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02-Abendausgabe Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 02.08.1894
- Titel
- 02-Abendausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1894-08-02
- Sprache
- German
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-18940802024
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-1894080202
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-1894080202
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Anzeiger
- Jahr1894
- Monat1894-08
- Tag1894-08-02
- Monat1894-08
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Reklamen unter dem Redaction-strich (4 g»' spalten) LV^z. vor Len Familleanachrichte» <6 gespalten) 40 Gröbere Schriften laut unterem Preis» verzeichniß. labeliarischer und Zifferasatz nach höherem Daris. Eitra-Beilagen (gefalzt), nur mit der Morgen-Ausgabe, ohne Posldesörderung 60.—, mit Postbesorderung ^l 70.—. Annahmeschluß für Änzeize«: Abead-Au-gobe: Bormittag- 10 Uhr. Morge n-Au-gabe: Nachmittag- 4 Uhr. Sonn- und Festtag- srüh '/,9 Uhr. Bei den Filiaien ond Annadmestelleu je ein« halbe Stund« früher. Anzeige» sind stet» an die Ex-evittsn z» richten. Druck und Verlag von E. Polz in Leipzig ^°3SI. Donnerstag den 2. August 1894. 88. Jahrgang. Politische Tagesschau. * Leipzig, 2. August. Die Meldung der „Times" über ein unmittelbar bevor- stebenbes Einschreiten Per Ventschr» Regierung gegen Griechenland ist von der jedenfalls inspirirten ,FLln. Ztg." umgehend sür unzutreffend erklärt worden. Man könne wohl mit Sicherheit annehmen, daß die Regierung die Ansicht theile, daß Griechenland gegenüber seinen Gläubigern eines unverantwortlichen RechtSbrucheS sich schuldig gemacht hat; eS sei auch sicher, daß sie mit der Frage sich beschäftige, wie sie in Gemeinschaft mit anderen Mächten die Interessen des nationalen CapitalS schützen könne. Die „Köln. Ztg." habe aber Grund zu der Annahme, daß über die Einzelheiten der gegen Griechenland zu ergreifenden Maßregeln keine Be- Müsse gefaßt seien. In der Thal dürste die — an sich sehr wüujchenswcrthc und säst allseitig» Zustimmung sichere — energische Entschließung augenblicklich noch nicht gefaßt sein. Wahrscheinlich hat der deutsche Gesandte in Athen, Freiherr von Plcsscn, dem hellenischen Minister in nachdrücklichster Weise die etwaigen Consequcnzen deS un erhörten RechtSbruchs der griechischen Finanzverwaltung vor- gelragen, und auS dieser diplomatischen .Borerinnerung kann sich leicht genug auf dem Wege bis an die Themse jene Meldung condcnsirl haben. Auch ist» wie die ,Berl. N. N." mit Recht betonen, der Zweck der Berbreitung gar nicht so schwer zu ermitteln. Die öffentliche Stimmung in England wendet sich zusehends lebhafter gegen daS Gcbahrcn Griechenlands, und durch ein vorgebliches kait. »eeompli einer Macht wie Deutschland könne der Agitation, die auf strenges Borgchen in Athen dringt, wohl guter Wind in die Segel ströme» In namhaften Blattern wird seit einigen Tagen dem Abbruch aller diplomatischen Beziehungen Englands m Athen das Wort geredet und diese Forderung damit begründet, daß, wenn die Berlretung deS Königreichs den englischen Interessen nicht Geltung verschaffen könne, sie nicht dort bleiben dürfe, um nicht den Anschein zu er wecken, als geschähen die .Räubereien" unter ihren Augen und ihrem Schutze. In diesem Zusammenhänge betrachtet, kann die Melkung der .TimeS" allerdings als Tendenz- nachricht gelten. Ob sic mehr als eine solche ist, ob der deutsche Gesandte wirklich auS Athen abberufen und der Handelsvertrag mit Griechenland suspendirt werden wird, muß ja die