Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 11.04.1897
- Erscheinungsdatum
- 1897-04-11
- Sprache
- German
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-189704110
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-18970411
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-18970411
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Anzeiger
- Jahr1897
- Monat1897-04
- Tag1897-04-11
- Monat1897-04
- Jahr1897
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- Titel
- Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 11.04.1897
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Vez«g<'Vrrt- 4» H«» Hemp««xp»öitio» «d« d» t» Stadl- bewirk «id d« Varortr, errichwt» Aas- vobestellen «bgeholt: v»erleljährllch^44chO. 5« »weimaliaer titolicher Z»st«ll»»g ta» Laut ^ Lckv. Durch dir Hast biogen für Dentschlaod und Oesterreich: vietteljäbrlich >l t.— Direkt« täalich« Kreuzdmids«»«^ i»A Au«la»d: manaüich X 7^0. Li» Viortzea-AaSgab« erscheint »» '/,7 Uh», di» tzlde»d-U»«tzab« Wochuttng« mn K Uhr. rw)igtr,TagMatt Ne-ürti-u »»- Erpr-itiou: Ä»tzm»»»»>«ff« 8. Die Expedition ist Tbochentag» ununteü, rochen geöffnet von früh 8 dt» Abend» 7 Uhr. Filialen: Otto Slriiini's S»r1i«. (Alfred H«h«), Univrrsitätsskraßr 3 (PanUniuu), Lauts Lüsche, Satharinntstr. 14, Part. «ch KSnichiplatz 7. Anzeiger. ÄmlsUatt des Königlichen Land- «nd Amtsgerichtes Leipzig, des Aathes «nd Nolizei-Ämtes der Ltadt Leipzig. A«ze1g»«-VrßiO die 6 gespaltene Petitzeile LO Pfg. Reclameo unter dem Redactionsstrich ^ge spalten) bO^Z, vor den FamUiealluchrichlrn (6 gespalten) 40^. Größere Schriften laut unserem Preis verzeichnis. Tabellarischer und Ziffrrnsap nach höherem Tarif. iktri-Beilagen (gefalzt), nur mit der Morgen-Ausgabe, ohne Poftbesvtderuag » SO.—, mit Postbeförderung ^l 70 -. Innahmeschluß für Änzeizen: Sbend-AuSgabe: Vormittags 10 Uhr. Morgen-AuSgab«: Nachmittag« 4 Uhr. Bei den FUialen und Annahmestellen je eine halb« Stunde früher. Anzeigen sind stets an dir Expedition zu richten. Druck und Verlag von E. Polz in Leipzig. ^ 184. Sonntag den 11. April 1897. 91. Jahrgang. Aus -er Woche. Mit der böhmischen Sprachverordnung hat da» Deutschthum in Oesterreich einen schweren Schlag erlitten. Dicht an der Grenze te» Reiches werden künftig Deutsche, und zwar nicht nur deutsche Beamte, sondern auch Volksrichter, in Fällen, wo e» Tschechen beliebt, nur dann Recht sprechen können, wenn sie der Sprache dieses kleinen VolksstammrS mächtig sind. Dir R«cht»vrrkürzung muß noch schmerzlicher dadurch empfunden werden, daß rine Gruppe deutscher Abgeordneter zu ihrer Herbrifübruna di« Hand geboten hat. DaS Berbalten der brutschen Großgrundbesitzer im Reicksrath ist ein nichl« wraitzrr «IS günstige» Vorzeichen für die Opposition, dir den Deuiichen im Nachdarrrichr aufgrdrängt ist. Da man ihnen im Reich« nickt brlfrn kann, sollte man hier wenigsten» aus ihrer gegenwiirtigrn Brdränguiß und den Fehlern, die sie verurfackt baden, di« rechte Lehre ziehen und sie im preußischen Osten energisch appliciren. Die Schwrtzer Wahl zeigt die Deutschen in den Ost marken so wenig auf dem rechten Wege, al» ihn die Deutsch- östrrrricher bisher betreten haben. Inzwischen hat «ine zweite ReichStagSnachwabl ftatigefundrn. deren Ausgang