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02-Abendausgabe Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 27.03.1894
- Titel
- 02-Abendausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1894-03-27
- Sprache
- German
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-18940327029
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-1894032702
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-1894032702
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Anzeiger
- Jahr1894
- Monat1894-03
- Tag1894-03-27
- Monat1894-03
- Jahr1894
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22S8 Institution; sie würde nicht mit einem PeerSschub eingeleilet werden dürfe»,, sondern vielmehr m,t einer Verringerung der erblichen OdevbauSsitze zu Gunsten von Personen, die sich aus irgend eine», Gebiet des öffentlichen Gebens ausgezeichnet baden Danu.it würde die Bedeutung des Hauses gehoben werden, weil ihm frisches Blut zugcsühit würde und das .Insehen wirklich verdienter Personen auch ihm zu Gute käme. Neben diese mehr äußerliche Reform müßte dann noch eine A-.nderung in der Geschäftshandhabung und >o den Befugnissen der Ersten Kammer treten. So ist r. B- die Bes'immung unsinnig, daß das Hau« bei Anwesen dest von „drei" Mitgliedern beschlußfähig ist und mit einfacher Mehrheit enti ehewet; eS liegt hierin doch geradezu eine Nicht achtung des anderen Hauses und der Wählermassen, die hinter diesem stehen Auch das absolute Vetorecht des Oberhauses wird ziemlich allgemein angefochten. Wie man sicht, ist daS Problem, wel kes Lord Rojedcry gestellt wird, nicht leicht zu lösen, selbst n'enn das Oberhaus sich freiwillig der Ampu tation untcrze ge, gegen den Willen des Oberhauses aber nur mit Hilfe eincS Staatsstreiches. Deutsches Reich. —b. Berlin, 26. März. Man muß es der „Kreuz- zeitung" lasten, daß sie consrquent ist und daß sie, wenn sie einen best, kumten Zweck verfolgt, alle Rücksichten außer Acht läßt, die sie von Anderen ganz gewiß verlangt. Ihre orthodoxe kirchliche Gesinnung hinderte sie nicht, am Char- freitag und a m Ostersonntag kein Wort über Liese bedeut samen Festtage zu verlieren, um nur Plag genug zu Leit- artikeln zu haocn, in denen der deutsch-russische Handels vertrag befehdet wird. Ihre Ausdauer, dieses Thema zu erörtern, ist geradezu bewunderungswürdig. Daß sie dabei, um es «n Abwechslung nicht fehlen zu lasse», um KrastauSdrücke nicht verlegen ist, versteht sich von selbst: so spricht sie denn mit großer Genuatduung von dem „iniß- tönigen Gekrächze", das sich in die Jubclliedcr der Anhänger des Vertrages mische. Dieser zähe Kampf, nachdem die Schlacht nuiini ehr schon seit länger als einer Woche entschieden ist, kann au« der Abneigung gegen den Vertrag allein nickt erklärt werden. Denn die „Kreuzzeitung" weiß recht gut, daß die durch de» Abschluß tcS Vertrages nun einmal geschaffene Vage für die nächsten zehn Jahre unabänderlich ist und eS auch sein würde, wenn inzwischen der Freiherr von Hammer- flem die Stelle de« Grafen Eaprivi einnehmen würde — denn gerade die Herren von der äußersten Rechten behaupten ja, daß d>e Russen von dem Vertrage alle Vortbeile und keinerlei Schaden hätten, sie nehmen wohl also selbst nicht an, daß Rußland vor ilblauf der Frist freiwillig von deni Vertrage zurücktrelen würde Nein, der Zweck der „Kreuzzcilung" ist zunächst der, de» Groll der Agrarier über die Handels- vertragSpolilik nickt zur Ruhe kommen zu lasse» Wie einst Eaio lem »elolrii» orudoo immer wieder im römischen Senat erschallen ließ, so wird jetzt die „Kreuzzeitung" nicht müde, aus die Urheber des Vertrages als die Väter alles Unheils biuzuwciscn Der Sturm, den sie vor nunmehr gerade 2« Jabre» g.'gen den Fürsten Bismarck unternommen