetrcte», die mit einem scheuen Blick aus den Onkel sab. der jetzt wobt gekommen war, um sie zu dem letzte», ibr Sckicks.il besiegelten Schritte abznbolen Im Arbeitszimmer de- Baron- Sterna» sollte die Unterzeichnung der Verlolungsvaclen gcschcben, gleich daraus die Verlobung osfieiell den anwescuden Gästen verkündet werten. Dir Nähr Riedel-, der ihre Hände noch fest in Len seinen hielt, stößt« ,hr zwar Muth »nv Hoffnung «in, allein st« wagt« nicht, an rin« glücklich« Lösung zu glauben, da ja die Drohung Sternau'S sich dazwischen stellte. Erst als der Onkel, wie von einer unbezwingbaren äußeren, wie inneren Gewalt getrieben, ihr näher »rat, um seine mit Blut unterlaufenen Augen drohend ans seine Gemahlin, auf Rudolf und Nora zu heften, klammerte sich Hertha angstvoll an den Arm Rieder». In diesem Augenblick flüsterte Bredow dem jungen Mädchen in» Ohr: „Muth, meine Hertha! Ick bin bei Dir, bange nicht." Die Gäste, die sich in den benachbarten Zimmern hernm- tummelten, um die aufgespeicherlrn Kunstwerke, Nippes, Ge mälde und Kostbarkeiten zu bewundern, waren durch die plötzlich eingctretenc Stille im Salon, die so sonderbar gegen das Gesumme abstack, das vorher darin geherrscht, angezogen, rasch eingetrrten. Neugierig, gespannt, richteten sich die Blicke Aller aus den alten Baron, dessen Bewegungen etwa- Ge zwungene-, dessen AuSseben etwas Erschreckendes batte. Man war aus eine Ueberraschnng gefaßt, auf irgend ein sensatio nelles Ereigniß, das »och im letzten Augenblicke eine Aenderung des Festprogramms bervorrief, aber als jetzt der alte Sternau mit einem Blick des tödllichsten Hasses seine Hand aus den Arm RudolsS legte, als seine Stimme, die dart und kalt wie Stabl klang, langsam, als wolle die Zunge dem Zwange nicht gehorchen, sagte: „Gestatten Sic mir, vrrebrte Gäste, Zbnen zu gleicher Zeit mit der Verlobung meiner Nichte, der Baronesse Hrrtba v. Bornstcdt, mit dem Grafen Ullrich v Bredow — die Vermählung meines Sohnes Rubels mit dieser jungen Dame, die vor vier Monaten in Paris statt- gesunden hat, anzuzeigrn", da ging ein „Ab!" be- Erstaunen» durch die Reiben der Gäste. Die Neugierigen, welche weit entfernt von brr Mittelgruppe standen, drängten sich vor; die Fragen und Antworten stoffen ineinander, und sowohl Rudolf, der Felicien mit einem unbeschreiblichen Gefühl der Sckam »nd de- Entsetzen- an seinen Arm genommen, wie Hcrtba und Bredow, die eng aneinander geschmiegt, glück strahlend Hand in Hand dastandcn, wurden von Glückwün schenden »mdrängt, zu denen vor Allem Else Förster und Baumann gehörten, die diese- Ende ebenso wenig erwartet batten al» die Uebrigcn. die bis jetzt noch keinen Eommrntar für diese überraschend« Neuigkeit fanden. Die alte Baronin batte den Worten ihre- GrmablS wir betäubt zugehörl; ibre verwirrten Blicke wunderten von ibrem Sohne und seiner jungen, reizenden Frau zu Herlba »nt Bredow bin. um dann an dem leise lächelnden Antlitz Paula » basten zu bleiben, dir, in bescheidener Entfernung geblieben, jetzt neben Riedel getreten war, mit dem sie ein leise» Gespräch führte. Eine schrecklich« Veränderung ging in den GesichtSzllgen der allen Dam« vor; ihr Mund verzerrte sich, die gläsernen blauen Aug«n blickten starr ,n« Writ«, al» sähen sie etwa« Grausiges. Mit wenigen Schritten hatte sie ihren Gemahl erreicht, und indem sie auf Paula zeigte, kreischte sie aus: „Die Tobten stehen auf, die Stummen können sprechen! Hilfe! eS brennt, — der Wald — da» Schloß, mein Bruder — er stirbt — eS ist Alle« vorbei, da» Spiel ist auS, ver loren auf immer I" Sie warf sich auf den allen Baron, ibre Arme um klammerten ihn so fest, daß er nur mit Aufbietung seiner ganzen Kraft sich au» ihren Händen befreien konnte: noch einmal drang ein wilder Schrei von den fahlen Lippen: „Bruno", ächzte sie, „umsonst, umsonst", dann brach sie ohn mächtig zusammen. Nora war bi» zu diesem Momente fast leblos erschienen; ohne mit der Wimper zu zucken, batte sie der Scene, dir sie um die Frücktc ibrer verbrecherischen Handlung brachte, bei- gewobnt; auch nicht die leiseste Regung vrrrielb den Sturm, der in ihrem Inneren tobte und sie fast wahnsinnig machte vor Zorn und Entrüstung Allein die Obnmacht der Mutter, die schwerwiegenden Worte, die dem zitternden Munde der Baronin entquollen, rissen sie auS ihrer Betäubung in die Wirklichkeit zurück. Es galt, schnell zu