mit größerer Seelenruhr al» dir Entscheidung in Westpreutzrn hingeuonunen werden kann. In Torgau-Liebenwerda ist das biSber von der Reichspartri besessene Mandat auf Herrn Knörcke, einen Freisinnigen auS der Gefolgschaft Richter'-, über gegangen. Da« Ergrbniß ist an sich bedauerlich, namentlich deshalb, weil in ihm die Mißstimmung über die Ablehnung zweier Kreuzer für die Marine nicht zum Ausdrücke kommt. Andere Quellen der Verstimmung sind eben reichlicher ge- flössen. Im Urbrigen lassen sich gerade diesem conservativen Mißerfolge auch Lichtseiten abgrwinnen. Er weist auf ein Schwinden deS verhänznißvollen Einflusses des Herrn v.Ploe tz hin, der im Wahlkreise seinen Wohnort hat und dort einen außergewöhnlich starken Druck auf die Wahlen au-geübt baden soll. E» werden Dinge erzählt, die, wci.n sie bewiesen worden sein sollten — und daS Organ deS Herrn v. Plortz hat sie nicht direct in Abrede gestellt —, „nicht mehr schön" zu nennen waren. So heißt eS, einem Arbeiter, der von dem Verwalter de» Herrn v. Ploetz seinen Lohn ver langte, sei erwidert worden, er solle zu Knörcke gehen, worauf der Mann entgegnete, er habe doch nicht für Knörcke, sondern für Herrn v. Ploetz gearbeitet. Der Sieg, der die Machtverhältnisse deS Reichstag- nicht merklich verschiebt, kann von den Gegnern leicht ertragen werden, Grund zum Jubeln hat die BolkSpartei nicht. ES ist vor einigen Tagen etwa- passirl, waS recht unangenehme Folgen haben wird, namentlich auch für den in Hagen gewädlten Herrn Richter. vr. König in Witten, der frühere antisemitische Reichslag-abgeordnete und ein glaubwürdiger Mann, hat nämlich in der „Kölnischen Zeitung" folgende Erklärung gegen den Kre,sinnigen Lenzmann abgegeben: „Nach dem ParlamentSberickt in Nr. 303 der „Köln. Zeitung" hat der Rrichstagsabgeorbnetr Liebermann v. Sounenderg mich als Gewäbr»mana einer angeblich aiitisemittichro «rnßerung de« Ab geordneten Lenzmonn bezeichnet. Herr Lenzmann hat die Richtigkeit dieser Behauptung mit der für mich beleidigenden Wendung b«. LeuiUetsn. Frau Professor Gottsched. tikochdrnä W»hl keine deutsche Schriftstellerin wird im Allgemeinen f» falsch, was ibren Charakter andetrffft (vielleicht auch ihre geistigen Fähigkeiten), deurtbeilt als die Gottsched. Die ganze Antipathie, die wir mit Recht gegen ibren Gatten haben, pflegt fick auch zum Thril gegen sie selbst zu richten. Und doch verdient s„ gerade wegen der ihr von ihrem Galten zu Theil gewordenen Behandlung unser» ganze Theilnabme. Vielleicht ist r« angebracht, da« Andenken der geistig ungemein begabten Frau beute, an ihrem Geburt-tagr, retten zu Helsen. Wir holzen dabei im Großen und Ganzen den biographische» Mittdeilungen »iner der Gottsched rongenialrn Fra», der Frau Professor Robinson. di« Unter dem Namen Taltz einst rin« vielgerubmte Schriftstellerin war Und di«, mit echt weiblichem Tarttzesiibl begabt, vielleicht sich hauptsächlich nur deshalb so in di« Eigenart einer Gottsched zu vertiefen wußte, weil mancherlei in der Lebenshaltung sowobl al« in »r» Veranlagung deidl» Frauen ungemein viel Aebnlich- keit hat. Ter Vater der Gottsched, ein Schlesier von Geburt, war königlich polnischer Leibarzt und eia Mann v«n Verdienst, ihr« Mutter, au» «inem Augsburger Patriciergeschleckt, aber in