hat, ist ihr .'Uiglich mißglückt; den» derzeitigen Reichs kanzler gegenüber koffl sie leichtere- Spiel zu haben. Desbalb will sie da>? Mißvergnügen ihrer Parteifreunde gegen den Grasen Cacrivi rege erhallen, weil durch eine oppo sitionelle Haltung der conservatven Fraction in den künftigen parlamentarisch,:» Kämpfen eine innerpolitische Krisis bc- fchlcuuigt wird. Daß cs dabei den Eonservativen auch aus d»e fragwürdigste BundeSgenvssenschast nickt ankommt, haben sic schon bewiesen. Gerade so, wie heute die „Kreuzzeiiuug" sich socialdemoliatischer EidcShelser gegen den russische» Handelsvertrag bedient, bat am 15. Marz Gras Kam« an der Seile der S ocialtemokraten gegen eine Position des Mili- tairetats geslimm t, für die selbst Eugen Richter eiugetrcten ist. Also, von „Sentiments" lasse» die Eonservativen >brc Politik nicht becinsluße». Wenn sie den Reichskanzler stürzen wolle», sind ihnen alle Mittel recht. Aber »lit dem Sturze de« Grasen Eaprivi wäre ihre» Wünschen noch lange nicht Ge nüge geschehe». Ob aus dem Posten des Reichskanzlers Gras Eaprivi oder ein anderer Staatsmann steht, der sich von den Parteien unabhängig zu halten weiß, ist ihnen im Grunde ziemlich glcichgillig. Sie wollen ein stabiles conservativeS Parteiregimei». Um diese- Ziel zu erreichen, müssen sic eine große Macht im Parlamente rcpräscutircn, ans die sie de» Monarchen als ckiis die sichere Stütze für einen Partei- reichskanzlcr Hinweisen können. Dazu aber müssen sie wieder im Lande Stimmung für ihre Bestrebungen zu machen wissen. Und daß dies am besten durch die Erregung von Unzufrieden heit geschieh», haben sie den Socialdcmokraten und Antisemiten glücklich abgelanscht. So darf man sich also nicht Wundern, daß die sroniuic „Kreuzzeilung" die Saat der Unzufrieden heit auch an solche» Tagen auSzustrcuen bemüht ist, die dem Andenken Dessen geweiht sind, der der Menschheit den Frieden geben wollte. * Berlin, 26 März. Die in Folge des Gesetze- vom 3. August I8Ü3 uöikig gewordene erhöhte Einstellungan Recruten wurde bclanntlich Veranlassung zu der Behauptung, der Beispiel ... ich kann mich sogar an eine junge Dame erinnern, zu deren VieblingSbeschästigungen eS zu fraglicher Zeit gehörte — eS fällt mir gerade ein bei Deiner Ameri kanerin — schmachtend die Begleitung zu dem so hübsch sür Baß gesetzte» Liede ... oder war'« Tenor? ... zu spielen: Aus Dein Wobt, Du Mädchen mit blondem Haar! .. „Was Du sagst!" lachte Elärc, rin wenig rotb werdend. „Ja, was ick, sage", subr Paul in demselben spöttisch ge dehnten Tone fort, „ ... Karl läßt grüßen." Er that einen schlürfenden Zug aus der Kaffeetasse. „Ach .. ." „Welcher Karl?" fragte Mutter Förster. „Aber, Mütterchen, meinen alte» Schulfreund Karl Stock wirst Du dock nick,» vergessen baben, mit dem wir früher im selben Hause wobntcn, weißt Du. der vor fünf Jahren nach San Franziska ging ... der Ingenieur, der so schön singen konnte und der Euch auch noch so oft besuchte, als ich fort war ... den Ihr einmal lucullisch mit einem Heringe dewirtbet habt ..." „Ich weiß, ich weiß", unterbrach Frau Förster lackend, „ja, ja ... er kam Abend-, als wir schon gegessen batte» und nickt- weiter übrig war als ein Hering.. .za freilich ..." Und die alte Dame war so vergnügt in der Erinnerung an die- bescheidene Abendmahl des ebenso bescheidenen Gaste-, dag auck, Eläre laut auslachen mußte und selbst Tante Lina s schmales, wirtlich beute etwa- elegisches Gesicht der Ansteckung nicht widerstehen konnte. „Was schreibt er denn?" fragte endlich Tante Lina, die sich am ersten wieder bcrubigte. „Nickis weiter, als daß er nach New-Dork übergestedelt sei ... schickt mir seine Adresse ... seine Karte liegt noch oben aus meinem Schreibtische ... eS scheint ja aber die Haurtinlcrcffcnten nicht sonderlich zu interessiren ..." „Run sei rubig!" ries Eläre und warf ihm ihre Serviette in- '"'sicht, „du bist schlecht!" „Ein Ton J»a»-Feu>Ueton-Redactenr ist immer schlecht, da- ist wabr!" „Wahr ist. daß man immer gut tbut, den Krieg in Feindesland hinüber z» spielen .. ich weiß schon, was hinter dieser Taktik steckt ..." Paul zog l' Uhr aus der Tasche. „Es ist die höchste Zeit, daß ick gebe, lieber da» Vergnüge» diel.'