bandeln, die Bewußt lose auS der Gehörweite der Gäste zu bringen, damit sie, erwachend, nicht mehr verrieth, als gut war für die Ehre und die Zukunft de« BaronS, der jetzt, nachdem er die sonder baren Nachrichten verkündet, wie geistesabwesend vor sich hin- starrte, ohne die verwunderten Blicke zu bemerken, die ihn trasen, ohne den Sinn der einzelnen laut werdenden Fragen zu begreifen. Endlich raffte er sich gewaltsam auf; seine Züge glätteten sich; eia küble«, vornehmes Lackeln, da- jede directe Ein mischung in seine Familicnverhältniffc zurückwir», lagerte um die zusammengepreßten Lippen, die sich, nachdem die Baronin von Nora und einem Diener aus dem Saale geleitet worden war, zu der Bitte öffneten, sich nicht stören zu lassen und dem Souper in heiterer Stimmung beiwohnen zu wollen, da eS jetzt einer Doppelfeier gelte, mit der er seine verehrten Gäste, wie er eS beabsichtigt, lebhaft überrascht habe. Nora war bald wieder in den Festräumen erschienen; sie batte die Kunst der Beherrschung so trefflich gelernt, daß sie ctzt mit lächelnder Miene bat, den Zwischenfall zu ent- chuldigen, der, auf de» Wunsch der Baronin, die sich bereit« von dem bösen Unfall erholt habe, keine Störung verursachen dürfe. Hertba vermochte ihr Glück kaum zu fassen, in stummem Entzücken, die Hände über dem Arm Bredow » gefaltet, batte sie den Worten de- Onkel-, die ihr die Freiheit wiedrrgegeben, elaufcht; erst b«i der Obnmacht der Tante, die von so un- eimlichen Zeichen und Worten begleitet war, blickte sie. wir au» einem süßen, berauschenden Traum erwachend, auf; sie war den Lugen der Taut« gefolgt, uud mit d«m NoSruf«: „Mein gute» Fräulein, meine liebe Paula", eilte sie, Bredow mit sich ziehend, auf Fräulein Schirmer zu, die, ihrem ehe maligen Zögling beide Hände entgegenstreckend, mit freudigem Erröthen leise sagte: „Gott segne Sie, Baronesse Hertha. Möge der heutige Tag Ihr Glück begründen, wie er Sie er löst hat au» unwürdigen, gefährlichen Banden." Felicie stützte sich, während die Gäste in den glanzend decorirten Speisesaal traten, leicht auf den Arm ihres Mannes, der bisher weder die Kraft noch den Muth ge funden hatte, ihr ein Wort der Liebe, der Reue, de» Erstaunens zu sagen. Um den kleinen, frischen Mund der schönen jungen Frau lag rin schmerzliche», aber entschlossene- Lächeln; die dunklen Augen dingen in einem seltsamen Feuer, da» aber nichts Zärtliches batte, an dem schönen marmorblaffen Antlitz Rudols S, dessen ganze Schuld gegen sie ihr klar geworden war, seit Paula Schirmer ihr gesagt, daß Rudolf Sternau im Begriffe stehe, ein Verbrechen zu begeheu, daS argen sie noch geringer war, als gegen Diejenige, die er rechtlos zu seiner Gemahlin machen wollte, um daS reiche Erbe in seinem Besitz zu sehen. Sie batte noch kein Wort mit Rudolf gewechselt, mit keiner Silbe ihr Empfinden verrathen, durch nicht» gezeigt, daß sir wußte, was ihr Kommen verhindert hatte, und erst, al» er leise, in fieberhafter Unruhe fragte: „Felicie, woher nahmst Du den Muth, hierher zu kommen; dem Vater. Nora, meinem Willen Trotz zu bieten?" da zuckte sir vrrächllich die Achseln, und sich leicht zu ihm neigend, raunte sie ihm zu: „Au- dem Gefühle meine- Recht- schöpfte ich den Mulhl Weil ich den Mann, dessen Namen ich trage, nicht io den Reihen der Verbrecher, nicht binabgestürzt in den bodenlosen Abgrund sehen wollte, kam ich hierher. E» galt, ein edle-, »»schuldvolles Mädchen vor Dir und Deinesgleichen zu schützen und zu gleicher Zeit meine Ehre zu vertbeidigen Mache gute Miene zum bösen Spiel", fuhr sie spottend fort, „Baronesse Hertha ist Dir verloren, dafür hast Du ja Felicie DupretiS gewonnen, die Du ja so heiß und innig liebst" Dir Abrndtafel verlief ebne Storung, »vrnn auch die Mienen der Gäste gespannt blieben und eine frohe Stimmung nicht aufkommen wollte. Daß nicht Alle» war, wie eS sein sollte, war Allen klar geworden, und da» Unwoblsein der alten Baronin, die nicht wieder in der Gesellschaft erschienen war, entschuldigte den frühen Aufbruch der Gäste, denen e- trotz der Pracht, die in der Strruau'schen Villa herrschte, trotz de» lucullischen MableS, bei dem der Ehampagner in Strömen floß, recht unheimlich in der Nähe de« BaronS geworden war. Kur, vor dem frühe» Aufbruch der Gäste näherte sich Rirdrl Hertha cS-rtstpw, solgtI
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