Daniig, mehr französisch al» deutsch erzogen, ein» Fra« von höherer Bildung. Ihr Ruf war schon durch Reisende nach Leipzig gedrungen, eh« di« Tochter berangebllibt war. Al» dies« letzter» aus di, Welt kam, entstand in der Familie »in« ganz eigene Verlegenheit. Man batte geglaubt, Gründe n» haben, einen Knabe» tz» erwarten und sich daher aus- schliäßlich Mit KuabeNmittzchen versehen. Al« nun ein Mitv- chn, Mit »itwm so großen Kops« an» Licht kam, daß ktin Mgdch«nmützch«N, b»» Man austreiben konnte, ih« Paßte, mußt« Wan, da »in unbehaarter Kind«,köpf z» i»a«n Zetten durchaus Nicht unbedeckt bleiben durste, ihm au» »iner Binde ein« Art von orientalische« Turba» mach«, und di« Kleine gleichsam zur Sibylle einweiben. Die Familie behauptet«, sie sei mit einem Poetrnkastrn geboren. Beide Eltern widmeten der Erziehung dieser Tochter die größte Aufmerksamkeit, besonder» die Mutter, die sie Französisch lehrte und flch hduflg VStt ihr vorlrsrn ließ. Auch Englisch lernte sie von einem mit dieser Sprache vertrauten Halbbruder schon al» Kind. Bride Eltern waren musikalisch, kleine Liebhaberconcerte wurden häufig im Haus« veranstaltet, und dem musikalischen Talent der Tochter ward eine tüchtige und kunstgerechte Ausbildung zu Theil, die sie in später» Jahr» «och vervollkommnet«. Di« Mutter wollt« sie auch stritte«: „Denn St« Ihre Informationen über meine Gefühle von Privatleuten »tnhoira, wir den Herren König und Hoppsiettrr, deren Zuverläistqkeitdadurch charaktrrisirt wird, daß strPrivatgesprüLe einem politischen Gegner von mir zur Ausbeute mittheilen, so muß ich da« al« «ine höchst unzuverlässige Quelle erklären." Demgegenüber sehr ich mich zu iolgrnder Erklärung genöthigt. Abgesehen von mindesten« nicht judenfreundlichen Aeußerungen des Herrn Lenzmann mir gegenüber bet einer früheren Gelegenheit, sagte mir der damalige College L. bei einem Zusammentreffen in der Wandelhalle de- Reichstag- — ,« war meiner Erinnerung nach zur Zeit der Be- rathung deS russischen Handelsvertrags — fast wörtlich: „Sie haben wohl schon gehört, daß mich die Hagener Juden neulich gewinnen wollten. Ihnen in Hagen entgegenzutreten." (Ich hatte kurz vor der Rrichstagtwahl in Hagen eine sehr stark besuchte Versammlung abgehalten, um zur Verdrängung Richter'« aus deni Wahlkreise brizutragrn.) Ich erwiderte, ich hätte wohl davon gehört, halte eS aber für ein leere« Gerücht gehallen. „Nein", replicirte Herr L-. „La» ist eine Thatjache. Für so dumm haben Sie mich auch wohl nicht gehalten, daß ich auf «in solche« Ansinnen eingehen würde." Das bestätigte ich ihm gern, worauf er sortsuhr: „Das soll» mir auch einsallen, für die Juden die Kastanie» au« dem Feuer zu holen, denn so'n bischen Antisemit ist doch wohl Jeder", was ich ihm gern mit der Einschränkung coacrdirte: „wenigstens jeder an ständige Mensch." Herr L. kannte mich bei diesen keineswegs ver traulichen Mittheilungen ebeuiogut als seinen politischen Gegner, wie er Herrn Lirbrrmann v. Lonnrnberg al« solchen kennt. Ich hatte daher nicht den geringsten Anlaß, diesem gegenüber die auch ihn intereisirende Unterhaltung zu verschweigen, welche uns immerhin den Beweis lieserie, daß sogar in den Reihen deS Fortschritts das „Gift deS Antisemitismus" Anzudringen beginne. Ich habe Herrn