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02-Abendausgabe Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 21.04.1896
- Titel
- 02-Abendausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1896-04-21
- Sprache
- German
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-18960421022
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-1896042102
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-1896042102
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Anzeiger
- Jahr1896
- Monat1896-04
- Tag1896-04-21
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3018 Heimweg ««treten wollte, rief ihn an dessen Rollstuhl und er mußte sich mit einem vieldeutigen Abschiedslächeln gegen Mademoiselle begnügen, als er nun den Vorgarten der kleinen Villa verließ, bi» zu deren AuSgangSpforte Thea ihren Besucher geleitete. Sie verabschiedete sick von den selben dort mit emer Liebenswürdigkeit, welche Mademoiselle überraschte. Es kam aber überhaupt für Mademoiselle jetzt eine Zeit der Ueberraschungen. Am Tage nach jenem Besuche des allen Herrn und gerade, al- Thea eben fortgegangen war, wie wenn er genau den Zeitpunkt abgepaßt Härte, erschien plötzlich der blonde Don Äirico in der Billa. Er sah noch viel bleicher auS als sonst und war sichtlich in großer Auf- czung. Der Schweiß perlte auf seiner Stirn, seine Augen rollten unstät umher und seine Brust arbeitete heftig als er vor Claire stand. Sie erschrak beinahe. „Wo ist das Kind?" stieß er auf Französisch mit seiner leisen, merkwürdig traurigen Nanglosen Stimme heraus. Und dabei sah er sie an, als wollte er sie tödten — dachte Claire —, wenn sie eS ihm nickt auslieferte. E» machte wahrhaftig den Eindruck, als wollte er eS entführe». Claire baue von derartigen aben teuerlichen Dingen manchmal in Romanen gelesen, und ein Romanbeld war Don Enrico in ihren Augen ja längst, t-esonderS seit den Eröffnungen, die der sckwarze IosS ibr gemacht batte. Zugleich fühlte sie sich gekränkt dadurch, daß er nur nach dem Kinde fragte und ihr ganz deutlich damit zu verstehen gab, daß er um ibrelwillen nicht gekommen sei. ES klang den» auch ziemlich schnippisch — trotz aller ihrer Angst — al» sie ihm entgegnete: „WaS wollen Sie von dem Kinde, mein Herr?" „Nur es sehen", klang eS zurück, „kaffen Sie eS mich seben — schnell, schnell!" Diesmal war ein weicher, flehentlicher Ton in seinen Worten, der etwas Rührende- für sie hatte. Und nun brachte sie ibm da- Kind, das im Zimmer mit seinen Puppen be- ickästigt gewesen war, auf die Rampe binau«, wo er stand und wartete. Sie sab auch ganz gut, wie seine Augen auf leuchteten, als daS Kind kam, und ein Zittern seinen ganzen Körper durchlief. Er streckte wie bittend seine Arme nach rem Kinde auS. Und merkwürdig: Lydia, die sonst so scheu - und zaghaft war, lächelte, als sie Don Enrico sab, nahm sein« Hand, ließ sich wieder und wieder von ibm küssen und war ganz zutraulich. Mademoiselle kam au» ibrem Er staun« aar nicht derau«. Und nun fingen die Zwei auch noch «, sich za aaterhalten, Lydia auf Don Enrico'« Schoß, und zwar in jener absckeulicken, deutschen Spracke, von der Mademoiselle kein Wort vei stand, die der blonde Don Enrico aber so handhabte, als hätte er nie eine andere gesprocken. Und dabei kein Blick für sie selbst, geschweige denn ein Wort von ihm. Und wie zärtlich die Beiden zusammen waren! Wie gut sie sick verstanden! Mit der Zeit wurde es Claire denn doch zu arg. „Ich weiß nicht, mein Herr — fing sie an und räusperte sich." — Aber die Beiden achteten gar nicht auf sie. Nun wurde Claire ungeduldig. „Mein Herr! Lydia'» Mutter wünscht nicht, daß Fremde das Kind küssen. Ueberbaupt, mein Herr, muß