- Feld zugs vergesse ick am Enke noch meine bürgerlichen FriedenS- pflick'len . . . atic»'" „Adieu, Sie Scheinheiliger!" Ersatz müßte sich im Allgemeinen verschlechtern; darunter müßte daun dir KriezStüchtigkeit der Armee leiden, die Entlassungen wegen Dienstu,,tauglichleit müßten sich mehren, kurzum Deutschland wäre nickt im Stande, hinreichend brauch baren Ersatz auszubringen, falls bei der Berücksichtigung der bürgerliche,, Verhältnisse nach den bisherigen Grundsätzen verfahren würde. Als nun gar bekannt wurde, daß die in Anlage I der Verordnung aufgeführten Mängel zum roßen Theil sür die Beurtbcilung der Körperbeschaffen- eit nicht mehr in dem bisherigen Grade maßgebend sein sollten, erhob sich in einem Theile der Presse ein wahrer Sturm Man schrieb und declamirte, die Armee, namentlich die Infanterie, würde zum großen Theil mit „Kroppzeug" belastet, daS später nur in den Lazarethen ru finden wäre und sich bei dem Jnvalidknweseu sehr zum Nachtheile der Finanzen fühlbar machen müßte. Man sagte auch eine vom Kriegsiilinistcriui» nicht mehrzubewältigc»deArbeit-vermehrung voraus u. s. w. Die Heeresleitung konnte damals erwidern, daß an den Grundsätze» sür die Berücksichtigung bürgerlicher Ver hältnisse nicht« geändert würde, daß aber die Mängel der Anlage l der Hecrordnung fast ausschließlich in „Schönheits fehlern" beständen, die demgemäß mit der KriegSbrauchbarkeit auch nur wenig gemein hätten, daß auch dir Herabsetzung deS Mindestmaßes aus 1,54 die Tüchtigkeit der Armee nicht be einträchtigen würde. Im Uebrigen müßten Erfahrungen ab- gewarletwerde». Seitdem hat die Medicinal-Abthcilung des KricgSniiuisteriuniS Erhebungen über die Dicnstbrauch- barkeit des Ersatzes, wie da« in früheren Jahren auch ge schehen, angesteüt. Das Gesammtresultat wird sich »war erst nach dem Ablauf des ersten Dienstjahre« übersehen lasten, allein das vorläufige Resultat der Erhebungen über die erste» vier Monate widerspricht bereit- vollständig den eingangs geäußerten Meinungen und Behauptungen ver schiedener Blätter. Nach diesen Erbebungen betrug, wie der „Hamb. Eorr." millheilt, der Abgang an Dienstuntauglichen 1891 — 13.39 pro Tausend, 1892- I3,Ü8 und l893 — l3.8«. Erfahrungsgemäß tritt der Abgang wegen Dienstuntauglichkeit fast ausschließlich in den ersten drei Monaten ein, bars doch Nachcrsay vom 3l. März ab nicht mehr eingestelli werden; an eine ins Gewicht fallende Veränderung der Ziffer für 1893 ist deshalb nicht zu denke». Milbin sind alle die in dieser Hinsicht geäußerten Befürchtungen hinfällig, denn ebenso günstig lauten die Erhebungen in der bayerischen Armee. — Am 22. April d. I. sind 30 Jahre verflossen, seitdem Kaiser Wilhelm l. die von Düppel nach Jütland ziehenden Gardctruppcn bei Apenrade besichtigte. A»S diesem Anlaß wird in Berlin eine größere Feier geplant. DaS vorbereitende EomitS besieht u. A. aus dem Jnspectcur der Kriegsschulen, Generalmajor von Oidtmann, und dem Eoinmandeur de» ElisadethregiiiielitS Freiherrn v. Buddenbrock-HellerSdors. — DaS Centralorgan der deutschen Socialvrmokratie, der „Vorwärts", ober besser, dessen Leiter und Besitzer, sind mit ihren geschäftlichen Erfolgen unzufrieden und geben dieser Unzufriedenheit in einem an die „Parteigenossen, Arbeiter und Mitbürger" gerichteten Flugblatt