Liebermann v. Sonnenbrrg nicht ermächtigt, hiervon im Reichstage Gebrauch zu machen, kann ihn aber nach Obigem auch keiner Indiskretion zeihen. Herr L. hat sich dieie Fcstnagelung vielmehr selbst zuzuschrriben, da er sich in der vorhergehenden Debatte als «inen rnragirtea Gegner deS Antisemitismus und warmherzigen Freund des Judenthum« hingestrllt halte." Diese Erklärung, auf die eine Entgegnung bisher nicht erfolgt ist, dürft« den Stand der Caffe der freisinnigen — Vereinigung sehr günstig beeinflussen. Von besondere» Opfern de» Centrums, gebracht für oi. Erbaltung de» Fürsten Hohenlohe, ist nichts bekannt. Dagegen kennt man Fäll«, wo eS der Partei an der pflichtgemäßen Behandlung der ReichSangelegen- heiten, die ihm ohne jede Rücksicht auf die Regierung obgelegen hätte, bat fehlen lassen. Wenn die „Köln. VvlkSzlg." jetzt ankündigt, da» Centrum werde sich künftig ausschließlich von sachlichen Gründen leiten lasten, so ist daraus zu be merken, daß seine Wortführer auch bisher stets von sachlichen Gründen bestimmt zu sein Vorgaben. Eben erst wieder bei der Ablehnung der Kreuzer. Wir haben diesen Versicherungen niemals Glauben geschenkt und werden da-, nachdem die „Köln. BolkSztg." unfern Glauben nachträglich rechtfertigt, künftig erst recht nicht thuo. Herr Pastor Fritsch in Berlin Vs. wird jetzt viel um worben werden. Er ist laut gerichtlichem Urtbeil der Be sitzer de- einzigen als vorhanden bekannten ExemplareS einer „pikanten" Schrift, zu deren Verkauf er in Ver folgung seiner Sittlichkeitsbestrebungen einen Braunschweiger Babnhof-buchhändlrr mit anerkeanenswerther Zähigkeit ver anlaßt hat. Viele wollen natürlich ibr Gemüth ob deS Inhalte- de» Buche- mit Empörung erfüllen, wozu ihnen aber nur der Herr Pastor verhelfen kann. Wie e» beißl, ist ihm als Gegenleistung für da- Verleihen de- Buche» unter anderm in allen sogenannten weiblichen Arbeiten erfahren wissen, und sie hatte Alle», was dabin schlug, gründlich zu erlernen. Nur al» fl« beim Spibenklöppeln fast ihre jungen Augen opferte, entriß ihr der Vater eine» Tage» ungeduldig da« Klöppelpult und warf e» in» Feuer. Al» sie heranwuch», überließen ihre Eltern die Wahl ihrer Studien meist ihr selbst, und sie zeigte früh »in so ernste« Streben, einen solchen wißbegierigen, frommen und vernünftigen Sinn, daß sie es unbedenklich konnten. Da» ganze Hau- gewährte ein gar angenehme» Familienbilb und giebt uns da» allergünstigste Beispiel eine» bürgerlichen Hauswesen» höherer Art in jener sittlich verderbten und geistig gesunkenen Zeit. In wohl- häbiger Behaglichkeit, gastfreundlich, gesellig, kirchlich fromm in solchen Verhältnissen wuchs „die Jungfer KnlmuS" auf, ward allgemein al» ein sehr vorzügliche» Mädchen an erkannt, nah war vollkommen vorbereitet, in einem größeren Kreise ihre Wirksamkeit zu Üben. „Die Jungfer KulmuS". An diesen Namen, unter dem sie weit Und breit bekannt war — denn ihre ältere Stief schwester Coneordia war längst vrrbriratbet — müssen wir uns hauplsäcklich halten, ikbre drei Taufnamen Luise Victoria Adelgund«, die sie von ihren drei Patben führte, scheinen all» gleich berechtigt gewesen zn sein. Sie werden nickt allein in Briesen nn» Gedickten (letzteres je nachdem der Reim paßt) immer wechselsweise und ohne Unterscheidung