nächste Zukunft lehren. Nachdem der Reichs- k.uizler zum Kaiser nach Wilhelmshaven gefahren, dürste die endgiltige Entscheidung in dieser Angelegenheit nicht mehr lange aus sich warten lassen. Ter deutsche Außenhandel im erste« Halbjahr 1894 hat, wie im rolkswirthschastlichen Theile deS .Leipz. Tagebl." seiner Zeit ausführlich mitgethcilt wurde, nach der vorläufigen Werthbercchnung der Einfuhr und Ausfuhr mit einer erheb lichen Steigerung der Passiv-Bilanz im Vergleich zu dem ersten Semester 1898 abgeschlossen. Dieselbe ist von 401519 000 ^ auf 648 971 000 .L gestiegen und übertrifft demnach die bisher schlechteste Bilanz eines ersten Halbjahres, nämlich die des ersten Semesters l892, mit 627 880 00V ^ noch um 2l,6 Millionen Mark. Die .Nationalist:. Corresp." knüpft an diese Thatsache folgende Betrachtung: .Die endgiltige Wcrtkberechnung wird vielleicht das Ergebniß der vorläufigen im Einzelnen verschieben, doch dürften ähnlich wie im Vorjahre die Abweichungen nach oben und nach unten sich ausgleichen, so daß daS Berhältniß zwischen Ein- und Ausfuhr davon unberührt bleibt. Nun ist zwar daS frühere Axiom der Nationalökonomie, wonach jede Passivbilauz beim Außenhandel eines Landes rin Uebel, einen Verlust sür dasselbe ded«utete, längst als unbegründet er kannt. Doch würde man durchaus sehlgehen, wenn mau jetzt daS Verhällniß zwischen Ein- und Aus fuhr überhaupt und i» jedem Falle als gleichgiltig betrachten wollte. Ist der Einfuhrüberschuß ganz oder zumeist auf daS Eonto der Rohstoffe zu schreiben, so wird man die daraus resultircnde Passivbilanz als unbedenklich ansehcn dürfen. Im vorliegenden Falle trifft daS aber nicht zu; denn ent sprechend dem Sinken der Einfuhr von Rohstoffen seil 1889 hak die letztere auch im ersten Halbjahr 1894 in den wichtigsten Puncteu eine Verminderung zu verzeichnen. Die «Steigerung deS Einfuhrwcrthes um 151,3 MiÜ. Mark ergiebt sich vielmehr zum weitaus größten Theile auS der vermehrten Getreide- und Vieheinfuhr, welche 93,5 Millionen resp. 23,7 Millionen Mark auSmacht. Die Verschlechterung de« Verhältnisses zwischen Einfuhr uud Ausfuhr ist um so bedenklicher, als dieselbe neben der Steigerung der Einfuhr durch einen Rückgang der Ausfuhr um 96,2 Millionen Mark herdeigeführt ist und dieser Rück gang besonders auf die Ausfuhr vou Fabrikaten fällt. Daß dabei in erster Linie die Textilindustrie betroffen wird, rechtfertigt die Besorgnisse, welche von dieser Seite seit längerer Zeit namentlich an die amerikanische Tarifbill gekilüpst worden sind. So ergiebt sich eine Verminderung der Ausfuhr für Baumwolle und Baumwollenwaarcii um fast 7 Mill. Mark, sür Wolle und Wollenwaaren um 12>/, Mill. Mark, für Seide und Scidenwaaren gar um 32»/, Millionen Mark. ES ist das ein Verlust sür unsere Textilindustrie, welchen dieselbe schwer empfinden muß, um so mehr, als die Ausfuhr der Gruppe XIll. deS HandelSauöweiscS: Rohstoffe und Fabrikate der Textil- und Filzindustrie, für Fabrikate bereits seit dem Jahre 1887, wo die Ausfuhr 923,3 Millionen Mark betrug, eine beständige Abnahme ausweist. Die Zunahme der Ausfuhr bei einigen Waarengattungcn, so bei Eisen und Eisenwaarcn um 9,6 Millionen Mark, bei Steinkohlen um 4 Millionen Mark, kann den neuen Verlust kaum wettmachen. Die Eoujuuctur deS Weltmarktes ist eben eine dauernd un günstige und dazu treten weitere verschlechternde Momente, wie die Verhältnisse in den Vereinigten Staaten." Der Schatzkanzler und Leiter des englischen Unter hauses, Sir William Harcourt, hat eü durchgesctzt, daß die Erörterung und die Einzelberathung des Gesetzes zu Gunsten der vertriebenen