Ausdruck, das gestern in kolossalen Massen in sämmtlichen Wahlkreisen bei den „kleinen Leuten" verbreitet worden ist. Berlin habe, so beißt e« im Flugblatt, am 15. Juni v. I. >59 09» Stimmen sür die socialdemokratifchen Candidaten abgegeben, dieser „Machtentjaltung" enispreckc die Auslage des „Vorwärts" nicht, der verhällliißinäßig weniger Abonnenten zähle, al- die Parteiorgane in anderen Städten. Da wird wohl ein großer Theil der Stimmzettel von bloßem „Stimmvieh", nicht aber von „ziclbewiißten Genossen" abgegeben worden sein. — Der VI. internationale BinncnschisfahrtS-Ccngreß wird in diesem Jabre im Haag abgebalten werden, und zwar in der Zeit vom 22 —28. Juli. Da« Vergnügung-Programm weist Ausflüge nach Rotterdam und Amsterdam auf. — Eine Jubiläumsfeier begeht io diesem Jabre der Deutsche Buchdrucker-Verein: 25 Jahre sind seit seiner Gründung verflossen Die Feier wird in Mainz am >9. und l l. Juni im Anschluß an die gleichzeitig dort statt- finkende Jahresversammlung der Deutschen Luchdrucker- BerufSgenossenschast abgehaltcn werden * Aus Lktprrnften, 25. März. Gegen die Errichtung von LanvwirthschastSkaiiimcrn hat der engere Aus schuß des landwirthschastlichcn CentralverrinS für Litauen und Masuren folgende Resolution gefaßt: „Der engere Ausschuß ersuckt den Hauvtvorstand, Petitionen gegen Einführung des Gesetze- Uber LandwirthschaftSkanimern an daS Herrenhaus und daS Abgeordnetenhaus zu richten. Ferner wolle der Hauptvorsiand Schritte thun, daß. wenn daS Gesetz doch in Kraft treten sollte, für Ostpreußen zwei LaiidwirtbschaflSkanimern, entsprechend den zwei landwirth- schasilichen Eentralvcreine» der Provinz, cingesllhrt werden." Der Vorstand des ostpreiißischcii EentralvcrcinS in Königs berg soll ersucht werden, sich diesen Petitionen anzuschließen. * Mesrritz, 25. März. Zur NeichStagSersatzwabl bringt die „Kreuz-Ztg." einen längeren Artikel, der sich abfällig über die Persönlichkeit des antisemitischen Candidaten und über dessen Auftreten äußert: „Herr v. Mosch ist eine jener Wandernatnren, dl« sich km Lause der Jahre zinueisi in ganz brauchbaren ..Most" abzuklären pflegen; aber zur Zeit ist differ Augenblick jedeiisallS noch nicht gekommen. Deo größten Theil seine- Leben» hat Herr ». Mosch bisher zur See zugedracht, wo er ln jungen Jahren al» Deckolficier, h. h. etwa Frldwebellteutenant, abschloß Gelther lebt er al- Aedacteur in Steglitz und treibt „locialpolltllche Studien". Aus die- dürftig» Fundament hl» eine» sonst -an» »ndekanaten, etwa dreißig Jahr» alten Manu zu« ReichStagtabgeordnetea wShi«, zu sollen, heißt den» doch der Bevölkerung zweier Land» kreise »i«a- viel zngemuthet. Auch perj-nlich macht der Laudidnt keinen guten Eindruck. Lr spricht zwar leidlich aut, ade» viel z, aufgeregt, wird leicht heftig und fällt dann an» der Bell». G, renommirt mit dem „polnischen Blut in leinen Adern", ahne daß ihn, deshalb auch nur «in Pole lei« Gki»«e geben wird; er erklärt die oberen Schichten der Gesellschaft sür „verfault" und „pfeift auf seinen Adel", wa» ihm schaff« «dseriigung zuzog. Im Ganzen hat dir antijemiiilch« Reformpartei hier kein gute« SieiommS« hiaterlassen." Die „BrrSl. Zig" bemerkt dazu: Wa- insbesondere da« „Pfeifen" de« Herrn v. Mosch aus seinen Adel betrifft, so möchten wir dazu bemerken, daß nach unserer Erinnerung — eine Täuschung unsererseits ist dabei allerdings nicht aus geschlossen — Herr v. Mosch früher Redakteur LeS „Deutschen AdrlSblatteS" gewesen ist. * Ttsseldsrf. 