ich Ihnen sagen, wenn Madame heimkommt und . . DaS half plötzlich. Don Enrico sprang aus. Es war etwa» AengstlicheS, sogar Verstörtes in seinen Mienen, als er sich umblickte. Dann fragte er plötzlich, wann Madame immer ausgehe, ob sie morgen um diese Stunde wieder nicht zu Hause sein werde, und ähnliches — alles mit großer Er regung und in sichtlicher Spannung. Und als Claire ibm dann Auskunft ertbeilt batte, zog er rasch noch aus allen Taschen allerlei glitzerndes Spielzeug hervor, das er offenbar für die kleine Lydia mitgebracht, ibr aber bisher über all' dem Sckwatzen und Liebkosen zu übergeben versäumt hatte, lauter Sacken, von denen das Kind völlig wie geblendet war. Tann küßte er eS noch einmal, winkte ihm mit strahlenvem Gesicht zu und wollte geben. Dicht vor der AuSgangS pforte besann er sich aber sckeinbar wieder eines anderen, kam auf Claire zu und wollte dieser ein Geldstück in die Hand drücken. DaS war Mademoiselle Claire denn dock zu stark. Das also war die Art des Verkehrs, die er mit ihr anstrebtr! Einen großen Herrn dünkte er sich, der einem „Domestiken" gnädig ein Trinkgeld zuileckre, um sich dessen Verschwiegenheit und fernere Gewogenheit zu sichern. Statt daß sie geglaubt batte — Claire zitterte förmlich vor tiesinnerlicher Empörung. Aber er sollte sie kennen lernen, sollte sie nickt ungestraft ge- reizt haben. AuS der Hand geschlagen hätte sie ihm am liebsten daS Geld — und wenn e» ein Napoleon gewesen wäre! Es schien ihr übrigen» wadrbastig ein Napoleon zu sein. Nun, um so schlimmer die Demütbigung, die er ihr zugrdacht. „Mein Herr," sagte sie und setzte sich in Positur, die Arme in die Hüften gestemmt, „ich we,ß nicht, für was Sie mich halten." Und ihre Augen funkelten ihn ordent lich an Ganz beschämt schlich er davon. Claire kam «S wenigsten» seinem Verhalten während der zweiten Hälfte de» Kriege» China» gegen Japan und nach dem Abschluß de» Frieden» vavongetragen hat, etwas früher oder etwas später verwerthen wird, um seine Position in Hinterasien in hohem Maße zu verstärken. Ein besonderer Glücksfall war e» für Rußland, daß England durch seine schwankende Haltung während deS japanisch-chinesischen Kriege» die Sym pathien de» Sieger» wie de« Besiegten sich entfremdet hat. Die Folge ist, daß die japanischen Politiker für den Fall der Roth auf eine tbatkräftige Unterstützung durch England nicht mehr rechnen. Daß Deutschland um der schönen Augen England» willen diesem die Eastauien in Hinterasien auS dem Feuer holen sollte, ist selbstverständlich ausgeschlossen. Deutschland wird auch künftig weder russische, noch englische, sondern nur deutsche Politik treiben; aber eS liegt auf der Hand, daß eS seine Interessen nicht im Gegensatz, sondern soweit als möglich in Freundschaft mit Rußland schützen wird, dessen politiscke Ziele mit denen deS deutschen Reichs in keiner Weise collidiren Deutsches Reich. tb. Leipzig, 2l. April. Der Centralvorstand der nationalliberalen Partei gedachte am Sonnabend die Entscheidung über den Ort des diesjährigen Parteitages za treffen, die Sitzung ist aber auf DieuStag verschoben worden. Zur Wahl stehen Berlin, Bonn, Cassel und Nürnberg. * Chemnitz, 20. April. Die hiesigen Soria ldemo- traten haben in der Versammlung, die sie gestern Nach mittag im Saale deS Schützenhauses abhielten, beschlossen, für die Durchführung der von der Landeskonferenz gefaßten Beschlüsse einzutreten. DaS Verhalten der Leipziger Socialdemokraten nach der Landeskonferenz wurde entschieden gemißbilligt. ' Q Berlin, 20. April. Der „Reichsanzeiger" hat, wie schon berichtet, am Soouabend zu der Meldung, daß das Kriegs ministerium Weisungen oder Befehle erlassen