irischen Pächter im Unter hause bis zum 9. August beendigt sein muß. Die Gegner der Gesetzesvorlage, besonders Balsour und Chamberlain, werden sick» an der weiteren Berathung nicht mehr dctheiligen, und daS irische Pächtergesetz wird vom Unterhause an genommen werden. Die Vorlage wird aber vom Ober hause vermuthlich abgelehnt werden. Balsour wies im Unterhause bereits darauf hin, daß der Gesetzentwurf die streitigste» Probleme der irischen Agrarfrage berühre. Das John Morley'sche Gesetz verlangt, daß die vertriebenen irischen Pächter aus dem englischen Staatssäckel entschädigt werden. Der irische Obersccretair giebt die Zahl der in den letzten fünfzehn Jahren vertriebenen Pächter auf 5000 an. Neben diesen nicht unerheblichen Kosten, die das Gesetz verursachen wird, ist es besonders die Unklarheit vieler seiner Bestimmungen, die eS auch anderen Abgeordneten als den grundsätzlichen Gegnern der Negierung unannehm bar erscheinen läßt, und die Regierung selbst Kälte vielleicht die Vorlage gar nicht cingcbracht, wenn sie damit nicht, wie die .Voss. Ztg." richtig hervorhebt, die Irländer für ihre Unterstützung während dieser Tagung belohnen müßte. Freilich sind die Iren mit dem Gesetz, daS zwar die schlimsten Härten beseitigen will, aber ihnen unzureichend erscheint, die Noth der irischen Pächter zu lindern, bei Weitem nicht zufrieden. Die Parncllilen waren anfänglich sogar Gegner deS Gesetzes und entschlossen sich erst bei der zweiten Lesung, die Vorlage als eine Abschlagszahlung aozunthmcn. Gleichzeitig jedoch traten sie mit einigen weit gehenden Zusatzanlrägen hervor. Ter Parnellit Clancy ver langte, daß dem aus Grund des neuen Gesetzes wieder ein gesetzten Pächter nicht nur ein neues HauS gebaut, sondern ihm auch Saatgelreidc und Vieb vom Staate zur Ver fügung gestellt werden sollte, und Redmond wollte den gegen wärtigen Inhaber einer Pachtung dem früheren vertriebenen gegenüber ohne Weiteres ersatzpflichtig machen, während Harriugton daS durch daS Gesetz eingcsübrte Schiedsgericht darüber entscheiden lassen wollte. Noch eine Reihe anderer Anträge liegt vor, die alle bis zum 9. August erledigt sein sollen. Voraussichtlich wird eS noch harte Kämpfe geben, wenn solche Anträge wie die der Parnelliten nicht noch vorher zurückgezogen werden. Wie schon gemeldet wurde, ist der Führer der ser bischen Radikalen,Nikolaus Pasitsch, nach Belgrad zurück- gekehrt, hat eine mehrstündige Unterredung mit dem Minister präsidenten Nikolajewitsch gehabt und einem Berichterstatter der „N. Fr. Pr." gegenüber sich über sein Programm aus gesprochen. Er billigte die von der radikalen Partei beschlossene Passivität, welche nöthig sei, damit sich die Ver hältnisse aus natürliche Weise klärten; sei das geschehen, dann ließe sich leicht der Weg finden, um den legitimen Interessen deS Landes und der Krone gerecht zu werden. Die Aus hebung der Verfassung habe einen bedenklichen Prä- cedcnzfall geschaffen; es wäre viel leichter gewesen, aus vollkommen legalem Wege allen Mängeln abzuhclfen und auch den allfälligen Desidcricn der Krone zu ent sprechen. Wenn man diese» legalen Weg versuchen würde, fänden sich gewiß Männer, welche den Anforderungen der Lage genügen könnten. Ebenso hätten auch die Wünsche der Krön, betreffs ver Stellung der königlichen Ellern nach dem l. April in legaler Weise in Ucbercinstimmung mit der neuen Lage gebracht werden können, und obwohl die Lösung nicht leicht war, so hätte die radikale Partei doch, wenn die Frage einmal gestellt war, dieselbe zu lösen gesucht und eher als irgend Jemand einen passenden ModuS gefunden, um