25. März. Gestern tagte hier unter dem Vorsitz de- Reich-tag-abgeordueten Möller der Haft- pflichtversicherunzSverband deutscher Industrieller, er ledigte innere VereinSangelrgenbeiten und schloß einen Ver trag mit einer Versicherungsgesellschaft, welche nunmehr die siebente unter den BerbandSgesellschasten bildet. * München, 25. März. Bei der Generaldirection der bayerischen StaatSbayoen soll, wie der „Bayer. Cur." mittheilt, eine selbstständige Abtheilung sür den eigentlich kaufmännischen Verkehr eingerichtet werden. Behuf- Besetzung derselben mit kaufmännisch gebildeten Beamten hat sich da- BezirkSgremium Aschaffenburg an da- Verkehr«- ministerium und an die Handelskammer Würzburg um Unter stützung gewendet. Oesterreich-Ungar«. * Pest, 26. März. Die letzten beiden Abende Verliesen vollständig rubig. ES bildete sich eine freiwillige Bürger- garde von etwa 899 Personen, die für die Ausrechthaltung der öffentlichen Ordnung bis nach der Bestattung Kofluth'S sorgen wird, damit militairischc Hilfe entbehrt werden kann. Die Tbalsache, daß der König von Italien der Familie Kossuth'S sein Beileid aussprechen ließ, wird hier al« der beste Beweis dafür betrachtet, daß Gefühlsäußerungen für Kvsslith mit politischen Erwägungen durchaus nicht unvereinbar sind, wie gewisse Wiener rractionaire Kreise glauben wollen. Alle Krisengerüchte der letzten Tage, sowie die Aufstachelung de- Pöbels an den letzten Abenden sind auf klerikale Wühlereien gegen die ungarische Negierung zurückzufükren. * Prst, 27. März. (Telegramm.) Alle Gerüchte von einer Erschütterung de- CabinetS Wrkerle werden von zuverlässiger Seite als Erfindungen bezeichnet. — Wie bestimmt verlautet, finden zwischen den Eontinental- mächten Verhandlungen statt, die dabin gehen, die Fabrikation von Dynamit in allen europäischen Staaten zum Monopol zu erheben. * Wien. 27. März. (Telegramm.) Auf dem gestrigen Parteitag der csocialisten wurde der Vorstand scharf angegriffen, indem man demselben vorwarf, er habe bezüglich des Generalstreiks Verrath geübt. Dir deutschen ^ührer hätten sich sogar in der Sache eine- ungehörige» errori-niuS und der Hofmeisterei schuldig gemacht/ Dir Debatte wurde vertagt. * Abbazia, 26. März. Der Gesandte Graf Philipp zu Eulcnburg ist gestern Abend hier tingetroffen. — Heute Vormittag schiffte» sich der Kaiser und die Kaiserin, von de» kaiserlichen Prinzen bis zum Landungsplatz vor der Billa Angiolina begleitet, auf der Dacht „Christable" rin, unter nahmen eine Ausfahrt läng- der Küste und kehrten gegen 2 Uhr Nachmittag« hierher zurück. Eine Stunde später begaben sich die Majestäten nebst de» Prinzen nach einer nach BoloSca zu gelegenen Wiese, wo für die Osficiere, Cadetten, Matrosen und Schiffsjungen S. M. S. „Moltke" eine Festlichkeit ver anstaltet wurde. Beim Kommen wie beim Verlassen de» Festplatzeü wurde daS Kaiscrpaar von der Schiffsmannschaft mit Hurrabrufen und von der Capelle de« „Moltke" mit der deutschen Volk-Hymne begrüßt. Um 4>/, Uhr kehrten die kaiserlichen Herrschaften und die Prinzen nach der Villa zurück. Heute Abend 8 Uhr reist Oberhofmarschall Graf zu Eulenburg nach Berlin zurück. * A-taffa. 27. März. (Telegramm.) Die Königin von Italien sandte aus Monza rer deutschen Kaiserin ein prachtvolles Bouauet an« Flieder und Orchideen. Die Kaiserin dankte telegraphisch. Frankreich. * Varl-, 27. März. (Telegramm.) In der hiesigen Presse werden Stimmen laut, die sich dabin au-sprechen, daß nicht nur Soldaten, sondern auch Journalisten, dir als Be» richterstalter eine Expedition in den Colonien mitgemackt haben, die Colonial Medaille erhalten sollen. — Nach der zwischen Frankreich, Spa nien, Belgien, Griechen land und der Schweiz zu Stande gekommenen Münz convention hat der französische Finanzminister durch „Adieu, Heilige!" „Es ist io sicher wie zwei mal zwei vier ist, daß er nichts erzählen will", sagte Cläre, als sich die Thür hinter Paul g->chlvffcn. Tante Lina nickte nachdenklich. „Ich glaube e« auch. Ich wünschte, er machie einmal