habe, durch welche den Militaircapellen in Posen verboten werde, bestimmte Melodien zu spielen oder auch ihre Concert- Programme gleichzeitig in deutscher und in polnischer Sprache auSgeben zu lassen, folgende Erklärung ver öffentlicht: „Dem gegenüber sind wir in der Lage, festzu stellen, daß das Kriegsmioisterium irgend welche in der aiigedeuteteu Richtung sich bewegende Weisungen oder Be fehle nicht erlassen hat, da hierzu nur die Commando- behvrden zuständig sind." Es ist nicht ersichtlich, wäre aber zu erfahren sehr interessant, ob der Kriegsminister durch diese Erklärung der Oeffentlichkeit zu verstehen geben will, daß er die Verantwortung für daS durchaus korrekte Ver halten der Posener Militairbehvrden ablehnt und eS nicht billigt. Die Fassung läßt darauf schließen. * Verkitt, 20. April. Die „Post" schreibt: Wenn in dem socialdemokratischen Verlangen, den ersten Mai zur Feier sreizugebea, deutlich da» Bestreben zu Tage tritt, die Gesammtheit dem Willen oder richtiger der Diktatur der Socialdemokratie zu unterwerfen, so tritt derselbe Grundgedanke auch in der in den Berliner wirthschaft- lichea Kämpfen wiederholt oder vielmehr überwiegend hervorgetretenen Forderung auf, daß die Arbeitgeber sich zu einem ausschließlich von Arbeitern geleiteten ArbeitS Nachweise bequemen. Diese Forderung bedeutet nichts Andere», al» daß die Arbeitgeber in der Folge ge halten sein sollen, nur solche Arbeiter einzustellen, welche ihnen von den, von der organisirtea Arbeiterschaft geleiteten Arbeitsnachweisen zugewiesen werden. Es ist ferner Nar, daß ihr al-dann nur oder wenigsten» in erster Linie nur solche Arbeiter nachgewiesea werden würden, welche verjenigen Arbeiterorganisation angebören, die den ArbeitS- nachwrr» leitet. Die» bedeutet für die Arbeitgeber den Verlust de» HauSrecht» in den eigenen Geschäften, für die Arbeiter den Zwang, der betreffenden Organisation beizutreten. Beide Momente zusammen vedruten die AlleinherrsKaft der orga- nisirten Arbeiterschaft, zur Zeit also der «ocialdemo- kratie über den betreffenden ProductionSzweig. Es ist gut, daß, wie bei der Maifeier, auch auf dem Gebiete des Arbeit«- Nachweise» die Tendenzen unserer Socialdemokratie so unverhüllt zu Tage treten. Die Zahl derer, welche gern die Augen vor der socialdemokratischen Gefahr so lange schließen, al» es ihnen nicht unmittelbar an den Kragen geht, ist sehr groß; diefe Philisterseelen müssen erst durch die handgreiflichsten Be weise von dem, wa» von Seiten unserer Socialrevolutionaire wirklich geplant wird, aufgerüttelt werden, bevor die feste Phalanx zur Abwehr socialdemokraischer Bestrebungen sich bilden kann. Aber noch eine» tritt dabei hervor. Die richtige Organisation de» Arbeitsnachweises ist gerade m unserer Zeit von ganz hervorragender Bedeutung ; von ihr hängt e» wesentlich mit ab, wie weit die Arbeiter schaft vor der Socialvemokratie bewahrt werden kann oder nicht. ES ist daher zu wünschen, daß in ungleich höherem Maße al» bisher von den Eommunalverbänden die Einrichtung von Arbeitsnachweisen in die Hand genommen werde. * verltu, 20. Avril. Die „Nordd, All-. Atg." schreibt; „Im AuSlaode ist die Nachricht verbreitet worden, der vor 28 Jahren seitens der industriellen Gesellschaft zu Mül hausen i. E. in« Leben gerufene Gesellschaft zur Ver hütung von Fabrikunfällen wäre regierungsseitig geschlossen wordeu. Diese Nachricht hat Befremden wach gerufen. Weil gerade in Deutschland die ReichSregieruug auf dem Wege der socialen Versicherungsgesetze vorgegangen ist, die Uusallvrrsichernng und damit gleichzeitig Unfall verhütung gesetzlich geregelt hatte, konnte man in anderen Ländern nicht verstehen, auS welchem Grunde