die Würde der Dynastie und die In teressen deS Landes entsprechend zu wahren. Die gegenwärtige Lage könne nicht lange andaucrn. Nach allem, was ge schehen, werde eS gewiß nicht leicht sein, daS Land auS dem gegenwärtigen Zustande ohne alle Erschütterungen und Schä digungen herauszuführeii, aber jedenfalls biete die radicale Partei in dieser, sowie auch in jeder anderen Beziehung ver möge ihrer Stärke und Organisation und vermöge des Ver trauens, welches sie in breiten Schichten der Bevölkerung genießt, die meisten Garantien, und sic könne leichter als irgend ein Anderer die Situation wieder in die normalen Gleise hinüber leiten. — Offenbar steht Serbien mit der Rückkehr Pasitsch'S abermals vor einem Regierungswechsel und zwar zu Gunsten der Radikalen. Je weiter sich die Liberalen von der Regierung entfernen, desto mehr ist diese auf eine Verständigung mit der radikalen Partei angewiesen, denn die alleinige Unter stützung der Fortschrittler ist nicht genügend, um erfolgreiche Wahlen zu machen. Hätte der König, statt zum Staatsstreich zu greisen, von vornherein ernstlich ein Eon,pro»,iß mit den gemäßigten Elementen der stärksten und einflußreichsten Partei gesucht, und nicht von Milan, der gegen jeden mcxius viveucki war, sich eines Schlechteren beleyrcn lassen, so wäre es ihm erspart geblieben, die Partei, vie er vernichten wollte,^ selbst wieder zur Macht zu führen. Ein wie weites Entgegenkommen er damals bei de» be- onliencn Führern der Partei, di« selbst unter der Tyrannei der ExaltadoS litten, gesunden baden würde, zeigt die Sprache Pasitsck'S, die gewiß nicht conipromißsreundllchcr sein kann. Uuiiiittelbar »ach dein Staatsstreich ließ die neue Regierung über Pasitsch eine Zeit lang Nachrichten verbreiten, denen zujolgc der Führer der Radikalen von Petersburg ge fährliche antidynaslische Umtriebe vorbereite. Pasitsch wies damals diese Beschuldigungen mit Entrüstung zurück, und eS ist auch nicht gelungen, ihm hochvcrätbcrischc Machenschaften nachzuiveiscn. Jetzt ist er eS, den der König zur Sicherstellung seines Thrones zurückruft, und er ist bereit, die legitimen Ansprüche der Krone zu erfüllen und die Würde der Dynastie selbst .bezüglich der königlichen Eltern" zu wahren, wenn er damit seine Partei wieder regierungsfähig machen kan». Wir zweifeln nicht, daß der König sich diesmal nachgiebiger zeigen wird. Auch Milan, der bisher mit den Radikalen in bitterer Feindschaft gelebt hat, dürste die Hand zur Versöhnung bieten, nachdem sein Experiment, ohne die Radikalen >» Serbien regieren zu wollen, so kläglich mißglückt ist. Bcbarrcn die Radikale», nicht aus ihren extremsten Forderungen, »nt den Anschein bat eS nicht, so ist ein Eoiiipromis; »lil den Fortschrittlern, vielleicht auch mit dcu Liberalen möglich, und die Folge wäre endlich ein EvalilionSniinistcrii»», i» dem daS gemäßigt radikale Element übcrwögc — gegenwärtig für Serbien die einzig richtige RegieruiigSsoriii. Der Fortgang des Krieges zwischen Japan und Ehina, den erslercS iiuii förmlich erklärt, und von dessen Ausbruch es die Mächte verständigt bat, scheint für Japan günstiger als für Ehina, wenigsteiiS zur See. Japan ist seinem Gegner an Raschbeit der Entschlüsse und Energie des Handelns weitaus überlegen, und wen» auch vielleicht »>i Lause der Zeit China eS über sich gewinnt, vom Feinde zu lernen, so kann bis dahin der von Japan erreichte Vorsprung uneinholbar geworden sein. Der Krieg ist in Japan populär, in Ehina nicht. DaS japanische Volk ist sich der Bedeutung des Besitzes von Korea sür die lünsligc Entwicklung der Machtvcrhältnisse des eigenen