auf sie angewendet, sie unterschreibt sich auch selbst bald mit dem einen, bald mit dem andern. Bald nach ibrer Ver heiratbnng kommen drei, während einer kurzen Abwesenheit ihre» Mannes geschriebene allerliebste Briefchen vor, die einer nach dem andern mit den drei schonen Namen, an denen Gottsched eine Art von kindischem Wohlgefallen gehabt zu baden scheint, unterschrieben sind. Spater «nterslhreibt sie sich nttr »Gottsched", nicht nach dem Gebrauch der Zeit „Gottsckevin", wie sie sich früher immer „KulmuS" Unter zeichnete. I« Jahre 1729 kam Gottsched, brr d»N Leipzig au» seinei» Vater in Königsberg besucht batte, nach Dattzig zum Theil «tl der Absicht, dir Jungfer Knlmn« persönlich kennen z« lernen. Schon seit längerer Zeit stand er bereit- mit dem jungen Mävchen in eine« gewissen Verbindung; venn schon 17»? hott« ihm di« Vierzehnjährige bnrch einen gemeinschaftlichen Freund Proben ibrer deutschen Gedichte lukommen lassen, «Nd hi« Klein«, obwohl sie „nd all« ihre Biographien nn» immer versichern, daß sie die Schmeichelei gedaßt habe, scheint sich genug «n den complimentenrlichen gereimten Schreiben gefreut z« haben, durch di« der junge Magister, in dem schon der berübmte Mann dämmerte, ibr dankte. Al» er sie selbst kennen lernte, sang er mit lautem Preis: ein künstlerisch auSgesührteS Vaterunser geboten worben, in welchem die Bitte „Führe uns nicht in Versuchung" von dein Kalligraphen mit besonderer Liebe behandelt ist/ Der Direktor des Elberfelber Stadttheaters ist, weil er Ernst v. Wildenbruch's „Willebalm" hat aufführen lassen, zur Zahlung von üOO .^1 verurtheilt worden, aber der Verfasser gehl straflos auS. Wer das „Festspiel" kennt, muß zugeben, daß eS manchmal recht ungerecht auf der Welt zugeht! Deutsches Reich. * Leipzig, 10. April. In einem Proceß, den der Kläger Frhr. v. Schele wegen vermögensrechtlicher Ansprüche auS seiner früheren Stellung als Gouverneur deS ostafrikanischen Schutzgebiete- gegen den ReichSfiScuS angestrengt, hat das Reichsgericht über die Stellung der Beamten der deutschen Schutzgebiete nach Mittheilungen der „Jurist. Wocheuschr." folgende wichtige Grundsätze ausgesprochen: Mit Recht hat der Vorderrichler angenommen, daß der Kläger Reichsbeamter im Sinne de- BeamlengesetzcS vom 3 t. März 1873 gewesen und daher dieses Gesetz für die Entscheidung des jetzigen Rechtsstreite» maßgebend sei. Den» nach dem deutschen Staat-recht bilden die deutschen Schutzgebiete, da sie verfassungsmäßig nicht dem Reiche einverleibt sind, keinen Bestandtheil de- Reichs, wohl aber, weil sie durch ReichSgesetz vom 17. April 1886 unter die Schutzgewalt, d. h. Staatshoheit des Reichs gestellt sind, ein Zubehör deS Reichs. Die Ausübung der Schutzgewalt ist dem Kaiser über tragen. An dir Zustimmung deS BundeSratheS und de-Reichs^ tag- ist der Kaiser dabei nicht gebunden. ES steht ihm also auf dem Gebiete der Gesetzgebung daS Recht zu, Verordnungen mit Gesetzeskraft zu erlassen. Eben deshalb ergiedt sich von selbst, daß die Leitung der Verwaltung in den Schutz gebieten dem Reichskanzler als dem verantwortlichen Reich«- minister zusteht, zu dessen Unterstützung bei der Verwaltung die Colonialabtheilung de- Auswärtigen Amte- eingesetzt ist. Folgerecht müssen die in den Schutzgebieten