eine private Gesellschaft geschlossen würde, die dieselben Ziele, und zwar mit anerkanntem Erfolg, verfolgte und die gewisser massen ein Vorläufer der reichSgesetzlichen Unfallsürsorge ge wesen ist. Jenes Befremden war gerechtfertigt, denn in Wirklichkeit ist die Mülhausener Gesellschaft zur Verhütung von Betriebsunfällen nickt in Folge einer RegierungSmaß- nabme, wohl aber durch ihren eigenen Entschluß ge schlossen worden und zwar, weil ihr das Feld ihrer Tbätigkeit gerade in Folge der einschläglicken NeichSgesetz- gebung entzogen worden war." — Der Reichskanzler ist an einem heftigen Schnupfen und an leichter Halsentzündung erkrantt, aber nicht bett lägerig. Er kann die laufenden Geschäfte im Hause erledigen. — Die Vorstände der vereinigten Innungsver bände besprachen kürzlich die nach der Veröffentlichung der Organisationsvorlage einzuberufende Handwerker-Con fer en z. Man setzte die Gesammtzahl der Theilnehmer auf 54 fest, wovon der Berliner Centralansschuß ebenso wie der Münchener Vorstand je 27 Vertreter stellen. — Die Tabakarbeiter Berlins sind heute wegen Nicht bewilligung ibrer Forderungen vom 29. März in den all gemeinen Ausstand eingetreten, an dem hauptsächlich Fabrik arbeiter betheiligt sind. Die Heimarbeiter haben sich nur in geringer Anzahl aus dem Ausstandsbureau gemeldet. — Am AuS st and der Maurer wollen sich spätestens bis zum l. Mai bei Nicktbewilligung der neunstündigen Arbeitszeit auch die Steinträger, Rabitzspanner, Kalkschläger und BerusSgenossen betheiligen. Auf 98 Bauten sollen die Forderungen der Maurer bewilligt sein, während etwa 325 Bauten in Betracht kommen. Auf etwa 200 Bauten soll die Arbeit schon eingestellt sein. — Dem antisemitischen ReickstagSabgeordneten Köhler, Vertreter für Gießen, ist die Postagentur Langsdorf über tragen worden. Von der Entscheidung des Reichstags, ob darin die Annahme eines besoldeten ReichSamts im Sinne Les H 2l der Reichsverfassung zu erblicken ist oder nickt, wird es abhängen, ob der Abgeordnete Köhler sein Mandat niederzulegen hat oder in dessen Besitze verbleibt. — Der dem Gouvernement in Kamerun zugetheilte Assessor von Lucke ist, der „Kreuzztg." zufolge, auf der Heimreise von Wes:- afrika am 2. April in Kap Palmas gestorben. — Der österreickisch - ungarische Botschafter v. Szvgyeny- Marich gedenkt Anfang nächster Woche Berlin auf einige Zeit zu verlassen. — Zum Nachfolger Les Hofpredigers v. Fromme! als Militair- Oberpfarrer des Garde- und des 3. Armee-Corps soll nach der „N. A. Z." der evangelische Divtsiouspsarrer der 10. Division, Wülfing in Posen, und für die Stelle des Gornisonpsarrers von Berlin der Divisionspfarrer der 2 Garde-Jnsantcriedivision GoenS ausersehen sein. * Königsberg, 19. April. Als Nachfolger des verstorbenen Chefredakteurs Ferdinand Michels in der Oberleitung der „Hartungschen Zeitung" ist nunmehr Herr Emil Walter, gegenwärtig Chefredakteur der „BreslauerZeitung", berufen worden. Nachfolger Walter'« in der Leitung der „Breslauer Zeitung" dürfte Or. Oehlke werden, zur Zeil Redakteur de« „Niederschlesischen Anzeigers" in Glogau. * Posen, 19. April. Der „Kuryer" macht bekannt, daß man in seiner Geschäftsstelle Formulare zur Anfertigung von Anträgen um Zulassung zum polnischen Sprach unterricht erwerben könne. Der „Gonie?' bemerkt dazu: Dies genüge nicht. Es gebe Eltern, die nickt einmal ihren Namen untersckreiben könnten und die nicht Zeit hätten, das Besorgen solcher Formulare zu beaufsichtigen. In Rücksicht darauf stelle sich die Redaktion res „Gonicc" in den Nachmittagsstunden zu diesem Zwecke zur Verfügung. * Breslau, 20. April. Aus Friedrichs ruh ist, wie der „Schl. Ztg." mitgetheilt wird, gestern die Nachricht ein gegangen, daß Fürst Bismarck sich freuen werde, in diesem Jahre den Besuch seiner schlesischen Freunde zu empfangen. Ende Mai soll wegen eines bestimmten Empfangs tageS im Juni nochmals angefragt werden. * Osnabrück, 20. April. (Abends 9 Uhr 50 Mi») ReichStagsstickwahl im 4. Hannoverschen Wahlbezirke. Bisher sind gezählt für Wamhoff (nat.