Staates klar bewußt und leistet dcSbalb der RegierungSaction kräftigen Vorschub, in Ehina muß alles von oben herab angeordnel und vollsührl werden und eS scheint, daß die Erfolge Japan» daS chinesische Volk nicht auS seinem allüberkomuicucn IndifferciitiSinuö aufgcstört habe». Dem Vernehme» »ach haben dagegen diese Erfolge auf die Stimmung der Gemüthcr in Japan u»gci»c,n fördernd und anseuernd gewirkt. AuS der Redeweise der japanischen TageSPrefsc zu schließen, richten sich die in Korea stehenden Truppe» zu dauerndem Verbleib daselbst ei». Von einem Verlassen deS Lande« könne unter keinen Umständen die Rede sein, jedenfalls nicht eher, als bis die Reformsorde- rungcn erfüllt, und die behuss ihrer Durchführung zu ver langenden Garantien geleistet seien. DaS heißt mit anderen Worten, Japan wird seine Machtstellung in Korea endgiltig etabliren, denn an die Schaffung geordneter Verhäliniffe daselbst ohne das bahnbrechende Vorgehen Japan« glaubt Niemand, die Einführung der moderne» Eulturcrrungen- schasten, als Eisenbahnen, Kunststraßen, Eanäle :c. wird aber eine sehr geraume Zeit in Anspruch nehmen. Was die zur Durchführung der geplanten Eulturanlagen nöthigcn Mittel anlangt, so wird wohl auch hierfür Japan in erster Feuilleton. Thermidor. 11s Erzählung von Julius Kehlheim. R-chdruck verbot«». (Schluß.) Fanchon gab keine Antwort; sic war ohnmächtig geworden. An der Schwelle deS Jenseits noch einmal zuriickgerusen werden ins Leben — eS warf sic nieder. Die Gefährtinnen ihres KerkerS hörten den Fall eines Körpers, sie eilten ihr zu Hilfe. Als sie ihr daS schwarze Haar aus der Stirn strichen, welches ihr Antlitz verschleiert hatte, erkannten sie — Fanchon. Sie errietben den Tausch und sahen sich staunend, schweigend und doch beredt an. Die Nonne Fabicnne faltete die Weißen, abgezehrten Hände. .Gott ist groß den Schwachen!" flüsterte sie. Die Mutter dasfitte, welche sür ihr eigenes Schicksal nur noch Ver wünschungen, Flücke, Wuthausbrüchc Halle, fühlte ihre glühenden Augen plötzlich von jenen» lösenden Naß deseuchtet, dessen Quelle sie längst vom Wüstensand« ihres Lebens und Leiden» verschüttet wähnte. Achtzehntes Capitel. .Heute gilt'S!" hatte St. Just seinem Freunde und Meister RobeSpicrrc ins Ohr geflüstert. .Nimm Deine ganze Kraft zusammen. Deinen scharsen Verstand, Deine beißende Ironie.. ES ist die Redeform, welche stets auf den Beifall der Menge rechnen darf, kenn die Ironie wurzelt im Volke." RobeSpicrrc lächelte matt. Sein niemals glänzendes Auge war heute uock matter als gewöhnlich; eine .weiße Nacht" — wie der Franzose eine schlaflos verbrachte nennt — blickte auS diesem, lies in sein« Hoble gesunkenen Auge. Trotz deS schönen Morgens — dem nächtlichen Ungewitter war strahlender Senncnschein gefolgt — hüllle sich der Diktator fröstelnd in seinen Mantel und stützte sich auf seinen Degenstock, welchen er in letzter Zeit stclS zu tragen pflegte. RobcSpierre sah bleich auS in der Hellen Morgenbelcuchtung, die Niemand schmeichelt, seine Lippen spielten inS Bläuliche, gleich dem Schalten seines frischrasirten Barte-. Er war beute von peinlicher Sorgfalt und spartanischer Einfachheit io seinem Anzug. RobcSpierre fuhr mit seinem Taschentuch über die Stirn, als wische er Schweißtropfen ab, oder beabsichtige unangenehme Gedanken zu verjagen. .Ich hoffe zu sprechen, wir ich noch niemals gesprochen", versicherte er, .gilt eS doch unser Aller Existenz!" Couthon richtete sich in seinem Rollwagen auf, in welchem Vehikel er sich — seiner lahmen Beine wegen — in den Convent fahren ließ. .Du siebst schwarz, Maximilien, sehr schwarz. So