angestelllen Beamten als Reichsbeamte gelten, ein Grundsatz, auf weichem auch das Reichsgesetz über die Beamten in den Schutzgebieten vom 31. März 1887 beruht. Diesen Beamten kommt aber, sofern sie ihre Besoldung nicht auS allgemeinen Reichsmitteln, sondern auS Mitteln der Schutzgebiete beziehen, zugleich die Eigenschaft von Landesbeamten zu. Hiernach dal der Vorderrichter zutreffend für den Klageanspruch den Rechlsweg als zulässig und die Vertretung deS Verklagten durch den Reichskanzler für gerechtfertigt erklärt, der die oberste ReichSbebörve und zugleich die oberste Verwaltungs behörde deS ostafrikanischen Schutzgebiete- bildet. Berlin, 10. April. Die „Kreuzzeitung* ist von der Meldung der „Münch. Neuest. Nachr.", daß bei Be- rathung deS Entwurfs einer deutschen Militair-Straf- gerichtSordnung im BundeSrathe Meinungsverschieden heiten über den Sitz d«S für da« gesammie deutsche Heer und die kaiserliche Marine gemeinsamen Höchstgerichts bervorgetreten seien und der Vorschlag gemacht worden sei» es nicht nach Berlin, sondern nach Leipzig zu ver legen, höchst unangenehm berührt und führt eine ganz« Fülle DeS jungen Gastes FrühlingSsrüchte, Dir Werk« deiner klugen Hand, Sind durch daS preisende Gerüchte Mir schon vor langer Zeit bekannt. Dort, wo in Meißens fetten Auen Die schlanke Pleiße rauschend fließt, Dort, wo der Mnlenbilgrl ist, Darauf ganz Deutschland pflegt zu schauen; Da hat es mir zuerst geglückt, Daß ich ein Lied von dir erblickt. Gottsched war damals noch nickt der anmaßende Diktator, alS welcher sein Name auf die Nachwelt gekommen. Sein erste- Auftreten in der Literatur und die rastlose Tbälig- keit, mit der er die richtige Erkenntniß und Reinigung der deutschen Sprache förderte, mußten ihn allen Freunden deS Vaterlandes auf daS Günstigste empfeblen. Neunnndzwanzig Iadre alt, ein großer, schöner Mann von fast übermächtigem Gliedrrbau und angenehmen, weichen Gesichtszügen: was wunder, daß er der kleinen Iimgfer KulmuS gefiel, daß sie seine Huldigungen wohl gefällig annahm, und nach seiner Abreise die auf seine Bille erhaltene Erlaubniß ibrer Eltern, mit ibm,n correspondiren, freudig benutzte? Sie war bübsck, sechzehn Iahte alt, äußerst klug und gesittet, der Mittelpunkt eines bewundernden Kreises, dabei unermüdlich wißbegierig »nd voll Eifer, von ibm belehrt zu werden. Der Poet auS der berühmten Musenstadt war bald bis über die Ohren verliebt, besonder- hatte er auch an ihrem Clavier- nnv Lautcnspiel große Freude, was ihm Ehre macht. Von da an bis zu ibrer Verbeiratbung — fünf und ein Kalbes Jab» lang — eröffnet sich uns nun durch ibren Briefwechsel ein kleiner anspruchs loser Roman, der »nS gar manchen Blick in die Sitten der Zeit, ibre DenkungSart »nd ihre literarischen Bestrebungen thun läßt. So lange der Liebhaber noch gegenwärtig war, hielt die Jungfer KulmuS ihn bei aller Vorliebe etwa- kurz, wie er un- selbst klagt: Denn da ich - einst gewagt Und dir auch ungefragt, Mit großer List einmal Ein halbe- Mäulchen stahl: Hilf Himmel! wi« erhitzt Hast du auf mich geblitzt! Und mte so sehr gedroht, -lls ob der ärgst« Tod Noch lange nicht zu schwer Für meinen Fehler wär'. Seitdem wandte er alle Küsse nur ihrer schönen Hand z». und daS ließ sich die Kleine, wie e» scheint, auch