-lib.) 1231-» und für v. Schele (Welfe) 7577 Stimmen. * Bielefeld, 19. April. In der gestern aus Anlaß deS Dürkopp'fchen Streiks stattgehabten Versammlung der Fabri kanten Bielefelds und der Umgegend wurde die Gründung eines Vereins zur Abwehr unberechtigter Streiks be schlossen. (Rh.-Westf. Ztg.) * Eiet««, LV. April. Der hiefi-e confervativ« Verein hat, dem „Volk* zufolge, den Namen „christlich social" angenommen. * AlteuburL 20. April. Herzog Ernst und die Prinzen Friedrich Heinrich und Joachim Albrecht von Preußen sind im Schloß Fröhliche Wiederkunft eingetroffen, um mehrere Tage der Auerhahnjagd obzuliegra. * Meintugcu, LV. April. Der Kaiser hat dem Kaufmann und Brauereibesitzer Karl Zeitz den Rothen Adler-Orden vierter Elaste verliehen. 6 Loburg, 20. April. Gegen Abend mackteu der Kaiser und die Kaiserin bei herrlichem Wetter mit der Herzogin Marie eine AuSfabrt nach Schloß Rosenau und der Veste Coburg. Als die Majestäten nack der Rückkehr sich zu Fuß vom Palais Edinburg nach dem Schloß Ehreoburg begaben, wurden ihnen von dem Publicum stürmische Ovationen dar- gebrackt. Heute Abend, erschien das Kaiserpaar während deS ersten ActeS von „Rienzi" in der großen Hofloge. Da» Publicum sang die Nationalhymne und stimmte in eia Hoch auf die Majestäten ein. — Ein herzoglicher Erlaß an den Staatsminister spricht den wärmsten Dank de» Herzog» für die treue Gesinnung deS ganzen Landes au». * Nürnberg, 20. April. Gegenüber der Androhung eines Streiks in der hiesigen Maschinenbau-Actien- Gesellsckaft erklärte der Verband der Metallindustrie, alsdann mit der Schließung sämmtlicker Etablissement» vor- zugehen. (B. T.) Karlsruhe, 20. April. In der heutigen Nachmittags sitzung der Zweiten Kammer erklärte StaatSmiaisterNokk, baß die badische Regierung den Realgymnasien die Berechtigung für das mrdicinische Studium zuerkennen würde, wenn die übrigen Regierungen gleicher Ansicht seien; doch halte er eine erneute Enquete für noth- wendig. * München, 20. April. Die aus bekannten Gründen ins Stocken gerathcnen Verhandlungen, welche zwischen der preußi schen, der württembergischeo und der bayerischen Staats- bohnverwaltung schwebten, um für den Besuch der Berliner, der Stuttgarter und der Nürnberger Ausstellung eine Fahr preisermäßigung heröeizufiihren, sind, wie die „Allg. Ztg." ver nimmt, von der preußischen Staatsbahnverwaltung wieder aus genommen worden. Es bestehe nunmehr gegründete Aussicht, daß die Verhandlungen zwischen den drei Regierungen zu einem für den Besuch der drei genannten Ausstellungen günstigen Resultat führen werden. — Die Kammer der Abgeordneten genehmigte die Nachweisungen vom alten Etat, sowie den Entwurf des neuen Etats der Bodenseedampffchifffahrt und die staatliche ZinSgarantie für die, pfälzischen Eisenbahnen. Oesterreich-Ungar«. * Wien, 20. April. (Abgeordnetenhaus.) In der General debatte über die Wahlreform sprach der Referent der Majorität Goetz für die Vorlage. Die Jungtfchechen Slavik, Brzorad, sowie Pernerstorser von der äußersten Linken sprachen für Einführung des allgemeinen Wahlrechts. Palfsy hob Namens der Eon- servativen de§ böhmischen Großgrundbesitzes da« Festhalten an dem staatsrechtlichen Standpunkte der Beschickung des Rrichsrathe« durch die Landtage hervor, während Madeyski den autono- mistischen Standpunkt