schlimm steht eS noch nicht!" Und er fuhr hüstelnd mit liebkosender Hand über daS weiche Fell seines zierlichen Hündchens, deS einzigen Wesens, auf dessen Treue und Anhänglichkeit er sich fest verlassen konnte, und welches ihn überall hin, selbst in den Convent, begleitete. In den Straßen von Paris häuften sich Gruppen jener sonst in der Tiefe der Hauptstadt verborgenen Menschen, welche nur an der Oberfläche sich zeigen wie Pusteln im Gesicht des Kranken, wenn der innere Organismus zerrüttet ist... allein selbst diese jubelten nicht wie sonst dem Diktator entgegen. Tiefes Stillschweigen herrschte auf seinen Wegen — kein Inbelruf begrüßte wie sonst daS Erscheinen des Diktators. RobcSpierre wurde noch bleicher. .Diese Stille bedeutet nichts Gutes!" flüsterte er. Er gedachte der Feier des höchsten Wesens am 8. Prairial. Wie hatte ihm da die begeisterte Mcnge zugejauchzt, Frauen hatten ihm Blumen zugcworsen, Mütter ihre Kinder ihm entgegengcstreckt, damit sic deS An blickes deS großen Mannes theilhaftig würden, und er sie segne! Er hatte all' den Glanz des vom Volke Vergötterten genossen. Allein er war zu klug, um nicht zu wissen, daß Volkcsgunst einer Welle gleicht, die beute zu dem Tempel des Ruhms emporträgt, um denselben Götzen morgen erbarmungs los von seinem Picdestal zu stürzen und im Meer der Ver gessenheit zu begraben. Noch dichter zog RobcSpierre seinen Mantel um die Schultern, als ob ihn fröre, trotz des warmen Sonnenscheins. .Sie begrüßen mich nicht!" flüsterte er heiser, enttäuscht wie ein alternder Schauspieler, welchem der gewohnte Applaus versagt geblieben. .Sind nicht doch zu viele Kopse gefallen, St. Just?" .Zu wenige!" versetzte der Gefragte schr»ff. .Noch zu wenige, Maxiinilien! Wir sind nicht grausam gewesen, wir thaten, waS wir mußten." .Hätten wir nicht doch mit England abschließen sollen?" flüsterte RobcSpierre St. Just in« Ohr, damit eS Eoulbon nicht höre, welcher in diese- StaatSgeheimuiß nicht ein- geweiht war. .Zerbrecht Euch nicht die Köpfe wegen ein paar Menschen leben!" flötete Couthon» welcher nur die erste Aeußerung RobeSpierre'S vernommen hatte, mit jener weichen Stimme, welche eher bestimmt schien, wohllautende Madrigale zu ver mitteln, als bittere tödtliche Anklagen gegen Welt und Menschen, wie er sie so gern auSsprach. .Sie sind Alle Canaillen! Nur der Hund ist treu. Nicht wahr, Ami, Tu bist un erschütterlich, Du lebst und stirbst mit Deinem Herrn?" Der Hund ließ ein leises, beifälliges Knurren vernehmen, als habe er die Rede seines Beschützers verstanden — dann begann er die Hand zu lecken, welche noch einmal liebkosend über sein weiche« Fell fuhr. Auch im Convent empfing RobeSpicrrc ein tiefes, bedeutungs volles, unheilverkündendes Schweigen. Erst als er die Redner- bübne betrat, um jene in der Nacht mit St. Just gearbeitete Rede zu halten, erhob sich ein Ioblen und Pfeifen, daS unheilvolle Braujen und Tosen einer feindlich erregten Menge, welches in seinen drohenden Naturlauten und den Gefahren, welches eS birgt, an das Nahen deS Samum« erinnert. Man vernahm einzelne Ruse: Nieder mit dem Tyrannen!" „Herab mit dem Unbestechlichen! Er hat die Republik an England verkaufen wollen!" „Nehmt ihn gesangen, ihn und seine Helfershelfer!" Leichenblaß wich RobcSpierre zurück, nach einem Ausweg suchend. Da vertrat ihm Tallicn mit hochcrbobcnem Dolche den Ausweg. „Gelüstet eS Dich nach dem befleckten Lorbeer eines BrntuS? Glaubst Du im Forum zu sein, vor der Bildsäule des Pom- pejuS?" schleuderte ibm RobcSpierre entgegen. „Nein, Du bist Cäsar'S Ende nicht wcrtb!" rief Tallien. „Nicht durch die