wirklich Ernst." „Ja, der und Ernst", lachte Cläre. „Bei dem ist'« immer Ernst, weuii S auch aller vier Wochen ein anderer Ernst ist. Der lcibhasligc Romeo, genau so ein Held wie alle seine Helden in seinen eigenen Romanen!" „DaS ist ja eben das Traurige", sagte Tante Lina. Paul ging lächelnd die Straße hinunter. Die romantische Slimuiuiig deS gestrigen Abend» war verflogen, die magische Beleuchtung der Nacht nüchternerem Tageslichte gewichen, aber daS Bild, welche« heule von Neuem wieder und wieder vor cbm auslauchte, batte nickiS verloren von seinen Farben, von seine» Reizen und eS stand so lebendig vor Pauls Augen in alle» seiner Jugcndsrische, daß ibm da« Blut in die Schläfen stieg. Diesmal, das fühlte er, diesmal galt «! Diesmal war » lc», flüchtiges Versengen, zündend eingeschlagen batte der Blitz bis mitten in die iiinerslen Herzkammern hinein und da« ganze Gebäude vom Keller bi« zum Dache stand in lodernden Flammen Ach, wann sie Wiedersehen? . . . Sinnend stieg er die ausgetretenen Stufen zu den Räume» der „Neuen Dresdener Presse" hinauf. Abgebrochene Laute eine- erregten Wortwechsels drangen ibm a»S der Stube entgegen, in welcher er gemeinschaftlich mit dem Cbesretacteur de- Blatte- arbeitete. Sie liegen einander wieder in den Haaren wie alle Tage, dachte Paul und öffnete die Thür. „Wenn wir die galloppirende Schwindsucht bekommen", sagte mit scharfer Stimme Cbefrckacteur Martini, der im eleganten, dunkelblauen TffellschaftSanzuge halb sitzend gegen seinen Schreibtisch leimte und erregt abwechselnd die Enden seine« schwarzen Schnurrbart« zwirbelte, „so stad sie Schuld daran." „Ich bitte Sie", erwiderte Bucbdruckereibesitzer und Heraus- aeber der „Neuen Dresdner Presse" T. O. Willrich, „lassen Sie doch diese »»passenden Vergleiche, ich habe kein« Lust, ewig au Krankheit und Tod erinnert zu werden." (Fortsetzung folgt.) LIM» Silström. 46> Roman von H. Palmt-Patzsea. N«<»r»ä »«See» (Fortsetzung.) 57. Capitel. Ellida ist sich fast fünf Minuten allein überlassen und bat in dieser Zeit weitere Umschau in ihrer Umgebung gebalten, anfangs nock ruhig und unbefangen, dann zerstreuter, zuletzt, al« der Sonfidia Stimme verhallt, immer schwächer und dann überhaupt gar nickt mehr gehört, Alle« still um sie her wird, in zunebmender Arngstlichkeit. Sie schaut in den leeren Raum, wo die Quelle rieselt und dann in die todtenstillen dämmerigen Gänge binei», und ein beklemmende« Furcht- gesühl, da» ihr von Natur au« muthigrr Sinn nicht gekannt bat, ergreift und erregt sie plötzlich. Worauf sich diese Empfindung gründe», ist ihr sür den Auaendlick nicht möglich, zu trsiniren. Sie hat nur da« Bewußtsein: ich bin birr allein — man bat mich verlassen, und suhlt sich nun versuch», durch die Gänge zu laufe», um in'« Freie, au« dem Innern de« Felsen» binauSzukommen, dessen glänzender Zauber ihr plötzlich gestaltlose Schrecken rinflößt. Aber mitten im Laus dält sie moe. Wenn sie nun fedl ginge, auf Fremde stieß« in diesen engen dunklen labyriuthisLeu Wegen, oder sich gar verirrte. Droselbeo Weg durch die Halle zurückeilrnd, horcht sie dort angestrengt, ob ibr laut bmschaUendrr R»s beant wortet wird. Alle« bleibt still und denselben zu wiederbolen, fürchtet sie sich, denn die eigene Simme bat sie eben erschreckt, klingt ibr in dieser Verlassenheit schaurig. Während sie so mit fiederhast aufborchendem Ohr dastebt, den Blick auf «inen Punet gerichtet, schauend und doch nicht« wahroehmend, belebt sich plötzlich ihr Auge und faßt den Gegenstand auf, an dem r« grdankrnlo« bängt. Hut und Handschuhe sind e«, die sie auf einem Tisch an der Wand entdeckt, di« dem Portier gehören oder einem Besucher de« KioSk Ein Jeder kann hier ja sür Geld «iatreten. Und dennoch erstarrt sie ,ast