der Polen betonte. Beide Redner erklärten sich trotzdem für die Vorlage, damit die Wahlreform nicht aus geschoben würde. Scheich er (Antisemit) sprach für die Nothwendig- keit der Auflösung des Hauses. Rust erklärte, er könne die Vorlage vom Standpunkte des Deutfchthums und des Fortschritt? aus nicht als empfehlenSwerth bezeichnen, die deutsche Linke werde die Vorlage jedoch annchmeu, weil dieselbe eine Erweiterung de? Wahl rechtes enthalte, was von der Partei stets angestrrbt worden fei. s Pest, 20. April. Der „Pester Lloyd" bezeichnet die in hiesige und auswärtige Blätter überzegangene Meldung von bevorstehenden Massenpensionirungen im Heere als durchaus erfunden. — Gestern kam eS anläßlich der Heim kehr der Studenten, die in der bekannten Fabnenaffaire ver- urtheilt waren, in Agram zu einem Straßentumult, bei dem die Polizei mit blanker Waffe einschreiten mußte. Dem Bürgermeister wurden sämmtliche Fenster eingeschlagen. Es kamen mehrere Verwundungen und Verhaftungen vor. (Mzdb. Ztg.) * Pest, 20. April. Das Abgeordnetenhaus hat die Specialberatbung des Budgets des Finanzministeriums und damit die Berathung des ganzen Budgets beendet. Frankreich. * Paris, 20. April. Nack zahlreichen Besprechungen mit dem Direktor seines Ministeriums ist Finanzminister Doumer zu der Ueberzeugung gelangt, daß er genügende Angaben über ven Stand der Einkommensteuerfrage besitze, und hat in Folge dessen beschlossen, feine Vorlage dahin abzuändern, daß die Steuer nach den Abschätzungen, welche von der Ver waltung über jeden Steuerpflichtigen einzureichen sind, fest gesetzt wird. * Pari», 21. April. (Telegramm.) Lson Say ist heute früh 2 Uhr 30 Min. gestorben. Schweiz. * Ltzrtzßtz 2y. April. Ein internationaler Vuch- druckercoagreß wrrd am 5. August io Genf stattfiaden E» soll die Schaffung emer internationalen Streikkasse beantragt werden. Die den romanische« Völkern «»gehörenden Verbände beabsichtigen, au» dem Gesammtverbaod auSzu scheiden. (Magdeb. Ztg.) JtaUem * Ao«, 20. April. Der „Offervatore Romano" wird heute Abend ein päpstliche» Motuproprio veröffentlichen, welches die Beziehungen zwischen den Patriarchen und den apostolischen Delegirte, iw Orient regelt. Dieselben werden angewiesen, sich zweimal iw Jahre zu versammeln, um über die religiösen Interessen, insbesondere über die Organisation der Seminare und ErziehnnaSinstitute, sowie über die periodischen Publicatiouen in Betreff der katholischen Lehre zu einem gemeinsamen Einvernehmen zu gelangen Den apostolischen Delegirten wirh überhaupt empfohlen, über die Eintracht zwischen den lateinischen und orientalischen Missionaren zu wachen und die Beobachtung der apostolischen Constitution, d. h. der „OnentsUaw ckignitas" vom Jahre I89i zu sichern. * Florenz, 20. April. Kaiser Wilhelm lud während seines Aufenthalt« in Venedig den Prinzen von Neapel zur Thrilnahme an den großen Manöver« bei Görlitz ei« Spanien. * Madrid, 20. April. (Telegramm.) Da» Befinden deS Ministerpräsidenten Canova» hat sich gebessert. Großbritannien. * London, 20. April. Prinz Heinrich von Preußen besichtigte heute seine neue Dacht „Esperance", welche am Donnerstag von Southampton nach Kiel abgehen wird; bis dahin bleibt der Prinz in London. * Loudon, 20. April. (Unterhaus.) Curzon erklärt, die Bedingungen der llrbergabr Zritun» umfaßten die Ernennung eines Christen zum Kaimakam. Die türkischen Blätter hätten am 15. März dir Wahl Majmoud Beys für diesen Posten angrkündigt. Die Botschafter Englands, Frank reich« und Rußlands in Konstautiuopel hätten an demselben Tage gegen die Ernennung als eine klar, Verletzung der von der Pforte gegebenen Versicherungen pro testirt und die Hoffnung ausgesprochen, daß di« Ernennung anuuliri würde. Eine Antwort der türkischen Regierung sei noch nicht eingrganger Chaplin beantragt die erste Lesung der Vorlage, durch welch, die Localabgaben des der Landwirthschaft gewidmete." Badens herabgesetzt werden, und schlägt vor, dog solches Land zum Zwecke der Besteuerung auf die Hälfte de- Berthes eingeschätzt werde. Die daraus entstehende Einbuße in den Locoleinnahmen werde aus den ReichSeiakünften gedeckt und betrage in diesem Jahre, wie im Budget bereit» vor- gesehen. 