Hand eines Ehrenmannes sollst Du fallen ... Du gehörst dem Henker!" RobcSpierre, St. Just und Couthon wurden gefangen enomnieil und von de» gegen sic Verschworenen nach dem uxemburger Gefängniß abgcführt. Unterdessen hatte die wechselnde Laune des Volkes einen neuen Umschwung ge» nommen. Bewaffnete Jakobiner und Sansculotten rotteten sich aus dem Grbvcplatz zusammen, um RobcSpierre and seine Gefährten aus den Händen ibrcr Gegner zu befreien. Die Stadtgemeinbr, dem Diktator ergeben, ließ die Sturm glocke läuten, deren Klänge Tausende auf die Straßen lockte. In der Nabe deS Luxemburger Gefängnisses gelang cs der zum alten Götzenglaubcu zorückgekehrtcu Menge, die Wache zu überwältigen, RobcSpierre zu befreien und im Triumphe ausS Stadthaus zu sübren. Auch St. Just und Couthon theilten, wie vorher die Schmach, nun die Ehren deS Meisters. Auch sein jüngerer Bruder, Joseph RobeSpirrrc, Laguerre und Andere begleiteten den Diktator an einen Ort, welcher halb Gefängniß, halb Asyl blieb, bis die Wirren der Parteien sich gelöst haben würden. St. Just und Couthon hofften auf Rettung, sie vertrauten ihrem Stern. Der Niedergedrückteste von ihnen blieb RobeS- picrre. Düster und gebrochen ries er aus: .Die Gauner triumphiren! Die Republik ist verloren und wir mit ihr! Wo bleibt Hcnriot? Hat auch er uns aufgcgebcn . . . ver lassen?" Und Couthon wiederholte mechanisch sein menschenfeindliches Evangeliui»: ,E« giebt keine Treue bei den Menschen — nur der Hund ist treu!" Neunzehntes Capitel. Die Nacht sank herab auf die Greuel deS Bürgerkriege». Die Stavtgenicinde versprach, RobeSpicrrc und seine Genüssen zu schütze» und selbst den Kamps mit de», Convent aijzu- iiehmcn. In Eile hatte maii sür die uiicrwartelcii Gäste auf den« Stadthaus«: ein Nachtlager iinprovisirt. Laguerre lag in einem Winkel auf Stroh nicht weit von de», Matratzenlagcr, des Diktators. Nur ein Gedanke siel tröstend i» die Nacht seiner Seele — die Hinrichtungen waren sistirt worden —> Fanchon war für den Augenblick gerettet. Der Sturz NobcSpicrrc'S würde auch ihn begraben — daS fühlte Laguerre. Aber mußte dieser augenblickliche Fall ein Sturz für immer sein? Noch blieb ibm der Sckutz der Stadt Pari«; wenn Henriot rechtzeitig mit seinen Kanonen cingrisse, könnte» sie Alle beim Grauen des Morgens frei sein. Während Laguerre wachend träumte und sich noch der Hoffnung auf einen friedlichen Ausgleich bingab, wälzte sich RobeSpirrrc in wilden Pbaiitasicn auf seinem Lager. Un heimliche Gälte »lachten die nächtliche Runde »m sein Bett. Sic trugen Alle den Kops unter dem Arm wie St. DenyS. Diese bleichen blutigen Köpfe legte» sic zu seinen Füßen nieder, daß aus ihnen eine Pyramide entstand, welche biS zu seinen düsteren glanzlosen Auge» reichte. Dieses herrliche Fraueiihaupt mit langem, einst blondem, im Kerker weiß gewordenem Haar, welches eine Krone schmückt — kennst Du eS, RobeSpicrrc? Kennst Tu die schöne Tochter der großen Kaiserin Maria Theresia ... die unglückliche Königin Marie Antoinette . . . flehst Tu neben ihr den letzten Capet? Cie führen den Reigen an, in welchem die Anderen folgen — wahrlich ein langer Zug! Ta streckt der schöne, liebenSwcrthe Barbaroux, der Apollo der Revolution, der Abgott der Frauen, er streckt Dir etwa« Glänzendes entgegen — kennst Du eS? Cs ist der Lauf einer Waffe, die seine», jungen Leben ein Ende gemacht auf der Flucht vor Deinen Häscher». Und dort — kennst Du diesen seinen Kopf, die leichtgcschwungene Oberlippe, welche einen Fluch über Dich ausspricht? Buzot ist'«, der Liebling de, «
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