vor Schreck, al« sie diese Handschuh« siebt, — wild- lederne Nritrrhanbschuhr. deren Innenfläche gezeichnet ist und offen liegt, so daß die zwei rvthgestickteo Buchstaben v. H. deutlich darau« hervorschimmern, blutigroth und immer größer sich bervordrbend, wie da« wirbelnd« Blut im Gedirn e« so erscheinen läßt. E< aiebt »war noch andere Menschen, dir wie der Herr v Hochstedt, sich v. H. zeichnen, trotzdem hat sie die unumstößlich« Ueberzeugung, daß Hut und Handschuhe dort keinem Aderen gehören al« ihm. Und wenn sie sich Maneranschläge und Veröffentlichung im ,Moniteur" de, Beschluß bekannt gegeben, daß am 2S Juli ab di« italie- nischen Scheidemünzen von 29 und 60 Et«., sowie die von 1 und 2 Frc«. außer Cour« gesetzt werden. — Entgegen der Meldung hiesiger Blätter wird versickert, daß der russische Botschafter Mohrenhrim seinen Posten in Pari« bei- behalten wird. (S. unter Rußland. Red.) Belgien. * Brüssel, 27. März. (Telegramm.) Von informi'rter Seite wird neuerdings versichert, daß der Rücktritt de« di« berigen Ministerpräsidenten Leernaert nicht nur durch Ablehnung der Proportionellen Vertretung, sonder» auch in- folge der Schwierigkeiten veranlaßt wurde, auf welch« der CabinetSchef mit seinen Militair- und Sollreform- projeclen gestoßen wäre. — Gestern ist da« neue Ministerium zu Stande gekommen. De Burlet, welcher in den früheren Ministerien da« Portefeuille de« Innern ge habt bat, ist CabinetSchef und Minister de« Innern; zum Finanzminister wurde DeSmet de Nayer und zum Justizminister Begerem ernannt. Die beiden Letztgenannten sind Deputiere für Gent. Schweiz. LH Bern, 26. März Wegen deS Schneiderstreik« hat der Gemeindcrath eine Polizeiverordnung erlassen und ange schlagen, nach der da« Wachestehen und Belästigen der Ar beiter, Arbeitgeber, de« Publicum« oder der Bcbördr mir Gesängniß bi- zu drei Tagen nebst Buße bis zu 209 FrcS. bestraft werden kann. LandeSsremde Personen sollen nach verbüßter Strafe dem Regierungsstatthalter zum Zwecke de« HcimtranSporte- resp. polizeilicher Abschaffung über wiesen werden. LH Jürtch, 26. Marz. Mit dem Sturz de« Arbeiter- Secretair» Greulich, der bi«her eine Säule der Social demokratie gewesen, ist eine andere Säule, der Baseler Groß- ralh Wutlschleger, Redakteur de« „Baseler Vorwärts", nicht einverstanden. Er erklärt in diesem Blatte in einem von ihm gezeichneten Artikel, daß er e« als eine Schmach sür dir socialdemokratische Partei der Schweiz anschen würde, wenn sie dem Ausschluß Greulich'«, de« genialsten Kopse« der schweizerischen Eocialdemokratie, ihre Be stätigung ertheilte. Und in einem anderen Artikel de« genannten Blatte« heißt e« betreff« de« HinauSfliegen- Greulich'«: „Mögen denn die übermüthigen Parteigenossen nicht warte», bis sie eine Guillotine zur Verfügung haben? Dann können sie ja alle Tage rin Paar Genossen vor ihr Revolution-tribuual schleppen und al- „Berräther" durch ihre Pikenmännrr admeyeln lassen. Heut' aber sind solche Auf führungen ja nur lächerlich. Untere Partei stecÄ wirklich mancherorts noch in den Kinderschuhen." Wir meinen, die socialdemokratisaien Führer sollten die Guillotine nicht an die Wand malen, denn sie könnten, wenn einst das „souveraine Volk" für einige Zeit die Macht in die Hand bekäme, sehr rasch um einen Kopf kürzer gemacht werden. Italien. * Ns«, 26. März. Nach hier eingegangeuen Privat- Meldungen kam es gestern Abend in Montedoro (Provinz und District Caltanisetta) gelegentlich einer Processron zu einer Schlägerei zwischen den in den Schwefelgruben beschäftigten Arbeitern, wobei ein Arbeiter verwundet wurde. Al« ein Gendarm Verhaftungen vornahm, verlangten die Arbeiter unter lärmenden Kundgebungen die Freilassung der Gefangenen. Bei dem erfolgten Zusammenstcß wurden