975000 Pfund, im nächsten Jahre da« Doppelte. Der erste Lord des Schatzes Balfour erklärt, es wäre nicht praktisch, da» metrische Maß- und GewichtSsystem auf dem Wege der Gesetzgebung in England rinzuführen, da ein derartige» Gesetz eine zu große Veränderung in den Gewohnheiten de» Volke» bc. deuten würde. * London, 21. April. (Telegramm.) Unterbau». Fowler bekämpft die Vorlage, nach welcher die Abgaben des der Land- wirthschaft gewidmeten Bodens herabgesetzt werden sollen, al? unbillig und ungerecht. In der ersten Lesung wurde die Vorlage sodann angenommen. Dänemark. Kopenhagen, 21. April. (Telegramm.) Der Minister der öffentlichen Arbeiten, JngerSlev, ist gestern Abend am Herzschlage gestorben. Orient. * Belgrad, 20. April. Der König dürfte morgen von seiner griechischen Reise zurückkehren. Ein äußerliches Moment der höchsten Mißstimmung des HofeS gegen die Regierung scheint man darin sehen zu können, daß während der ganzen Reise letztere fast ohne irgend welche Nachrichten blieb. Ob diese Mißstimmung jetzt in der Berufung eines Cabinelr Simitsch ihren Ausdruck finden wird, wie vielfach behaupte! wird, entzieht sich infolge der Abwesenheit deS Königs neck näherer Kenntniß. * Belgrad, 20. April. Der Ministerpräsident Novacowitsck hat dem serbischen Gesandten in Wien, Simitsck, und dem serbischen Generalkonsul in Pest, Barlovatz, untersagt, der Eröffnungsfeierlichkeit der Millenniums Ausstellung, die der Kaiser selbst in Anwesenbeit deS gc fammten Hofes und des hierzu geladenen diplomatischen Corps vornimmt, weder in officieller, noch in privater Form th eil zunehmen. Der Geiandte und der Generalkonsul erhalten für die Zeit der Ausstellungs-Eröffnung einen mehrtägigen Urlaub. Der Grund dieses Verbotes ist, daß bei dem feier lichen Aufzuge gelegentlick der Eröffnung der Ausstellung auch eine serbische Fabne zur Verwendung gelangt, als Symbol dafür, daß Serbien einst unter dem ungarischen Scepter gestanden Hal. Die diplomatisch«« Verhandlungen oeren Zweck war, die Ungarn zu bewegen, daß sie di: serbische Kahne weglafsen, scheinen rrsultatloS verlaufen zu fein. (Frkf. Ztg.) so vor und ein Wunder wäre eS ja auch nicht gewesen. Al- Thea heimkam, theilte Mademoiselle ihr alles mit, waS ge schehen war — natürlich in der Fassung, welche ihr die ge eignetste erschien und auf sie selber kein ungünstiges Licht warf. Anfangs war Thea dem Vernommenen gegenüber zwar wieder ganz so gleichgiltig und ablehnend wie immer, als sie aber all dre kostbaren Spielsachen sah, schien sie doch aufmerksam zu werden, und als nun gar die kleine Lydia von dem „lieben, fremden Manne" zu sprechen anfing, mit einer Lebhaftigkeit, die sonst Fremden gegenüber bei thr nicht ge wöhnlich war, fragte sie das Kind eingehend nach dem Be sucher auS. „Und er will wiederkommen?" Die letzte Frage wurde an Mademoiselle Claire gerichtet, die sich beeilte, sie zu bejahen Wahrscheinlich wieder gegen vier Uhr Nachmittags, setzte sie boshaft hinzu, denn wozu hätte er mich sonst gefragt, wann Madame immer spazieren zu geben pflegten? Es scheint, daß er lieber ohne Madame hier sein möchte. Claire batte geglaubt, daß