recht gern gefallen. In der langjährigen Eorrespondenz erscheint di, Jungfer von Gründen an, die beweisen sollen, daß das Höchstgericht nach Berlin kommen muffe und nach Leipzig nicht tommcii dürfe. Es soll der „Krruzzeitung" zugegeben werden, daß manche dieser Gründe wirklich für die Errichtung des Höchst grrichteS in Berlin sprechen; wenn das Blatt aber u. A. auch sagt, „daß die Stellung des InbaberS der Commandogewall, des Kriegsherrn, in und zu der Gerichtsbarkeit im Militair Strafprvceß eine unvergleichlich viel stärkere und nähere ist, als im bürgerlichen Leben die des Landcsherrn", so führt die „Kreuzzeitung" einen Grund an. der gegen Berlin als Sitz des Höchstgerichtes schwer ins Gewicht fällt. Es ist sicher lich nicht nur die „Kreuzzeilung". die von dem Wunsche beseelt ist, daß der oberste Militairgerichtsbos unter dem persönlichen Einflüsse deS obersten Kriegsherrn stehen möge. Aber gerade aus diesem Grunde wird und muß man in weiten Kreisen wünschen, daß das künftige Reichsmilitairgericht den Berliner Einstüssen entrückt werde. Immerhin wird Leipzig wohl daran thun, sich nicht der Erwartung hinzugeben, daß es ebenso, wie es Sitz des Reichsgerichts geworben ist, auch als Sitz des ReichSmilitan gerichls werde auSersehen werden. Soeben wird der „Franks. Ztg." aus München gemeldet: „Es ist tatsächlich richtig, daß Bayern seinen obersten MilitairgerichtShvs beansprucht. Im BundeSrath scheint ein mit der Militairhoheit der Krone Bayern zusammenhängendes Zugeftändniß in dieser Richtung bereit- gemacht worden zu sein. Für das übrige Deutscht«nd würde aller dings ein oberster Militairgerichtsbos eingerichtet, aber das bayerische Conlingenl wäre ihm im Frieden nicht unter stellt. Im Kriege jedoch wird wahrscheinlich der bayerische Oberste Gerichtshof ruhen oder in seiner Competeaz be schränkt werden." Ist daS richtig, d. h. will die bayerische Krone im Frieden einen eigenen obersten Militairgerichtsbos, der ihrem Einflüsse untersteht, so wird der Wunsch der „Kreuzzeilung" sicherlich erfüllt. * Berlin, 10. April. Die „Köln. Ztg." wird auS Frank furt a/M. auf eine Auslastung deS ,Hrankf. Journals" auf merksam gemacht, die sich an eine kürzlich daselbst abgehaltene StrafgerichtSverhaudiung knüpft und von einer be denklichen Begriffsverwirrung zeugt, die auch in social- politischer Beziehung schlimme Folgen haben könnte und der daher entschieden entgegengetretru werden muß. DaS Frank furter Blatt schreibt nämlich: „Wohl hat selten ein Proceß die weitesten Kreise derart intevessirt wie der am Montag verhandelte Proceß gegen den ehemaligen Braueretdirector Oberländer. Die Freunde das Berurttzeitten zählen nach vielen Hunderten und zu den ersten hiesigen Familien. Oberländer, der es verstanden hat, sich allgemeine Achtung zu erringen, wird bedauert und man hofft durch ein Gnadengesuch an den Kaiser das Schlimmste für den so schwer geprüften Mann, der selbst nach Ansicht seiner Richter unverschuldet tn Noth grrathen, abzuwenden. Oberländer zeigt tm Gefängniß die größte Reue. Seine Hauptsorge ist da» Wohl seiner Fnmitte, die er mittellos zurückließ. Eine moralische Schuld an dem Unglück des nach Aussage ehrenwerther Bürger höchst verdienstvollen Mannes trifft die Coburg-Gotbaische Bank, weil sie