drei Personen verletzt, darunter ein Gendarm. Au« Caltanisetta sind Verstärkungen von Infanterie und Cavallerie abgesandt. * Turin, 26. März. Eine Abordnung der Municipalität der Stadt Pest hat der Familie Kossuth'« dir Beileids bezeugungen seiner Heimath überbracht und eine» Kranz an der Bahre de- Verstorbenen nicdergelegt. * Turin, 27. März. (Telegramm) Nach dem Pro gramm sür die Leichenfeier Kossuty'« findet morgen, Mittwoch 9 Ubr Vormittags, die kirchliche Ceremonie im protestantischen GoticShause statt. Sodann wird die Leiche zum Bahnbofe gebracht und auf einen Katafalk in der Säulen halle de- Carl Felix-Platze« gestellt, woselbst die Uebernabme der Leiche seiten- der Pestcr Municipalität erfolgt. Der Sonvrr- zug mit der Leiche Kossuth'S wird Mittwoch Abend 8 Uhr hier abgehen und Freitag früh in Pest eiutrcffeo. * Ntrp«»«e-Gier, 27. März. (Telegramm.) Bon hier wird gemeldet, daß der Generalstreik in den Glas fabriken beschlossen ist und in den nächsten Tagen zum AuSbruch kommen wird. Gpanie«. * Matzrt», 27. März. (Telegramm.) Eine Kundr aebung von 2000 Arbeitslosen hat in San Luca stattgefundrn, wobei zahlreich« Diebstähle von Brod verkamen- Der Bürgermeister telegraphirte nach Cadix um Hilfe. Dänemark. ID >«pentza»e«, 26. März. Die Arbeiter der Wagen-, Grob- und Hufschmiede re i, 259 au der Zahl, haben in sämmtlichen 95 Werkstätten die Arbeit nieder getauscht, wenn sie ihrer Sache nicht sicher gewesen wäre, zum erstarrenden Schrecken sicher, so mußte sie e« jetzt wissen, wo deutlich vernehmbar seine Stimme an ibr Ohr dringt. „Du verbarrst also am Thor und hast Acht aus Alle«, und sobald ein Wagen in Sicht kommt — oder ein Gast zu Pferde, so meldest Du eS frühzeitig. Ist sonst Alle« in Ordnung?" „Es giebt nicht da« Geringste mehr zu besorgcu, gnädiger Herr." Ellida meint, ihr Herz müsse still stehen beim Klang dieser Stinime, dieser Worte, bei den sich nähernden Schritten. Sie weicht mechanisch zurück in da« große blendeodhrlle Fclsengemach, bi» zum Hintergrund zurück, mit bleichen Wangen, da« Auge auf den herabbängenden grellfarbigen Teppich gegenüber gerichtet, der jetzt schnell bei Seite geschoben wird und hinter der geschmeidigen Gestalt de« eleganten Manne«, dem die« Reich hier gehört, zurückfällt. Ellida glaubt Alle« jetzt zu crrathen. .Liebe«, süße« Mädchen!" rust Werner mit rin paar schnellen Sckritlen auf sie zueilend und mit beiden Händen ibr blasse«, wie erstarrtes Köpfchen zu sich aufbiegend. „brauche ick e« zu betheuern, daß Sie mich durch Ibr Kommen uuendlich beglückt haben — nein, irein, nicht böse sein, ich setze mich geru in dir «ntferntesl« Ecke, wenn Sie nicht wollen, daß ich —" Er giebt der entschiedenen Abwehr sofort Folge, tritt zurück und sieht sie erstaunt fragend, beinahe erschreckt, an. ,Wa« ist Ihnen — bin ick zu schnell und plötzlich ge kommen — bade ich Sie erschreckt — Sie babeu kaum Atbem — soll ich Ihnen Wein bringen? — Kölnische« Wasser — liebe, süße Ellida, reizende« Kind, Sie sind krank — oder — sprechen Sie ein einzige« Wort, damit ich mich beruhige." In der That, e« ist Ellida zu Mutbe, al« wäre da« sie übermanntnde. nie zuvor gekannt« Gefühl de« Schwindel« eine berannahende Ohnmacht, da« Fürchterlichste, wa« ihr augenblicklich pafliren kann. Ei« eiserner Wille vermag unter Umständen solche Anivandelungea zu überwinde», und die ihr inoewobuend« Energie unterjocht allmählich auch die physisch« Schwäche Die sucht den Athen» und die versagend« Stimm« zurückzugewinneu. »Ich verlange — ich will — ich bitte Sie —" ksmwt e« stoßweise über ihre kalten zitternden Lippen — ,«< ist erbärmlich — Sie sind ein schlechter Mensch —" Werner starrt sie erblassend an. .Ellida!"
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