grade diese letzten ihrer Rach sucht und Empörung entspringenden Worte auf Thea den größten Eindruck machen würden, aber seltsamerweise schienen sie ganz spurlos an ihr vorüberzuaehen, und sie hielt wohl die ganze Sache nun überhaupt für abgethan, da sie mit keinem weiteren Wort darauf einging, auch andern TageS um die übliche Stunde ihren Spaziergang ruhig wieder an trat, und also dem abenteuerlichen Fremden freien Spiel raum ließ. ES war, als ob ClaireS Bericht gar keinen Ein druck auf sie gemacht hätte. Madame blieb für Claire eben ein Räthsel. Und der blonde Don Enrico kam wirklich wieder. Er hatte heule etwa« so Schüchtern-Verlegenes Claire gegenüber — wahrscheinlich weil er sich von gestern her noch schämte — daß sie ibm nickt reckt Gram mehr sein konnte, sondern e« sogar bereute, Thea vrrratben zu haben, wann der geheimniß- volle Fremde voraussichtlich wieverkoinmen werde. Zum Glück halte die ja freilick nicht darauf gehört. Er war im Grunde doch eine zu hübsche und einnebmrnde Persönlichkeit, al» daß man ihn gleich so ganz hätte fallen lassen sollen, bloß weil er sich — vermuthlich aus purer Unbehilslichkeit — nickt zu benebmen gewußt batte. Claire zeigte sick also ver söhnlich und lächelte Don Enrico sogar «rmuthigend zu. Nun begab sich va» Wunder, daß Don Enrico wirklich mit Claire ein Gespräch anfing. Er fragte — Alle» in ganz schüchternem und bescheidenem Ton — nach Mavame, wie sie lebe und wo der Vater des Kindes sei und AehnlicheS mehr Alle- schien ihn sehr zu interessiren. So rasch wie möglich wollte er aber doch zu dem Kinder selbe». Und als er c? erst wieder auf seinem Schooß hatte, strahlte sein Gesicki Auch das Kind legte ibm zärtlich die Arme um den Hals und schmiegte sich an ihn, während er liebevoll mit ihm flüsterte. Leider verstand Mademoiselle Claire ja kein Wor! davon, was die beiden miteinander zv schwatzen hatten, aber le fand, daß Don Enrico während deS lebhaften Geplauders ö angeregt und interessant auSsah, wie nie, und deshalb ge iel eS ihr. Sie ihrerseits hätte die beiden auch sicherlich nicht gestört. Aber eS geschah etwas gänzlich Unerwarteteß, wa« diese Störung hervorrief; denn plötzlich kehrte Thea — lange vor der sonst üblichen Zeit — heim nnd fand ihr Kind auf den: Schooß deS fremden Manne», der bei ihrem Erscheinen mir allen Zeichen höchster Bestürzung auffuhr und sekundenlang am ganzen Körper zitternd dastand wie ein ertappter Bei brecher, unfähig, sich zu regen, unfähig, ein Wort hervor zustammeln. Tora schien e» übrigen» selber nicht viel anders zu geben. Mademoiselle Claire kam e» wenigstens so vor Eine Weile standen sich die beiden gegenüber wie erstarrt Dann faßte Thea sich zuerst, gab Mademoiselle einen Wink, sich mit Lydia, die ganz verängstigt bald auf ihre Mutter, bald auf den Fremden blickte, zu entfernen — der ganze Ans tritt spielte sich im Balkonzimmer nach der Sreserte ab — und schloß selber hinter ihr, die begreiflicher Weise nur un gern und zögernd gehorchte, die Thür. Daß Mademoisell: sich alsbald wieder zurückschlich, um an dieser Thür zn horchen, war völlig zwecklos. Denn die beiden sprachen deutsch und überdies so leise, daß sie kein einzige» Wort auffing. Abe- um so räthselhafter wurde da» Ganze. „Verzeih!" war da» erste, wa» der Fremde gestammelt hatte, als sie beide allein waren, und er wagte Tbea weder anzusrhen, noch einen Schritt gegen die Thür zu thun, „ick wollte Dir nicht in den Weg treten — weder jetzt noch je Ich — weiß, daß ich Anrecht that, ich hätte der Versuchung widerst.hen sollen, da» Kind — aber e» sollte wahrhaftig da? letzt« Mal sein." (Fortsetzm,, folgt.)
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