ihrem Direktor zumuthete, mit einem Gehalt auszukommen, das kein Direktor selbst bedeutend kleinerer Brauereien empfing Sine auswärtige bedeutende Gesellschaft ist bereit, falls das Gnadengesuch von dem gehofften Erfolg begleitet sein sollte, den Brrurtheilten sofort zu engagtren, und einige Freunde, die durch KulmuS nun im angenehmsten Lickte: liebevoll, warm, lehr- be^ierig, voll gesunden, oft scharfsinnigen UrtbeilS, und bei allen Anfeindungen von außen, bei allen Prüfungen durch seine Eifersüchteleien und sein Mißtrauen unveränderlich lang- müthig und liebreich. Sonst sind dir Briefe ein Klimar von Gefühl und Vertraulichkeit und steigen von der Anrede von „bochzuebrender Herr" durch „sehr geschätzter Freund" zu „liebster und bester Freund" auf, obwohl sie sich nie zu einem „du" ausschwingen, das von ibrer Seite selbst in der Ebe noch nicht für anständig gehalten wird. Die lange Verzögerung der Heirath batte zuerst in der großen Jugend der Braut und der ungenügenden Versorgung de» Bräutigams ibren Grund; dann in deS Vater-, dann in der Mutter Tod — ein Freudenfest in der Tranerzeit wider stand ihrem Anstandsgesiibl —, zuletzt ließ sich die Verwaiste aber doch im Trancrkleid copnliren. Besonders auch war die lange Belagerung Danzigs durch die Russen ein Hemmniß. Wenn wir ibre Briefe im Allgemeinen mit denjenigen, die in ibrer Zeit als Musterbriefe galten (z. B. mit Neu kirch'S „Galantem Briefsteller"), oder ihren prosaischen Stil überhaupt mit dem ibrer literarischen Zeitgenossen, z. V. Schwade'-, Bodmer's, Triller's rc. — von dem gewöhnlichen, mit französischen Brocken verbräniten ganz zu schweigen — vergleichen, so erscheint ibre natürliche, correcte und anmutbige Schreibart wahrhaft wunderbar. Und zwar war dieselbe schon vollkommen auSzebildet, ehe sie die deutsche Sprache noch eigentlich stuvirt hatte, wozu sie erst durch Gottsched recht veranlaßt wurde. Sie machte in der That schon lange deutsche Verse, alS sie ihn kennen lernte — eS wird sogar eine Reimerei an ihre Mutter, als sie l4 Iabrr alt war, mitgetheilt —, allein die Hauptspracke für Lectüre »nd Unter haltung war ihr kaS Französische. Erst Gottsched flößte ibr den rechten Eifer für Aufrechterhaltung der Mutter sprache ein, zugleich aber leidet auch seine Ansicht, daß e» mit dem guten Willen dabei gethan sei, eine Ansicht, die z» einer planmäßigen Erhebung und llebersckätznng des Mittelmäßigen und Trivialen führte. So suchte sie z. B. in einer Vorrede zu ihrer llebersetzung einer Schrift der Marquise dn Ckatet z» beweisen, daß (1741) die Deutschen hinsichtlich ibrer Literatur durchaus nickt hinter den Franzosen zurückständen. Opitz, Dach, Comitz Grvpdius, Güntber, da- waren die großen Dichter, die sie den Corneille, Racine und MoliSre Frankreich- entgegenstellte. Nimmt die gute Frau als Prosaistm eine der ersten Stellen im deutschen Musentempel ihrer Zeit ein, als Dichterin ist sie unbeschreiblich schwach und ftebt im Versemachen noch unter ihrem Manne, dessen Reime wenigstens wie ein reines Wasser in einer flachen Rinne klar und schnell dahinfließen, eine Flüssigkeit, welche die ihren nicht einmal immer erreichen. An einer Uebersrtzung von Addison'» „Cat»", besonder» Aber
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